es hat lange gedauert, aber Folgendes wollte ich Euch nicht vorenthalten. Da wir ja gerade selbst an einem Synchronpreis basteln, sollte man auch nicht außer acht lassen, daß der Bundesverband Kommunale Filmarbeit e.V. seit Jahren schon einen Synchronpreis, den Liliput, verleiht. Am 17. Februar 2005 fand im Rahmen der Berlinale wieder die kleine Preisverleihung statt, zu der ich auch persönlich anwesend war. Ich zitiere die Begründungen der Jury von deren offizieller Website (http://www.kommunale-kinos.de/pages/start.htm)
Liliput-Preis Den Liliput-Preis für gelungene oder missglückte Synchronisation und Untertitelung vergab der Bundesverband kommunale Filmarbeit zusammen mit dem Verband der deutschen Filmkritik an
"Young Adam" "Alt, neu, geliehen und blau" "Samaria"
Die Jury: Barbara Schweizerhof (Freitag, epd Film, taz) Svenja Alsmann (Kommunales Kino Freiburg) Rüdiger Suchsland (u.a. film-dienst, Frankfurter Rundschau)
Liliput-Preis für die beste Synchronisation "Young Adam" (R: David Mackenzie) Regie: David Mackenzie, GB/F 2003 Verleih: Alamode Synchronisation: PPA-Film, München
Die Auszeichnung für die beste Synchronisation ist wahrscheinlich die zwiespältigste Kategorie innerhalb des Liliput-Preises. Man lobt eine Praxis, die die wahren Cineasten von vorneherein für verwerflich halten, man lobt aber auch eine Praxis, die angewendet wird, um Filmen ein größeres Publikum zu verschaffen. Die Ideallösung für diesen Zwiespalt ist es, wenn die Zuschauer selbst wählen können, also beide Fassungen zur Auswahl stehen, wie das bei "Young Adam" der Fall war, der sowohl in einer untertitelten wie in einer synchronisierten Version in die Kinos kam. Mit der Auszeichnung für die beste Synchronisation an "Young Adam" sei herausgehoben, dass diese so gut gelungen ist, dass sie einige der grundsätzlichen Zweifel an der Synchronisationspraxis zu widerlegen im Stande ist.
"Young Adam" spielt in Schottland in der unmittelbaren Nachkriegszeit. In der Art und Weise, wie die Figuren sprechen, wird zugleich die Landschaft und ihre soziale Schicht charakterisiert. Es ist ein knapp gehaltenes Sprechen, bei dem der Tonfall aussagekräftiger ist als einzelne Worte oder Formulierungen. Das heißt auch, dass bei den kurzen Dialogen, die gesprochen werden, das Wie des Wenigen ganz entscheidend ist für die Atmosphäre, sogar für die Bedeutung des Erzählten. Schließlich geht es um Gleichgültigkeit und Coolness, um hitziges Begehren unter einer Fassade von Distanziertheit und um das Gegenteil, das Vortäuschen von Anteilnahme. Das Atmosphärische dieses Redens ins Deutsche zu übertragen ist bei "Young Adam" erstaunlicherweise gelungen.
Zum einen liegt das an der exzellenten Übersetzung, in der die Kargheit und Knappheit der Ausdrücke erhalten sind und Gott sei Dank darauf verzichtet wurde, an die Stelle des Schottischen eine deutsche Dialekt-Färbung zu setzen. Die Übersetzung ist auf diese Weise also "neutraler" als das Original, was als glückliche Entscheidung erscheint, weil der Verzicht aufs anbiedernde Lokalkolorit die größere Präzision in der "Wort-Knappheit" erlaubt. Die exzellente Übersetzung bietet eine hervorragende Ausgangslage für die Sprecher, die außerdem sehr gut ausgesucht sind, soll heißen: die Stimmen passen zu den Körpern. Auch auf dieser Ebene hat man auf jede ranschmeißerische Emphase verzichtet zugunsten einer Neutralität, die den Geist des Films besser transportiert. Die Sprecher agieren mit einer gewissen Zurückhaltung, die sich aufs Beste einfügt in den gedämpften Rhythmus des Films. Die Stimmen erscheinen dadurch ebenso beherrscht wie die in ihren Zwängen gefangenen Figuren, die der Film so mitleidslos beobachtet. In dieser Zurückhaltung zeigt sich ein wohl verstandener Respekt vor dem Original, der die prägnante Stimmung des Films auch in der Synchronfassung erhält. Barbara Schweizerhof
Kritik-Liliput für die Synchronisation von "Alt, neu, geliehen und blau" (Se til venstre, der er en svensker) (R: Natasha Arthy, DAN 2003)
Die Hochzeitskomödie von Natasha Arthy, in der offiziellen Dogma-Zählung die Nummer 8, ist ein leichtgewichtiger Film über eine entscheidungsschwache Braut, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Bei einem letzten Zug um die Häuser mit dem Ex-Freund ihrer Schwester klären sich Missverständnisse und Versäumnisse der Vergangenheit.
