Auch wenn sie selten geworden sind, es gibt sie manchmal doch noch, die großen Überraschungen. Mich hat jedenfalls heute fast der Schlag getroffen, als ich beim Müller eine DVD stehen sah für 2,99:
WENN DAS HERZ SPRICHT (So Little Time) UK 1952 Regie: Compton Bennett Mit Maria Schell, Marius Goring, Lucie Mannheim
Der Film ist meines Wissens nie im deutschen Fernsehen gelaufen; bei Kirch (die ja Zugriff auch auf fremde Datenbanken haben) hatte ich vor Jahren die Auskunft erhalten: Rechtslage unklar, keine deutsche Synchronfassung nachgewiesen. Auch auf Englisch ist der Film nie auf Video erschienen; im britischen Fernsehen nicht gelaufen und auch so nicht zu beschaffen. Ich habe natürlich gleich gesucht: in UK oder so gibt es den Film parallel nicht auf DVD.
Ich lege also die DVD ein und es kommt - die alte deutsche Kinosynchronisation mit Maria Schell, Hans Nielsen u.v.a., die Werner Malbran im Frühjahr 1952 bei der Firma Rhythmoton in Hamburg-Ohlstedt im Auftrag des Europa-Filmverleih inszenierte ! Die Synchronbesetzung kannte ich nur aus dem alten deutschen Filmprogramm. Rhythmoton-Fassungen sind sehr selten und nur ganz wenige Filme in Bearbeitungen dieses Studios verfügbar. Wie gibt es das also - wo kommt sowas plötzlich her ?
Englischer Ton ist auf der DVD nicht vorhanden, es handelt sich aber um ein englisches Bildmaster mit englischem Vorspann. Bild und Ton sind gut: das Bild etwas softig aber keineswegs schlecht; auch der Ton ist gut und von sympathischem seidenweich-atmosphärischem Lichttonrauschen begleitet - ohne verstörende Nachbearbeitung die alles nur dumpf, verzerrt oder schlecht machen würde: so solls sein !
Kann mich bitte jemand aufklären, wo dieser Film plötzlich herkommt ? Carlton-Lizenzen sind das nicht. Tele München Gruppe/Herbert Kloiber ? Ich habe ein bisschen den Verdacht, daß hier vielleicht ein altes TV-Master vorliegt, das bisher eben niemand haben wollte, weil all die dummen Sender solch hochkarätige Filme in der heutigen Zeit ja nicht mehr zeigen wollen.
Da war in identischer Aufmachung auch Mario Zampis WER ZULETZT LACHT (LAUGHTER IN PARADISE, UK 1951); der ist allerdings schon auf Tele5 gezeigt worden. Dann noch DIE VERBLENDETEN (THE SECRET PEOPLE, UK 1952), der lief allerdings in Deutschland nie im Kino, ist nur eine TV-Synchro von 1997 für TM3 also uninteressant, da der englische Ton bei diesem Label generell scheinbar nicht dabei ist.
Wo kann man das Gesamtprogramm von denen finden ? Das Label könnte sich ja direkt zu meinem Lieblingslabel entwickeln, wenn es noch weitere derartige Highlights in der Reihe gibt. Ich habe leider keine Homepage oder sonstwas gefunden; nur eine Telefonnummer in Österreich. In der dvdinside-Datenbank ist der Titel nicht zu finden. Die DVD ist jedenfalls ein echtes Liebhaberstück, auch wenn die Macher sich dessen wohl nicht bewußt gewesen sind.
Unglaublich - ich gehe zum Müller und finde plötzlich für 2,99 einen Film von meiner Hardcore-Unbeschaffbar-Suchliste. Ich kanns kaum fassen !!!
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Alte Kinofilme nach Jahrzehnten nachträglich neu zu synchronisieren ist wie Süßstoff in einen guten alten Wein kippen: ungenießbar-pappige "Spätlese".
Was wären Jack Lemmon, Danny Kaye, Peter Sellers, Bob Hope und Red Skelton im deutschsprachigen Raum ohne die Stimme von Georg Thomalla ?
Mücke
(
gelöscht
)
Beiträge:
23.02.2005 20:35
#2 RE:Price Light Medien GmbH: seltene britische Filme mit raren dt. Synchros für 2,99
Um "Caroline Chérie" (1968, Karin Dor, Gert Fröber, Vittorio De Sica) geht es ja auch grad im Wallace-Forum, der weist was das "gezeigt werden" angeht ähnliche Symptome auf, nämlich die Tatsache, dass er wohl zumindest hierzulande seit Kino-Aufführung nicht mehr lief. Auch dieser Film wird von Price Light gebracht, im Vertrieb ist er aber durch starmedia. Einzig britisch ist der Film nicht.
Solche Label lob ich mir! Schade, dass die nicht mehr finanziell gefördert werden, wo sie doch so ein geniales Programm haben. Ausgerechnet solche Vertriebe sind dann ein Opfer des ewig währenden Konkurrenzkampfs ums Geld.
