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Dieses Thema hat 22 Antworten
und wurde 2.768 mal aufgerufen
 Allgemeines
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E.v.G.



Beiträge: 2.326

13.11.2015 21:48
#16 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

Am lesenswertesten ist sicher Thomas Bräutigams Promotion von 1994 (war die DM80 absolut wert) , da er zahlreiche Beispiele aufzeigt und es selbst ohne Zugang zum untersuchten Filmmaterial nachvollziehbar ist, am realialitätsfernsten ist sicher Istvan Fjodor Publikation Film Dubbing auf dem Jahre 1976.

Bei dem hochtrabenden Titel: "Film im Transferprozess" erwartet man schon eine durchgehende wissenschaftliche Analyse, die aber nicht geliefert wird. Vieles ist interesant und unterhaltsam, aber es fällt zahlreichen Beträgen, dann doch an Substanz. Ein schon angesprochenes Problem sind die Quellenangaben. In einer Zeit, in der "alles online" ist, aber eben auch nichts die Langlebigkeit von schwarz auf weiß hat, dass in Bibliotheken auch nach Jahrzehnten noch zugänglich ist, auch wenn alles etwas länger als ein Mausklick dauert, ist die Überprüfung letztlich nicht möglich. Mit der großen Vielzahl an Medien, professionell und eher hobbymäßig, wo halt auch vieles unreflektiert als Wahrheit verkauft wird, ist eine sachliche Auseinandersetzung nicht einfacher geworden. Es werden vor allem auch Interviews ohne genaue Angaben zitiert. Literatur ist aufgelistet, aber eben keine Angaben, wer, wo , wann ein Interview gemacht hat, und wer die Rechte daran hält. Filmausschnitte mit YouTube links zu dokumentieren, anstatt den time code anzugeben ist einfach nur Faulheit und trägt nur zur Vergänglichkeit des Werkes bei.

Er2 ( gelöscht )
Beiträge:

14.11.2015 11:04
#17 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

Zitat von E.v.G. im Beitrag #16
Bei dem hochtrabenden Titel: "Film im Transferprozess" erwartet man schon eine durchgehende wissenschaftliche Analyse, die aber nicht geliefert wird. Vieles ist interesant und unterhaltsam, aber es fällt zahlreichen Beträgen, dann doch an Substanz.

Viel ärgerlicher finde ich diese hochtrabend zur Schau gestellte Arroganz in den meisten Beiträgen. Fehler der Synchronfassungen und "falsche" Meinungen werden ausgeweidet und beinah skandalisiert um sie dann empört an den Pranger zu stellen. Die Beiträge in denen das getan wird, erfüllen dagegen kaum wissenschaftliche Standards; da habe ich hier im Forum schon deutlich substantielleres und besser recherchiertes gelesen; und das will was heißen, wenn ein Internetforum "wissenschaftliche" Texte qualitativ in den Schatten stellt. Wenn man andere teils kleinlich kritisiert, sollte die Kritik dann schon fundiert und sauber recherchiert sein. Davon ist leider kaum etwas zu finden.

