Der Sohn eines Fabrikanten arbeitete zunächst im Betrieb seines Vaters, ehe er Interesse an der Schauspielerei zeigte. Seine Ausbildung machte er in Birmingham - die Schule nannte er einen Ort, an dem Töchter aus reichem Hause das Gefühl gegeben würde, etwas geleistet zu haben. 1960 hatte er in Cambridge sein Debut als professioneller Schauspieler und wurde bald nach London engagiert. Sehr rasch wurde er einer der bedeutendsten Jungschauspieler Englands, mit seiner bodenständigen Art Shakespeare zu spielen, sorgte er für Furore - vor allem als Hamlet und Macbeth. Er spielte aber auch gerne absurdes Theater oder in Problemstücken wie jenen seines Freundes John Osborn. Williamson machte auch beim Film Karriere, wenngleich er nie zum großen Star wurde und manche seiner Rollen ("Kein Koks für Sherlock Holmes") polarisierten. Der Kettenraucher und "Teilzeit-Alkoholiker" war für sein unberechenbares Wesen bekannt, was ihn mitunter etwas schwierig für seine Zeitgenossen machte. Nach dem Erfolg von "Excalibur" lehnte er sämtliche ähnliche Filmrollen ab. Er hatte sowohl eine Abneigung gegenüber dem rein Kommerziellen Kino im Stile Hollywoods, als auch dem überintellektuellen Kunstfilm. Eigenwillig suchte er sich seine Rollen vor allem in Genrefilmen aus. 1997 verlor er die Lust am Filmen, spielte noch eine Zeit lang Theater und zog sich dann zurück. Zuletzt lebte er in holland, wo er an Speiseröhrenkrebs verstarb.
Danke für alle Hinweise und Ergänzungen!
1963: Der Menschen Hörigkeit - (kein Text, glaube ich) 1968: Ereignisse beim Bewachen der Bofors-Kanone - Wolfgang Völz 1969: Hamlet - Der Satan mischt die Karten - Die Abrechnung - Lothar Blumhagen 1972: Der Mönch und die Frauen - Heinz Petruo Das zweite Kommando - 1974: Die Wilby-Verschwörung - Klaus Miedel 1976: Kein Koks für Sherlock Holmes - Harry Wüstenhagen Robin und Marian - Niels Clausnitzer 1977: Der Untermieter - Der Schmalspurschnüffler - F. G. Beckhaus 1978: Columbo: Mord per Telefon - Wolfgang Völz 1980: Der menschliche Faktor - Horst Naumann 1981: Excalibur - Horst Schön Die schwarze Mamba - Horst Schön 1982: Die Jagd nach dem Leben - 1983: Macbeth - 1984: Sacharow - 1985: Oz - Eine phantastische Welt - Jürgen Thormann Christopher Columbus (Miniserie) - Reinhard Glemnitz 1986: Passion Flower - Leidenschaft und Ehrgeiz - 1987: Die schwarze Witwe - Lothar Blumhagen 1990: Der Exorzist 3 - Paul Bürks 1993: Pesthauch des Bösen - 1996: Sturm in den Weiden - Christian Rode 1997: Spawn - Joachim Höppner
Meines Wissens lebte er ab seinem Rückzug aus dem öffentlichen Leben auf Rhodos, erst gut zwei Jahre vor seinem Ableben (also ab Beginn seiner Erkrankung an Speiseröhrenkrebs) ging er nach Amsterdam. Ein Mann, der alle Facetten des Seins auf seiner Zungenspitze verdichten konnte - und sie von dort aus Auditorium wie gemeingültiger Welt genüsslich (wie ich unterstellen möchte) entgegen spie. Wirklich individuell - und wer ist das schon?
Individualität ist immer gefragt. Und die Wahrheit zu sagen ist auch immer gut. Und dem übertrieben guten Ton, der "Political Correctness" oder einem gekünstelten Image geschuldetem Geschwafel soll man auch Zähne zeigen. Grenzwertig wird es eben dann, wenn es wirklich untergriffig verletztend wird und in keinerlei Hinsicht mehr einer Wahrhaftigkeit, der Realität entspricht. Viele von Williamsons Aussagen sprachen mir aus der Seele, aber unterm Strich war er wohl auch ein Kotzbrocken. Und Kollegen, die man nicht mag, wirklich auf der Bühne zu schlagen, wo man im Prinzip direkt vor Publikum der Sache ausgeliefert ist, das ist halt auch kein Stil.
