Geboren am 19. November 1896 Gestorben am 9. August 1967
Wohlbrück entstammte einer bekannten Familie von Varietekünstlern. Nach einer soliden Schulbildung studierte er Schauspiel bei Max Reinhardt, mußte aber im ersten Weltkrieg an die Front. In französischer Kriegsgefangenschaft gründete er ein Gefängnis-Theater. Nach dem Krieg ging es mit seiner Bühnenkarriere stetig aufwärts, doch trotz einiger Rollen konnte er dem Stummfilm mit der übertriebenen Mimik und Gestik wenig abgewinnen. Meist als Mann von Welt besetzt, gelang ihm aber mit Aufkommen des Tonfilmes eine großartige Karriere und er spielte in einigen bedeutenden Filmen mit. Wohlbrück war Halbjude, vergleichsweise offen homosexuell und nahm sich selten ein Blatt vor den Mund gegenüber dem NS-Regime. 1936 verließ er Deutschland. In England nahm er den Namen Anton Walbrook an, auf seinen "Adolf" verzichtete er lieber. Es gelang ihm, eine respektable Bühnen- und Filmkarriere aufzubauen und im Lauf der Jahre wurde er in seiner neuen Heimat (deren Staatsbürger er ab 1947 war) so etwas wie ein Star. Hier durfte er auch Bösewichter spielen, wie etwa in "Gaslicht" - leider ist dieser Film hinter "Das Haus der Lady Alquist" stark in Vergessenheit geraten. In den frühen 50ern kehrte er nach Deutschland zurück, wo er auch wieder Theater spielte und in Filmen auftrat. Eine seiner letzten Rollen vor der Kamera war neben Hildegard Knef in der sehenswerten deutschen Version von "Laura", wo er den Waldo Lydecker gab.
Die Filmografie ist nicht sehr umfangreich, was die ausländischen Filme anbelangt, aber sie sollte hier nicht fehlen.
STUMMFILME (Auswahl):
Martin Luther (1923) Der Fluch der bösen Tat (1925)
TONFILME VOR DER EMIGRATION (Auswahl):
Salto Mortale (1931) Der Stolz der dritten Kompanie (1932) Viktor und Viktoria (1933) (Wohlbrück spielte selbst in der französischen Sprachfassung) Maskerade (1934) Die englische Heirat (1934) Der Zigeunerbaron (1935) (Wohlbrück spielte auch in der französischen Sprachfassung) Der Student von Prag (1935) Der Kurier des Zaren (1935) (Wohlbrück spielte auch in der französischen und englischen Sprachfassung, siehe Beitrag #4 von Christoph) Allotria (1936)
FILME NACH DER EMIGRATION:
Port Arthur (1936) (eine französisch-tschechische Koproduktion in deutscher und französischer Sprachversion) The Lady and the Gambler (1937) Königin Viktoria (1937) - Klaus Miedel / ??? (neu) Die Ratte - Sixty Glorious Years (1938) Gaslicht (1939) - Dangerous Moonlight (1941) - O.m.U. (lief zumindest untertitelt im Fernsehen, aus dem Film ist Richard Addinsells "Warschauer Konzert") 49th Parallel (1941) Leben und Sterben des Colonel Blimp - (Originallänge: 163 Min / 1. DF 93 Min, evtl im Kino? / 2. DF 1980 123 Min) Der Mann aus Marokko (1944) - Wolfgang Lukschy
FILME NACH KRIEGSENDE :
Die roten Schuhe (1948) - Ernst Fritz Fürbringer Pique Dame (1949) - Der Reigen (1950) - er selbst (siehe Beitrag #4 von Christoph) / ??? (neu) König für eine Nacht (Deutschland, 1950) Wiener Walzer / Wien tanzt (Deutschland, 1951) Der Fall Maurizius (1954) - Siegfried Schürenberg Fledermaus ´55 (1955) - Hans Nielsen Lola Montez (1955) - Der Schwierige (Deutschland, 1956) Die heilige Johanna (1957) - Peter Pasetti I accuse! (1957) Venus im Licht (Deutschland, 1960) Laura (Deutschland, 1962) Der Arzt am Scheideweg (Deutschland, 1963) Robert und Elisabeth (Deutschland, 1966)
ANMERKUNG : Für den Max Ophüls-Film "Pläsier" sprach Wohlbrück den Erzähler in der deutschen Synchronfassung
Zitat Port Arthur (1936) (eine französisch-tschechische Koproduktion, die teils deutsch gedreht wurde. O-Ton möglich)
Der Film ist in einer deutschen und einer französischen Version gedreht worden. Wohlbrück spielte in beiden Versionen, für Karin Hardt und René Deltgen spielten Danielle Darrieux und Charles Vanel.
