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Dieses Thema hat 11 Antworten
und wurde 2.646 mal aufgerufen
 Darsteller
c.n.-tonfilm



Beiträge: 1.495

18.03.2005 11:02
Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten


Aus alten Werbehelfern ergibt sich, daß der unvergessene Rudolf Platte im Krieg in zwei französischen Filmen Fernandel synchronisiert hat:



DER GOLDENE SCHMETTERLING

(Le Club de Supirants)

Frankreich 1941

Erst-Verleih DVF Deutsche Filmvertriebs GmbH, Berlin
Dt. Erstaufführung ??.??.1942


Deutsche Bearbeitung (1942)
Dialogregie Hans Conradi
Buch und Liedertexte Richard Busch


Antoine Fernandel Rudolf Platte
Cabarrus Saturnin Fabre Paul Walther
Paméla, seine Frau Colette Darfeuil Till Klockow
Daisy, seine Tochter Louise Carletti Ruth Lommel
Edith, seine Nichte Annie France Petra Kilka
Prinz Nirvanoff Max Dearly Hans Waschatko
Maxime Andrex Heinz Herkommer
Henry Palmer Marcel Vallée Hans Eick


---------------------------------------------------------------


LIEBE IM SÜDEN

(Simplet)

Frankreich 1942

Erst-Verleih DFV Deutsche Filmvertriebs GmbH, Berlin
Dt. Erstaufführung ??.??.1943


Deutsche Bearbeitung (1943)
Dialogregie Hans Conradi
Buch und Liedertexte Richard Busch


Simpel Fernandel Rudolf Platte
Liane Colette Fleuriot Till Klockow
Arthemise Milly Matthis Eva Maria Brock
Mademoiselle Aimée Maximilienne Annegard Riffel
Ventre Henri Poupon Paul Walther
Papachen Delmont Hans Waschatko
Rascasse André Andrex Ralph Lothar
Tavan Edmond Castel Hans Eick
Kaplan Arius Friedrich Köstlin
Pastouret Géno Ferny Helga Wille
Figuette Max Dalcourt Ernst Rotmund
Cabassus Geo Georgey Herbert Weissbach
Petit Louis Georges Alaban Howard Vernon
Frau Ventre Léo Mourries Petra Kilka

Diese Paarung erscheint mir - schon optisch - geradezu ideal. Auch hat Rudolf Platte stimmlich eine gewisse Nähe zu Klaus W. Krause (obwohl der Fernandel nach dem Krieg wesentlich seltener gesprochen hat, als man vielleicht annehmen möchte. Die meisten Filme sprach Alfred Balthoff). Welch hervorragende Synchros mag es also bereits im Dritten Reich gegeben haben, von denen wir heute gar nichts mehr ahnen. Beide Filme erlebten nach dem Krieg leider auch keine Kinoaufführung mehr als Reprise, so daß man mit dem "Lex. des Int. Films", dem nichts bekannt ist was nur vor 1945 gezeigt wurde, mal wieder arm dasteht.


Kennt jemand weitere Synchronarbeiten von Rudolf Platte oder hat er gar Fernandel noch in weiteren Filmen gesprochen ? Wie gern würde ich das einmal sehen ! Kloppt arte in die Tonne...



-----------------------------------------------

Alte Kinofilme nach Jahrzehnten nachträglich neu zu synchronisieren ist wie Süßstoff in einen guten alten Wein kippen: ungenießbar-pappige "Spätlese".

Was wären Jack Lemmon, Danny Kaye, Peter Sellers, Bob Hope und Red Skelton im deutschsprachigen Raum ohne die Stimme von Georg Thomalla ?

neusynchrosmachenalleskaputt


Beiträge: 1.047

19.03.2005 19:41
#2 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

Kann es sein, dass Du ein Freak bist? Ich find's cool, was Du immer wieder rausfindest. Irgendjemand muss sich ja drum kümmern. Die meisten hier hätten wahrscheinlich lieber ne achso tolle Neusynchro mit Stars wie Sven Plate, Björn Schalla, Timmo Niesner, und wie die jungen Stimmen noch alle heißen.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

21.03.2005 09:41
#3 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

@ Neusynchros

Nur weil du prinzipiell recht hast, was deinen Namen angeht, musst du trotzdem nicht gleich anfangen zu pauschalisieren, was Sprüche wie "die meisten hier" durchaus bewirken.

