Eine Frage die ich mir schon länger stelle. Gibt ja mehr als genügend amerikanische Sitcoms die vor Live-Publikum gezeigt werden um authentische Lacher zu bekommen. Wieso ist es so oft der Fall dass die deutsche Bearbeitung diese durch unglaublich nervige, sich ständig wiederholende Lachkonserven ersetzt? Gibt da sehr viele Beispiele, ein ganz extremes ist z.B. 'Eine schrecklich nette Familie'.
Durch die Übersetzung ins Deutsche ergibt sich zwangsweise ein anderer Satzbau und logischerweise die Pointe zu einem anderen Zeitpunkt (natürlich nicht immer)!
Natürlich müssen die Lacher auf die Witze angepasst werden, daher die Lach-Konserven! Ergänzt und oder korrigiert mich, aber ich glaube das ist ein Hauptgrund!
Allerdings sollte man anmerken, dass auch im amerikanischen Original vieler Sitcoms (trotz Live-Publikum) oft Lachkonserven verwendet werden. Das kann verschiedene Gründe haben, wie etwa zu schwaches Lachen des Publikums (welches dann "aufgepeppt" wird), oder gar ein zu starkes, was dazu führt, dass man den nächsten Satz des Darstellers nicht mehr versteht (wobei dann wiederum ein schwächeres Lachen eingefügt wird). Dann gibt's natürlich Szenen, die draußen (ohne Publikum) gedreht wurden, und dann mit künstlichem Publikum-Sound "befüllt" werden müssen. Und letztendlich gibt's auch Sitcoms, die fast vollständig auf ein Live-Publikum verzichten und dementsprechend auf Aufnahmen zurückgreifen, wie etwa "How I Met Your Mother", dessen viele Szenenwechsel dermaßen viel Umbauarbeiten und Kostümwechsel verlangen, dass man ein Live-Publikum gar nicht so lange im Studio halten könnte. An "kleineren" Drehtagen gibt's aber wohl auch bei HIMYM Live-Publikum.
Ich dachte bis jetzt immer dass dies an der alten Technik damals liegt. Diese sich immer wiederholenden Lacher sind nämlich bei neuen Sitcoms nicht mehr. Nur die alten Sitcoms in den 90ern hatten diese, und ich habe immer angenommen dass die Synchronleute damals nur eine Audiospur aus den USA bekommen haben und dort die Stimmen und Lacher gemeinsam drauf waren. Dadurch waren die Synchronleute gezwungen die Lacher selbst neu einzuspielen. Und heutzutage ist das wahrscheinlich nicht mehr so und man kann die Lacher aus dem Original übernehmen.
Es sollte jedem klar sein, daß - wenn überhaupt! - nur einzelne Sequenzen vor Live-Publikum aufgezeichnet werden. Und dabei geht's weniger um die Lacher als vielmehr darum, die Schauspieler anzustacheln! Ob das Live-Lachen dann verwendet wird, steht auf einem anderen Blatt ... Die Behauptung: 'Vor Live-Publikum aufgezeichnet' sagt darüber ja absolut nichts aus, da sollte man keine falschen Schlüsse ziehen.
Eine Serien-Episode wird ja in der Regel nicht am Stück gespielt und aufgezeichnet, Szenen werden auch oft mehrfach wiederholt. Beim dritten Anlauf lacht das Live-Publikum vermutlich ohnehin nicht mehr so, daß es brauchbar wäre.
Letztendlich - in den USA wie hier bei uns - wird das Lachen nach einer geplanten 'Dramaturgie' eingesetzt, vergleichbar etwa mit dem Einsatz von Musik. Man will halt in bestimmten Momenten eine bestimmte Wirkung erzeugen. Da wird man gewiß nichts dem Zufall überlassen, zumal bei solchen Produktionen viel Geld im Spiel ist.
Hart ausgedrückt könnte man auch sagen: man traut den TV-Zuschauern nicht zu, selbst zu entscheiden, was witzig ist, und unterstreicht entsprechende Stellen unnötigerweise auf aufdringlich Art. Bei der Musik machen die Amerikaner das ja meistens leider ebenso: Wird's dramatisch, lärmen die Blechinstrumente und Pauken, wird's romantisch, fiedeln die Geigen. Wie man's besser macht, beweisen vor allem die Italiener (Ennio Morricone u.a.).
