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Dieses Thema hat 10 Antworten
und wurde 1.029 mal aufgerufen
 Synchronschaffende
fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

25.11.2015 20:59
Agnes Windeck Zitat · antworten

Eigentlich hatte ich ja angekündigt, keine Sprecherthreads mehr zu machen. Aber von SprecherINNEN war ja nicht die Rede. Seltsamerweise sind Frauen in solchen Threads ohnehin sehr wenig repräsentiert.

AGNES WINDECK

* am 27. März 1888
+ am 28. September 1975

Teil I: Kurzbiografie

Sie war die vielleicht liebenswerteste und originellste aller schrulligen Alten, die es im deutschsprachigen Raum gab. Zur Welt kam sie in Hamburg als Tochter eines recht wohlhabenden Kaufmannes. Mit bürgerlichem Namen hieß sie Agnes Sophie Albertine Windel, gerufen wurde sie üblicherweise "Anni".

Herausgefunden habe ich dazu nichts, aber da sie mit Wohlwollen der Eltern bereits 1904 mit 16 Jahren am Deutschen Schauspielhaus einen Vertrag bekam ("Learning by Doing"), dürfte sie eine nicht allzu schwere Kindheit und Jugend verbracht haben.

Von Hamburg aus wechselte sie nach Hannover und kam dann nach Berlin. "Anni Windel" blieb nur mäßig erfolgreich und konnte sich nicht dauerhaft durchsetzen. Als sie 1915 heiratete, gab sie ihren Beruf auf, wenngleich sie nach wie vor Kontakte zu Kollegen hatte.

Bereits 1938 wurde sie Witwe und ihr Mann hinterließ ihr kein besonderes Vermögen, also kehrte sie in ihren Beruf zurück. Ihre ersten Rollen spielte sie am "Theater der Jugend", es kamen erste kleine Filmrollen und 1939 wurde sie Schauspiellehrerin am "Deutschen Theater", wo sie auch in kleinen Rollen zu sehen war. Von nun an nannte sie sich Agnes Windeck.

Den Beruf einer Schauspiellehrerin sollte sie bis zu ihrem Tode ausüben, ab den späten 40ern hatte sie ein eigenes kleines Studio neben ihrer Berliner Wohnung, wo sie zu humanen Preisen Unterricht gab. Ihre zwei bekanntesten Schüler dürften Hans-Joachim Kulenkampff und Klaus Schwarzkopf sein. Mit beiden blieb sie bis an ihr Lebensende in herzlichem Kontakt, vor allem "Kuli" hatte sie sozusagen als mütterliche Freundin "adoptiert". Es ist möglich, dass Agnes Windeck es war, der Klaus Schwarzkopf den Einstieg ins Synchrongewerbe zu verdanken hat. Im Laufe der Jahre sollte sie nicht nur eine Unzahl vom Nachwuchs unterrichten, auch namhafte Schauspieler kamen zu ihr, um Rollen einzustudieren oder Sprechtechniken zu verfeinern.

Die eigenen Auftritte blieben klein und nahezu unbedeutend. Erste größere Bekanntheit sollte sie erst in den frühen 50ern erreichen, als sie in der RIAS-Kabarettsendung "Die Insulaner" regelmäßig zu hören war.

Ab Ende der 40er war sie auch im Synchronstudio zu hören, dazu aber später mehr.

Während der 50er wurde sie dann als schrullige Alte entdeckt und spielte sich vor allem in Komödien ins Herz des Publikums. Auch ihre Filmrollen wurden größer, in den ersten Jahren wurde sie jedoch deutlich vielseitiger besetzt, als es später der Fall war.

Sie war frühzeitig in Fernsehspielen zu sehen und um 1960 herum kannten fast alle Zuseher ihr Gesicht.

Mit "My Fair Lady", in dem sie ab 1961 in über 400 Vorstellungen als Mrs. Higgins zu sehen war, wurde ein voller Triumph, der ihr viele große Bühnenrollen einbrachte und einen Popularitätsschub gab.

In den 1960ern war sie in drei Edgar Wallace-Krimis zu sehen, schaute bei "Dr. Mabuse" vorbei und spielte in zahlreichen erfolgreichen Filmen. Vor allem erreichte sie aber regelrechten "Star-Ruhm" mit ihrer Rolle als ebenso schrullige, wie ungeheuer lästige Oma Köpcke in der Fernsehreihe "Die Unverbesserlichen". Das war jedoch nur oberflächlich betrachtet eine komische Rolle, beim genaueren Hinsehen offenbart sich hier eine tiefgründige Charakterisierung einer sehr komplexen Person. Oma Köpcke brachte einen zum Lachen, aber sie erinnerte einen auch an die eigene nervige Oma zuhause und manche der Charakterzüge der Figur wurden damals kritisiert.