Mit den üblichen Schwierigkeiten (bei Dogma-Filmen wird keine vom Dialog getrennte, internationale Tonspur mitgeliefert) ist auch die Synchronisation der Dialoge ganz passabel geraten. Mit einer massiven Einschränkung: Eine wichtige Rolle im Film wie im Entwicklungsprozess der Hauptfigur spielt die psychisch erkrankte Schwester der Braut, Mette. Das Innenleben dieser Frau, die sich "normaler" Kommunikation gelegentlich entzieht, wird auf besonders ansprechende Art wiedergegeben: Mette zieht sich ihren Walkman auf und "trifft" so eine Musikgruppe - sieht sie leibhaftig im Raum - deren Sänger in seinen Texten ebenso wie im Erscheinungsbild ihre Stimmungen reflektiert. Gleichzeitig umschifft Arthy damit geschickt das Dogma-Verbot, Musik zu verwenden, die nicht im Filmraum, auf der Handlungsebene gespielt wird – denn für Mette ist die Band ja anwesend.
Leider haben Verleih und Synchronstudio die Entscheidung getroffen, nicht nur das Gesprochene zu synchronisieren, sondern auch die Lieder einzudeutschen. Bedingt durch Versmaß und andere Charakteristika lyrischer Texte ergab sich jedoch, dass die deutsche Fassung der Lieder weder lippensynchron zum Gesang noch besonders flüssig formuliert war. Neben der musikalisch-lautlichen Qualität der Ursprungstexte ging so auch noch die künstlerische Formung der Sprache verloren. Eine Untertitelung dieser Szenen hätte sowohl die musikalische Form der Texte als auch ihre Verständlichkeit für deutsche Zuschauer bewahren können.
Vom Marketing-Standpunkt aus ist es (wie nicht zuletzt auf dem Kolloquium zum Thema Synchronisation, das im Juni 2004 vom Filmmuseum Berlin veranstaltet wurde, wieder betont werden musste) für Verleiher in Deutschland in der Regel unumgänglich, eine deutsch gesprochene Fassung herzustellen, wenn ein Film ein breites Publikum finden soll. Das ist bedauerlich für die Liebhaber von Originalfassungen, aber kurzfristig nicht zu ändern. Die daraus folgende Synchronisation ist immer ein Kompromiss. Dieser bedarf jedoch sorgfältiger Abwägung. Die Abneigung des Publikums gegen Untertitel ist nicht so stark, dass wenige untertitelte Liedpassagen die Menschen vom Kino fernhalten würden. Deshalb bleibt unverständlich, warum die Wirkung dieser Lieder durch die bemühte und dennoch – zwangsläufig - holprige Synchronisation aufs Spiel gesetzt wurde und damit in Kauf genommen wurde, dass der Kunstgriff der imaginären Band seine volle Wirkung verfehlt. Svenja Alsmann
Liliput-Preis für die beste Untertitelung "Samaria" R: Kim Ki-duk, Südkorea 2004 Verleih: Rapid Eye Movies Untertitelung: Gaby Gehlen und Choong-Goo Kim-Jungius für "Film und Video Untertitelung Gerhard Lehmann"
Bei Kim Ki-duks Film SAMARIA kommt es auf jede Nuance an. Der Stil dieses Regisseurs setzt darauf, den Zuschauer fortwährend mit dem Unerwarteten zu konfrontieren, und ihn zugleich einem subtilen Wechselspiel aus Erwartung und Enttäuschung auszusetzen. Wie die meisten anderen Werke des Koreaners ist auch der auf der vorherigen Berlinale mit einem Regiepreis ausgezeichnete SAMARIA ein Film voller Lakonie. Eine sensible Passionsgeschichte, in der die Unschuldigen Schuld verspüren und schuldig werden, und die, die Schuld auf sich geladen haben, uns Zuschauern fast unschuldig erscheinen - eine zärtlich-poetische Etüde, ebenso buddhistisch wie französisch angehaucht, mit zarten Satie-Klängen im Off, dabei voller visueller und erzählerischer Originalität und von eigentümlich verstörender Kraft.
Diesen Film ins Deutsche zu übertragen, ist eine besondere Herausforderung. Jeder Dialogsatz muss nicht allein eine tunlichst genaue Übersetzung des Sinns bieten. Ebenso wichtig ist es, dass die Worte der Atmosphäre des Ganzen entsprechen, die Erfahrung der Fremdheit, die unmittelbar zum Kino gehört, unverfälscht bewahren.
