Eine erfreuliche Nachricht für die (leider eher kleine Zahl) der Filmfreunde, die sich für Vorkriegssynchros interessieren: Koch Media hat die Paramount-Produktion "Frisco-Express" mit der deutschen Kinofassung aus 1938 herausgebracht!
FRISCO-EXPRESS -Um Liebe, Gold und Heimat-
OT: Wells Fargo
Regie: Frank Lloyd
Produktion: Paramount, 1937
Dt. Erstverleih: Paramount Filmgesellschaft, 1938
Dt. Erstaufführung: 08.03.1938, Würzburg
Dt. Fassung: Paramount Synchronabteilung, Berlin (hergestellt -vermutl.- in den JOFA-Ateliers, Berlin-Johannisthal)
Dt. Buch: Helena von Fortenbach
Dt. Dialogregie (Spielleitung): Harry Frank
Dt. Ton: Bruno Hartwich, Friedrich Koppe
Tonsystem: Western Electric (USA); Tobis-Klangfilm (D)
Ramsay MacKay - JOEL MC CREA - Arthur Schröder
Justine Pryor - FRANCES DEE - Gisela Breiderhoff
Hank York - BOB BURNS - N.N.
Henry Wells - HENRY O'NEILL - C.W. Burg
Dal Slade - LLOYD NOLAN - N.N.
Talbot Carter - JOHN(NY) MACK BROWN - N.N.
John Butterfield - CLARENCE KOLB - Walter Werner
Wang - WILLIE FUNG - Walter Bluhm
Bislang habe ich noch keine schriftlichen Infos zur deutschen Synchronbesetzung gefunden. Deshalb war ich auf mein Gehör angewiesen und leider gibt es noch ein paar N.N.'s...ich werde aber Soundsamples einstellen und wer die fehlenden Stimmen erkennt, der möge sich melden. Insbesondere die Stimme von Johnny Mack Brown (ein ehemaliger bekannter Footballspieler, der 1930 die Hauptrolle in "Billy the Kid" spielte) würde mich sehr interessieren...
Zunächst mal ein Lob an Koch Media, dass sie diesen Film überhaupt veröffentlicht haben. Die Zahl der Abnehmer wird ja leider wohl übersichtlich bleiben, ein großes Geschäft ist daher wohl eher nicht zu machen. Auf der DVD befinden sich die US-Fassung (wahlweise englisch/deutscher Ton) sowie unter Extras die deutsche Kinofassung aus 1938. Diese ist leicht gekürzt und kann von der Bildqualität nicht mit der US-Fassung mithalten. Dafür hat sie den deutschen Vorspann und -wie damals üblich- deutsche Insertschriften (damals hat man sich mit so was noch wirklich Mühe gemacht).
Leider muss ich aber auch Kritik äußern: auch hier hat man -nach dem Motto: bloß kein Rauschen- zu Tonfiltern gegriffen und den deutschen Ton leider dadurch dumpf gemacht. Warum? Bei einer so alten Aufnahme muss ich mit Rauschen rechnen, so etwas macht mir weniger aus, als den Ton ohne Not zu regeln...
Zu dem Film gibt es auch ein kleines Booklet, wirklich neue Infos gibt es darin aber nicht. Der Autor nennt den Film darin ein "ungeniertes Firmen-Video"; ihm sei seine Meinung gegönnt, man muss sie aber nicht teilen. Hinweise zur deutschen Fassung gibt es leider auch nicht. Wenn man liest "Wells Fargo erhielt übrigens 1938 einen Oscar für den besten Ton. Bei der deutschen Fassung ist dieser natürlich getrübt..." weiß man natürlich, wohin die Reise geht. Der Autor bemängelt falsche Aussprache ("Buffalo" statt "Baffalo" - "Löntsch" für das englische "Lunch"), er beklagt sich "Die geschulten germanischen Theaterstimmen flöten hier manchmal derart übertrieben staatstheatertauglich, dass mitunter ein komischer Kontrast entsteht". Und er kommt zur Erkenntnis "...war das Synchronisationsgewerbe anscheinend noch nicht aus der Pionierphase heraus." Auch diese Meinungen muss man nicht unbedingt teilen.