Agnes Windeck bekam bis zuletzt viele Film-, Fernseh- und Theaterangebote, konnte aber aus Altersgründen nicht so viel annehmen, wie sie gerne gemacht hätte. Ausserdem genoß sie es sehr, mit jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Ihr Auftritt in dem recht belanglosen Klamauk "Hurra, wir sind wieder einmal Junggesellen" soll (mit Abstrichen) sehr ihr selbst nahegekommen sein: interessiert an den Belangen der Jugend, abenteuerlustig und aufgeschlossen. Ob sie im hohen Alter Hasch rauchte, sei mal dahingestellt...

Agnes Windeck starb trotz des hohen Alters von 87 Jahren recht plötzlich an Herzversagen. Anscheinend hatte sie keine Kinder oder nähere Verwandte. Ihr Beruf, ihre Kollegen und ihre Schüler schienen ihre Familie gewesen zu sein.

Als ihr verweistes Grab in Charlottenburg hätte eingeebnet werden sollen, wurde es aufgrund einer Initiative einiger Künstler von der Stadt Berlin zum Ehrengrab ernannt.

In den 1960ern wurde einmal behauptet, George Nader wäre um mehrere Ecken mit Agnes Windeck verwandt. Dessen deutsche Vorfahren (Naderer) wären Vettern der Windels gewesen. Ob's stimmt???

Dass sie drei Tage vor meiner Geburt starb, lag hoffentlich nicht an einer kraftraubenden Vorahnung auf das, was kommen sollte.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

25.11.2015 21:24
#2 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Teil II: Film- und Fernsehen

Zwischen 1939 und 1973 brachte es Agnes Windeck auf mehrere Dutzend Auftritte vor der Kamera.

Ihr erster Film war 1939 "Die barmherzige Lüge". Sie war 1941 in dem Propagandafilm "U-Boote westwärts" zu sehen, in wirklich bedenklichen (aggressiven) Hetzfilmen war sie nicht dabei. 1942 und 43 trat sie zweimal neben Zarah Leander auf, der sie auch etwas Nachhilfe bei der Rollengestaltung gab: "Die große Liebe" und "Damals". Wer Agnes Windeck nur weisshaarig und schrullig kennt, dürfte sich schwer tun, die graue Maus jener frühen Tage mit ihr in Verbindung zu bringen.

Später folgten Filme wie "Strassenbekanntschaft", "Der Onkel aus Amerika", "Die Trapp-Familie" oder "Banktresor 713". Zumeist kleine Rollen in bekannten, formell gut produzierten Filmen. Im Laufe der 50er wurden ihre Rollen markanter und größer. Sie wurde damals recht vielseitig eingesetzt, so war sie etwa in "Vater sein dagegen sehr" eine ausgesprochen bissige, beinahe herzlose Vertreterin des Jugendamtes, in dem eigentümlichen Hans Albers-Krimi "Der Greifer" spielte sie die Mutter des Triebmörders Horst Frank - eine sehr interessante Rolle einer Frau, die gerade noch vor dem Wechsel einen Sohn bekam und diesen idealisiert und verhätschelt, auch im Erwachsenenalter. In dem 1959 hergestellten Peter Alexander-Vehikel "Peter schießt den Vogel ab" war sie indes bereits als richtig schrullige Alte zu sehen. 1958 ergatterte sie die Rolle einer gutmütigen älteren Dame in Douglas Sirks in Deutschland gedrehten Kriegsdramas "Zeit zu leben, Zeit zu sterben".

1963 spielte sie im Wallace-Film "Der Zinker" eine tragende Rolle, dabei gelang ihr eine schauspielerisch hervorragende Gratwanderung: in einigen Momenten wirkte ihre schrullige Lady so düster und wie mit latentem Wahnsinn behaftet, dass man durchaus nicht abgeneigt ist, sie als Mörderin in Betracht zu ziehen. In "Der Bucklige von Soho" spielte sie eine wohltätige, aber weltfremde Aristokratin und es war wieder so ein Fall, in dem es ihr gelang, eine oberflächlich geschriebene Rolle erstaunlich komplex darzustellen. Ihren letzten Wallace-Auftritt hatte sie im "Jubiläumsfilm" "Der Hund von Blackwood Castle", darin spielte sie eine verarmte Aristokratin, die nun ein Hotel betreibt. Ihre Seufzer, warum alle ihre Gäste immer sterben müssen, ehe sie die Rechnung bezahlen, gehören zu den Höhepunkten des sehr sehenswerten Filmes.