Genau dies alles gelingt bei der Untertitelung von SAMARIA mit viel feinem Sprachgefühl und Zurückhaltung. Kurze klare Sätze spiegeln den lakonisch-abgehackten Duktus des Originals. Nie haben die Untertitel jene störende Geschwätzigkeit. Hier wird nicht der Versuch gemacht, alles zu erklären, jede Sprach- oder Kulturgrenze einzureißen. Auch fehlen der Untertitelung alle Versuche, kulturelle Vertrautheit zu suggerieren oder sich in anderer Weise beim Zuschauer anzubiedern.
Stattdessen bemüht man sich, "den Ton zu treffen" - was auch in einer Untertitelung funktionieren kann, oder eben leider oft nicht. Ob das wirklich in jeder Hinsicht gelingt, können gewiss nur Kenner der koreanischen Sprache beurteilen. Doch spürbar ist auch für den Sprachunkundigen, dass in diesem Fall kein Distanz schaffender Bruch zwischen Untertiteln und Gehörtem aufgerissen wird. Zugleich versucht die Untertitelung die Beiläufigkeit und Alltäglichkeit der Vorlage zu bewahren, also trotz der ungewöhnlichen Geschichte nicht in Pathos zu verfallen.
Zu loben ist schließlich auch der Mut des Verleihs, SAMARIA nur untertitelt ins Kino zu bringen - eine Entscheidung, die in Deutschland leider immer noch Zuschauer kosten kann. Zum wiederholten Mal erweist der Verleih "Rapid Eye Movies" damit dem asiatischen Kino, das im Gegensatz zum europäisch-amerikanischen nicht auf die (vermeintliche) Sicherheit kultureller Nähe zurückgreifen kann, einen besonderen Dienst.
Bewahrt wird in der Untertitelung die Einheit des Körpers der Schauspieler mit ihrer Stimme, die Unmittelbarkeit des Gesprochenen. Was noch die gelungenste Synchronisation zwangsläufig zerstören muss, den Klang der fremden, unverständlichen Worte, bewahrt die Untertitelung und schärft so unser aller Aufmerksamkeit. Gerade bei einem Film, in dem es auf jede Nuance ankommt, ist das unverzichtbar. Rüdiger Suchsland
Pierre Peters-Arnolds nahm für die PPA und stellvertretend für den Dialogautor und -regisseur Axel Malzacher seinen Preis für "Young Adam" entgegen. Im Anschluß hatte ich die Gelegenheit, noch kurz mit ihm zu plaudern und ihn um ein Autogramm zu bitten. Herr Peters-Arnolds war sehr freundlich und berichtete, daß er auch dieses Forum hier mit Interesse verfolge . Er findet, daß es an der Zeit sei, daß die Synchronisation aus ihrem Schattendasein heraustritt. Wenn Synchronverantwortliche nicht genannt werden möchten, liege der Grund hierfür wahrscheinlich darin, daß sie sich in der Anonymität verstecken können und für Kritik nicht greifbar sind. Die PPA hingegen sei immer sehr aufgeschlossen für Anregungen und Kritik.
An dieser Stelle den Preisträgern noch einmal herzlichen Glückwunsch zu ihren Auszeichnungen!
Axel Malzacher für YOUNG ADAM wusste ich schon, aber weiß Jemand, wer beim anderen Genannten verantwortlich war? Welche Synchronfirma, welcher Synchronregisseur und -autor? Wäre ja auch mal interessant.
Zunächst: ich will keineswegs die Leistungen der Preisträger schmälern. Sie haben gewiss hervorragende Arbeit geleistet. Deswegen verdienen sie es auch, dass man sich unmittelbar auf ihre spezifische Leistung bezieht, und nicht mit bombastischem Feuilleton-Geschwafel den Gegenstand verfehlt.
Bevor ich auf die ‚Aussagen’ der Jury-Mitglieder eingehe, nur eine generelle Feststellung. Wie kommt es eigentlich, dass bei solchen Veranstaltungen immer die sogenannten Independent-Filme bzw. Filme mit vermeintlich humaner Botschaft bevorzugt werden? Man gewinnt jedenfalls immer wieder den Eindruck, als versuchten hier die Entscheidungsträger mit missionarischem Eifer krampfhaft, den Indie-Filmen zu ihrem Recht zu verhelfen.
Apropos Entscheidungsträger: Was befähigt die Jury-Mitglieder eigentlich dazu, über Synchronisationen urteilen zu können? Zumindest von Schweizerhof und Suchsland kenne ich keine einzige Film-Rezension, in der, sei es auch mal nebenbei, die Synchronisation eines Filmes berücksichtigt worden wäre.
