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Dieses Thema hat 16 Antworten
und wurde 2.326 mal aufgerufen
 Synchronschaffende
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Hendrik Meyerhof


Beiträge: 6.341

31.01.2005 22:52
"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten


Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?
Von Mathias Irle

31. Januar 2005 Die Schauspielerin Hansi Jochmann ist seit über 28 Jahren die deutsche Synchronstimme von Jodie Foster. Sie gehört zu den renommiertesten Vertretern einer Zunft, die sie selber nur ungern als echten Beruf bezeichnet - und das, obwohl Jodie Fosters Mutter über die 51jährige Berlinerin sagt: „Sie ist die beste Stimme, die ich je auf meiner Tochter gehört habe."


Ein Übersetzer, häufig ein Sprachstudent, bekommt zum Beispiel das englische Drehbuch für das „Schweigen der Lämmer". Oft ohne sich den dazugehörigen Film anzusehen, macht der eine erste, grobe, deutsche Übersetzung. Dann schickt er die Fassung weiter zu einem Autor. Der setzt sich nun mit dem übersetzten Text vor seinen Videorekorder. Am besten einen, bei dem man einzelne Szenen minimal vor- und zurückspulen kann. Nun geht es an die Feinarbeit. Jodie Foster benutzt zum Beispiel das englische Wort „meter" und gemeint wäre ein Zähler, etwa für Gas. Doch würde man es so übersetzen, fiele es dem Zuschauer sofort auf: Beim „Me" von „meter" hat Jodie Foster den Mund geschlossen, man hört aber den Laut „Zä", bei dem der Mund offen sein müßte. Der Autor muß also ein neues Wort finden, ein passendes. Davon, wie gut ihm das gelingt, hängt meine Arbeit des Synchronsprechens ab.

Ein echter Beruf ist das in meinen Augen übrigens nicht. Eher ein Job, der ausgeübt wird, mal besser und mal schlechter, mehr nicht. Heute gilt das noch viel eher als früher. Und dabei denke ich nicht einmal an diese gruseligen Werbesendungen, bei denen sich die Macher gar nicht erst die Mühe machen, Gehörtes und Lippenbewegung der Televerkäufer in Einklang zu bringen. Oder an Walt-Disney-Filme, in denen einzelne Figuren aus Marketinggründen von Dirk Bach gesprochen werden. Nein, als ich vor über 40 Jahren anfing, wurde das Synchronsprechen fast ausschließlich von Schauspielern ausgeübt - sinnvollerweise. Und würde man Synchronsprechen als echten Beruf begreifen wollen, müßte eine Ausbildung her, die schauspielerische Elemente beinhaltet.

„Gutes Synchronisieren ist auch eine Frage der Intelligenz.”

Meine beiden Eltern waren von Beruf Schauspieler. Deshalb ging ich häufig schon als kleines Mädchen mit zu Proben. Einmal, ich war sechs, half mein Vater, einen Schwarzweißfilm zu synchronisieren. In einer Szene tauchte ein kleines Mädchen auf. Erst wußte der Regisseur nicht, was er machen sollte, er hat die Figur schlicht vergessen. Dann sagt er zu meinem Vater: „Komm, laß mal deine Tochter machen." Dabei konnte ich nicht mal lesen! Die Cutterin, die für die perfekte Synchronisation zuständig war, las mir deshalb den Text vor, dann klopfte sie mir beim Einsatz auf den Rücken. Und zwar genau so, daß ich - die Schrecksekunde miteingerechnet - im richtigen Moment zu sprechen anfing.

Ein wichtiger Punkt bei dem, was ein guter Synchronsprecher können muß, ist, den richtigen Einsatz zu finden. Zwar kann man heute mit digitalen Aufnahmen Worte „ziehen" oder „nach hinten schieben", dennoch ist eine gute Reaktionsfähigkeit nach wie vor wichtig. Dazu kommt - neben der von der Natur mitgegebenen Stimme - das Talent, schon am Anfang eines gelesenen Satzes zu spüren, wie er endet. Und, natürlich, immer wieder schauspielerisches Talent.