1963 spielte sie auch in "Scotland Yard jagt Dr. Mabuse". Hier war sie eine krimisüchtige alte Dame, die Mutter von Peter Van Eycks Geheimagenten. Eine Rolle, die ihr sichtlich Spaß machte und dem Publikum auch. Abgesehen von Peter Osteried, der in seinem Buch zu den "Mabuse"-Filmen kein gutes Haar an Agnes Windeck und ihren Szenen läßt - aber über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten und ich führe das wohl deshalb an, weil ich die Bücher dieses Autors nicht sehr schätze.

Kurt Hoffmann, der die Schauspielerin sehr schätzte, besetzte sie in drei seiner erfolgreichsten Filme der 60er: "Schloß Gripsholm", "Rheinsberg" und "Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ordnung".

In "Dr. med. Fabian" war sie Kulis Haushälterin, im selben Jahr (1969) war sie in Wolfgang staudtes herausragender Krimikomödie "Die Herren mit der weissen Weste" zu sehen, in der sie fleissig mithilft, gewisse Verbrechen zu begehen. Einige der besten Pointen gehen auf ihr Konto.

1970 war sie in "Heintje - Einmal wird die Sonne wieder scheinen" zu sehen, ein Jahr später im erwähnten "Hurra, wir sind wieder einmal Junggesellen!" - hier ist sie das einzige Highlight. Ihre Figur raucht nur vermeintlich Haschisch, aber wie sie das spielt als "Hippie-Oma", ist schlichtweg umwerfend.

1972 und 73 spielte sie in den letzten Roy Black-Filmen mit, die jedoch nicht mehr besonders erfolgreich waren, da sie einen neuen Weg einschlugen, der so nach gar nichts schmeckte.

Im Fernsehen zählte Agnes Windeck zu den Leuten der frühen Stunde. Hier war sie bereits in zahlreichen Live-Fernsehspielen zu sehen. Auf Theaterstücke basierende Fernsehspiele dominierten ihre Auftritte für die Flimmerkiste. Neben ihren Auftritten als Oma Köpcke ab Mitte der 60er in "Die Unverbesserlichen", die sie ungeheuer populär machten, sah man sie u.a. in der Serie "Unser Pauker" neben Georg Thomalla, der die Schauspielerin sehr schätzte. Sie spielte in zwei oder drei Episoden seine wohlhabende, vom Leben wenig wissende Tante, die übertrieben viel auf gesunde Ernährung anderer setzt und dem Strohwitwer das Leben schwer macht.

In der 1970 gedrehten Gaunerkomödie "Der Mann, der den Eiffelturm verkaufte" war sie nochmals als kriminelle Oma zu sehen - eine Rolle, die ihr offenbar viel Vergnügen bereitete.

Zuletzt sah man sie 1972 und 1973 in der Lilli Palmer-Serie "Eine Frau bleibt eine Frau" und in der Serie "Rabe, Pilz und 13 Stühle".

Heute dürften vor allem ihre Auftritte in den Wallace-Filmen am Bekanntesten sein.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

25.11.2015 21:50
#3 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Teil III: Synchronarbeiten

Meinem Empfinden nach war Agnes Windeck ab Ende der 40er Jahre, so 1949/50 herum, in Synchronrollen zu hören. Es ist durchaus möglich, dass sie schon vor 1945 vereinzelt in der Dunkelkammer gearbeitet hat.

In der Synchrondatenbank sind in etwa 50 Rollen von ihr gelistet in einem Zeitrahmen von ca 17 oder 18 Jahren. Das ist aber bei weitem nicht das gesamte Ausmaß ihres Synchronschaffens. Zu diesen gelisteten Synchronauftritten lassen sich einige hier im Forum dazuzählen und die vielen ungenannten Miniauftritte vor allem in der ersten Hälfte der 50er, lassen sicher auf deutlich mehr Auftritte schließen. Ich nehme an, dass Agnes Windeck während der 50er Jahre sicher 100 oder mehr Auftritte in Filmsynchronisationen gehabt haben muss, später dünnt es sich etwas aus, was wohl auch mit ihrer zunehmenden Beschäftigung auf der Bühne und vor der Kamera zu tun hatte - dafür wurden die Rollen markanter und bedeutender.