Man lobt eine Praxis, die die wahren Cineasten von vorneherein für verwerflich halten ...
Du meine Güte! Hier will wohl jemand unbedingt die Zwei-Kulturen-Ideologie wieder einführen: hier die Elite, die ‚wahren Cineasten’, die Independent-Filme bevorzugen, am Besten im usbekischen Original, dort der Pöbel, die anspruchslosen Unterhaltungsheinis, die sich mit routiniert herunter synchronisierten Hollywood-Blockbustern zufrieden geben.
... dass diese so gut gelungen ist, dass sie einige der grundsätzlichen Zweifel an der Synchronisationspraxis zu widerlegen im Stande ist
So, so ... „grundsätzliche Zweifel“! Und die wären? Man komme mir hier nicht mit der Ideologie vom Original!
"Young Adam" spielt in Schottland in der unmittelbaren Nachkriegszeit. In der Art und Weise, wie die Figuren sprechen, wird zugleich die Landschaft und ihre soziale Schicht charakterisiert. Es ist ein knapp gehaltenes Sprechen, bei dem der Tonfall aussagekräftiger ist als einzelne Worte oder Formulierungen. Das heißt auch, dass bei den kurzen Dialogen, die gesprochen werden, das Wie des Wenigen ganz entscheidend ist für die Atmosphäre, sogar für die Bedeutung des Erzählten. Schließlich geht es um Gleichgültigkeit und Coolness, um hitziges Begehren unter einer Fassade von Distanziertheit und um das Gegenteil, das Vortäuschen von Anteilnahme. Das Atmosphärische dieses Redens ins Deutsche zu übertragen ist bei "Young Adam" erstaunlicherweise gelungen.
Wo lernt man eigentlich, solche Phrasen zu dreschen? Im Grundseminar „Einfühlsame Kunstinterpretation“? Und was heißt hier „erstaunlicherweise gelungen“? In der Regel misslinge das? Und „gelungen“ meint: sklavisch an der Vorlage orientiert?
Die exzellente Übersetzung bietet eine hervorragende Ausgangslage für die Sprecher, die außerdem sehr gut ausgesucht sind, soll heißen: die Stimmen passen zu den Körpern
Woher weiß man, welche Stimmen zu welchen Körpern passen? Lernt man das im Seminar „Kretschmers Temperamenten-Lehre“? Unfassbar, dass man hier überkommene Ontologie-Vorstellungen reaktiviert. Und überhaupt: Passen beim Preisträger die Stimmen so viel besser zu den Körpern als bei anderen Bearbeitungen, die leer ausgingen? Gewiss bemüht der Synchrofreund auch das Kriterium der Passung, aber doch meist unter Heranziehung von Alternativen und immer durch Relativierung der eigenen Sichtweise.
Auch auf dieser Ebene hat man auf jede ranschmeißerische Emphase verzichtet zugunsten einer Neutralität, die den Geist des Films besser transportiert. Die Sprecher agieren mit einer gewissen Zurückhaltung, die sich aufs Beste einfügt in den gedämpften Rhythmus des Films. Die Stimmen erscheinen dadurch ebenso beherrscht wie die in ihren Zwängen gefangenen Figuren, die der Film so mitleidslos beobachtet. In dieser Zurückhaltung zeigt sich ein wohl verstandener Respekt vor dem Original, der die prägnante Stimmung des Films auch in der Synchronfassung erhält.
Das Ganze liest sich, als hätte die Laudatorin eine vorhandene (ihre eigene gar?) Rezension DES FILMS einfach nur umfrisiert. Das ganze Geschwafel über den ‚Geist’, die Message des Films ist für die Beurteilung der Synchronfassung schlichtweg irrelevant. Darin zeigt sich einfach nur die Unfähigkeit, sich mit angemessenem Vokabular auf den Gegenstand einzulassen.
Diesen Film ins Deutsche zu übertragen, ist eine besondere Herausforderung. Jeder Dialogsatz muss nicht allein eine tunlichst genaue Übersetzung des Sinns bieten.
Oh ja, klar! Die Vorlage ist ja die Bibel!
Ebenso wichtig ist es, dass die Worte der Atmosphäre des Ganzen entsprechen, die Erfahrung der Fremdheit, die unmittelbar zum Kino gehört, unverfälscht bewahren.
Was hat die private Kinophilosophie des Autors („Erfahrung der Fremdheit, die unmittelbar zum Kino gehört“ - dass ich nicht lache!) mit der Beurteilung der bearbeiteten Fassung zu tun?