Du irrst dich. Die vor Live-Publikum aufgezeichneten Sitcoms werden komplett vor Live-Publikum aufgezeichnet. Üblich sind dabei zwei Durchgänge für eine Episode. Für die Sendefassung werden dann die jeweils besseren Szenen übenommen. Teilweise wird dabei allerdings das Lachen neu eingspielt. Wenn eine Szene im zweiten Durchlauf besser kommt als im ersten, wird der zweite Durchlauf für die Folge verwendet, aber es kann sein, dass das Lachen dort nicht mehr so stark ist wie bei ersten Durchlauf, wenn die Situation fürs Publikum noch neu ist. Folglich wird in der Sendefassung die Szene aus der zweiten Aufführung mit dem Lachen aus der ersten Aufführung kombiniert. Dies sind keine von mir erfundenen Dinge, sondern Tatsachen, die man beispielsweise bei Making ofs auf DVD (COUPLING) oder Sondersendungen im TV (EINE SCHRECKLICH NETTE FAMILIE - Pro7 hatte seinerzeit von den Dreharbeiten der letzten Folge berichtet) erfährt. Einzig gefilmte Sitcoms wie SLEDGE HAMMER werden nicht live vor Publikum gespielt, aber der so genannte "laugh track" entsteht bei einer Livevorführung des gefilmten Materials. Daher bestünde bei solchen Sitcoms theoretisch auch die Möglichkeit, den Originalton ohne Lacher anzubieten.
Norbert bringt es wieder mal auf den Punkt. Abgesehen davon, gibt es inzwischen genug Bildmaterial und Erfahrungsberichte im Internet, die "beweisen", dass tatsächlich zum größten Teil vor live vor Publikum aufgezeichnet wurde, soweit dies dramaturgisch machbar war. Auf http://www.tvtickets.com/ kann man übrigens Karten für die einzelnen Aufzeichnungen bestellen (sind sogar kostenlos). Was die Synchronisation angeht, so hat Gaara das wohl entscheidende Argument gebracht: Sprache der Schauspieler und Publikumsgelächter sind, gerade durch die Tatsache, dass live aufgenommen wird, zwangsweise auf einer Tonspur und somit lässt sich das Gelächter nicht auf das IT-Band mit der Musik separieren, dass den Synchronstudios dann vorliegt (oder vorliegen sollte). Da spätestens seit Aufkommen des Privatfernsehens dankenswerterweise vermehrt originalgetreu synchronisiert wird, werden inzwischen nicht nur Vietnam-Kriegs-Bezüge mit übernommen, sondern auch das Gelächter. Dass manche Synchronstudios dafür mehr andere weniger brauchbares Material zur Verfügung stand, steht auf einem anderen Blatt. Legendär sind inzwischen wohl die "Plaza-Lacher" an denen man jede Sitom, die etwa ab Mitte der 90er Jahre dort bearbeitet wurde erkennt. Ich kann verstehen, wenn das auf manche lästig wirken mag, ich finde diesen kleinen Makel inzwischen ganz charmant. Auf YouTube gab es vor ein paar Jahren auch mal ein Video über Synchronarbeiten dort, in dem man u.a. Hans-Peter Kaufmann, Gudo Hoegel bei der Synchronisation von "Cheers" und eben auch das hauseigenen "Lach-Keyboard" sehen konnte, mithilfe dessen durch entsprechnde Tastendrücke unterschiedliche Lachsalven "zusammengemixt" werden konnten. Bei "Wer ist hier der Boss?" und Al Bundy kamen übrigens noch andere Lacher zum Einsatz. Dass die gerade bei letzterer so derart übertrieben wirken hängt sicherlich damit zusammen, es sich dabei um eine Parodie auf das ganze Genre als solches handelt und dementsprechend natürlich auch das Gelächter gnadenlos überzogen wird. "How I Met Your Mother" wird soviel ich weiß nach Zusammenschnitt der Episode in einem kleinen Vorführungssaal einem kleinen Publikum vorgespielt, dessen Gelächter dann verwendet wird. Da sich dies somit auch einigermaßen separat aufnehmen lassen müsste, wird das vermutlich dann auch für ausländische Synchronisationen benützt, aber da wissen die Insider von Scalamedia hier sicher mehr ;-)
Ich kann übrigens allen die Sitcoms auf DVD haben nur empfehlen, die Original-Tonspur einzuschalten. Selbst bei tollen deutschen Fassungen komme ich nicht mehr davon weg, mir das tolle Live-Erlebnis vorzuenthalten. Man hat wirklich das Gefühl im Publikum zu sitzen bei einer Theateraufführung. Die Bühnen sind ja auch so konstruiert.
Zitat von NorbertDu irrst dich. Die vor Live-Publikum aufgezeichneten Sitcoms werden komplett vor Live-Publikum aufgezeichnet. Üblich sind dabei zwei Durchgänge für eine Episode. Für die Sendefassung werden dann die jeweils besseren Szenen übenommen.
Und was ist bei Versprechern etc. ? Dann gibt es doch durchaus einzelne Szenen, die öfter als zwei Mal wiederholt werden müssen. Das war schon Mal bei einem Blooper Reel aus der "Dick van Dyke Show" zu sehen.