Nach meinem ersten Einsatz als kleines Mädchen bekam ich sehr häufig Aufträge. Erst mußte ich kleine Mädchen, dann Teenager und anschließend junge Erwachsene synchronisieren. Als mich der Regisseur, der die Synchronisation von „Taxi Driver" betreute, fragte, ob ich die 14jährige Jodie Foster sprechen könnte, sagte ich ihm, er solle sich bitte nicht lächerlich machen - ich war ja schon 23! Doch er sagte, er habe zuvor ein gleichaltriges Mädchen im Studio gehabt. Deren Stimme sei für die selbstbewußt und tough spielende Jodie Foster zu piepsig. Die anschließende Zusammenarbeit funktionierte perfekt. Und spätestens ab „Schweigen der Lämmer" war klar, die Jochmann ist die deutsche Stimme von Jodie Foster.

Mein Anspruch dabei ist es, kein Papagei zu sein, sondern die Rolle so auszufüllen, daß der Zuschauer später denkt: Jodie Foster spricht von Geburt an deutsch. Dafür muß ich verstehen, wie sie denkt. Ich muß jede Gestik, jede Mimik von ihr bis ins letzte Detail kennen. Und das bei einer Frau, die die Gabe hat, jedem zu vermitteln, was sie denkt, auch wenn sie gar nichts sagt. Meine Überzeugung ist: Nur wenn der Schauspieler, die Person, die er spielt, wirklich versteht, kann er sie gut spielen. Und nur wer den Schauspieler und die Art, wie er andere Menschen inszeniert, begreift, kann sie auch gut synchronisieren. Gutes Synchronisieren ist also auch eine Frage der Intelligenz.

„Mein Anspruch dabei ist es, kein Papagei zu sein, sondern die Rolle so auszufüllen, daß der Zuschauer später denkt: Jodie Foster spricht von Geburt an deutsch.”

Trotzdem oder gerade weil ich eine solche Monopolstellung für die Besetzung von Jodie Foster habe, werde ich alle sieben Jahren von der Verleihfirma auf meine Sprechertätigkeit geprüft. Viele Verleiher versuchen heute - und das meine ich auch, wenn ich vom „Verfall der Branche" spreche - die Synchronisation möglichst schnell und möglichst günstig zu bekommen. Und die Stars der Branche können natürlich mehr als die üblichen 250 Euro bei 80 Takes, das sind die Einheiten beim Synchronisieren, pro Tag verlangen. Doch noch ist es so, daß die großen Hollywoodschauspieler eine feste, deutsche Synchronstimme besitzen - eine merkwürdige Ausnahme bildet nur Dustin Hoffmann: Der wurde in unterschiedlichen Filmen von unterschiedlich prominenten Synchronstimmen gesprochen: von Otto Sander beispielsweise oder in „Rainman" von Joachim Tennstedt, der spricht sonst Kevin Costner.

Als 1988 die Premiere von dem Film „Angeklagt" war, bekam ich einen Anruf von Jodie Fosters Agentin. Die sagte: „Frau Foster ist jetzt im Berliner Hotel Interconti, wollen Sie sie treffen?" Natürlich wollte ich, aber ich war aufgeregt wie ein kleines Kind. Es wurde ein sehr angenehmes Gespräch, und ob es bei diesem Treffen war oder bei einem zweiten in Hamburg, ich bekam hier jedenfalls ein sehr nettes Kompliment zu hören: „Jodie Fosters Mutter hat gesagt, Sie seien weltweit die beste Stimme auf ihrer Tochter." Egal ob es stimmt, ich habe mich natürlich sehr gefreut. Und eigentlich wäre es einmal spannend, sich die anderen Synchronstimmen anzuhören - die italienische oder die spanische, auf französisch spricht sich Jodie Foster selbst.

Ich habe meine Stimme übrigens nicht versichert und gönne ihr auch keine besondere Pflege: Mit dem Rauchen habe ich vor zehn Jahren nicht wegen ihr aufgehört, sondern weil meine Kinder so genervt waren. Und außerdem müßte ich ja dann auch mein Äußeres versichern, denn im Hauptberuf bin ich noch immer Schauspielerin. Gerade drehe ich an der ARD-Serie „Pfarrer Braun" mit Ottfried Fischer.

Quelle: http://www.faz.net/s/Rub5EDA5336C629481C...n~Scontent.html


Gruß,

Hendrik
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neusynchrosmachenalleskaputt


Beiträge: 1.052

01.02.2005 01:27
#2 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Tennstedt als Kevin Costner? Da wäre mir eher noch Heiner Lauterbach im Ohr (neben Frank Glaubrecht). Dass sie ihr Äußeres versichert und mit Otti Fischer spielt passt, auch wenn das gemein ist.