Für eine Type wie Agnes Windeck passen natürlich nur gewisse Rollen und es gab damals auch andere Schauspielerinnen, die diese Klischees bedienten (schrullige oder bissige ältere Damen): Ursula Krieg, Elfe Schneider, Lina Carstens, Margarete Haagen, um nur wenige zu nennen. Aber Agnes Windeck hatte etwas Spezielles, weswegen ihre kleinen Auftritte meistens besonders hervorstachen. Aufgrund ihrer Eigenart könnte man beinahe glauben, sie wäre zu dominant für das Synchrongewerbe, dem war aber bei aller Markanz nicht so, sie war auch hier eine ernstzunehmende Schauspielerin und durfte zwischendurch auch bedeutende Rollen sprechen. Natürlich sind Hauptrollen für solche Schauspielerinnen nicht wie Sand am Meer zu finden, weswegen es hauptsächlich kleinere Auftritte waren.

Zuallererst fällt einem natürlich Margaret Rutherford ein. Diese sprach sie im ersten "Miss Marple"-Film "16 Uhr 50 ab Paddington". Ihr Auftritt scheidet etwas die Geister, persönlich ziehe ich sie Ursula Krieg vor - Agnes Windeck ist etwas weniger austauschbar und das, was Klaus Schwarzkopf so unverwechselbar machte als "Columbo". Nichts gegen Ursula Krieg, aber mir gefällt die Windeck einfach besser, es ist origineller. Sie wurde auch in der kleinen, aber wichtigen Rolle als Herzogin in "Auch die Kleinen wollen nach oben" besetzt. MGM besetzte sie auch in "Hotel International" erneut für die Schauspielerin, die dafür den Oscar bekam. Persönlich vermute ich stark, dass Agnes Windeck bei "Der Wachsblumenstrauß" nur aus einem Grund micht besetzt wurde: sie hatte andere Verpflichtungen.

Bedeutsam sind auch die drei Arbeiten für die gleichaltrige britische Theaterlegende Edith Evans, die auch erst im Alter eine beachtliche Filmkarriere machte. Erstmals gab es die Kombination in "Tom Jones - Zwischen Bett und Galgen", danach in "Die Lady und die Gauner". In beiden Fällen handelt es sich um komische Charakterrollen. Von Bedeutung aber ist "Flüsternde Wände", für den Edith Evans viel bejubelt wurde. In diesem düsteren, eindringlichen Psychodrama spielte sie eine alte Frau, die in einer Scheinwelt lebt und von einem habgierigen Verwandten durch gemeine Spielchen beseitigt werden soll. Agnes Windeck gelingt es hier vortrefflich, jede Nuance dieser ernsten und tiefgreifenden Charakterrolle zu treffen. Anlässlich der deutschen Vorstellung dieses Filmes kam es auch zu einem Treffen der beiden Schauspielerinnen, das ein wahres Schmankerl ist - c.-n.-tonfilm hat es in meinem Thread zu Edith Evans verlinkt: Dame Edith Evans

Weiters synchronisierte Agnes Windeck Hermione Gingold, Hermione Baddeley, mehrfach die Charakterkomikerin Norma Varden, Florence Bates, Dame May Whitty, Constance Collier, Edna May Oliver, Estelle Winwood oder zumindest dreimal auch Billie Burke (u.a. "Das zauberhafte Land"). Wer die Schauspielerinnen kennt, weiss genau, welchem Typus sie entsprechen.

Besonders hervorzuheben wäre noch der Auftritt für Joan Hickson als katzenliebende, aber sehr gewöhnliche und neugierige Zimmerwirtin in "Eine Stadt hält den Atem an". Weiters eine ihrer bekanntesten Rolle: für Una o' Connor in "Zeugin der Anklage". Hier sitzt auch jede Szene perfekt und das ist einmal mehr eine Rolle, die Agnes Windeck auch selbst hätte spielen können.

Interessanterweise dünnen sich ab etwa 1967/68 ihre Synchronrollen aus. Ich kann mich nicht erinnern, sie später nochmals gehört zu haben - was ich sehr bedaure. Sie scheint relativ abrupt ihre Synchronarbeit beendet zu haben.