@ c.n.-tonfilm

Deine Recherchen sind wirklich klasse, Kompliment auch von mir!

rote Blume ( Gast )
Beiträge:

21.03.2005 20:24
#4 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

Am besten sind normalerweise die Synchros, die etwa so alt wie die Vorlage sind. Es gibt sehr gute Neusynchros mit Norbert Langer anstelle Siegfried Schürenberg und Sigmar Solbach anstelle Siegmar Schneider und trotzdem klingen die häufig recht steril zu den "alten" Bildern. Selbst die alten Synchronfassungen sind, dadurch dass sie Studioton sind, oft weniger verrauscht als die Originalfassung. Ich nehme dann lieber mal - "not pc (nicht politisch korrekt)" einen "NEGER" in Kauf.
Sobald mehr als 20-25 Jahre zwischen den Synchronisationen wird´s halt kritisch.

Ich glaube, die meisten sind eher für "zeitgemäße" Synchros. Eher wünscht man sich, dass manche Schauspieler ihre spätere Standard-Stimme auch in Frühwerken bekommen.

Schöne Grüße
Elisabeth

http://hometown.aol.co.uk/drecmvg/myhomepage/aboutme.html

c.n.-tonfilm



Beiträge: 1.495

23.03.2005 22:20
#5 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten


Am besten sind normalerweise die Synchros, die etwa so alt wie die Vorlage sind. Es gibt sehr gute Neusynchros mit Norbert Langer anstelle Siegfried Schürenberg und Sigmar Solbach anstelle Siegmar Schneider und trotzdem klingen die häufig recht steril zu den "alten" Bildern. Selbst die alten Synchronfassungen sind, dadurch dass sie Studioton sind, oft weniger verrauscht als die Originalfassung. Ich nehme dann lieber mal - "not pc (nicht politisch korrekt)" einen "NEGER" in Kauf.
Sobald mehr als 20-25 Jahre zwischen den Synchronisationen wird´s halt kritisch.

Ich glaube, die meisten sind eher für "zeitgemäße" Synchros. Eher wünscht man sich, dass manche Schauspieler ihre spätere Standard-Stimme auch in Frühwerken bekommen.
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Genau das möchte ich 150% unterschreiben: die Synchro muß in etwa so alt sein wie der Film selbst. 5 Jahre plus stört da üblicherweise natürlich nicht. Aber wenn die Zeitspanne zu groß wird geht es nicht mehr. Sehr gut kann man das gerade bei Siegmar Schneider und Hitchcock sehen, da hier noch einmal die Idealstimme geholt wurde, das Ganze aber trotzdem vorn und hinten nicht funktioniert. Zum einen muß man Schneider zwar zu Gute halten, daß er sich bis Anfang der 80er stimmlich tatsächlich sehr gut gehalten hatte. Trotzdem ist die Stimme aber 30 Jahre älter geworden und da bleibt ein Unterschied wie Tag und Nacht. Zum zweiten stimmt aber auch zwangsläufig die Sprache nicht mehr, da sie einer ganz anderen Zeit entspringt. Nicht umsonst schätze ich an den alten Synchronisationen insbesondere das gute, wohlklingende Deutsch das dort noch gesprochen wird. So heißt es z.B. im ursprünglichen Schlußdialog auf dem Turm von AUS DEM REICH DER TOTEN 1958: "Er (Gavin Elster) hat Dich vollständig verwandelt !" Im Dialog von VERTIGO 1984 sagt Schneider allen Ernstes: "Er hat Dich total umgemodelt !" Da geh ich doch lieber auf den Schulhof und höre den Kiddies zu.



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Alte Kinofilme nach Jahrzehnten nachträglich neu zu synchronisieren ist wie Süßstoff in einen guten alten Wein kippen: ungenießbar-pappige "Spätlese".

Was wären Jack Lemmon, Danny Kaye, Peter Sellers, Bob Hope und Red Skelton im deutschsprachigen Raum ohne die Stimme von Georg Thomalla ?

VanToby
Forumsleiter

Beiträge: 41.678

23.03.2005 22:41
#6 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

Ich sehe das genauso wie ihr beide, dass eine Synchro zeitgemäß sein sollte. Wenn ich ein Werk aus den 50ern sehe, will ich keinen Film mit einem spiegelglatt geputzten Dolby Digital 5.1 - Ton vorgesetzt bekommen. Und wenn ich in manchen DVD-Foren lese, dass eine moderne Tonqualität für viele der absolut wichtigste Faktor für die Kaufentscheidung zu sein scheint, kriege ich wirklich Wut. Da wird der Wert eines Filmes, sowohl des Films an sich als auch der Synchronfassung, auf etwas Unwesentliches beschränkt - eine Haltung, die in meinen Augen an Ignoranz kaum zu überbieten ist. Für mich ist es TEIL des Filmvergnügens, wenn der Ton verrauscht und vielleicht nur in Mono ist!

