Der Begriff "Native Speaker" gefällt mir eigentlich nicht so besonders, ausserdem ist er mir etwas zu einseitig, weil er aus meiner Sicht auf ein Herkunftsland fixiert ist und viele Sprecher/innen nicht deutscher Herkunft vielseitig auf "Exoten" eingesetzt wurden oder werden.
Ich hoffe, es existiert nicht schon ein Thread zu diesem Thema, zumindest hat die Suchfunktion zu "Native Speakers" nichts ergeben.
In erster Linie fallen mir hier Leute ein wie Panos Papadopolus, Osman Ragheb, Stanislav Ledinek oder auch Donald Arthur, der immer einen Akzent hat, der in keine deutschsprachige Region passt.
Papadopolus sprach so ziemlich alles von Indianern über Asiaten bis zu Griechen. Ledinek war für Leute wie Akim Tamiroff zu hören, wo auch im Original stets ein starker Akzent vorhanden war - oder er sprach ähnlich exotische Rollen. Aber er hatte stets einen so starken Akzent, daß man ihn unmöglich hätte für "normale" Rollen einsetzen können.
Ich würde hier gerne einige Schauspieler/innen zusammentragen, die einen hörbaren Migrationshintergrund haben und dadurch zwangsläufig in eine Schublade gesteckt wurden oder werden.
Es gibt genügend Schauspieler, die hervorragend Akzente nachmachen können, aber ich finde, daß man die Leute, die nicht Deutsch als ( zumindest alleinige) Muttersprache haben, doch erkennen kann, wenn man ein Ohr dafür hat.
Zwei besondere Beispiele, die mich jetzt auch wieder auf das Thema brachten, sind die mir unbekannten Sprecher von John Fraser in "Detektei Blunt: Ein gefährlicher Gegner" (München) und Carl Möhner in "Arzt im Zwiespalt" (Hamburg). Fraser spielt einen Russen, Möhner einen Polen. In beiden Fällen hörte sich das absolut nicht nach imitiertem Akzent an, sondern nach Sprechern zumindest aus (Süd-) Osteuropa. Auch wenn es in beiden Fällen keineswegs unbedingt notwendig gewesen wäre, einen Schauspieler mit Migrationshintergrund zu nehmen, wurde es dennoch sehr gemacht und dadurch eine sehr spezielle Stimmung erzeugt, die absolut autentisch wirkte.
Natürlich läßt es sich nicht leugnen, daß man vor allem in der Vergangenheit "Native Speakers" durchaus auch einsetzte, um einen fremdartigen Effekt zu erzielen, der rassistische Untertöne mit sich brachte und keinesfalls nur darauf ausgerichtet war, eine autentische Wirkung zu schaffen.
Ragheb hat eigentlich keinen Akzent, sondern kann ihn nur gut "hervor holen". Aber da Ledinek hier schon genannt wurde, möchte ich mal sein ostdeutsches Pendant Ivan Malré in die Wagschaale werfen - ironischerweise wurde er aber eben nicht für Ausländer eingesetzt (außer für einen Österreicher!! in "Sieben Männer und eine Frau"), sondern als deutsche Charakterstimme - allerdings in einer Zeit, in der ein rollendes R durchaus noch zur normalen Sprechweise der älteren Theatermimen gehörte. Eher fremdländisch (mit ähnlichem Akzent) wurde da Frantisek Palka bei der DEFA besetzt.
Mir fällt da in erster Linie immer Toru Tanabe ein, der meistens immer für Ken Watanabe eingesetzt wird. Tanabe ist ja auch ausgebildeter Opernsänger. Ich höre ihn sehr gerne. Ein sanfte Stimme. Vor allem wenn er deutsch spricht. :) http://www.stimmgerecht.de/sprecher/916/Toru-Tanabe.html
In der deutschen Fassung des irischen Trickfilms "Das Geheimnis von Kells" wurden (anders als im Original) ein asiatischer, ein afrikanischer und ein italienischer Mönch jeweils mit Sprechern selbiger Herkunft besetzt.
In "Ziemlich beste Freunde" hat man die Tante (Salimata Kamate) von Driss (Omar Sy) mit einer Muttersprachlerin besetzt (ich konnte leider nicht herausfinden, mit wem), wobei die Schauspielerin aber auch im Original einen hörbaren Akzent hat.
Bademsoy wollte ich auch sofort nennen. ;) Habe dann allerdings nach dem Anschauen eines Interviews auf YouTube nur sehr geringen Akzent bei ihm gehört. Ansichtssache.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
09.03.2015 23:28
#11 RE: Synchronsprecher/innen mit (hörbarem) Migrationshintergrund
Wenig Akzent heisst noch lange nicht, daß die betreffende Person nicht hier dazu gehört. Zudem hat ja auch jeder ein etwas subjektives Empfinden.
