Hallo Jochen! Ich bin selber auch Sprecher und - wie ich mir einbilde - keiner der Schlechtesten. Das Problem liegt in der Tat darin, dass viele Sprecher nicht "schauspielern" können und der ein oder andere gute Schauspieler halt keine so tolle Stimme hat. Ich finde, es ist reichlich schwierig in die Spielvertonung reinzurutschen ... bei vielen Spielen erfolgt das ja auch schon mit dem Anspruch der Synchronität. Ich denke: unterm Strich ist aber auch hier viel Vitamin B im Spiel. LG Fritz
Zitat Das Problem liegt in der Tat darin, dass viele Sprecher nicht "schauspielern" können und der ein oder andere gute Schauspieler halt keine so tolle Stimme hat.
Es geht weniger darum, eine tolle Stimme zu haben, glaube ich. Es gibt allerdings mehr als genug Schauspieler, die mit ihrer Stimme gut spielen können, man muss sie nur besetzen wollen bzw. dann auch noch vernünftig bezahlen können. Viele Games, die ich mir so anschaue, erwecken den Eindruck, als ob schlichtweg das günstigste Studio den Auftrag bekommen hat. Dass man sich dann nur die regionale Theatertruppe und die Leute aus dem lokalen Radio holen kann, ist die Folge.
Zitat bei vielen Spielen erfolgt das ja auch schon mit dem Anspruch der Synchronität.
Verstehe nicht, was du sagen willst. Dass es lippensynchron werden muss? Ja und? Klappt ja auch. Dieser Aspekt klappt kurioserweise mitunter sogar, wenn man großzügig sein möchte, bei Spielen, die sich ansonsten nicht unbedingt hören lassen können.
Hallo ihr Lieben! Habe mich hier jetzt mal durchgelesen und "gehört" ;) Muss sagen,dass einige Eurer Youtube-Beispiele wirklich grauenhaft klingen!! Ich selbst habe bis jetzt erst in 3 oder 4 Spielen gesprochen und beim ersten Mal war ich echt etwas "geschockt", wie man da arbeitet *g* Läuft alles nach dem Motto "Zack, zack, zack- Zeit ist Geld!" Zunächst bekommt man ja schonmal kein Bild, was für Sprecher, die nur "normales" Synchron gewohnt sind, schonmal sehr komisch ist...zumindest war es das für mich und ist es noch! Der O-ton wird sich exakt einmal angehört (außer natürlich man bittet um weitere Male), dann spricht man direkt drauf. Selten ist es mir passiert, dass eine Aufnahme zweimal gemacht werden musste- und ich bezweifle jetzt mal, dass das an meinen Fähigkeiten lag Mit 20 Takes ist man mind. 3 mal so schnell fertig wie bei Filmen!! Was ich sagen will: Mir kommt es durchaus so vor, als würde bei diesen Aufnahmen manchmal Quantität vor Qualität stehen! Das entschuldigt natürlich keinesfalls an sich gute (!) Sprecher, die sich,ihrer Stimme und ihrem Können untreu werden. Aber vielleicht trägt es ein klitzekleines Stückchen zu einer Erklärung bei, wie so etwas "passieren" kann! Nunja, bin offen für Reaktionen So long...
Es gibt leider superviele Probleme bei Sprachaufnahmen zu Computer- und Videospielen. Das fängt bei mangelhafter Vorbereitung der Lokalisation seitens des Entwicklers an (Loka muss für simultanen Release fertig sein, es gibt aber keine spielbare Version zu dem Zeitpunkt der Übersetzung oder der Sprachaufnahmen), geht meist einher mit schlechter Planung und Umsetzung der Lokalisation beim Publisher (keine Tools, sondern nur Textdateien oder Excel-Tabellen; kein Glossar; keine oder mangelhafte Texterläuterungen; keine kontinuierliche Story-Struktur sondern scheinbar zufällige Textfolgen; Textänderungen in letzter Minute), und kann im Tonstudio nur noch getoppt werden von Aufnahmen ohne Regisseur oder mit vom Publisher gecasteten Sprechern aufgrund von allgemeinen Hörproben oder oder oder... kann man endlos weiterführen die Liste.
Ein nicht zu kleines Problem stellt auch das Budget dar: während man einen Film relativ günstig synchronisiert bekommt (400 bis 900 Takes pro Film, pro Take ca. 3 bis 5 Euro, "Komm-Geld" von ca. 50 - 150 Euro pro Sprecher und Tag - bei einem Worst-Case-Szenario also 900*5 + 150*20 (Anzahl der Sprechrollen) = 7500 Euro für die Sprecher) wird bei einem Spiel völlig anders kalkuliert: keine Bezahlung nach Take und Grundgage, sondern meist ein fester Stundensatz der irgendwo zwischen 100 und 150 Euro (oder höher) liegt. Ein ordentlicher Sprecher im Bereich Spiele schafft nicht-lippensynchron ca. 120-180 Takes pro Stunde(!), je nachdem wie viele Rollen er sprechen muss bzw kann. Sehr gute Sprecher schaffen auch 300 Takes, aber das gilt nur für Hauptrollen und sind selbst dann eher die Ausnahme und setzen ein entsprechend aufbereitetes Script und gute Regie voraus. Außerdem: je mehr Rollen es gibt, desto weniger kann man kleinere Rollen auf ein und den selber Sprecher verteilen, desto mehr "Leerlauf" kann entstehen. Der Sprecher kostet dann in 30-45 Minuten genausoviel wie ein anderer Sprecher, den man optimal in einer Stunde "ausnutzen" kann.