Ich habe WENN DAS HERZ SPRICHT jetzt angesehen: wie erwartet ein herausragendes, packendes Kriegsmelodram, das eindeutig zu den besten Filmen mit Maria Schell und Marius Goring zählt. Die deutsche Fassung ist sehr gelungen; Hans Nielsen passt hervorragend auf Marius Goring, obwohl ich ja dessen Ortiginalstimme kenne und mag, was es immer schwerer macht, eine fremde Stimme für einen Schauspieler zu akzeptieren.
Zu den im Filmprogramm und Arnes Datenbank genannten Sprechern habe ich noch zwei Ergänzungen:
Deutscher Arzt Wolf Frees Hans Paetsch Lt. Seger Harold Lang Carl Heinz Schroth
Dafür, daß es sich um einen ultra-raren Film von 1952 handelt, ist die Qualität sehr gut. Allerdings ergeben sich nun auch etliche neue Rätsel. Nachdem ich meine Unterlagen gecheckt habe, hat sich gezeigt, daß der Film leider nicht ganz vollständig ist. Die FSK gab am 30.01.1952 in einer Länge von 2490 Metern = 87'22 (25 B/S) frei, was auch in etwa der BBFC-Freigabe von 1952 entspricht. Die DVD hat eine Laufzeit von umgerechnet 2292 Metern = 80'25. Es fehlen also 198 Meter = 6'57.
Merkwürdig ist auch, daß der Film einen englischen Vorspann hat. Ich hatte anhand kleiner Beschädigungen wie Klebestellen, die ja dann auch einen Wackler oder Tonknackser versursachen, später nämlich den Eindruck, daß es sich doch um das deutsche direkt zur Tonspur gehörige Bild handelt. Möglicherweise wurde der Vorspann (der eine eingefrorene neue deutsche Titelschrift aufweist) von einem anderen Material davorgesetzt.
Noch merkwürdiger ist aber: der Film ist in der Datenabk der FSK nicht zu finden, die ja alle Prüfungen ab 2003 ausweist. Obwohl der Film seit Jahrzehnten nie mehr irgendwo aufgetaucht ist, müßte das ja dann quasi heißen, daß er zumindest schon vor 2003 für AV-Medien umgeschrieben bzw geprüft wurde. Das alles ist deshalb so rätselhaft, weil an eine englische Version absolut nicht ranzukommen ist. Ich hatte mich vor zwei, drei Jahren mal gezielt drum bemüht. Jedenfalls bin ich sehr froh, daß der Film nun auf diese Weise überhaupt zugänglich geworden ist.
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Alte Kinofilme nach Jahrzehnten nachträglich neu zu synchronisieren ist wie Süßstoff in einen guten alten Wein kippen: ungenießbar-pappige "Spätlese".
Was wären Jack Lemmon, Danny Kaye, Peter Sellers, Bob Hope und Red Skelton im deutschsprachigen Raum ohne die Stimme von Georg Thomalla ?
So, ich habe jetzt dort angerufen und gleich Charlie Popp selbst am Apparat gehabt. Price Light hat bisher 10 Klassiker herausgebracht, die man auch auf einer eigenen Homepage ansehen kann (google ist kann man sowas von vergessen inzwischen):
Über die Lizenzgeber wollte er sich nicht so in die Karten schauen lassen; aber dort gibt’s in jedem Fall noch mehr. Es sollen auch weitere Titel kommen; aktuell ist aber nichts in der Pipeline. Jetzt müssen erstmal die neuen VÖs die Lizenzgebühren wieder einspielen. Danach wird es weiter gehen; Bestreben ist, nur Erstveröffentlichungen zu bringen. Ich denke mal Tele München/Kloiber und Hermes Synchron ist da schon ins Schwarze getroffen. Es sind alles Titel von deutschen Mastern, die es auch bisher gegeben hätte, die aber weitgehend keiner wollte. Daher wird es auch generell keinen O-Ton geben.
Die Sache mit dem englischen Vorspann konnte er dann allerdings auch nicht erklären. Ansonsten war er sehr nett und versprach auch, sich wegen der fehlenden 7 Minuten von WENN DAS HERZ SPRICHT zu erkundigen. Inzwischen habe ich meine alte Tele5-Aufnahme von WER ZULETZT LACHT hergesucht: das ist exakt dasselbe Master wie auf der DVD. Eine Ungereimtheit bleibt auch hier der englische Vorspann mit eingefügtem deutschen „frozen“ Haupttitel. Also offenischtlich: alles alte TV-Master, die ggf bislang unverkäuflich waren wie bei dem grandiosen Maria-Schell-Film.