Mit ihrer Darstellung der Branche hat sie auf jeden Fall Recht. Interessantes Interview!

Verwirrter



Beiträge: 634

01.02.2005 12:20
#3 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Toller interessanter Bericht. Danke schön!!!!!!1


"Diese blöde Stimme kenn ich doch!!??" Inez Günther

Buscemi


Beiträge: 170

01.02.2005 12:36
#4 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Der Bericht ist Tipp-Topp.

Svenni


Beiträge: 302

01.02.2005 13:44
#5 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

In Antwort auf:
von Dirk Bach gesprochen werden. Nein, als ich vor über 40 Jahren anfing, wurde das Synchronsprechen fast ausschließlich von Schauspielern ausgeübt - sinnvollerweise

Hmmm - Dirk Bach ist doch auch gelernter Schauspieler ...?

Hendrik Meyerhof


Beiträge: 6.341

01.02.2005 15:56
#6 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Naja, vielleicht hatte sie das nicht im Kopf, denn die meisten assoziieren mit Bach halt eher den Comedian, was man ja inzwischen auch mit Tramitz tut. Auf jeden Fall ist klar, worauf sie hinaus will, nämlich dass man aus Marketinggründen immer häufiger Promis einsetzt, die von Synchronsprechen/Schauspielern oft gar keine Ahnung haben.

Gruß,

Hendrik
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Oliveira


Beiträge: 4

01.02.2005 16:37
#7 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Cooler Beitrag und übrigens auch ein tolles Forum (bin neu hier)!

neusynchrosmachenalleskaputt


Beiträge: 1.052

02.02.2005 09:06
#8 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Ich sag nur Thomas Gottschalk, was hat Danneberg über dessen Synchronqualitäten bei den "Kuck mal"-Filmen abgelästert. Und dann noch Flug und Gage...

Buscemi


Beiträge: 170

02.02.2005 10:59
#9 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

In Antwort auf:
Ich sag nur Thomas Gottschalk, was hat Danneberg über dessen Synchronqualitäten bei den "Kuck mal"-Filmen abgelästert.

Könntest du darauf mal näher eingehen?

Chow Yun-Fat


Beiträge: 6.888

02.02.2005 11:58
#10 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Danneberg lästert aber auch über seine normalen Kollegen, wenn sie nicht gerade zufällig Alsholtz oder Nowka heißen.


BB


"Du magst meinen Reis nicht?"

neusynchrosmachenalleskaputt


Beiträge: 1.052

04.02.2005 20:10
#11 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Stimmt! Der Bestverdienende der Branche hasst die Branche, scheint mir!

Herr Frodo


Beiträge: 401

04.02.2005 21:31
#12 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Und WO hat Danneberg sich dermaßen geäußert?

Synchron-King


Beiträge: 511

10.02.2005 03:02
#13 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

In Antwort auf:
Danneberg lästert aber auch über seine normalen Kollegen, wenn sie nicht gerade zufällig Alsholtz oder Nowka heißen.

Danneberg braucht den Mund IMO nicht allzuweit aufreißen, er ist mittelmäßig mit immer stärkeren Tendenzen zum gelangweilten und schlechten Sprechen. Mich würde dennoch interessieren, was er bei KUCK MAL... gemeint hat, woher du das weißt und überhaupt einige Hintergründe dazu!

Kenny McCorm.


Beiträge: 826

14.02.2005 13:35
#14 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

jochmann war in den 70ern schon vor #taxi driver# feststimme für einen kinderstar in über 5 filmen, nur fällt mir der name nicht ein.

"Und mit dem Thema kennst du dich ja bestens aus."
(Thomas Petruo in 'Jackie Brown')

ronnymiller ( gelöscht )
Beiträge:

15.02.2005 12:56
#15 RE:"Wie wird man eigentlich Synchronsprecherin, Frau Jochmann?" Zitat · antworten

Danneberg mag sich selbst sehr hoch einschätzen - aber zu Recht.
Zumindest früher war er brilliant:
Auf so vielen unterschiedlichen Darstellern so abwechslungsreich zu spielen -
das beeindruckt mich.
Von Terence Hill über Aykroyd bis Schwarzenegger - es war immer eine "andere" Stimme.

Heute kriegt er das nicht mehr so hin. Vor allem auf Dennis Quaid oder Schwarzenegger
klingts nicht mehr cool, sondern langweilig.
Aber er ist trotzdem noch zurecht ein Star der Branche - ein arroganter Sack - aber gut.

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