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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 382 mal aufgerufen
 Filme: 1970 bis 1989
fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

08.12.2015 00:09
Der Mönch von San Dominico (1973) Zitat · antworten

Alternativtitel: "Giordano Bruno - Der Ketzer muss brennen"

Originaltitel: "Giordano Bruno"

Italien/Deutschland/Frankreich, 1973
Regie: Giuliano Montaldo
Drehbuch: Piergiovanni Anchisi / Lucio de Caro / Giuliano Montaldo
Musik: Ennio Morricone
Produktion: Concordia / Champion / Bavaria
Verleih: CS

Deutsche Bearbeitung (im Auftrag der ARD/1974):

Hans-Peter Kaufmann, München

Der Film wurde zunächst am 30. April 1974 in der ARD ausgestrahlt. Der CS-Verleig brachte ihn ab dem 4. November 1977 in die westdeutschen Kinos - mit der Fernsehsynchronisation.

In der DDR kam der Film am 22. August 1975 in die Kinos, erstmals lief er im dortigen Fernsehen am 24. Mai 1978. Ob es eine eigene Synchronfassung gab, entzieht sich derzeit meiner Kenntnis.

Zum Film:

Erzählt werden die letzten Jahre (1592-1600) des Geistlichen und Philosophen Giordano Bruno, der sich wegen seiner aus Sicht der Kirche ketzerischen Lehren vor der Inquisition zu verantworten hatte und auf dem Scheiterhaufen landete.

Giuliano Montaldo ("Sacco und Vanzetti") inszenierte diesen sehr sehenswerten Film, der seltsamerweise sehr unbekannt geblieben ist. Der Film ist sehr aufwendig in Szene gesetzt, betont aber mehr einen gewissen Naturalismus und verzichtet auf vordergründige Schauwerte. Die Schauspieler sind nahezu ausnahmslos überzeugend in ihren Rollen, ein kleines Highlight Hans Caninenberg, der als Papst wie ein lebendig gewordenes altes Porträt-Gemälde aussieht. Ennio Morricone schrieb eine insgesamt sehr zurückhaltende Musik, die - wie so oft - von Bruno Nicolai eingespielt wurde. Morricone orchestrierte diesmal aber selbst.

So sehenswert der Film ist, gibt es doch einige Kritikpunkte, den Film davon abhalten, ein echtes Meisterstück zu sein: man bekommt kaum ein Gefühl für den Handlungszeitraum der acht Jahre. Einiges wird zu schnell abgehalten oder in kurzen Rückblenden nur angedeutet. So erfreulich ihre Anwesenheit ist, sind dennoch Charlotte Ramplings Szenen als Fosca im Grunde unnötig und wirken etwas hineingepfercht, als habe man unbedingt eine Frauenrolle hineinschreiben müssen - und eine etwas dilletantisch geratene Sexszene, die nicht so passen will. Sowohl die Rampling, als auch einige der Darsteller (Carriere oder teilweise selbst Volonte) wirken fallweise zu "modern" hergerichtet, um für das ausgehende 16. Jahrhundert zu überzeugen - vermutlich war das als Metapher gedacht, aber es klappt nicht ganz. Durch mehrere Prozesse und Zwischenhandlungen gibt es auch zuviele Charaktere. Dennoch ist der Film unbedingt zu empfehlen als gut gespieltes und anspruchsvolles Historienkino.

Die deutsche Fassung entstand qualitativ hochwertig in München, die deutschen Darsteller sprachen sich ausnahmslos selbst. Michael Chevalier als einziger Berliner Gast erstaunt einen etwas, da keine Kontinuität vorlag und er andernfalls kaum in dieser Stadt tätig war. Er spricht die Rolle ausgezeichnet, betont aber vielleicht eine Spur zu sehr das Weltliche und Rebellische der Rolle.

Die Rollenzuordnung ist, trotz zahlreicher Namen, gelinde gesagt, eine Katastrophe.

Es spielen und sprechen:

Gian Maria Volonte  (Giordano Bruno)  Michael Chevalier
Hans-Christian Blech (Sartori) er selbst
Charlotte Rampling (Fosca) Karin Kernke
Hans Caninenberg (Papst Clemens VIII.) er selbst
Matthieu Carriere (Orsini) er selbst
Renato Scarpa (Fra Tragagliolo) Fred Maire
Giuseppe Maffioli (Arsenalotto) Wolfgang Hess
Jose Quaglio (Nuntius) Horst Naumann
Mark Burns (Ballarmino) Rüdiger Bahr
Mario Bardella (Fra Giovanni Mocenigo) Hans Korte
Massimo Foschi (Fra Celestino) ?
Corrado Gaipa (Monsignore) Max Eckard
Giancarlo Badessi (Geistlicher) Franz Rudnick
Franco Balducci (Kerkermeister) Manfred Seipold
Paolo Bonacelli (Mitglied des Tribunals) Thomas Braut
Ruggero de Daninos (Morosini) Werner Uschkurat
Vernon Dobtcheff (Inquisitor) ?
Daniele Vargas (Statthalter von Rom) Alf Marholm
Piero Vida (Graziano da Udine) ?
N. N. (Geistlicher beim Tribunal in Rom) Klaus Guth
N. N. (venezianischer Bürger) Gernot Duda
N. N. (Geistlicher beim Tribunal in Venedig) Wolf Ackva
N. N. (Patriarch) Erik Jelde
N. N. (Sarturio) Klaus W. Krause
N. N. (Urteilsverkünder) Walter Reichelt
N. N. (Ausrufer) Klaus Höhne