Gruß,
Tobias (eher jung)
--
"Diese Signale wurden gesendet, um auf sie aufmerksam zu machen."

John Connor



Beiträge: 4.883

25.03.2005 00:21
#7 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

Zunächst: Ich LIEBE 50er-Jahre-Synchros (bei mir gehen die 50er übrigens von 1947 bis etwa 1964).

Vielleicht sehe ich dort Unterschiede, wo keine sind, aber wenn ich recht sehe, gibt es beim Plädoyer für zeitgenössische Synchros zwei Argumentationsrichtungen: die eine hebt eher auf die technische Seite ab (Elisabeth und Tobias), die andere auf die sprachliche (Christoph).

Das ‚sprachliche’ Argument finde ich etwas heikel – hier wird die Übertragung in ein anderes Symbolmilieu kritisch gesehen. Wenn man aber ernsthaft das Symbolmilieu-Argument vorbringt, ist man nicht weit von den prinzipiellen Synchronisationsgegnern entfernt. Auch diese beklagen ja, dass man eine Vorlage nicht ohne sprachliche Einbußen in ein anderes Symbolmilieu (= andere Sprache) übertragen könne. Christoph meint zwar eher die – ich sage mal: - ‚zeitliche’ Dimension, die Synchrogegner eher ‚räumliche’ Dimension (z.B. Deutschland und USA als Kulturräume), aber trotzdem läuft dies für mich auf dasselbe hinaus.

Da frage ich mich: was machen wir mit Filmen aus den 40ern, 50ern, die nie synchronisiert wurden. Soll man hier keine Synchros mehr machen, soll man sich diese Filme lieber im Original angucken? Wenn man so argumentiert, ist man mit einem Fuß schon im Lager der Synchrogegner – warum denn nicht generell auf Synchros verzichten?

Wenn man rein nach sprachlichen Aspekten argumentiert, kann man auch den Filmbereich verlassen und das Argument generalisieren: Dann durften auch Romane nie neuübersetzt werden - z.B. Romane von Autoren der hardboiled-school, die in der zeitgenössischen Übersetzung um ihre sprachlichen Feinheiten gebracht und rigoros auf ihre Action-Aspekte reduziert wurden; dann durften Romane eines berühmten und beliebten Autoren aus dem Nachlaß nie ins Deutsche übersetzt werden.

Was den Zeitabstand betrifft: bei VOM WINDE VERWEHT schlägt der zeitliche Abstand von 13 Jahren überhaupt nicht negativ zu Buche. Oder ein anderes Beispiel aus meinem Lieblings-Genre: Der Randolph Scott-Western HANGMAN’S KNOT von 1952 kam mit 19jähriger Verspätung in deutsche Kinos (GOLDRAUB IN TEXAS)– ich habe den Unterschied erst überhaupt nicht wahrgenommen, zumal Scott hier wie in den guten alten Zeiten von Engelmann gesprochen wurde, erst als ich einen etwas älteren Clausnitzer hörte, wurde ich stutzig und guckte nach, wann der Film seine Deutschlandpremiere hatte.
Ich will sagen: rein technisch war für mich kein Unterschied zu erkennen.

Damit komme ich zum ‚technischen’ Argument. Dem stimme ich voll und ganz zu. An den ‚neuen’ Synchros alter Clark Gable- oder Jimmy Stewart-Filme (auf die Elisabeth wohl anspielt) stören mich die Synchros auch ungemein – nicht aber, weil die Sprache anachronistisch wäre, sondern einfach aus dem Grund, weil die Synchros hier technisch steril sind ... was meistens damit zusammenhängt, dass die Synchros keine Kino-, sondern TV-Synchros sind (und i.d.R. auch die ‚originale’ Tonspur nicht benutzt wurde/zur Verfügung stand, obwohl diese Problem ja wohl leicht behoben werden könnte).
Trotzdem bin ich froh, dass diese Filme synchronisiert wurden.

Kurz: weniger die sprachlichen Patzer bzw. Diskrepanzen stören mich bei nicht-zeitgenössischen Synchros, sondern vielmehr die technischen Schlampereien. Wohlgemerkt, Technik wird für mich erst dann relevant, wenn sie ein bestimmtes Niveau unterschreitet, denn Neusynchros allein aufgrund einer bombastischen Aufwertung des Technischen (wie bei der Neusynchro von FLAMMENDES INFERNO etwa), worauf Tobias anspielen dürfte, lehne ich auch ab.

