Die deutsche Synchronfassung für diesen Film ist leider ein Beispiel dafür, wie Synchronisation der Qualität eines Filmes auch mal so richtig schaden kann. In diesem Fall kommt die Gesamtatmosphäre, die subtilen Untertöne, und damit all das, was diesen Film eigentlich besonders macht, zu 99% nicht rüber.
Anja Stadlober, Andreas Fröhlich, Katharina Lopinski, Elisabeth Günther, und noch einige andere liegen für sich genommen prima auf den Rollen und machen ihre Sache wirklich gut. Tennstedt mag ja in anderen Filmen auf Michael Keaton passen - hier aber fehlt Sensibilität, fehlen Zwischentöne, fehlt das Augenzwinkern. Seine Stimme erdrückt die Rolle, flacht sie ab, und nimmt ihr leider jegliche Sympathie.
Angesichts der Synchronfassung kann ich die vielen Oscarnominierungen nur teilweise verstehen, wenn ich die Originalfassung sehe, allerdings schon.
Man sieht hier auch mal wieder, wie wichtig eine gute Besetzung der Kleinstrollen für die Gesamtatmosphäre eines Films ist... die Ensemble-Synchro ist in diesem Fall leider so gar nicht gelungen. In Gesprächsfetzen von Passanten auf der Strasse, Theaterpublikum, usw. hört man immer wieder dieselben unsinnigen und un-authentischen Synchronstudio-Ensemble-Texte durch. Völlig am Leben vorbei, kein Mensch auf der Strasse redet so. Wieso geht mancher Dialogbuchautor nicht einfach mal Samstags durch die Fußgängerzone und sperrt seine Ohren auf?
Eine Anmerkung noch zu "John Connor":
Jedem seine Meinung, und ich finde den Film in der Synchro jetzt ja auch nicht überragend, aber was du da zu Edward Norton und die Regie schreibst (Zitat: "...weil Edward Norton erneut unkontrolliert exaltiert spielt, nur weil der Regisseur zu unfähig war, hier korrigierend einzugreifen.") kann ich so nicht stehen lassen: Hier geht es um Persiflage. Edward Norton persifliert sich selbst, der ganze Film ist eine Persiflage, und der Regisseur wusste sehr gut, was er da tut. Wenn man nicht selber in der Medienbranche arbeitet, versteht man den einen oder anderen Insider-Zwischenton möglicherweise nicht. Deshalb dem Regisseur aber gleich Inkompetenz zu unterstellen, ist einfach nur anmassend und leider nicht ernst zu nehmen.
Zitat von Sandokan im Beitrag #16 Eine Anmerkung noch zu "John Connor":
Jedem seine Meinung, und ich finde den Film in der Synchro jetzt ja auch nicht überragend, aber was du da zu Edward Norton und die Regie schreibst (Zitat: "...weil Edward Norton erneut unkontrolliert exaltiert spielt, nur weil der Regisseur zu unfähig war, hier korrigierend einzugreifen.") kann ich so nicht stehen lassen: Hier geht es um Persiflage. Edward Norton persifliert sich selbst, der ganze Film ist eine Persiflage, und der Regisseur wusste sehr gut, was er da tut. Wenn man nicht selber in der Medienbranche arbeitet, versteht man den einen oder anderen Insider-Zwischenton möglicherweise nicht. Deshalb dem Regisseur aber gleich Inkompetenz zu unterstellen, ist einfach nur anmassend und leider nicht ernst zu nehmen.
Alles klar, hab’s kapiert: Sandokan & Co. sind Fans der Kunstauffassung nach dem Kreuzworträtsel-Prinzip (für die Hobby-Philologen unter uns: encoding/decoding-Modell): der Künstler verschlüsselt seine geilen Mini/Meso/Makro-Botschaften, versteckt sie schön vor den nicht-eingeweihten Rezipienten (worin eigentlich?), auf dass sie der gelehrige/wissende/kompetente Kunstbetrachter mit Hang zum Geniekult hübsch entschlüsseln möge.
Das Lieblingsargument dieser Bilderbuch-Interpreten ist komischerweise erstaunlich oft: das war ironisch gemeint, das war eine Parodie, das war eine Persiflage etc. Dieses surplus-Argument zieht aber nur dort, wo es schon so etwas wie einen Wert gibt, den man mit einem Mehrwert potenzieren kann. Den Genussfaktor solcher intertextueller Spielereien will ich auch gar nicht in Abrede stellen, diese zweite Ebene (mit ihren zahlreichen popkulturellen Zitaten) machte z.B. bei den klassischen SIMPSONS einen Gutteil ihres Charmes aus – nur: sie funktionierten auch OHNE diese Dreingabe.