Für mich ist jeder akustische Auftritt von Agnes Windeck etwas besonderes, weil sie eine nicht austauschbare Charakterstimme hat. Trotzdem sie eine unverwechselbare Charaktergröße war, hat sie die von ihr synchronisierten Rollen niemals "verunstaltet" oder "drübergesprochen", es gelang ihr hier eine erstklassige Gratwanderung.

Viel Zulauf wird dieser Thread wohl nicht bekommen, Agnes Windeck sprach ja nie den siebten Jedi-Ritter von rechts im neunten Prequel des vierten Sequels von "Star Wars 24".

berti


Beiträge: 17.884

01.12.2015 10:46
#4 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Zitat von fortinbras im Beitrag #2
In "Der Hund von Blackwood Castle" spielte sie eine wohltätige, aber weltfremde Aristokratin und es war wieder so ein Fall, in dem es ihr gelang, eine oberflächlich geschriebene Rolle erstaunlich komplex darzustellen.

Du meinst wohl eher den "Buckligen von Soho" (bei dem man in einigen Szenen versuchte, ihre Rolle verdächtig erscheinen zu lassen)?

berti


Beiträge: 17.884

01.12.2015 10:48
#5 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Zitat von fortinbras im Beitrag #2
1963 spielte sie auch in "Scotland Yard jagt Dr. Mabuse". Hier war sie eine krimisüchtige alte Dame, die Mutter von Peter Van Eycks Geheimagenten. Eine Rolle, die ihr sichtlich Spaß machte und dem Publikum auch. Abgesehen von Peter Osteried, der in seinem Buch zu den "Mabuse"-Filmen kein gutes Haar an Agnes Windeck und ihren Szenen läßt - aber über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten und ich führe das wohl deshalb an, weil ich die Bücher dieses Autors nicht sehr schätze.

Auch ich fand ihre Rolle hier reichlich albern, aber Gleiches trifft auf das Drehbuch an sich ebenfalls zu. Angesichts der vielversprechenden Besetzung war für mich bei diesem Film allerdings des Öfteren Fremdschämen angesagt.

berti


Beiträge: 17.884

01.12.2015 10:53
#6 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Zitat von fortinbras im Beitrag #3
es gab damals auch andere Schauspielerinnen, die diese Klischees bedienten (schrullige oder bissige ältere Damen): Ursula Krieg, Elfe Schneider, Lina Carstens, Margarete Haagen, um nur wenige zu nennen. Aber Agnes Windeck hatte etwas Spezielles, weswegen ihre kleinen Auftritte meistens besonders hervorstachen. Aufgrund ihrer Eigenart könnte man beinahe glauben, sie wäre zu dominant für das Synchrongewerbe, dem war aber bei aller Markanz nicht so, sie war auch hier eine ernstzunehmende Schauspielerin und durfte zwischendurch auch bedeutende Rollen sprechen.
(...)
Zuallererst fällt einem natürlich Margaret Rutherford ein. Diese sprach sie im ersten "Miss Marple"-Film "16 Uhr 50 ab Paddington". Ihr Auftritt scheidet etwas die Geister, persönlich ziehe ich sie Ursula Krieg vor - Agnes Windeck ist etwas weniger austauschbar und das, was Klaus Schwarzkopf so unverwechselbar machte als "Columbo". Nichts gegen Ursula Krieg, aber mir gefällt die Windeck einfach besser, es ist origineller.

Zumindest lässt sie die Rolle etwas "kantiger" erscheinen, im Vergleich zu Ursula Krieg klingt sie "grantiger", was komisch ist, da sie vor der Kamera keineswegs einen solchen Eindruck machte. Noch deutlicher erscheint mir dieser Kontrast bei ihrem (ebenfalls erwähnten) Auftritt als giftiger Hausdrache in "Zeugin der Anklage": Ob es ihr Spaß machte, sich zumindest in einigen Synchronrollen von einer etwas härteren Seite zu zeigen als es ihrem harmlos-schrulligen Image entsprach?

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

01.12.2015 14:14
#7 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Danke für die Fehlerkorrektur, das muss ich dann gleich ausbessern mit dem Buckligen und dem Hund. Dass mir selbst das beim dreimaligen Durchlesen nicht auffiel...

Ich finde ihren Auftritt in "Scotland Yard jagt Dr. Mabuse" sehr erheiternd und auflockernd. Der Film hat natürlich mehr von den "Avengers" als von "Dr. Mabuse" und ist definitiv albern, aber er unterhält doch auch sehr gut.