Osman Ragheb ist ein Meister der Akzente, kann aber auch ganz ohne sprechen. Das hat Stefan ganz korrekt erwähnt. Für mich allerdings spricht er ein dermaßen astreines Deutsch ohne jegliche Einfärbung, daß es erst recht "verdächtig" ist.
Howard Vernon könnte man hier eigentlich auch dazuzählen, der ja einige Male auch als Synchronsprecher in deutschen Studios zu hören war. Er wuchs mehrsprachig auf, allerdings so sauber sein Französisch klingt, Deutsch hatte er dennoch immer eine etwas eigenartige Klangfärbung.
Der "berüchtigte" Sprecher, der in französischen Filmen für Robert Ryan und Charles Bronson aktiv war, dürfte auch in diese Kategorie fallen.
Mir sagen übrigens "Native Speaker" sehr zu, wenn es der Rolle entspricht oder dem Schauspieler. Akzente können manchesmal schauerlich klingen und es besteht auch die Gefahr, daß man sich dabei lächerlich macht - ich denke da an Toni Herbert in "Spion mit meinem Gesicht", der einen Tiroler Portier spricht und abwechselnd Wienerisch und Bayrisch zum Besten gibt, dazwischen auch normal deutsch redet. Das bringt nur unfreiwillige Komik.
Wen ich gerne stets von einem Landsmann gehört hätte, wäre Bela Lugosi gewesen. Jemand mit eindeutig ungarischem oder zumindest osteuropäischem Akzent. Im deutschen Nachkriegskino wimmelte es ja auch von Schauspielern aus Osteuropa, die zwar zweisprachig aufwuchsen, aber dennoch immer erkennbar "Zugereiste" waren: Zeev Berlinsky, Narziss Schokateff, der bereits erwähnte Stanislav Ledinek, uva. Da hätte sich schon jemand finden können für Bela, allerdings spielte er ja am deutschsprachigen Kinomarkt keine sonderliche Rolle. Eric Pohlman gehört indirekt auch dazu, dessen Stimme allerdings von keinem Synchronstudio genutzt wurde, obwohl er viel in Deutschland und Österreich gearbeitet hat.
Ich bin froh, daß es Schauspieler mit solchem Hintergrund gibt, weil sie die sprachliche Vielfalt auf ihre Weise sehr bereichern und das nicht nur, um irgendein Vorurteil zu schüren.
Froh bin ich allerdings, daß Chris Howland, Gus Backus, Bill Ramsey oder Billy Mo abseits ihres Gesanges nur schauspielerten, nicht aber synchronisierten.
Zitat von fortinbras im Beitrag #11Froh bin ich allerdings, daß Chris Howland, Gus Backus, Bill Ramsey oder Billy Mo abseits ihres Gesanges nur schauspielerten, nicht aber synchronisierten.
Abgesehen von Einsätzen für sich selbst hatte zumindest Chris Howland einen Einsatz im Synchronstudio: als Teefax in "Asterix bei den Briten" (eine relativ große Rolle). Und sprach/sang Bill Ramsey nicht für Nat "King" Cole in "Cat Ballou"?
Zitat von fortinbras im Beitrag #11Osman Ragheb ist ein Meister der Akzente, kann aber auch ganz ohne sprechen. Das hat Stefan ganz korrekt erwähnt. Für mich allerdings spricht er ein dermaßen astreines Deutsch ohne jegliche Einfärbung, daß es erst recht "verdächtig" ist.
Sind für dich dann auch aus Bayern, Sachsen oder dem Rheinland stammende Sprecher, die man in Synchros "absolut hochdeutsch" hört, auch "verdächtig"?
Zitat von fortinbras im Beitrag #11Howard Vernon könnte man hier eigentlich auch dazuzählen, der ja einige Male auch als Synchronsprecher in deutschen Studios zu hören war. Er wuchs mehrsprachig auf, allerdings so sauber sein Französisch klingt, Deutsch hatte er dennoch immer eine etwas eigenartige Klangfärbung.
Auch bei den "1000 Augen des Dr. Mabuse"? Da habe ich bei ihm keinerlei "Klangfärbung" herausgehört. Deswegen überraschte mich früher (bevor ich seinen Hintergrund kannte) der englische Schauspielname, obwohl er in den "1000 Augen" akzentfrei im O-Ton zu hören war.
Klangfärbung gibt's auf jeden Fall, man kann sie nur nicht unbedingt als fremden Akzent definieren, könnte auch unsaubere Aussprache sein wie bei Ingo Osterloh (immerhin synchron) oder Sieghardt Rupp.