Bewahrt wird in der Untertitelung die Einheit des Körpers der Schauspieler mit ihrer Stimme, die Unmittelbarkeit des Gesprochenen
Oh je, Herr Suchsland hat wohl das gleiche ‚Kretschmer-Seminar’ besucht wie Frau Schweizerhof, oder, viel wahrscheinlicher, beide haben das in dem erwähnten Kolloquium aufgeschnappt.
Was noch die gelungenste Synchronisation zwangsläufig zerstören muss, den Klang der fremden, unverständlichen Worte, bewahrt die Untertitelung und schärft so unser aller Aufmerksamkeit.
Fremde, unverständliche Worte vernehme ich in vielen deutschen Filmen auch, ohne dass dies jemals meine Aufmerksamkeit geschärft hätte. Wenn man an Kunst nicht das Künstlerische schätzt, sondern solche kunstfremden Kategorien, braucht man nur auf die Straße zu gehen – die sogenannte multikulturelle Gesellschaft bietet genug Gelegenheit, dem Klang fremder Worte zu lauschen.
Erstklassiger Beitrag, dazu sage ich mal: FULLACK! Überhaupt frage ich mich, wie sich Pierre Peters-Arnolds bei dieser Veranstaltung gefühlt haben muss, sicher die Synchro erhielt einen Preis, aber doch nur, weil sie "gerade so eben" bei den Cineasten "durchging", denn seien wir doch mal ehrlich: Dass man auch "herausragende" Synchronisationen mit einem Preis auszeichnet, wurde doch nur nachträglich eingeführt, um nicht bei der Beurteilung unfair und voreingenommen zu wirken, denn ursprünglich war der Liliput-Preis ja ein Negativ-Preis (à la GOLDENE HIMBEERE, oder wie dieser Anti-Oscar in Hollywood nochmal heisst), der ausschließlich dazu da war, um die Synchronisation schlecht zu machen. Wie fühlt man sich als Preisempfänger bei der Preisverleihung unter solchen Leuten, die einen bzw. die eigene Arbeit nur vollkommen eingeschränkt loben, denn in Wirklichkeit HASSEN sie doch alle Synchronisationen, weil sie ja "Cineasten" sind. Und ja, dass mit dem pseudo-kulturellen Anspruch solcher Filme ist ja bekannt, haben wir ja auch bei der eigentlichen Synchronpreis-Verleihung 04 gesehen, bei dem BAND OF BROTHERS abgeräumt hat, obwohl sich hier ja wohl alle einig waren, dass die Synchro mit das Schlechteste ist, was man als Synchronkenner je gehört hat. Deswegen sag ich's mal so: Es ist schön und sicher richtig, dass YOUNG ADAM, und damit die Regie- und Dialogbuch-Arbeit von Axel Malzacher, einen Preis gewonnen hat, aber nicht unter diesen Umständen, denn diese Leute haben doch keine Ahnung! Woher sollten sie diese auch haben, wenn sie hauptsächlich das ach-so tolle Original bevorzugen? Wie kann man etwas (eine Synchronisation) beurteilen, wenn man fast keine anderen Synchronisationen kennt, weil man den Großteil seines hochintellektuellen Cineasten-Daseins damit verbringt, Originale oder OmUs zu sehen?! Mögen mich die Liliput-Preis-Initiatoren jetzt köpfen, aber ich halte deren Preis für gequirlten Schwachsinn!
moechte ncoh hinzufugen: >eine deutsch gesprochene Fassung herzustellen, wenn ein Film ein breites Publikum finden soll. Das ist bedauerlich für die Liebhaber von Originalfassungen wird die originalfassung durch die synchro zerstoert, oder wie ?
> bei dem BAND OF BROTHERS abgeräumt hat, obwohl sich hier ja wohl alle einig waren, dass die Synchro mit das Schlechteste ist, was man als Synchronkenner je gehört hat. was war denn an der synchro so schlecht, ganz kurz in stichworten bitte. sorry fuers OT.
Guck doch einfach mal in den BAND OF BROTHERS-Thread. Keine Kontinuität und auch noch völlig unpassende Sprecher, weil die Sprecher für ihre Schauspieler alle viel zu alt waren, manche sicher um die 20 bis 30 Jahre, wenn ich da an Thomas Wolff (nicht Thomas-Nero Wolf!) für David Schwimmer denke!
In Antwort auf: Wie kann man etwas (eine Synchronisation) beurteilen, wenn man fast keine anderen Synchronisationen kennt
-> Also, ob mir eine bestimmte Orange schmeckt oder nicht, kann ich beurteilen, ohne andere Orangen oder gar Zitronen zu kennen. (Natürlich kann man dann nur sagen, dass es sich um eine "gute" Orange handelt - sogar um eine, die keine Wünsche offen lässt -, und nicht schon, es sei die "beste".)