Grüße, Fehmi

Aristeides


Beiträge: 1.572

25.03.2005 01:57
#8 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

In Antwort auf:
Das ‚sprachliche’ Argument finde ich etwas heikel – hier wird die Übertragung in ein anderes Symbolmilieu kritisch gesehen. Wenn man aber ernsthaft das Symbolmilieu-Argument vorbringt, ist man nicht weit von den prinzipiellen Synchronisationsgegnern entfernt. Auch diese beklagen ja, dass man eine Vorlage nicht ohne sprachliche Einbußen in ein anderes Symbolmilieu (= andere Sprache) übertragen könne.

Hallo Fehmi,
da muss ich dir allerdings (sogar energisch) widersprechen. Die individuelle Sprache einer Vorlage bzw. die für die erzählte Zeit der Vorlage notwendige Sprache KANN man treffen - völlig unabhängig vom Zeitpunkt der Übersetzung. Selbstverständlich hast du Recht, dass Übersetzung IMMER eine Veränderung, mitunter eine Interpretationen von Bedeutungsvarianten und - grauzonen und eine Übertragung von Bildern mit sich bringt. Aber nur weil man nicht einen stilistischen Charakter eins zu eins umsetzen kann, heißt das nicht, dass man ihn zwangsläufig verfehlen muss. Es braucht Zeit und Einarbeitung, aber es geht. Ich muss mich tagtäglich mit Übersetzungen beschäftigen, ebenso Neu-Übersetzungen von Texten, die diese Prozedur schon Jahrhunderte erfahren haben. Die höchste Qualität der Übersetzung (jetzt lasse ich komplett die technische Seite von Synchros sowie die Sprecher außer Acht) ist nicht immer in der zeitgenössischen zu finden. Hinterlassenschaften aus einem Nachlass können dabei ebensogut treffender übersetzt werden als die zeitgenössischen Übersetzungen. Wenn durch Anachronismen die eigentliche Aussage "verfälscht" wird bzw. die Dimension der Figur, die den Dialog spricht (jetzt meine ich mal den Stewart zur "umgemodelten" Novak), stört mich das auch. Da bin ich sicherlich pingelig, aber als Philologe darf ich das an der Stelle auch mal sein.

Ein gutes Beispiel (jetzt mal außerhalb von Synchros) ist die Krege-Neu-Übersetzung vom Herrn-der-Ringe. Sie wurde zunächst hochgelobt, weil Krege versuchte, die verschiedenen Sprachebenen Tolkiens irgendwie zu erfassen. Dabei hat er dann allerdings die Gegenwelt der Figuren verlassen: In einer Welt mit keltischen Anleihen vor höfisch-mittelalterlichem Hintergrund den "Herrn" vom Gärtner CHEF nennen zu lassen, bricht mit der gesamten Atmosphäre.

Dabei gibts auch das umgekehrte Beispiel, dass die ältere Übersetzung diesen Fehler macht: Wenn man in Martialausgaben bis in die 60er und 70er des letzten Jahrhunderts schaut, wird sehr vornehm über bewusste Vulgarismen, Obszönitäten und Provokationen hinweg gebügelt. Da nehme ich dann sehr wohl lieber gängige f***-Wörter in modernen Versionen in Kauf - die treffen wenigstens stilistisch den Kern der Sache.

