Angeregt durch ältere Beiträge von Fortinbras, der es wie kein Zweiter verstand auf unnachahmliche aber stets gut begründete Art und Weise verdiente Schauspieler zu kritisieren, möchte ich einmal offen zur Diskussion stellen, wer sich denn wirklich zu dieser Riege zählen durfte und vor allem: konnten die deutschen Pendants dieses Spiel einfangen und gerecht werden?
Natürlich dürften den meisten sofort die Herren Pacino, de Niro oder Brando in den Sinn kommen und hier fängt es direkt an interessant zu werden. Zweifellos sind die drei genannten potentiell ausgezeichnete Schauspieler mit großartigen Filmrollen. Aber Brandos Hang zum Schmierentheater, wie es Fortinbras mal so schön formulierte, ist unübersehbar und die Rollen, in denen er nuanciert und zurückhaltend die Szenen dominierte, doch eher rarer gesät. Brando ist es dann auch, wo ich stets schwanke zwischen gelungen im Deutschen eingefangen (Juhnke) und dem Schmierentheater ebenbürtig (Krauss, Fritsch).
Auch de Niro und Pacino setz(t)en auf ein sehr physisches, manierismen haftes Spiel ehe sie ab den 90er Jahren auf Autopilot schalteten, der bis heute Bestand hat. Und obwohl beide Schauspieler grandiose deutsche Stimmen haben, Glaubrecht und Brückner, finde ich beide nicht in jeder Rolle vorbehaltlos überzeugend und dem Original gerecht werdend. Das ist natürlich Meckern auf allerhöchstem Niveau. Rütteln würde ich an den Kombinationen zu keinem Zeitpunkt.
Ein Schauspieler, der immer wieder als einer der wenn nicht sogar der größte unserer Zeit gilt, ist Daniel Day-Lewis. Und hier hat man vollkommen richtig entschieden und stärker nach Rolle besetzt. Mit zugegeben gemischten Ergebnissen. Glaubrecht war super in „Gangs of New York“, aber am Limit in „There Will Be Blood“.
Gibt es für euch weitere Beispiele für Synchronkombinationen großer Schauspieler, die besonders gut oder schlicht gar nicht das Original einfangen konnten? Und gibt es vllt. Beispiele, die für euch nur dank der deutschen Stimme überhaupt zur Elite der großen Schauspieler gezählt werden dürfen?
Bei mir wäre es wohl Rowan Atkinson. Seine ganze Art und sein Spiel ist für mich kaum synchronisierbar. Mackensy ist da schon das Beste, was an den O-Ton drankommt, aber wirklich erfüllen konnte er ihn auch nicht. Am meisten noch in "Mord im Pfarrhaus", was wohl an der Regie von Heinz Freitag lag.
Zitat von N8falke im Beitrag #1Und gibt es vllt. Beispiele, die für euch nur dank der deutschen Stimme überhaupt zur Elite der großen Schauspieler gezählt werden dürfen?
Ich weiß nicht, ob man ihn zu den ganz Großen zählen kann, aber Andreas von der Meden hat David Hasselhoff erst richtig groß gemacht und entschieden zu seinem Erfolg in Deutschland beigetragen.
Ich fand Robin Williams und Peer Augustinski absolut auf Augenhöhe. Da war die deutsche Stimme auch wirklich das "deutsche Pendant". Augustinski konnte problemlos Williams Stimmakrobatik und enormes Tempo meistern, ebenso auch seine liebenswürdige Ausstrahlung und Komik darstellen. Aber auch die tragischen und tragikomischen Rollen präsentierte Augustinski auf eine herzzerreißende und herzerwärmenden Art. Das war eine Kombi, die auf Anhieb gematcht hat. Einmal besetzt und seitdem war Augustinski nicht mehr wegzudenken für Williams.
Rückblickend würde ich auch sagen, dass Bodo Wolf da auch mitgekommen wäre, aber Augustinskis Charisma überstrahlte dermaßen, dass es mir lange Zeit schwerfiel Wolf für Williams zu akzeptieren, zumal Wolf damals im Synchron überpräsent war.
Williams und Augustinski ist ein sehr schönes Beispiel. Das waren beides Ausnahmekünstler. Und obwohl mir Bodo Wolf sehr auf Williams gefiel und er wie vermutlich kein Zweiter viele Facetten von Williams einfangen konnte, war Augustinski einfach diese eine Kirsche on top. Eine Wahnsinnsbesetzung und mit das beste, was deutsches Synchron zu bieten hatte. Ein Freund aus Kanada sagte mir vor Jahren mal sinngemäß mit Bezug auf unsere Synchronkultur, dass es doch diese Handvoll Schauspieler aus Hollywood gebe, die man einfach nicht synchronisieren könne und dazu zähle Williams. In diesem Fall hatte er nicht Recht gehabt.