Danke für die Info und das schöne Tribut an Walbrook/Wohlbrück, das ist sehr gelungen!
Mal nebenbei gefragt, etwas Off Topic: wurden jemals von anderen Sprachversionen diese später einmal deutsch synchronisert? Die englische Version von "Maskerade" mit Luise Rainer soll zumindest untertitelt im Nachkriegs-Österreich gelaufen sein.
Zitat Der Kurier des Zaren (1935) (Wohlbrück spielte auch in der französischen Sprachfassung)
1937 gab es auch eine englische Fassung auf Basis der französischen Version unter dem Titel "The Soldier and the Lady". imdb führt dazu folgendes aus: "RKO bought the rights to the French version Michel Strogoff (1936) for $75,000, and specifically signed its star Anton Walbrook so that they could use some scenes from that movie. About 22 scenes were edited into the new version, including Siberia footage, battle footage, Tartar camps and the river on fire. The Hollywood Reporter mentioned that the new footage shot blended perfectly with the old footage. At the end of the movie, both Anton Walbrook and Fay Bainter are introduced as "two new RKO Radio Pictures personalities." The TCM print had an onscreen copyright statement which read "copyright 1945 by Ermo Productions." It suggests that associate producer Joseph N. Ermolieff obtained the rights to the movie and modified the title page. All other onscreen credits, however, agreed with those listed in the AFI Catalogue and the IMDb database."
Zitat Königin Viktoria (1937) - Klaus Miedel
Von diesem Film gibt es leider auch eine TV-Neusynchro; auf den Kirch-Sendern lief ausschließlich diese.
Zitat Der Mann aus Marokko (1944)
Wolfgang Lukschy - die BSG-Bearbeitung von 1950 ist einer der wenigen Filme, bei denen Fritz A. Koeniger nicht nur das Dialogbuch schrieb, sondern auch Regie führte
Zitat Der Reigen (1950) - (zwei Fassungen existieren - die erste hat scheinbar nur ihn synchronisiert, den Rest untertitelt, er sprach mglw sich selbst)
Adolf Wohlbrück spricht sich selbst; der restliche Film wurde im OmU belassen. Diese Art der Bearbeitung wurde meiner Vermutung nach gewählt, weil man das Thema in Deutsch nicht durch die FSK gekriegt hätte ("Französisch versteht ja keiner..."). siehe auch hier: wiederentdeckte Nitrokopie "Der Reigen"
Zitat Der Fall Maurizius (1954) -
Siegfried Schürenberg - der Film wurde 1993 aus Anlass des 120. Geburtstags des Fürther Schriftstellers Jakob Wassermann in einer Sondervorstellung einmalig von einer zeitgenössischen 35mm-Kopie gezeigt, die man extra im Filmarchiv Austria ausgeliehen hatte. Bei dieser Gelegenheit habe ich ihn vor 20 Jahren das erste und einzige Mal gesehen. Die deutsche Bearbeitung war von IFU Remagen (Buch und Dialogregie: Georg Rothkegel). Daniel Gélin wurde von Harald Juhnke gesprochen.
Danke für die vielen Ergänzungen und die interessanten Hintergründe!
Das mit "Der Reigen" ist irgendwie einzigartig und übertrifft bei weitem etwa die kuriose Erstsynchronisation von Oliviers "Heinrich V." mit Paul Klinger.
Kurzer Schwenk zu einem prominenten Wohlbrück-Verehrer:
wenns denn stimmt, soll Klaus Kinski ein großer Anhänger Wohlbrücks gewesen sein, was er scheinbar des öfteren bekundete. Kinski schätzte scheinbar charismatische, eher subtile Schauspieler und hatte eine Abneigung gegen "Rampensäue", die überzogen und übertrieben agierten (was er natürlich niemals getan hat).
Blimp > zur älteren Fassung wird sich auch nichts finden lassen. Die Version mit 93 Minuten ist auch keine deutsche Anfertigung, sondern eine sich international in Umlauf befindliche Schnittfassung des Filmes. Diese wurde bereits vor der Anfertigung einer Synchronfassung in Deutschland und Österreich ausgestrahlt und wurde dafür untertitelt.