Es ist ja wohl klar, das in solchen Fällen oder auch bei Außenaufnahmen "nachgebessert" wird. Wäre auch komisch, wenn das Gelächter ganz plötzlich für einzelne Szenen aussetzen würde. Ich denke, man kann aber davon ausgehen, dass die meisten Schauspieler so professionell sind nicht jede Woche alle Szenen zu verhauen.
Zitat von NorbertDu irrst dich. Die vor Live-Publikum aufgezeichneten Sitcoms werden komplett vor Live-Publikum aufgezeichnet. Üblich sind dabei zwei Durchgänge für eine Episode. Für die Sendefassung werden dann die jeweils besseren Szenen übenommen.
Und was ist bei Versprechern etc.? Dann gibt es doch durchaus einzelne Szenen, die öfter als zwei Mal wiederholt werden müssen.
Das ist nicht einmal ansatzweise ein Problem, da das Rohmaterial, aus dem die Sendefassung gebastelt wird, üblicherweise deutlich länger ist als die spätere Endfassung. Bei FRIENDS wurde in den USA sowie in England und NL die so genannten Director's Cuts auf DVD veröffentlicht, bei denen überschüssiges Material wieder in die Folgen integriert war. Einige Episoden liefen dadurch fast doppelt so lange. Ich bin sicher, dass bei den ganzen live aufgezeichneten Shows stets mehr gedreht wird als nötig. Am Ende wird dann das Beste genommen.
Hast du noch nie eine Übertragung aus dem Ohnsorg- oder Millowitsch-Theater gesehen? Wie oft haben sich da Heidi Kabel oder Willy Millowitsch versprochen? Oder EIN HERZ UND EINE SEELE? Diese Serie wurde definitiv live vor Publikum aufgezeichnet, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich Heinz Schubert und seine Kolleginnen und Kollegen versprochen hätten. Warum sollten amerikanische Schauspieler nicht das schaffen, was von deutschen Schauspielern ganz selbstverständlich erwartet wird?
Wer sich für solcherlei Dinge interessiert, dem empfehle ich hier gerne den Blog von Ken Levine (Autor bei zig Sitcoms wie CHEERS, MASH, FRASIER, BECKER, WINGS ....). KLICK HIER
Dort am besten einfach mal stöbern - man entdeckt wirklich tolle Dinge. Auch die Frage nach den Laughtracks wird sehr degtailliert besprochen (wie gesagt einfach mal stöbern).
Zitat von Isch im Beitrag #8Sprache der Schauspieler und Publikumsgelächter sind, gerade durch die Tatsache, dass live aufgenommen wird, zwangsweise auf einer Tonspur
Das ist so aber auch nur bedingt richtig. Richtmikrofone erlauben durchaus das separate Aufnehmen vom Sprache und Publikum, und das wird auch bei Sitcoms so gehandhabt.
@smeagol: Den Blog habe ich vor einiger Zeit schon kennen gelernt, aber leider fand ich ihn so unübersichtlich und die suche so nutzlos, dass ich nicht viel interessanten findes konnte (Außer die "Jim-Brooks-Lache" :-)) Hast du vielleicht ein paar Lesemepfehlungen für mich? (Insbesondere allgemein zu Sitcoms, da ich mich für alle 5 von dir genannten leider nie begeistern konnte)
Zitat von JanBing im Beitrag #13[quote=Isch|p7277927]Richtmikrofone erlauben durchaus das separate Aufnehmen vom Sprache und Publikum, und das wird auch bei Sitcoms so gehandhabt.
Ja, das stimmt, allerdings ist da dann und wann trotzdem auch noch leise etwas von der Bühne mit drauf.
Bei "Eine schrecklich nette Familie" bemerkt man, wenn man US-, DE- und FR-Fassung miteinander vergleicht, dass die französische deckungsgleich mit dem Originalton ist, die deutsche aber komplett nachvertont werden musste. Viele, wenn nicht sogar alle Schritte, Türen, Geräusche, usw. wurden von deutschen Geräuschemachern nachgestellt. Nicht selten wurden dabei auch Sachen vergessen, übersehen oder mit höchst merkwürdigen Sounds versehen, selbst wichtige, die im Dialog erwähnt werden oder solche, von denen man meinen sollte, dass man sie aus dem O-Ton fischen hätte können - mein Lieblingsfehler ist der bellende Buck, der Al bei einem Fluchtversuch enttarnt, in der DV jedoch vollkommen stumm ist.
Außerdem heißt es, dass in einem Berliner Synchronstudio vor vielen Jahren einmal an zwei vollen Ensembletagen in Folge allerlei Reaktionen, Lacher, Johler und was es sonst noch alles gibt in verschiedenen Lautstärken und Längen, mal intensiver, mal schwächer, für ein Sitcom-Lacharchiv auf Schwarzbild aufgenommen wurden.