Originaltitel: Hibernatus / Hibernautus DDR-Titel: Der Winterschläfer Alternative Titel: Louis taut auf / Die Giftnudel / Der Giftzwerg, u.a.
Frankreich / Italien, 1969 Regie: Eduardo Molinaro Drehbuch: Jean Halain / Jacques Vilfrid / Louis de Funes Musik: Georges Delerue Produktion: Gaumont / Rizzoli Verleih: Gloria (BRD) / Progress (DDR)
Deutsche Fassung (BRD): Firma: ?, München Dialogbuch: ? Dialogregie: ?
Deutsche Erstaufführung: 6. März 1970 BRD / 26. März 1971 DDR
Zum Film:
Unter den Louis de Funes-Filmen jener Tage ist dieser ein kleiner Aussenseiter, an dem sich die Geister etwas scheiden. Die Geschichte rund um einen jahrzehntelang im Eis eingefrorenen Onkel, der wieder auftaut zur (damaligen) Gegenwart, hat viel Potential und ist durchaus auch witzig.
Doch letztendlich ist das ein Louis de Funes-Film und sogar ein sehr guter. Zumindest bis zur zweiten Hälfte, dann beginnt der Gesamteindruck etwas zu bröckeln. Die Geschichte sollte sich nun auf den Onkel konzentrieren und dessen langsame Entdeckung, daß er sich nicht mehr 1905 befindet. Doch will man auf de Funes nicht verzichten, weswegen es nunmehr halbgar weitergeht und kein Handlungsstrang mehr mit der Sorgfalt weitergeführt wird, die der Film zunächst vorgibt. Um die Sache rund und rational zu machen, hätte es eine halbe Stunde mehr Laufzeit gebracht, so überstürzt sich alles gegen Ende hin und der Schlußgag ist zwar amüsant, aber auch recht aufgesetzt.
Interessant übrigens, daß der Film einen musikfreien, in die Bilder und Handlung integrierten Vorspann hat und am Ende einen animierten, recht aufwendigen Abspann mit bombastischer Musik - dieser wurde teilweise bei alternativen Veröffentlichen vorne dran gestellt.
Die deutsche Fassung:
Die in München entstandene Synchronfassung möchte ich trotz meines ambivalenten Verhältnisses zum Film als eine der besten einstufen, die ein de Funes-Streifen je hatte. Das Dialogbuch ist eng am Original und nimmt sich deutlich weniger Freiheiten heraus, als es bei anderen Filmen mit dem Komiker damals der Fall war. Gerd Martienzen dreht nicht so auf wie sonst und die Besetzung ist generell hervorragend. Schade, daß es nicht mehr von der Sorte an de Funes-Bearbeitungen gab.
Der deutsche Titel ist dennoch unsinnig, auch stellt sich einem die Frage, warum man aus Hubert einen Paul machen mußte. Falls sich der Titel auf den aufgetauten Onkel bezieht, ist er erst recht idiotisch...
Der DDR-Titel "Der Winterschläfer" sagt mir sehr zu, aber für das bundesdeutsche Publikum hätte man ihn wohl als nicht lustig genug empfunden...
Bislang wurde die Synchronbesetzung noch nicht umfangreich festgehalten. Ergänzungen sind jederzeit willkommen!
Es spielen und sprechen:
Louis de Funes (Paul de Tartas) Gerd Martienzen Claude Gensac (Edmee de Tartas) Bernard Alane (Paul Fournier) Elmar Wepper Michael Lonsdale (Professor Loribat) Manfred Schott Olivier de Funes (Didier de Tartas) Jürgen Clausen Eliette Demay (Evelyne) Yves Vincent (Monsieur Crepin-Janjard) Wolf Rahtjen Paul Preboist (Butler Charles) Mogens von Gadow Claude Pieplu (Generalsekretär) Wolf Ackva Martine Kelly (Sophie) Pascal Mazzotti (Psychiater Bibolini) Paul Bürks Jacques Legras (Anwalt) Bruno W. Pantel Robert Le Beal (Doktor) Yannick Alane (Madame Crepin-Janjard) Maria Landrock Max Montavon (Rabier) Sebastian Floche (Adjudant des Generalsekretärs) Harry-Max (Pauls alter Freund) Robert Lombard (Monsieur Thomas) Wolf Ackva Jean-Pierre Zola (Mönch) Alois Maria Giani N. N. (Reporterstimme) Eckart Dux
Viel kann ich nicht mehr ergänzen, aber Olivier de Funes war definitiv Jürgen Clausen. Harry-Max könnte eventuell Hans-Jürgen Diedrich sein, aber wenn Paul Bürks nicht schon eine wichtige Rolle in diesem Film spräche, hätte ich eigentlich auf ihn getippt.
Jürgen Clausen könnte hinkommen. Hast du eine Erklärung dafür, warum er sich aber hier so anders als sonst anhört? Weil auf ein klein wenig "jünger" sprechen mußte?
Diedrich, das Stimmenchamäleon wäre eine Option, aber mit dem tue ich mir immer sehr schwer.
Jedenfalls danke für die Ergänzungen!
Falls ich es nicht übersehen oder vergessen habe - gab es eine eigene DDR-Synchronisation?
Sie wurde definitiv übernommen - ich habe ihn nur in der Westsynchro gesehen, auch im DDR-Fernsehen, wo eindeutig nach dem Vorspann der DDR-Titel einkopiert gewesen war.