Den Unterschied zwischen Windeck und Krieg als "Miss Marple" würde ich so beschreiben:

Agnes Windeck ist frecher, forscher und auch mutiger, sie hat einen Funken "Alterszerbrechlichkeit" und Unsicherheit dabei, der die Figur deutlich menschlicher macht. Mit Ursula Krieg ist Miss Marple deutlich "unbesiegbarer", sie hat auch kaum mal Angst. Ursula Krieg betont die kämpferisch-penetrante Seite, Agnes Windeck umfasst die Figur als Gesamtes. Beides ist legitim und die Figur wurde ja auch etwas komischer in den Filmen nach "Paddington". Margaret Rutherford behielt aber im Original auch immer eine Spur "Verwundbarkeit", das geht bei Ursula Krieg vollkommen verloren (weshalb es mir aber dennoch viel Spaß macht, sie zu hören).

Beim Synchronisieren hat es Agnes Windeck in den letzten Jahren vielleicht wirklich genossen, auch ganz andere Rollen zu sprechen. Solche, die auch mal ein wenig "grantiger" sein durften, bzw war selbst die Rutherford-Rolle in "Hotel International" etwas anders als das Gros der schrulligen Omis, die sie sonst sprach. Agnes Windeck brachte hier jede Unsicherheit der Herzogin zum Ausdruck, die im Alter erstmals ihr Heim verlässt um in Amerika arbeiten zu gehen. Wenn die Herzogin im Flugzeug die Stewardess "Schaffnerin" ruft, ist das natürlich ein netter Gag, aber wie das Original wird auch durch Agnes Windeck deutlich, dass die Frau einfach nicht weiss, dass es Stewardessen heisst. Bei Ursula Krieg hätte es vermutlich trotziger und bestimmender geklungen.

Die berühmte Oma Köpcke der "Unverbesserlichen" war ja nicht nur liebenswert-schrullig und lästig, sondern oft sehr weise und moderner als ihre Tochter (Inge Meysel) oder gar die Enkel. Das war aber bei allen interessanten Facetten doch nur eine Schubladenrolle, deshalb hat Agnes Windeck das sicher genossen, in der Synchronisation etwas anders sein zu dürfen. Auch im "Zinker" gefiel es ihr offenbar, ihrer Schrulligkeit eine düstere Note zu verleihen.

Schade finde ich es, dass Agnes Windeck so abrupt aus dem Synchronbereich verschwand, gerade auch wegen der weiteren Rollen, die Edith Evans noch zu bieten hatte. Ich habe durchaus auch schon mit dem Gedanken gespielt, wie sie für Wendy Hiller in "Mord im Orientexpress" gewirkt hätte. Zeitlich wäre sich das noch ausgegangen.

Edigrieg



Beiträge: 3.093

01.12.2015 16:59
#8 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Ist ja vielleicht das Phänomen des "Erstgehörten", aber Prinzessin Dragomirov mit Frau Windeck? Puh, das hätte aber aus der körperlich zerbröckelnden Lady auch stimmlich eine all zu wackelige Rentnerin gemacht. Diesen energischen Ton find ich bei Krieg in dieser Rolle geradezu superb.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

01.12.2015 22:57
#9 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Es kommt natürlich auch darauf an, welche Rollen von Agnes Windeck man kennt - und die konnte sehr wohl im Synchronstudio und auch vor der Kamera alles andere als liebenswert-schrullig-gebrechlich sein.

Schauspielerisch hätte sie die Prinzessin meiner Meinung nach sehr gut umsetzen können. Wobei ich sagen muss, dass mir hier Ursula Krieg natürlich ausgezeichnet gefällt und sie gottseidank nicht eine Routinenummer abzieht, wie es so häufig der Fall war.

iron


Beiträge: 5.241

05.12.2015 23:31
#10 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Heute konnte ich Agnes Windeck kurz in ihrer Rolle als würdevolle Äbtissin in "Die Familie "Trapp" sehen und hören. Sie stand zwar also vor der Kamera, aber in ihrem Sprachmodus kann ich sie mir sogar sehr gut in ernsten Synchronrollen vorstellen und sie wäre bestimmt hervorragend gewesen.

berti


Beiträge: 17.884

31.08.2020 15:08
#11 RE: Agnes Windeck Zitat · antworten

Ein kurzes Interview mit Agnes Windeck von 1973 kann man sich hier anhören:https://www.dw.com/de/1973-interview-mit...deck/a-17093314

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