Ganz genauso verhält sich in meinen Augen mit Synchros. Mir ist eine Synchronfassung, die eine filmische Atmosphäre hält lieber als eine, die diese zerstört - sei es mit Absicht oder durch Unvermögen. Bei älteren Synchros sind sicherlich die bewussten verfälschungen à la Casablanca zu nennen, aber auch eine "Stirb langsam"-Synchro, in der man wie 40 Jahre zuvor es für eine gute Idee gehalten hat, einfach mal alle bösen Deutschen wegzusynchronisieren. DA würde ich auch gerne eine Neu-Synchro hören. Soweit können das wahrscheinlich mehr nachvollziehen als bei den sprachlichen Eigenarten wie im Falle Vertigo - mir geht`s da allerdings in beiden Fällen gleich: Wenn zB in DEFA-Synchros aber auch in älteren BRD-Synchros das Englisch aus dem Wörterbuch und nicht aus Verständnis kommt (Wortspiele mit "Hahn" und "Biber" funktionieren im Deutschen nicht, da MUSS geradezu eine Alternativzote verwendet werden...hat man aber in Unkenntnissen der Vulgarismen nicht gemacht) wäre das ein Bug. Wenn ein Gärtner oder Koch in Sherlock Holmes-Filmen der 50er seinen Brötchengeber mit "Herr" oder "mein Herr" anspricht, mag das antiquiert klingen, trifft in meinen Ohren das Verhältnis zwischen den Figuren aber wesentlich besser als ein profanes "Mister" in Neufassungen, wie es in modernen Krimis jeder Gleichgestellte sagt. Da ist man heute manchmal etwas weniger sensibel für. Ebenso sprachliche Anachronismen: In einem antiken oder mittelalterlichen oder auch frühneuzeitlichen Umfeld funktionieren keine modernen Fremdwörter: Cicero ist für seine Zeitgenossen kein Parvenu, Jago für die seinen kein Denunziant, im späten 19 Jhd. sagt niemand "toll" oder "wunderbar" - vielleicht ein "hört, hört"...
Das hat für mich nichts mit genereller Gegnerschaft zur Synchronisation zu tun - ich sehe auch nicht jeden Film oder gar Serie als Kunst an und messe ihre Synchro/Übersetzung mit den gleichen Maßstäben wie eine literarische. Aber ich möchte eine Geschichte hören, die in sich stimmig ist und sprachlich ihre Linie beibehält - und das ist möglich, klappt aber (zumal wenn zeitliche Distanz hinzukommt) nicht immer...

Gruß,
Ilja


Da es leider noch nicht alle Teilnehmer des Forums wissen hier nochmal die Hauptpage incl. einer Einführung in die deutsche Synchronisation, Synchronsprecherbiographien und Besetzungslisten:
http://www.synchronsprecher.de.tf

neusynchrosmachenalleskaputt


Beiträge: 1.047

25.03.2005 02:39
#9 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

Zwar sind wir jetzt wohl etwas vom eigentlichen Thema abgeschweift, aber die Diskussion und einzelnen Meinungen finde ich sehr interessant.

Bei der "Verfälschung" des Originals durch absichtliche Falschübersetzung und -synchronisation wird das Thema zumindest am Rand wieder aufgegriffen. Sowas kann ich nicht wirklich gutheißen. Gerade das Beispiel STIRB LANGSAM ist da zwiespältig. Ich finde, dass es die beste Arbeit ist, die Lutz Mackensy stimmlich je abgeliefert hat. Und eigentlich funktioniert der Film trotz der Ent-Politisierung der bösen Deutschen. Vermutlich würde das auch weniger auffallen (abgesehen von den abweichenden Namen, die sich McLane notiert), wenn man bei den Fortsetzungen die Synchron-Kontinuität gewahrt hätte...
Schwierig, einerseits stört die Verfälschung, andererseits ist die DV (des ersten Films) schön anzuhören. Aber auch bei DIE HARD (III) zeigt sich, wie sehr Stimmen einen Charakter verändern können, wenn Manfred Lehmann gerade im Ausland für's ZDF dreht und stattdessen Thomas Danneberg auf Bruce Willis ertönt. Ronald Nitschke hat angeblich bei einigen Firmen "Hausverbot" und Danneberg sollte laut eigener Aussage ursprünglich MOONLIGHTNING (Das Model und der Schnüffler) synchronisieren. Dennoch eine glatte Fehlbesetzung, selbst wenn das Ergebinis den Amis bei STIRB LANGSAM - JETZT ERST RECHT besser gefallen hat.

Ich denke, wenn schon Neusynchro, dann sollte man dem Zuschauer wenigstens die Alternative lassen und die alte Synchronfassung mit auf die DVDs packen, da selbst aufwendige Reparatur-Aktionen wie bei RAUMSCHIFF ENTERPRISE nie vollständig zufrieden stellen können. Auch wenn der Versuch, das bestmögliche aus der alten Synchronfassung gepaart mit der Ausmerzung inhaltlicher Fehler und Fehlstellen durch Neusynchronisation, alle Beteiligten ehrt.

Und das mit der Sprache ist ebenfalls ein Argument. Etwas das mich z.B. bei den LOONEY TUNES auf DVD stört, allerdings hauptsächlich bei Bugs Bunny, den man zusätzlich noch mit der nervigen Stimme von Sven Plate besetzt hat. "Is' was, Doc?" funktioniert im Deutschen einfach nicht, schon garnicht bei Cartoons aus den 40-60er Jahren. Nunja, "Was geht ab, Alter?" auf den Videokassetten von MGM/UA durch Gerd Vespermann passt auch nicht wirklich. Einzig und allein "Was liegt an?" in der ZDF-Synchro scheint mir ädaquat. Zumindest passt es als Frage am besten und nahezu an allen Stellen.