berti


Beiträge: 17.493

19.08.2016 13:00
#18 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

Ich möchte etwas loswerden, das am ehesten hierhin passt, da andere Threads ansonsten verstopft würden:
Vor einigen Wochen habe ich das Buch nochmals zur Hand genommen und in Bräutigams Beitrag einige Hinweise auf in den letzten Jahren erschienene Texte entdeckt, die mit dem Thema Synchronisation zu tun haben und per Fernleihe bestellt wurden. Darunter befand sich ein Beitrag von Thomas Herbst, der in der 2007 erschienenen Festschrift "Sprach(en)kontakt - Mehrsprachigkeit - Translation" von Lew N. Zybatow enthalten war, allerdings nicht sehr ergiebig war. Direkt auf diesen folgt ein Aufsatz von Rainer M. Köppl: "Hitchcock und die IG Farben. Filmsynchronisation als Tanz in Ketten" (S. 107-141), über den Einiges zu sagen wäre. In Beiträgen vom Oktober/November sind Er2 und ich bereits auf einen Aufsatz dieses Lehrstuhlinhabers eingegangen, der in Sachen Inhalt und Tonfall nichts mit Wissenschaftlichkeit zu tun hat. Der in diesem Buch enthaltene Text übertrifft ihn allerdings, da er wie mit viel Schaum vor dem Mund geschrieben wirkt und ein Thema betrifft, über das in diesem Forum schon oft (und auf viel höherem Niveau) diskutiert wurde: die beiden deutschen Fassungen von "Notorious".
Die explizite Erwähnung der IG Farben im Filmdialog sei "eine politische Flaschenpost" (S. 112) gewesen, die das Werk zu einem "explizit politischen Film" (S. 117) gemacht habe, der "brennende Fragen" diskutiere, die 1946 "beklemmend aktuell" erschienen seien (S. 130). Während das Original "durch visuelle Dynamik, ungewöhnliche Cadrage und ausgezeichnete Dialoge" "besteche" (S. 119), sei daraus in Deutschland 1951 "ein hölzernes Machwerk" geworden (S. 125). Die Veränderung sei "mehr als ein Etikettenschwindel", sie habe "weitreichende dramaturgische Folgen", die "inneren Strukturen des Films werden zerstört, die von Hecht und Hitchcock zum Leben erweckten Charaktere werden schematisch und papieren" (S. 126). Schwerwiegende Anschuldigungen, für die aber keine wirklichen Belege präsentiert werden. Dass das Verhalten des Verurteilten vor Gericht merkwürdig erscheint und Devlins Worte bei dem Appell an die "Menschenliebe" (statt an den "Patriotismus") nicht recht zu seinem Gesichtsausdruck passen wollen, ist zwar richtig (S. 125 und 127), betrifft aber nur zwei Szenen und rechtfertigt kein so weitreichendes Urteil. Ein "Spiegel"-Rezensent, der dem Film 1951 "messerscharfe Dialoge" bescheinigte, wird ebenso wie andere Kritiker, die die ihnen vorliegende Fassung positiv besprachen, einem "Kartell der Lügner" zugerechnet (S. 131f.). Dass Hitchcock selber (!) laut seinem Biographen John Russel Taylor über die Veränderungen informiert war und meinte, diese bezögen sich nur auf den MacGuffin, ließen aber Handlung und Figurenkonstellation unbehelligt, "beweist" für Köppl, dass "der Meister (...) ein ´notorischer´ Feigling" sei, "der vor Behörden, politischen Institutionen und selbst vor den Polizisten auf der Straße panische Angst" habe (S. 133f.), weshalb er (Köppl) sich darüber empört, dass diese Aussage "in beinahe jedem (?) Hitchcock-Artikel oder Buch gebetsmühlenartig wiederholt" werde (S. 134). Wer die Abweichungen in diesem Fall für unerheblich halte, sei "politisch unerfahren und ästhetisch ahnungslos" (S. 135). Die ZDF-Synchro sei 1969 entstanden, weil man "dem Meister" nicht "1969 eine Geburtstagstorte schenken" wollte, "die schon seit zwanzig Jahren vergiftet" sei (was für eine Metapher!!). Zunächst wird die Anmoderation der Erstausstrahlung zitiert, danach ein Rezensent als "scheinheilig" abgewatscht, der die Erstsynchro im Vergleich "anmutig" fand (S. 136). An dieser Fassung kritisiert Köppl, dass sie in einer Szene nicht mehr von "IG Farben", sondern nur von der "anonymen" "Deutschen Farbindustrie" gesprochen werde und man an zwei anderen Stellen, an denen im Original "Farben" als Drahtzieher der Verschwörung genannt wird, dieses Wort aus dem Dialog entfernte, ebenso dass bei der Sitzung der Geheimdienstleute nun nicht mehr von deutschen "Wissenschaftlern", sondern von "Spionen" die Rede sei (S. 137f.). Daneben werden ausführlich tatsächliche, von der Firma zu verantwortende Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs beschrieben (S. 112-114, 129f., 140f.), ohne dass der Grund dafür ersichtlich wird. Denn in Hechts Drehbuch spielen diese Dinge direkt keine Rolle, allenfalls könnte er so auf den Firmennamen gestoßen sein. Dass der Verleih (in Deutschland wie in den USA) eine Klage des Konzern fürchtete, kann durchaus sein. Juristische Schritte wären theoretisch sogar zu rechtfertigen gewesen, da eine reale Firma immerhin als Drahtzieher einer fiktiven Verschwörung in einem Spielfilm genannt wird. Aber dieser Punkt, der für den Film nun wirklich keine große Bedeutung hat, rechtfertigt natürlich keine so extreme Schimpforgie (die Zitate haben hoffentlich einen angemessenen Eindruck vermittelt), zumal zu Beginn (S. 107) und gegen Ende auch noch eine Stelle aus Brechts "Turandot oder der Kongress der Weisswäscher" zitiert wird und es abschließend heißt: "Dummköpfe haben ´Notorious´ in ´Weisses Gift´ verwandelt, weißwaschende Tuis haben aus ´Notorious´ das viel gefährlichere ´Berüchtigt´ gemacht", das "´besser´ verfälscht" sei (S. 140). Auch ein Adorno-Zitat darf nicht fehlen (S. 108), ebenso auch nicht eines von Lessing (S. 107).
Entschuldigung für das Ausschlachten! Aber da es ein hier schon öfter diskutiertes Thema betrifft und es sich um ein sich wissenschaftlich gebendes Beispiel aus der "Fachliteratur" handelt, wollte ich es erwähnen, auch wenn es abschreckend wirkt.