In Antwort auf: weil man den Großteil seines hochintellektuellen Cineasten-Daseins damit verbringt, Originale oder OmUs zu sehen
-> Daran müssen Synchros sich nun mal messen lassen.
>Daran müssen Synchros sich nun mal messen lassen.
Nicht wirklich, nur wenn man etwas generell mit Vorurteilen schlecht machen will, ohne es wirklich beurteilen zu können. Denn um mal bei deinem Obst-Beispiel zu bleiben : Man kann die Qualität von Äpfel und Birnen auch nur untereinander vergleichen. Zu sagen "Diese Birne ist viel besser als dieser Apfel." ist blödsinnig, weil Äpfel und Birnen zwei vollkommen verschiedene Dinge, vollkommen unterschiedliche Geschmacksrichtungen sind. Sprich: Ich kann mir OmUs nehmen und untereinander vergleichen und sagen, dieses OmU ist besser als die anderen OmUs. Aber zu sagen, dieses OmU ist besser als die Synchro, wäre dann ebenso hohl wie die Sache mit den Äpfeln und Birnen. Zumindest IMHO sind Original, OmU und Synchro nämlich vollkommen verschiedene Sachen, die man nicht wirklich miteinander vergleichen kann und darf, weil es unterschiedliche Kunst- und Interpretationsformen sind, da Synchros IMHO nie Abziehbilder des Originals sein können und dürfen. Nur weil Marcus Off in FLUCH DER KARIBIK der Rolle eine charakterlich etwas andere Note gegeben hat, als Johnny Depp es tat oder David Nathan es getan hätte, ist die Synchro schlecht? Ist sie nicht und hat auch dennoch zahlreiche deutsche Kinobesucher und DVD-Käufer angelockt. Ich habe mir den Film auch im Original angesehen und fand Depp nicht halb so gut, wie mit der Stimme von Marcus Off. Fazit: Etwas als Messlatte zu benutzen, das eine vollkommen andere Sache ist, halte ich jedenfalls für falsch, denn Synchros werden ja nicht für die Leute gemacht, die das Original kennen und lieben, sondern für den Großteil der "normalen" Zuschauer, die eben kein Englisch verstehen. Ansonsten wären Synchros generell wirklich überflüssig und man könnte nur noch O-Ton ausstrahlen/ in die Kinos bringen. Jedenfalls ist die Jury vom Liliput-Preis ja wohl eindeutig mit Vorurteilen behaftet, da sie die Originale grundsätzlich kennen, lieben und immer besser finden als die Synchros. Solchen Leuten eine faire Beurteilung bei einer Preisverleihung zu überlassen, ist doch höchst fragwürdig. Für die Sache, die der Liliput-Preis ursprünglich mal war, nämlich ein Negativ-Preis, ging das voll in Ordnung. Doch für das, was der Liliput-Preis jetzt ist, eben nicht.
In Antwort auf: Aber zu sagen, dieses OmU ist besser als die Synchro, wäre dann ebenso hohl wie die Sache mit den Äpfeln und Birnen.
-> Mir ging´s nur darum, dass man eine Synchro beurteilen kann, ohne sie mit anderen Synchros zu vergleichen (wenn auch letzteres wünschenswert wäre). Die Sache mit OmU und Synchro ist was anderes - man kann OmU grundsätzlich besser finden und einer Synchro dennoch zugestehen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Grenzen das Beste zu bieten, sprich: Man isst lieber Zitronen als Orangen, gesteht einer bestimmten Orange aber zu, als Orange tadellos zu sein ...
In Antwort auf: Zumindest IMHO sind Original, OmU und Synchro nämlich vollkommen verschiedene Sachen, die man nicht wirklich miteinander vergleichen kann und darf, weil es unterschiedliche Kunst- und Interpretationsformen sind, da Synchros IMHO nie Abziehbilder des Originals sein können und dürfen.