Zitat von fortinbras im Beitrag #3Jürgen Clausen könnte hinkommen. Hast du eine Erklärung dafür, warum er sich aber hier so anders als sonst anhört? Weil auf ein klein wenig "jünger" sprechen mußte?
Er ist es definitiv. Er spricht hier allerdings "zackiger" als man es von ihm gewohnt ist - das hängt mit der Figur zusammen, außerdem geben alle Sprecher hier mehr Stoff, als es aus den oft fast schon geflüsterten münchner Synchros der frühen 70er kennt.
Clausen ist schon richtig, das wollte ich gar nicht anzweifeln. Ich habe ihn nur so noch nie gehört, deshalb war ich unsicher. Eine interessante Abweichung seiner üblichen akustischen Präsenz.
Danke für die Infos zur Ost-Version. Diese Synchronfassung ist schon sehr sorgfältig, originalgetreu und ohne Ausrutscher. Begonnen hatte das ja damals schon, die Filme des Franzosen deutsch lustiger zu machen, auch wenn das Schlimmste erst noch kommen sollte.
Madame Crepin-Janjard ist mir offenbar aus der Liste gerutscht. Bei den wenigen Worten war mir die Landrock gar nicht wirklich aufgefallen. Asche auf mein Haupt. Und danke für die Ergänzung!
Hat jemand Theorien zur Stimme von Claude Gensac? Mir kommt die recht fremd vor, eher so wie eine Eintagsfliege oder zumindest ein seltenerer Gast im Synchronstudio. Ich hätte mir hier auch in München eine etwas prominentere Stimme erwartet, etwa Rosemarie Fendel.
Die Kritik mit der leicht schwächelnden zweiten Hälfte kann ich einerseits nachvollziehen, der Streifen gibt aber gut Gas. Und die Synchro ist herrlich ("Rasieren sie ihn! RAsieren sie ihn!" ... "Was soll denn der Sand hier, so ein Unsinn?!" )
Nachdem ich den Film neulich erstmals komplett gesichtet habe, wollte ich etwas zu einer früheren Diskussion beisteuern:
Zitat von Gast im Beitrag #1Unter den Louis de Funes-Filmen jener Tage ist dieser ein kleiner Aussenseiter, an dem sich die Geister etwas scheiden. Die Geschichte rund um einen jahrzehntelang im Eis eingefrorenen Onkel, der wieder auftaut zur (damaligen) Gegenwart, hat viel Potential und ist durchaus auch witzig.
Doch letztendlich ist das ein Louis de Funes-Film und sogar ein sehr guter. Zumindest bis zur zweiten Hälfte, dann beginnt der Gesamteindruck etwas zu bröckeln. Die Geschichte sollte sich nun auf den Onkel konzentrieren und dessen langsame Entdeckung, daß er sich nicht mehr 1905 befindet. Doch will man auf de Funes nicht verzichten, weswegen es nunmehr halbgar weitergeht und kein Handlungsstrang mehr mit der Sorgfalt weitergeführt wird, die der Film zunächst vorgibt. Um die Sache rund und rational zu machen, hätte es eine halbe Stunde mehr Laufzeit gebracht, so überstürzt sich alles gegen Ende hin und der Schlußgag ist zwar amüsant, aber auch recht aufgesetzt.
In einem anderen Thread schrieb fortinbras zuvor bereits das:
"Das mit "Onkel Paul, die große Pflaume" (was für ein Titel) ist so eine ambivalente Sache. Für mich weder Fisch noch Fleisch.
Auf der einen Seite eine gut durchdachte Geschichte mit guten Dialogen, voll guter Ideen und schöner Ausstattung. Die Schauspieler sind erstklassig (vor allem gefiel mir auch Michael Lonsdale, den ich gerne mal richtig mit de Funes gesehen hätte), gegen die deutsche Fassung kann man auch nichts sagen. Die Szenen de Funes/Gensac sind definitiv hervorragend. Die Szene zu Beginn, wo Louis entdeckt, daß er kein Abzeichen trägt, ist sogar für sich genommen eine meiner liebsten Louis-Szenen aus allen Filmen.
Aber irgendwie baut sich der Film als Louis de Funes-Streifen auf, degradiert ihn dann zur Nebenfigur, nur daß krampfhaft gesucht wird nach Szenen, in die er reinpaßt. Hätte man auf einige typische Szenen verzichtet und ihn von vornherein als "Gaststar" verpflichtet, dann hätte es vielleicht besser funktioniert. Oder man hätte ihn den "Aufgetauten" spielen lassen sollen, aber eben mit abgeänderter Geschichte.
Irgendwie schmeckt mir das nicht so ganz. Mit demselben Drehbuch, aber ohne de Funes, hätte der Film besser werden können. Mit Bourvil oder Michel Galabru statt de Funes."
Mein Eindruck fällt sehr ähnlich aus. Ein Problem ist natürlich, dass de Tartas in den ersten zwei Dritteln die klare Hauptfigur ist und Louis de Funès wie gewohnt agiert. Aber sobald Fournier zu sich kommt und getäuscht werden soll, wird es im Grunde zu einem neuen Film mit anders angelegter Handlung. Die Szenen mit de Tartas wirken hier plötzlich wie Fremdkörper und fast störend, da sie (abgesehen von der Aufklärung des Aufgetauten) für die "neue" Handlung nicht mehr notwendig sind und teilweise fast von dieser ablenken. Aber nachdem man Louis wohl als Zugpferd besetzt hatte, konnte man ihn auch schlecht ganz oder weitgehend aus dem Film verschwinden lassen ...