So kommt man schnell auf reine Sprecherkosten von 12.000 bis 15.000 Euro für ein durchschnittlich dialoglastiges Spiel - bei Rollenspielen kann der Takebereich auch schnell in den +50000er Bereich hochschnellen und die Kosten explodieren dann, ohne dass sich das auf den Verkaufspreis auswirken kann. Aus diesem Grunde werden RPGs so ungerne synchronisiert - hohe Kosten, die sich mit Sicherheit nicht in einem entsprechend größerem Absatz bemerkbar machen.
Will man aber für die Hauptrolle einen bekannten, tollen Sprecher besetzen, kann der alleine schon mal für einen Tag Arbeit eine Festgage im oberen vier- bis fünfstelligen Bereich fordern - was aber auch noch nicht garantiert, das er eine gute Rolle im Spiel macht. Viele Synchronsprecher sind - oder wirken - im Off völlig anders als in einem Film.
Die Verwertungskette bei Spielen ist auch ungleich viel kürzer als bei Filmen, so dass ein Software-Flop fast niemals seine Kosten wieder einspielt - im Gegensatz zu einem sogenannten Flop im Film. Deshalb wird vom Publisher, der ja meist europaweit agiert und das Spiel dann gleich in mehrere Sprachen lokalisieren läßt, auch seltenst Geld für Top-Sprecher freigegeben. Dieses "Ausgaberisiko" lohnt sich nur bei wirklichen Blockbustern.
Das man allerdings auch mit unbekannten, "günstigeren" Sprechern oder kleinem Budget Spiele perfekt synchronisieren kann, steht hingegen außer Frage. Da kommt es halt auf die Übersetzung und Regie an - was leider wie ober bereits erwähnt von den Publishern auch ziemlich stiefmütterlich behandelt wird.
Das soll jetzt alles keine Entschuldigung für mieserable Synchronisationen sein - im Gegenteil. Geht ja auch anders, wie einige Titel beweisen.
Bei den Spielen muss man aber auch zwischen 2 Sachen unterscheiden. Ich glaube nicht, dass es so viel Unterschied ausmacht, ne animierte Sequenz einzusprechen. Die Schwierigkeit dürfte eher beim Gameplay selbst liegen. Und da wird es wie in der Informatik üblich kritisch. Die meisten Programme sind lange vor der Deadline fertig, so dass für spätere Prozesse viel Zeit bleibt. Aber wenn man die Synchronisation gut plant, kann man da auch entgegenwirken.
Zitat Ich glaube nicht, dass es so viel Unterschied ausmacht, ne animierte Sequenz einzusprechen.
Jain, animierte Sequenz muss halt lippen- oder zeitsynchron eingesprochen werden, ist bei einem Computerspiel aber meist nur der Bruchteil der Sprachaufnahmen und fällt dann nicht weiter ins Gewicht. Auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel.
Zitat Die meisten Programme sind lange vor der Deadline fertig, so dass für spätere Prozesse viel Zeit bleibt.
Hmm, das habe ich so gut wie noch nie erlebt. Ich würde eher sagen "Die wenigsten Programme sind... ". Normalerweise wird bis kurz vor Deadline noch an tausend Schräubchen gedreht und da gehört neben Questbeschreibungen, Dialogen und Story auch Menüs, Infotexte etc. dazu. Wie oben gesagt: wird bereits beim Entwickler an die spätere Lokalisation gedacht, lassen sich solche Änderungen leicht nachverfolgen und auch noch nachträglich implementieren. Aber entsprechende Tools werden oft nur bei AAA+ Titeln eingesetzt. Und so kommt beim Publisher meistens ein Textwust an, der erst bei Gold-Master gelockt wird und auch erst dann zur Bearbeitung freigegeben wird - was nicht heißt, das nicht doch noch Änderungen anfallen.
Verhunzte AAA+ Titel sind allerdings ein Armutszeugnis, da hast Du recht.
Falls der Threaderöffner noch eine Meinung braucht, kann er es ja mal beim Übersetzungswissenschaftler Dr. Rainer Nagel versuchen. Der hat letztes Jahr auf der Fedcon einiges über die Zeit- und Budgetproblematik bei Spielen und Übersetzungen allgemein zu erzählen gewusst.