Natürlich nicht. Williamson war sicherlich ein Kotzbrocken vor dem Herrn. Mir sind wenige Anekdoten bekannt, die ihn in ein positives Licht rücken. Selbst überzogene Lackaffen wie O'Toole besaßen ihre netten Seiten, wenn der etwa an die seligen Zeiten mit Co-Hellraiser Richard Burton zurückdachte, als sie nach dem 1. Akt in die Kneipe gegenüber sausten, diverse Kurze kippten, gerade noch rechtzeitig zurücktorkelten, Burton ein paar Sekunden nach Beginn in hohem Schwall in die 1. Reihe kotzte und völlig ungerührt weiterspielte.
Williamson war ein Einzelgänger, gab keine Partys, sprach meist nur das Nötigste. War aber sehr wohl ein Weiberheld, der sich bevorzugt vergebene Damen angelte. John Boorman holte ihn 1980 für "Excalibur" (der ursprünglich eine "Herr der Ringe"-Verfilmung werden sollte), weil Williamson mal eine grauenhaft gescheiterte Affäre mit "Morgana"-Darstellerin Helen Mirren gehabt hatte. Die beiden bekriegten sich dann beim Dreh, was zu einer hübschen Spannung führte.
Film interessierte ihn aber kaum, er ließ sich vielmehr gern als größten Shakespeare-Darsteller der Welt bezeichnen, die Bühne war seine Welt. Mit Betobnung auf "seine" Welt, er erreichte ein Höchstmaß an Egozentrik, machte sich am West End enorm viele Feinde, ätzte gegen Kollegen wie Gielgud oder McKellen, entschwand letztlich gen Broadway und vollzog dort dasselbe Prinzip (inklusive jenes legendären Blamierens des jüngeren Kollegen Evan Handler, bekannt aus "Californication").
Das scheint mir ein primär bei angelsächsischen Theatermimen verbreitetes Phänomen zu sein, vielleicht wähnen sie sich den entscheidenden Tick zu sehr vom Geiste des größten aller Barden erfüllt. Man denke an bei uns beheimatete Titanen wie Sander oder Voss. Voss etwa konnte auch aufbrausend sein, ätzte und lästerte auch gern mal, aber sobald etwa ein Peymann ihn inmitten so eines Orkanes vom Bühnenrand aus nüchtern-sezierend fragte "Für wen hältst du dich eigentlich?" kollabierte die Fassade und eine fast jungenhafte Unsicherheit kam zum Vorschein.
Williamson erlag seinem eigenen, teilweise wohl nur selbstwahrgenommenen Ereignishorizont, scheiterte an sich selbst. Was bedauerlich ist, denn in jenem Alter, in dem ein Darsteller erst das Höchstmaß an Reife erlangt, schied er aus dem Rennen aus. Ihm wäre mehr möglich gewesen.
Für mich ein Unvollendeter - aber ein bemerkenswerter.
Zitat von Dubber der Weiße im Beitrag #5 Für mich ein Unvollendeter - aber ein bemerkenswerter.
Schöner könnte man Nicol Williamson kaum charakterisieren. Eine schöne und treffsichere Argumentation!
By the way, Gert Voss hab ich oft genug genossen. Irgendwann war er sicher mal ein großer Schauspieler, aber als er im Olymp angekommen war, hat er kaum noch mehr als Manirismen zu bieten gehabt und führte exaltierte One-Man-Shows auf, bei der nicht selten ein Teil des Publikums nach und nach verschwand. In "Das letzte Band" war er dermaßen schlecht und geradezu grotesk, daß sich der Saal leerte und man das Stück vor der geplanten Anzahl an Stücken absetzte. Wehleidig kündigte er wiederholt an, nie mehr aufzutreten - leider hatte er ebenso viele letzte auftritte wie Freddy Quinn Abschiedstourneen. Nachdem Peymann aus Wien weg war, drehte Voss hier vollkommen durch. Aber es konnte ihm egal sein, das scheinheilig heuchlerische Wiener Publikum und vor allem die Handvoll schleimscheißender Kritiker, die den Ton angeben, ließen ihn letztendlich unangetastet und schimpften über das Unverständnis eines anderen Teiles des Publikums. Ernsthafte und sachliche Kritiken über Voss' Theaterauftritte in Wien konnte man eigentlich nur in der Auslandspresse nachlesen.
Zurück zu Williamson - seine vielen Tiraden über Schauspielschulen im Allgemeinen und bessere Einrichtung im Besonderen sprachen mir stets aus der Seele. Ich habe hier auch entsprechende Erfahrungen gemacht, vor allem was die Unabhängigkeit der Jury anbelangt, die an solchen Einrichtungen die Verantwortung trägt. Da ist wirklich nach wie vor oft viel im Argen...