-> Teilweise Einspruch! Ich würde den Grundsatz anlegen, den man schon in der Schule (fürs Übersetzen) lernt: So originalgetreu wie möglich, so frei wie nötig. Von daher HAT eine Synchro ein "Abziehbild" des Originals zu sein, KANN das jedoch nie zur Gänze schaffen. Der Maßstab zur Anfertigung einer Synchro muss natürlich das Original sein (erst recht, WEIL die meisten Leute - ich eingeschlossen - dieses gar nicht kennen). (Nach dem Motto: Mehr Originaltreue, weniger Rainer Brandt ... )
Nun, dieses Beispiel musste natürlich kommen. Die Frage ist nur, inwiefern er etwas "falsch" gemacht hat, denn der Erfolg in Deutschland ist ja nicht von der Hand zu weisen. Nein, es war sogar so, dass Brandt gebeten wurde, für die nächste Staffel die Dialoge direkt für's Original zu schreiben, nur dass es dann nicht mehr dazu kam, weil die Serie eingestellt wurde - angeblich ja wegen Streitigkeiten von Moore und Curtis. Nur denke ich, dass es auch hier übertrieben wurde, in dem dieser Klamauk-Synchro-Stil danach auch für viele andere Filme und Serien genutzt wurde, bei denen so etwas nicht so richtig funktioniert hat. Doch wenn die Produzenten von DIE 2 seine Dialoge so gut fanden, dass sie es selbst so für ihr "Original" haben wollten, die Synchro also sogar "offiziell besser" ist als das Original, was ist dann wirklich das Original? Da ist die Synchro authentischer als das sogenannte Original, obwohl oder weil es sich praktisch nicht daran gehalten hat.
>So originalgetreu wie möglich, so frei wie nötig. Von daher HAT eine Synchro ein "Abziehbild" des Originals zu >sein
Nun, dem stimme ich bei aktuellen Synchros zu - aber nur, was das Dialogbuch angeht. Denn viele tolle Besetzungen wären nie zu Stande gekommen, wenn man einfach versucht hätte, die größtmögliche Ähnlichkeit der Synchronstimme zur Originalstimme zu besetzen. Sowas kann in manchen Fällen wirklich gut funktionieren, meistens aber nicht. Denn wenn es nur danach geht, könnte man auch gleich à la "Superstars" Leute von der Straße wegcasten und sie einen Schauspieler synchronisieren lassen, nur weil sie eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Originalstimme haben, das wäre dann "authentischer" und dichter dran am Original als vermutlich irgendein Synchronsprecher könnte, wenn man ein wahres "Stimmen-Double" eines Originaldarstellers gefunden hat, und würde dennoch nach Hinten losgehen. Deswegen würde ich in Sachen Besetzungen es genau umgekehrt handhaben: So frei wie möglich, so originalgetreu wie nötig. Die Mehrheit der deutschen Tom Cruise-Fans trauert ja auch immer noch Stephan Schwartz hinterher, obwohl der wenig mit Tom Cruise-Originalstimme gemein hatte, da ist Patrick Winczewski schon vom stimmlichen Alter her viel dichter dran und dennoch wären die Synchros schauspielerisch viel langweiliger geworden, wenn man sich Winczewski in DIE FIRMA oder MISSION:IMPOSSIBLE vorgestellt hätte. Und Manfred Lehmann hat ja mit Bruce Willis' Stimme auch nicht viel gemein, dennoch ist er einfach die erste Wahl für Willis. Nun, ich weiß allerdings nicht, unter welchen Gesichtspunkten die ach-so wissenden Liliput-Jury-Mitglieder die Synchros betrachten. Wenn man es als Hauptsache ansieht, das Dialogbuch zu beurteilen, ist es kein Wunder, dass der Liliput-Preis ursprünglich mal als Negativ-Preis ins Leben gerufen wurde.
Also, ob mir eine bestimmte Orange schmeckt oder nicht, kann ich beurteilen, ohne andere Orangen oder gar Zitronen zu kennen. (Natürlich kann man dann nur sagen, dass es sich um eine "gute" Orange handelt - sogar um eine, die keine Wünsche offen lässt -, und nicht schon, es sei die "beste".)
Mir ging´s nur darum, dass man eine Synchro beurteilen kann, ohne sie mit anderen Synchros zu vergleichen (wenn auch letzteres wünschenswert wäre).
Das ist ein häufig begangener Irrtum, weil man hierbei meist die Unterschiedlichkeit der Abstraktionsebenen vernachlässigt: einen konkreten Gegenstand mit einem anderen konkreten Gegenstand zu vergleichen ist etwas anderes als einen konkreten Gegenstand vor dem Hintergrund eines angesammelten Typen- bzw. Schemawissens über diesen Gegenstand zu beurteilen. Letzteres wird aber meist vergessen, weil man dieses Wissen als etwas 'von Natur aus' vorhandenes missversteht. Dass eine Synchro eine Synchro ist weißt du nur, weil du gelernt hast, dass eine Synchro keine Orange ist.
Und: nichts ist 'an sich' gut oder schlecht - Qualitätsurteile sind IMMER relationale (nicht: relative, was die m.E. falsche Rede von der Subjektivität immer nahe legt) Urteile; das Problem ist dann, diese Relation zu bestimmen. sprich: ein Vergleichskriterium zu finden.