Anderes Beispiel: Kollege Samedi versucht hartnäckig, aber im Gegensatz zum Totschlag-Argument ‚Persiflage‘, mit handfesten und auch m.E. sehr einleuchtenden Argumenten, einige von uns davon zu überzeugen, dass die Craig-Bonds humorvoll, traditionsbewusst etc. seien – das alles ändert aber nix daran, dass wir Skeptiker die Craig-Bonds trotzdem doof (oder zumindest: ganz und gar nicht respektvoll im Umgang mit dem traditionellen Erbe) finden.
Aber zurück zu Norton: Norton persifliert sich selbst? Ich wusste gar nicht, dass er schon ein so fest umrissenes filminternes wie filmexternes Image hat, dass man damit spielen könnte! Ehrlich gesagt, dachte ich z.B. bei der Szene, wo er während einer Live-Aufführung seine Partnerin auf der Bühne tatsächlich penetrieren wollte, nicht an irgendwelche kolportierten Geschichten über Norton. Und auch als er mit erigiertem Penis aus dem Bühnenbett stieg und das Theaterpublikum darauf reagierte, dachte ich nicht an eine Selbstpersiflage Nortons, sondern an die in der einschlägigen Literatur nun wirklich bis zum Erbrechen kolportierten Eskapaden Brandos während der berüchtigten A STREETCAR NAMED DESIRE-Aufführungen. Aber wenn du meinst, hier sei nicht Brando anzitiert worden, sondern Norton – meinetwegen. Aber: warum sollte DAS (oder irgendetwas Vergleichbares) den Film gelungener machen ohne das Wissen darum?
Für’s Protokoll: Der Film selbst oder sein Thema interessierten mich nicht die Bohne, ich habe ihn mir ausschließlich unter dem Aspekt seines Oscar-Favoriten-Status angeschaut – deshalb auch NICHT in der Synchron-, sondern ‚Original‘-Fassung. Deshalb bleibe ich bei meinem bescheidenen Urteil: es ist ein misslungener Film.
Natürlich kann man den Film doof finden, oder gar schlecht. Das ist Jedem selbst überlassen.
Mir ging es einzig um die Aussage, daß der Regisseur nicht in der Lage gewesen wäre bei Norton korrigierend einzugreifen. Da Iñárritu auch für das Drehbuch mit verantwortlich war und nicht als Regisseur von Außen eingekauft wurde, war er somit für die Entwicklung und Zeichnung der Charaktere verantwortlich. Darauf basierend hat er seine Schauspieler besetzt und daher bin ich mir sicher, daß er Norton genau so haben wollte, wie Norton es im Film gespielt hat.
Leider hat sich die Academy nicht für Michael Keaton entschieden - aber die Oscars sind in diesem Jahr sowieso mal wieder ein schlechter Witz. Immerhin gibt es die Golden Globes, die Jahr für Jahr meist "richtig" liegen, während die Uralt Academy erwartbar "falsch" liegt.
Ich muß ehrlich sagen, dass ich die meisten Oscars nachvollziehbar fand. Generell gab es diesmal sehr viel schwere Kost, ich konnte viel mehr viele Nominierungen nicht nachvollziehen. Die Gewinner schienen mir dennoch überwiegend berechtigt.
Zitat von Sandokan im Beitrag #16Die deutsche Synchronfassung für diesen Film ist leider ein Beispiel dafür, wie Synchronisation der Qualität eines Filmes auch mal so richtig schaden kann. In diesem Fall kommt die Gesamtatmosphäre, die subtilen Untertöne, und damit all das, was diesen Film eigentlich besonders macht, zu 99% nicht rüber.
Klingt wie das Totschlagargument eines Synchronhassers oder zumindest eines Puristen, der alles am Original misst. Die besten Synchros sind eigenständige Fassungen und keine Kopien der Vorlage. Wenn also die Kritik schlicht lautet, Birdman sei auf deutsch "anders", so würde ich das zunächst durchaus positiv werten.
Zitat von John Connor im Beitrag #17Kollege Samedi versucht hartnäckig, aber im Gegensatz zum Totschlag-Argument ‚Persiflage‘, mit handfesten und auch m.E. sehr einleuchtenden Argumenten, einige von uns davon zu überzeugen, dass die Craig-Bonds humorvoll, traditionsbewusst etc. seien – das alles ändert aber nix daran, dass wir Skeptiker die Craig-Bonds trotzdem doof (oder zumindest: ganz und gar nicht respektvoll im Umgang mit dem traditionellen Erbe) finden.
Danke für dein Lob! Findet man in der Art auch nicht überall.
Zitat von Sandokan im Beitrag #16Die deutsche Synchronfassung für diesen Film ist leider ein Beispiel dafür, wie Synchronisation der Qualität eines Filmes auch mal so richtig schaden kann. In diesem Fall kommt die Gesamtatmosphäre, die subtilen Untertöne, und damit all das, was diesen Film eigentlich besonders macht, zu 99% nicht rüber.