Silenzio
Moderator

Beiträge: 21.390

08.12.2015 00:32
#2 RE: Der Mönch von San Dominico (1973) Zitat · antworten

Der Osten hat den Westen übernommen.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

08.12.2015 00:41
#3 RE: Der Mönch von San Dominico (1973) Zitat · antworten

Da erblasst General Orlov aber vor Neid! Danke für die Info, du Zwickauer!

kogenta



Beiträge: 2.069

09.12.2015 00:05
#4 RE: Der Mönch von San Dominico (1973) Zitat · antworten

Danke für diese umfangreiche Synchron-Liste.
Zur deutschen Bearbeitung kann ich ergänzen:

kaufmann.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Deinem Kommentar zum Film stimme ich weitgehend zu - absolut sehenswert und nur knapp am wahren Meisterwerk vorbei. Mit Montaldos 'Sacco und Vanzetti' ganz gewiß auf einer Stufe!

Die Besetzung mit Chevalier für Volonte ist zwar nicht naheliegend und im ersten Moment gewöhnungsbedürftig. Gerade weil sie Bruno nicht als vergeistigten weltfremden Philosophen erscheinen lässt, empfinde ich das jedoch als ausgesprochen passend (das hätte mit Holger Hagen, der damals fast sowas wie der Stammsprechen für Volonte war, gewiß ganz anders gewirkt). In diesem Lichte auch die 'Sexszene' mit Charlotte Rampling, die für die Handlung zwar überflüssig ist, den Charakter Brunos als bodenständig - um nicht zu sagen: proletarisch - aber nochmal unterstreicht. Bruno war kein Träumer, sondern ein ganz normaler Mensch, der nur mehr Fantasie hatte als andere, was ihm zum Verhängnis wurde.

Erwähnenswert vielleicht noch: Kameramann war kein Geringerer als Vittorio Storaro, was den Film auch optisch brillant erscheinen lässt.

Einen Punkt muss ich korrigieren: 'Morricone orchestrierte diesmal selbst'. Morricone orchestriert so gut wie IMMER selbst, auch wenn das nicht jedesmal ausdrücklich erwähnt wird, und hat mehr als einmal Kollegen gerügt, die das anders handhaben.

Gruß, kogenta

PS:
Um ein Gefühl vom Film zu bekommen: https://www.youtube.com/watch?v=FLKjKaPhpH0

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

09.12.2015 00:19
#5 RE: Der Mönch von San Dominico (1973) Zitat · antworten

Danke für die Ergänzung zur deutschen Fassung, das ist doch ein wesentliches Detail.

Ist Hans-Peter Kaufmann jener Dr. Kaufmann, der auch hier im Forum sporadisch aktiv war/ist?

Kurz zwei Bemerkungen: mir ist natürlich klar, dass Giordano Bruno kein vergeistigter Träumer ist und das Weltliche oder die proletarische Tendenz ist ja ein besonderer Reiz an der Figur. Insofern ist Michael Chevalier natürlich passend "hemdsärmelig" besetzt und Holger Hagen hätte wohl zu sehr nach Vergeistigung geklungen, da gebe ich dir recht. Chevalier ist auf jeden Fall ausgezeichnet, ich hätte ihn mir nur in einigen Szenen vor dem Tribunal "anders" gewünscht. Nicht weniger leidenschaftlich, aber vielleicht eine Spur "gelehrter".

Betreffend Morricone wollte ich das natürlich nicht so darstellen, als habe er seine Orchestrationen NIE oder nur selten selbst gemacht. Viele davon, zumindest wenn er namentlich genannt ist, waren aber wohl auch etwas Teamwork mit Bruno Nicolai. Hier wird ja in den Credits genauer zugeordnet: Morricone Komposition und Orchestration, Nicolai Dirigat. Häufig ist das ja "schwammiger" zu lesen bei Nicolai als "Musikalische Leitung". Persönlich finde ich, dass - so erkennbar Morricones Handschrift immer ist - sich die Orchestrationen Nicolais oder beider zusammen von der Musik des Komponisten ein wenig unterscheiden, die er alleine instrumentiert hat.

 Sprung  

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