Das die Synchronschauspieler jener Jahre vor allem vom Theater kamen, sehe ich nicht als Nachteil an. Untalentierte Möchtegernschauspieler, die in vielen "Soaps" zu sehen und hören sind, gibt es heute genug. Und Filme, die durch Billigstsynchros verhunzt werden, leider auch...aber wenn das gewünscht wird...?
Natürlich muss man bei Dialogen, die 1938 geschrieben wurden, Abstriche machen. Das war damals eine andere Zeit und man benutzte auch teilweise eine andere Sprache, andere Wörter. Das kann man einfach nicht mit 2015 vergleichen. Ein anderes, technisches Problem war, dass der Ton an manchen Stellen etwas steril klingt. Hier darf man nicht vergessen, dass der Tonfilm an sich ja erst 10 Jahre alt war.
Da in dem Booklet leider keine Hinweise zur deutschen Bearbeitung zu finden sind, nun ein wenig von mir:
"Frisco-Express" wurde von der Paramount Synchronabteilung deutsch synchronisiert. Die Paramount hatte (wie auch MGM und die Fox) ihren Berliner Sitz an der Friedrichstraße. Vor den eigentlichen Sprachaufnahmen gab es damals noch Proben, die -so vermute ich- bei der Paramount in der Friedrichstr. vorgenommen wurden. Die eigentliche Synchronisation dürfte dann in den JOFA-Ateliers in Johannisthal durchgeführt worden sein. Die JOFA-Ateliers waren damals die modernsten Synchronstudios, dort mieteten sich viele Synchronfirmen ein. Alternativ wären auch die UFA-Ateliers in Babelsberg möglich, ich glaube aber eher an die JOFA.
Helena (auch Helene) von Fortenbach war als Schriftstellerin tätig, die aber auch früh zum Synchron kam und dort Dialogbücher schrieb. Häufig auch bei der Paramount in Zusammenarbeit mit Harry Frank. Helena von Fortenbach schrieb auch nach dem Krieg Dialogbücher.
Harry Frank (1896-1947) war um 1930 herum ein vielbeschäftigter Filmschauspieler in Deutschland. Nach 1935 war er allerdings kaum noch in Filmen zu sehen. Stattdessen war er beim Theater und auch bei der Synchronisation beschäftigt. Zur Synchronisation kam er schon ca. 1931, als er für die Paramount in Joinville Filme deutsch synchronisierte. Für die Paramount war er dann später in Berlin an vielen deutschen Fassungen beteiligt. Vor allem als Dialogregisseur, aber auch als Sprecher (z.B. George Raft in "Schiffbruch der Seelen") war er tätig. Auch nach Ende der Paramount-Synchronabteilung war er dann noch bei anderen Synchronfirmen beschäftigt. Einen letzten Filmauftritt hatte er 1947 im DEFA-Film "Razzia", wo er einen Bösewicht spielte.
Die für den deutschen Ton(-schnitt) zuständigen Friedrich Koppe und vor allem Bruno Hartwich waren später auch als Dialogregisseure und als Autoren tätig.
Die deutsche Erstaufführung fand am 08.03.1938 in Würzburg statt. Eigentlich war es damals üblich, Erstaufführungen in Berlin durchzuführen. Doch zu den "Schikanen" der damaligen Machthaber gehörte es, US-Erstaufführungen in die "Provinz" zu verbannen. Da die Originalfassungen damals nur noch in Berlin oder einigen Großstädten gezeigt wurden, vermute ich mal, dass bei der dt. Erstaufführung schon die Synchronfassung zu sehen war.
So, dass war jetzt mal viel Text von mir, wer durchgehalten hat...danke schön!
Soundsamples werden nachgeliefert!
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