Für den Liebhaber/Synchronfreund stellt sich der Wert der VÖs nun bislang wie folgt dar:
2 x britische Klassiker der 50er mit tollen zeitgenössisschen alten Kinosynchros:
WENN DAS HERZ SPRICHT WER ZULETZT LACHT
2 x britische Klassiker der 50er, die in der BRD nie im Kino liefen, aber Mitte der 60er im Auftrag der ARD synchronisiert wurden:
DAS DOPPELTE COLLEGE DIE BOMBE IM U-BAHN-SCHACHT
Hiervon kenne ich nur DAS DOPPELTE COLLEGE, von dem ich eine alte RTL-Aufnahme habe. Die Synchro ist mit Ursula Krieg für Margaret Rutherford und Gert Martienzen für Alastair Sim sehr gut besetzt. Allerdings klingt sie trotz der guten Sprecher im Vergleich zu einer echten Kinosynchro für einen Film von 1951 schon zu neu und zu steril.
3 x Euro-Kino der 60er
KATHARINA VON RUSSLAND CAROLINE CHERIE NEGRESCO
KATHARINA lief im ZDF in einer sehr guten Qualität in voller Scope-Breite; im BAY III aber nur in einer schlechten aufgezoomten Fassung. Hier ist fraglich, welches Master auf der DVD ist. CAROLINE CHERIE ist ein Scope-Film; auch hier ist fraglich ob das Bildformat stimmt. Anamorph sind diese Filme natürlich nicht.
3 x britische Klassiker der 50er, die in der BRD nie im Kino liefen, im „Lex. Des Int. Films“ bislang fehlen und daher nur uninteressante moderne 90er-Jahre-Synchros beinhalten können:
DIE VERBLENDETEN MUNTER UND LEBENDIG NICHT MIT UNS HERR KOMMISSAR
FAZIT: Bisher ein durchwachsenes Programm mit zwei klaren Highlights. Bei Tele München/Hermes liegen in jedem Fall noch sehr viele schöne und seltene britische Filme aus den 50ern (Ealing u.ä.) aber auch anderes, das mangels Abspielstationen bisher nirgendwo aufgetaucht ist. Ob sich Price Light in Zukunft zu einem wirklich attraktiven Label für unbekannte Klassiker mausert, wird also von der künftigen Titelauswahl abhängen. Ich habe schon mal vorgeschlagen, daß sie sich künftig, wenn möglich, doch die Filme rauspicken sollen, die in den 50er Jahren fürs Kino synchronisiert worden sind. Da wäre einiges Potential drin.
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Alte Kinofilme nach Jahrzehnten nachträglich neu zu synchronisieren ist wie Süßstoff in einen guten alten Wein kippen: ungenießbar-pappige "Spätlese".
Was wären Jack Lemmon, Danny Kaye, Peter Sellers, Bob Hope und Red Skelton im deutschsprachigen Raum ohne die Stimme von Georg Thomalla ?
der Versuch, eine Sprecherbesetzung zusammenzustellen, ergab leider viele Fragezeichen...
WER ZULETZT LACHT Laughter in Paradise Regie: Mario Zampi DF: ? , Hamburg, 1952 Dialogbuch: ? Dialogregie: ?
Deniston Russell ALASTAIR SIM ? Agnes Russell FAY COMPTON ? Robby (OF: Simon) Russell GUY MIDDLETON Hans Paetsch Herbert Russell GEORGE COLE ? Henry Russell HUGH GRIFFITH ? Endicott ERNEST THESIGER ? Lucille Grayson BEATRICE CAMPBELL ? Benson MACKENZIE WARD Carl Heinz Schroth Sir Charles Robson A. E. MATTHEWS ? Elizabeth Robson JOYCE GRENFELL ? Sheila Wilcott ELEANOR SUMMERFIELD Ruth Leuwerik Gordon Webb JOHN LAURIE ? Joan Webb VERONICA HURST ? Roger Godfrey ANTHONY STEEL ? Ethel CHARLOTTE MITCHELL ? Polizeisergeant LESLIE DWYER Joseph Offenbach Stewart MICHAEL PERTWEE Holger Hagen (?) Zigarettenmädchen AUDREY HEPBURN ?
als ich den Film vor über zehn Jahren gesehen habe, konnte ich außer Hans Paetsch niemanden identifizieren. Seine Rolle wurde allerdings in der deutschen Fassung "Robby Russell" genannt...handelte es sich dabei tatsächlich um Guy Middleton? Damals konnte ich das nicht so eindeutig zuordnen.
Immerhin standen damals im Vorspann noch folgende Infos:
Deutsche Dialoge: Hertha Piper-Ziethen Dialogregie: Kurt Reiss
Du hast recht; in der deutschen Fassung hieß die Middleton-Rolle "Robby" (vermutlich um die Rolle des Lebemanns zu unterstreichen). Ich habs korrigiert.
Guy Middleton
Ansonsten Dank für die Infos zum dt. Buch u. Regie.
eine Ergänzung zum Film "Wer zuletzt lacht": Das Duo Piper-Ziethen/Reiss gab es bereits bei dem Film "Rauschgift an Bord" (DF 1950). Als Studio wird hier die Rhythmoton in Hamburg angegeben. Vermutlich war es also auch bei "Wer zuletzt..." die Rhythmoton.