Wie auch immer... Schwierig.

John Connor



Beiträge: 4.883

25.03.2005 11:57
#10 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

... da muss ich dir allerdings (sogar energisch) widersprechen. Die individuelle Sprache einer Vorlage bzw. die für die erzählte Zeit der Vorlage notwendige Sprache KANN man treffen - völlig unabhängig vom Zeitpunkt der Übersetzung .

Ich glaube, es liegt hier teilweise ein Missverständnis vor.
Zunächst würde ich doch etwas differenzieren wolen: Zielt der Anachronismus-Vorwurf auf die Beziehung zwischen der Vorlage und der Übersetzung oder auf die Beziehung zwischen der ‚dargestellten Wirklichkeit’ und ihrer künstlerischen Wiedergabe. Ersteres darf man nicht pauschalisieren, zweiteres ist kein grundsätzliches Problem der Synchronisation (oder genereller: der Übersetzung), den Vorwurf kann man auch an die Macher der Vorlage richten.

Das ist die Kurzfassung meines Standpunkts. Oder umständlicher ausgedrückt: genau die These vertrete ich ja, dass man die Qualität einer Übersetzung (Synchro) nicht schon per se am zeitlichen Abstand zwischen der Vorlage und der Übersetzung festmachen kann.
Zum Beispiel hasse ich die Klamauk-Synchros der 70er Jahre regelrecht, obwohl die doch in etwa zeitgleich mit den Vorlagen entstanden sind.
Dass eine Übersetzung gelingt oder scheitert, hat eben in erster Linie nicht mit der zeitlichen Dimension zu tun.
Ich habe ja auf die an sich wertneutrale Praxis der Neuübersetzungen von Romanen bzw. Spätübersetzungen von Werken aus dem Nachlass hingewiesen.

Auch vertrete auch ich nicht die Ideologie vom Original, dass also die Übersetzung prinzipiell an der - wertfrei ausgedrückt - Vorlage gemessen werden sollte. Allerdings meine ich auch nicht, dass man einen solchen Vergleich per se ausschließen sollte, mit dem Argument, es handelte sich hierbei um zwei verschiedene (= nicht vergleichbare?) Werke. Konsequenterweise kann man in diesem Falle die Möglichkeit nicht ausschließen, dass die Übersetzung die Vorlage ‚Übertrifft’ – an welchen Kriterien man dies aber festmacht, ist in den meisten Fällen aber eher ein akademisches bzw. ein linguistisches Problem (eines kann man aber mit Sicherheit sagen: die Vorlage diktiert nicht die Kriterien, diese müssen einzelwerkübergreifend formuliert werden), das den Kunstfreund aber nicht unbedingt interessieren muss.

Wenn durch Anachronismen die eigentliche Aussage "verfälscht" wird bzw. die Dimension der Figur, die den Dialog spricht (jetzt meine ich mal den Stewart zur "umgemodelten" Novak), stört mich das auch. Da bin ich sicherlich pingelig, aber als Philologe darf ich das an der Stelle auch mal sein .

Na ja, da dürfte es dem Historiker nicht anders gehen, der sich darüber aufregt, dass die Schauspieler in den Western der 1950er dieselbe Frisur tragen wie man sie eben in den 1950ern getragen hat und nicht – authentischerweise - mit Günter Grass-Bärten oder langen Haaren rumlaufen (wie in TOMBSTONE etwa) – mich stört so etwas eher nicht.

Bei älteren Synchros sind sicherlich die bewussten verfälschungen à la Casablanca zu nennen, aber auch eine "Stirb langsam"-Synchro, in der man wie 40 Jahre zuvor es für eine gute Idee gehalten hat, einfach mal alle bösen Deutschen wegzusynchronisieren. DA würde ich auch gerne eine Neu-Synchro hören.