Zitat von N8falke im Beitrag #1Ein Schauspieler, der immer wieder als einer der wenn nicht sogar der größte unserer Zeit gilt, ist Daniel Day-Lewis. Und hier hat man vollkommen richtig entschieden und stärker nach Rolle besetzt. Mit zugegeben gemischten Ergebnissen. Glaubrecht war super in „Gangs of New York“, aber am Limit in „There Will Be Blood“.
Ich habe mir, hervorgerufen durch die Anemone-Diskussion, in letzter Zeit nochmal einige Day-Lewis-Rollen angesehen. Ich kann deine Meinung zur Besetzung Glaubrecht/Day-Lewis aber nicht ganz teilen, denn ich fand ihn in beiden Streifen richtig stark. Klar, er macht ihn älter als DL ist, aber da das beides stark historisierte und schnauzbärtige Rollen sind, fällt das garnicht so ins Gewicht. In anderen Rollen hätte ich ihn dann eher weniger gesehen. Ich stimme dir aber voll und ganz zu, dass ich es gut finde, dass man hier nie einen festen Sprecher etabliert und stark nach Rolle besetzt hat. Und prinzipiell fand ich (fast) alle Synchronstimmen mit Day-Lewis Spiel ebenbürtig, wenngleich ich die ein oder andere Stimmfarbe etwas unpassend empfand. So gefällt mir bspw. das Spiel von Udo Schenk in "Im Namen des Vaters" und "Zeit der Unschuld" ausgesprochen gut, aber ich finde seinen Stimmcharakter und -klang für ihn einfach unpassend, da er viel zu markig ist und viele Nuancen allein durch seine Stimme weghaut. Ähnlich geht es mir mit (verzeiht mir, wenn das aktuell ein wenig pietätlos klingt) Thomas Wolff, der im Grunde genommmen DL gut abnimmt, aber nicht gut aus dem Gesicht kommt.
Wirklich unpassend und nicht auf Augenhöhe waren in meinen Augen Frank Röth in "Lincoln" und Manfred Lehmann in "Die Bounty". Röth wirkte in meinen Augen auf DL total verloren und hat ihn sehr verbeliebigt. Und Lehmann ist eine absolute Bananenbesetzung, also ehrlich! Das passt null und, Lehmann kloppt ihn in der Synchro einfach nur nieder.....
Wie gesagt...ich hätte gerne mal Randolf Kronberg für ihn gehört. Auch Thomas Fritsch hätte man mal ausprobieren können (bspw. in Lincoln). Schade, dass das nicht mehr möglich ist.
Zitat von N8falke im Beitrag #1Gibt es für euch weitere Beispiele für Synchronkombinationen großer Schauspieler, die besonders gut oder schlicht gar nicht das Original einfangen konnten?
Ich finde es prinzipiell gut, dass es diesen Thread gibt. Klar, gibt ne Deckungsgleichheit mit deinen genannten Threads, was ich aber im Gegensatz zu diesen gut finde ist, dass man hier gezwungen ist, ein wenig zu begründen. FKDENG und Idealstimme verkommen leider allzu häufig zu Namedropping-Sammelbecken
Auf Augenhöhe - und bitte keine Kalauer wegen P.F's Einäugigkeit - waren für mich Peter Falk und Klaus Schwarzkopf, obwohl keinerlei Ähnlichkeit der Stimmen bestand. Aber von der schauspielerischen Qualität her war Schwarzkopf kongenial. Ähnlich sehe ich es bei Alan Rickman und Dirk Galuba (in "Mesmer" - das war nicht Bernd Rumpf!)
Zitat von Ludo im Beitrag #7Ich finde es prinzipiell gut, dass es diesen Thread gibt. Klar, gibt ne Deckungsgleichheit mit deinen genannten Threads, was ich aber im Gegensatz zu diesen gut finde ist, dass man hier gezwungen ist, ein wenig zu begründen. FKDENG und Idealstimme verkommen leider allzu häufig zu Namedropping-Sammelbecken
Im Thread über "Idealstimmen" gab es aber durchaus den einen oder anderen Beitrag, der eine Begründung enthielt. Auch der über "Sternstunden" war anfangs eher ein "Namedropping-Sammelbecken", bevor es ab 2008 zunehmend zur Norm wurde, kleine Essays zu schreiben.