Die Sache mit OmU und Synchro ist was anderes - man kann OmU grundsätzlich besser finden und einer Synchro dennoch zugestehen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Grenzen das Beste zu bieten, sprich: Man isst lieber Zitronen als Orangen, gesteht einer bestimmten Orange aber zu, als Orange tadellos zu sein ...
Eben das meinte Hendrik ja: um eine bestimmte Orange als Orange für tadellos halten zu können, musst du über ein Wissen (hier: Erfahrungswissen) über Orangen allgemein verfügen. Ob man ‚Originalversionen’ Synchroversionen generell vorzieht, spielt beim Hervorheben einer bestimmten Synchroversion (‚die eine unter mehreren) keine (oder wenn man denn unbedingt will: nur eine sekundäre) Rolle. Man kann sich natürlich auch an der Vorlage orientieren, damit verschiebt man aber das Problem nur – man muss immer noch entscheiden, dass eine bestimmte Synchronfassung auszeichnungswürdiger ist als alle anderen.
Teilweise Einspruch! Ich würde den Grundsatz anlegen, den man schon in der Schule (fürs Übersetzen) lernt: So originalgetreu wie möglich, so frei wie nötig. Von daher HAT eine Synchro ein "Abziehbild" des Originals zu sein, KANN das jedoch nie zur Gänze schaffen. Der Maßstab zur Anfertigung einer Synchro muss natürlich das Original sein (erst recht, WEIL die meisten Leute - ich eingeschlossen - dieses gar nicht kennen). (Nach dem Motto: Mehr Originaltreue, weniger Rainer Brandt ... .
Da erhebe ICH Einspruch. Man muss hier doch zwischen verschiedenen Kommunikationsgattungen unterscheiden: bei Übersetzungen pragmatischer Texte, die den Informationsaspekt (das Was) betonen, z.B. bei wissenschaftlichen oder journalistischen Texten, wird zu Recht eine enge Orientierung an der Vorlage erwartet; bei Textformen jedoch, bei denen es vor allem auf die Gestaltungsebene (das Wie) ankommt, sind solche Anforderungen wie ‚Originalitätstreue’ m.E. dem Gegenstand nicht angemessen – die unzählbaren, unterschiedlichen Kunst-Genres legen ein Zeugnis davon ab, dass es in der Kunst vor allem auf das Wie ankommt: man kann ein historisches Ereignis wie den II. Weltkrieg als Melodrama, als Komödie, als Thriller etc. bearbeiten; man kann aus einem melodramatischen Roman einen komischen Film machen ... und man kann natürlich aus einer dramatischen Krimiserie in der Synchronfassung eine komische Krimiserie machen (die berühmte 'Steinbruch-These').
Mir gefallen die (meisten) Brandt-Bearbeitungen übrigens auch nicht – nicht aber, weil sie das ‚Original’ verraten hätten, sondern weil sie im Rahmen des beabsichtigten Comedy-Genres für mich einfach nicht witzig sind; das was sie bei mir erreichen wollen (mich Lachen machen), funktioniert nicht – da ist es für mich völlig irrelevant, inwieweit sich diese Synchro-Fassungen von der Vorlage entfernen.
Und EBEN weil die meisten die ‚Originalversionen’ nicht kennen, besteht kein Anlass, allzu viel Rücksicht auf die Was-Ebene zu nehmen, die synchronisierte Version muss einfach die Anforderungen erfüllen, die man generell an Filme etc. stellt: sie müssen interessant, müssen unterhaltsam sein (z.B. als Komödie komisch) und nicht etwa informativ (mich z.B. über die Ursachen des II. Weltkrieges informieren etc.).
Hehe, ja das stimmt allerdings . Ich wollte ja auch eher auf den Lernaspekt hinaus (im Gegensatz zu 'angeborenem' Wissen) - die Orange steht hier stellvertretend für die Abgrenzung von 'allem anderen'; dass eine Synchro eine Synchro ist, lernt man letztlich in der Tat nicht NUR durch Abgrenzung (wovon sie abgegrenzt wird, ist ja gleichgültig), sondern auch und vor allem durch Typenbildung - und das kann man nur, wenn man bei mehreren Exemplaren eine Gemeinsamkeit zu BESTIMMEN (zu abstrahieren) lernt. (Dass 'Gemeinsamkeit' nur ein Konstrukt ist und den Dingen nicht innewohnt, ist eine andere Sache ... aber das führt dann jetzt doch zu weit).
Grüße, Fehmi
"Wie nennt man einen Cowboy ohne Pferd, he? Na, einen SATTELSCHLEPPER!" (Fritz von Hardenberg in HÖR MAL, WER DA HÄMMERT)