Also, hier bin ich ganz anderer Ansicht – denn ob die Bösen Deutsche sind oder Russen, interessiert mich überhaupt nicht (da stimme ich nsmak teilweise zu); das sind doch austauschbare Versatzstücke, die außerdem kein Problem der Übertragung alleine sind, sondern auch bereits bei der Konzeption der Vorlage auftauchen (siehe nur Hitchcocks Diskussion mit seinem Produzenten, wie unerheblich es sei, ob es bei NOTORIOUS um Uran oder Diamantenschmuggel geht – eine typisch Hitcocksche McGuffin-Frage; diejenigen, die eine Neusynchro unter dem Titel BERÜCHTIGT angeleiert haben, haben Hitchcock insofern weniger verstanden als die Synchronverantwortlichen von WEISSES GIFT).

Grüße, Fehmi

rote Blume ( Gast )
Beiträge:

25.03.2005 12:05
#11 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten

Das mit den Nazis ist mittlerweile eine Metapher für alles Böse, deshalb ist das noch lange keine "echte Verfälschung" der Handlung. Was heute im deutschen Sprachraum durch Osteuropäer "besetzt" wird, ist im Angelsächsischen eben der "böse Nazi". Solange die betreffende Figur im Film nicht weiter durch "ihre deutsche Vergangenheit" charakeriert wird, muss man das "Ausschlachten eines Klischees" nicht immer blind übernehmen.

Vor einigen Wochen hat der Londoner Bürgermeister einen (jüdischen) Journalisten einer Tageszeitung als "Nazi guard" bezeichnet und ist damit natürlich heftig ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Unter Tränen hat er einige Tage später erklärt, er werde sich beim dem Journalisten, der ihn und seine Familie seit längerem terrorisiere nicht entschuldigen. Er ist noch Bürgermeister - einer Stadt mit 500.000 Juden. Ohne die Medien, die den "2. Weltkrieg und Nationalsozialismus" seit Jahrzehnten emsig ausschlachten, wäre es möglicherweise nie zu einer solchen Entgleisung gekommen. Das mal nur am Rande zum Thema "Nazis im Film".

"Downfall" kommt hier übrigens nächsten Monat in die Kinos. Das wird bestimmt interessant .

Vielleicht kann Peter mal aus unserer Diskussion zum Thema Verfälschung durch Synchronisation/Neusynchronsation mal einen neuen "Thread" aufmachen auch wenn wir irgendwie doch wieder bei Krieg gelandet sind?!


Schöne Grüße
Elisabeth


http://hometown.aol.co.uk/drecmvg/myhomepage/aboutme.html

c.n.-tonfilm



Beiträge: 1.495

01.04.2005 21:08
#12 RE:Deutsche Synchros im Krieg: Rudolf Platte auf Fernandel Zitat · antworten


Da frage ich mich: was machen wir mit Filmen aus den 40ern, 50ern, die nie synchronisiert wurden. Soll man hier keine Synchros mehr machen, soll man sich diese Filme lieber im Original angucken? Wenn man so argumentiert, ist man mit einem Fuß schon im Lager der Synchrogegner – warum denn nicht generell auf Synchros verzichten?
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Ja, diese Filme sollte man sich, wenn man denn so brennend gerade an diesen Filmen interessiert ist, im Original ansehen und sie im übrigen in Frieden lassen. Meine ganz bescheidene persönliche Begründung hierfür lautet: ich möchte einen alten Kino (!)-Film sehen; Kinoatmosphäre genießen (dazu gehören für mich im übrigen auch die alten deutschen Titelungen und Inserts, die geben so ein richtig schönes Kino-Flair). Wenn ich einen solch alten Film heute synchronisiere - ist das eben kein alter Film mehr. Und Kino-Flair gibts schon gar keins dabei. Natürlich sollte man sich die Filme am besten auch im Kino sehen - aber das geht eben leider heute nicht mehr, mach was dagegen.


Das schlimmste Beispiel, das mir einfällt und die ganze Absurdität moderener Synchros von Uralt-Filmen auf den Punkt bringt ist die Ausstrahlung des Al-Jolson-Films THE SINGING FOOL in einem Dritten Programm mit einer 90er Jahre-Synchro, wobei der Ansager neunmalklug darauf hinwies, es würde sich um einen der ersten Volltonfilme der Welt handeln. Diese Neusynchros sind filmhistorisch wertlos, haben nichts mehr mit Kunst und Kultur zu tun und im übrigen überflüssig wie ein Kropf.


Denn: ich sehe wirklich nicht die geringste Notwendigkeit, solch alte Filme heute zu synchronisieren. In den 70er Jahren, als die Fernsehsender von den US-Studios große Pakete abnahmen, in denen eben jede Menge Filme enthalten waren, zu denen es keine deutsche Fassung gab, war diese Praxis noch einigermaßen verständlich. Die Filme waren gekauft und mußten irgendwie genutzt werden. Da die Lizenzbestimmungen meist die Ausstrahlung der Originalsprache verboten, mußten diese eben synchronisiert werden.