FToF ( gelöscht )
Beiträge:

19.08.2016 15:26
#19 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

Ob man derart gallige Einlassungen noch als wissenschaftlich bezeichnen kann, wage ich anzuzweifeln; jedenfalls stößt es mir sehr unangenehm auf. Insbesondere, wenn nicht ein einziger Beleg geliefert wird und der Autor damit zeigt, dass er im Besitz der Wahrheit ist, nie falsch liegt, also auch nichts belegen muss.

So etwas ähnliches hatte ich auch schon mal, als Kürzungen in einem Columbo-Film mit Casablanca gleichgesetzt wurden(!) - an sich schon absurd - und auch dieser Kürzung politische Brisanz unterstellt wurde. Ich halte "Wenn der Schein trügt" immer noch für keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der NS-Zeit, die Story funktioniert auch ohne Nazis (im Gegensatz zu Casablanca) und wenn man das schon nicht mehr feststellen darf, wird es bedenklich.

Bei solchen verbalen Rundumschlägen habe ich auch immer den Eindruck, dass sich die Schreiber selbst wichtig machen wollen, was ich sehr unangemessen finde. Man soll schon dazu forschen und auch darüber berichten, aber nicht in dieser Aggresivität und Bösartigkeit, die noch dazu jeden, der Widerspruch gegen diese Thesen anmeldet, quasi zum Unterstützer des NS-Regimes erklärt. Wer nur Totschlagargumente in den Raum stellt, arbeitet unwissenschaftlich. Die Welt ist nicht nur schwarz und weiß.

EDIT: Wie ich gerade feststelle, war der Artikel, in dem Casablanca und "Wenn der Schein trügt" zusammengeworfen wurden, auch von diesem Herrn Köppel. Sachliches Argumentieren scheint nicht sein Ding zu sein.

Donnie Darko
Moderator


Beiträge: 8.086

01.09.2016 23:57
#20 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

"Filmsynchronisation in Deutschland bis 1955" von Gerd Naumann: https://www.peterlang.com/view/product/21957

MarcB


Beiträge: 65

02.05.2019 20:57
#21 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

In dem Thread ist ja schon lange nichts mehr gepostet wurden.
Kennt den jemand noch Literatur von oder über Synchronschauspieler?

berti


Beiträge: 17.493

25.07.2022 10:26
#22 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

Zitat von MarcB im Beitrag #21
Kennt den jemand noch Literatur von oder über Synchronschauspieler?

Die wichtigste Informationsquelle in gedruckter Form dürfte immer noch Thomas Bräutigams Lexikon sein. Online bieten manche Wikipedia-Artikel mittlerweile einige Informationen (soweit diese mit Fußnoten belegt werden, kann man sie als seriös ansehen); in diesem Forum hat Ex-Mitglied fortinbras manchen aus der Branche ausführliche Porträts gewidmet.

Ludo


Beiträge: 1.126

25.07.2022 23:11
#23 RE: Synchron-Literatur Zitat · antworten

Mhhm, passt vielleicht nicht ganz, aber vor einiger Zeit bin ich über die Google-Books-Suche auf ein "Gesellschaftsdrama aus dem Synchronstudio" gestoßen.
Weiß einer was es damit auf sich hat?

Keiner spricht mehr von Schimmeling
Ein Münchner Gesellschaftsdrama
https://books.google.de/books?id=tFDyRVq...epage&q&f=false

Die Stories steuerten wohl Niels Clausnitzer und Randolf Kronberg bei, diese werden so weit ich lesen konnte auch als einzige namentlich erwähnt (hab nur die Vorschau gelesen). Der Rest sind Pseudonyme, obwohl ich bei "Hans-Dieter Zimmermann" in Verbindung mit dem Zusatz "König der Synchronsprecher" zumindest ne dunkle Ahnung habe, wer das eigentlich sein könnte...

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