Klingt wie das Totschlagargument eines Synchronhassers oder zumindest eines Puristen, der alles am Original misst. Die besten Synchros sind eigenständige Fassungen und keine Kopien der Vorlage. Wenn also die Kritik schlicht lautet, Birdman sei auf deutsch "anders", so würde ich das zunächst durchaus positiv werten.
Ach was, weder Purist noch Synchronhasser ;-) Nur die Meinung von jemandem, dem Qualität eben wichtig ist! Und "anders" als das Original ist ja jede Synchronisation. Hier ist es aber nicht auf gute Art "anders". Wenn man den deutschen Text einach nur draufklatscht, ohne auf Feinheiten und Untertöne zu achten, ist das leider alles andere als eine gelungene Synchro.
Ich finde auch, dass eine Synchro zwar anders sein KANN und trotzdem mit Eigenständigkeit überzeugt, aber in manchen Fällen ist Nähe zum Original doch die bessere Lösung. Hier kenne ich nur die Originalfassung. Tennstedt ist ein brillanter, aber "glatter" Sprecher - Keaton im Original höchst unsauber (durch seinen leichten Sprachfehler sowieso) - deshalb kann man das eigentlich nicht alles transportieren. Ich werde mir die deutsche Fassung später mal im Heimkino ansehen. Wer sich für Birdman interessiert, dem sei aber die englische Fassung ans Herz gelegt. Als Bester Film ist er leicht überbewertet - das hätte ich in jedem Fall den fantastischen Boyhood gewählt - als bester Hauptdarsteller wäre Keaton die erste Wahl gewesen. Aber dazu hätte sein Charakter wohl zusätzlich noch eine schwere Krankheit haben müssen. Ich bin schon überrascht, dass Meryl Streep keinen Preis bekommen hat.
Zitat von Sandokan im Beitrag #23 Wenn man den deutschen Text einach nur draufklatscht, ohne auf Feinheiten und Untertöne zu achten, ist das leider alles andere als eine gelungene Synchro.
Aber genau das meine ich ja! Manche denken (vielleicht tust du das ja gar nicht), "Untertöne" dadurch ins Deutsche zu transportieren, wenn sie die Sprachmelodie einfach kopieren. Das Gegenteil ist aber der Fall.
Nachdem ich die deutsche Synchro jetzt gesehen habe: Eine mittelmäßige deutsche Fassung. Im Gegensatz zu Michael Keaton ist Tennstedt leider stimmlich keine Oscar-Reife Leistung geglückt. Er bleibt zu sehr dem verfallen, was er stimmlich immer auf Keaton macht. Nicht schlecht, aber nicht wirklich grandios. Den deutschen Zuschauern wirds nicht auffallen - nur im Vergleich zur Originalfassung merkt man halt doch den Unterschied.
Zitat von John Connor im Beitrag #4Ähm, ja … nein! Langweiliges Sujet. Ich überblättere solche Passagen in Schauspieler-Biografien (selbst wenn sie so skandalgesättigt sind wie die über Brando) immer recht schnell, wo es um Star-Allüren, abgehalfterte Ex-Größen, Intrigen hinter den Kulissen, wehmütige Erinnerungen, eitle Nabelschau geht, gepaart mit der Botschaft, dass der künstlerische Schaffensprozess doch so alltäglich und langatmig ist, also genauso wie jeder andere Job auch.
Ich mache das ja wirklich nur sehr ungern, aber ich muss dir leider völlig Recht geben. Nabelschau trifft es ziemlich gut. Man hat gewissermaßen das Gefühl, einer zweistündigen Masturbation beizuwohnen. Es beginnt widerwillig belanglos und wird danach fast nur noch grauenvoll. Der Film versucht wohl irgendwie Milieustudie und Dekonstruktion zu sein, scheitert dabei aber daran, sich und seinen Gegenstand dann doch viel zu ernst zu nehmen. Ein Film für die intellektuelle Feuilleton-Upperclass, die gern über sich selber schäkert, solang sie dann doch nicht ernsthaft jemand in Frage stellt. Bezeichnend auch, dass alles, was man über den "Bird"man als Zuschauer wissen muss (und die Macher selber wussten), letztlich ist, dass er eine tiefe Stimme hat ;-)
Die wenigen guten Einfälle, die sich fast alle in den ersten 30 Minuten finden, verpuffen. Entweder sind sie nämlich nicht richtig ausgearbeitet oder sie sind in eine ambivalente Bedeutungsschwangerheit eingelegt, die sie nur schwer verdaulich macht. Die Zerstörung des Bühnenbildes durch Mike hätte zum Beispiel anderswo eine spektakuläre Szene sein können. Aber hier ist das eben so prätentiös und dabei unsubtil: die 'Dekonstruktion' der Bühne. Ja, wir haben verstanden; ich hoffe, es war für dich genauso unangenehm wie für mich. Und ach ja, unsere erwachsene Offenheit zeigen wir, indem wir immer mal wieder das Wort "Ficken" einstreuen.