Man schlage einmal nach, wie viele Filme aus USA, UK, Frankreich, Italien, Spanien, Ungarn, der Niederlande und vieler anderer Nationen seit den 30er Jahren in synchronisierter Fassung in Deutschland gelaufen sind. Und man rechne bitte zusammen, wie viel Prozent davon zugänglich oder bekannt sind. Es ist ja nicht alles weg, nur weil es nicht auftaucht. Solange Heerscharen an Top-Filmen mit herausragenden zeitgenössischen Synchros ungenutzt herumliegen, sehe ich wirklich nicht die geringste Notwendigkeit dafür, einen 30, 40, 50 oder gar 60 Jahre alten Film, der es seinerzeit nie ins deutsche Kino geschafft hat, heute noch zu synchronisieren. Ob Universal schon alles alte deutsche Material weggeworfen hat bei den Titeln die für DVD neu synchronisiert wurden ? Von dem Geld sollte man lieber die historischen Synchronisationen restaurieren und sichern. Wenn das erledigt ist, kann man sich von mir aus darüber Gedanken machen, einen unbekannten alten Film zu synchronisieren - früher nicht !


Wenn auch heute noch gelegentlich im Spätprogramm der ARD ein Warner-B-Film von 1933 mit Bette Davis in einer Synchro von 2003 gezeigt wird, muß wirklich die Frage erlaubt sein: für wen denn ??? Das heutige Durchschnittspublikum schaut sich solch einen Film ohnehin nicht an. Für den Liebhaber, der sich vielleicht ein bisschen dafür interessieren könnte (in der Regel sind diese Filme wirklich keine, die man gesehen haben müßte), ist das Ganze unbrauchbar. Ein Muster ohne Wert, ein Torso - ein Fragment ohne Ton. Es ist schon sehr bedauerlich, daß diese Filme, nicht zumindest im Zweikanalton ausgestrahlt werden - dann hätte man wenigstens was davon gehabt und könnte den einen oder anderen Film sehen, den man sonst eben nie sehen wird, außer man ist aus bestimmten Gründen so scharf darauf, daß man sich die O-Version beschafft.


Es darf doch bitte nicht auf Teufel komm raus darum gehen, daß der Film auf Deutsch sein muß. Ich sehe gerne einen guten, schönen Film. Und ich sehe ihn am liebsten auf Deutsch, wenn es eine schöne Synchronisation (sprich: ein schönes altes deutsches Hörspiel mit großen deutschen Schauspielern) dazu gibt. Genauso wie ein schlechter Schauspieler, Kameramann oder Regisseur einen kompletten Film ruinieren kann, so kann dies natürlich auch eine Synchronisation. Und mir ist schleierhaft, wie man beim Betrachten einer Synchro von 2004 eines Films von 1930 auch nur annähernd so etwas wie Freude, Vergnügen oder gar ein künstlerisches (Film-) Erlebnis empfinden könnte. Wer sich wirklich für einen bestimmten Film interessiert, wird sich diesen dann auch z.B. auf Italienisch mit englischen Untertiteln ansehen und sich die zeitgenössiche Wunschbesetzung dazu vorstellen (Übungssache). Nein, man möge die alten Streifen doch bitte endlich in Frieden lassen; es gibt wirklich Wichtigeres und genügend interessante alte Synchros, die man zeigen könnte, wenn man wollte.


Zuguterletzt soll dann auch nicht verschwiegen werden, daß es natürlich auch schon in den 50ern schwache und billig gemachte Synchros gab, die wenig Freude aufkommen lassen. Auch hier kann es dann sein, daß man das Original vorzieht, auch wenn es eine zeitgenössiche Fassung gibt - weil sie eben schlecht ist. Eine Neue könnte kaum besser sein. Man muß sich eben subjektiv immer das Beste heraussuchen - und das ist bisweilen dann eben auch für den Liebhaber der Synchronisation das Original sein. Umgekehrt, gibt es genügend Filme, die wirklich einzig durch die alten deutschen Fassungen interessant und unterhaltsam sind. Im Original könnte und würde man sie sich im Leben nicht anschauen ohne das als Strafe zu empfinden...

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Farb-Legende: blau = Spekulation, orange = Trailer-Besetzung, grün = endgültige Besetzung, rot = Korrektur/Ergänzung zur endgültigen Besetzung


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