Albert Lewins mystisch-wildromatisches Drama, das die Sage vom „Fliegenden Holländer“ mit der Gestalt Pandoras aus der griechischen Mythologie verbindet, erlangte über die Jahre Kultstatus und wird oft in einem Atemzug mit den Archers-Produktionen von Powell und Pressburger genannt. Beträchtlichen Anteil daran hat die bestechende Technicolor-Kamera von Jack Cardiff. Für Ava Gardner zementierte der Streifen ihren internationalen Aufstieg zum Sexsymbol.
In Deutschland und Österreich gelangte „Pandora“ 1953 nur in einer rund 22 Minuten gekürzten Fassung in die Kinos; was hier geschnitten wurde, kann ich nicht sagen. Seinerzeit wurde er neben positiven Stimmen auch als überlang und teilweise langatmig kritisiert. Ich vermute der deutsche Verleiher Rank hat vor diesem Hintergrund straffen und gleichzeitig je Kopie einen ganzen Akt Filmmaterial im Kopierwerk einsparen wollen. Wohl wegen der Kürzungen wurde 1983 eine Neusynchronisation angefertigt – ob fürs Kino oder im Auftrag der ARD weiß ich nicht. Schnitte hin oder her – damit hat man dem Film keinen Gefallen getan. "Pandora und der fliegende Holländer" lebt in allererster Line von den Bildern und seiner mystischen Atmosphäre. In der Neusynchro bleibt davon nichts übrig, das Werk verkommt zur Karikatur auf dem Level einer billigen US-Vorabendserie. Jeglicher Zauber und Magie sind dahin; selbst Altmeister Friedrich Schoenfelder kann da nichts mehr retten.
Die Kinosynchro hingegen verfügte mit Edith Schneider für Ava Gardner und Wolfgang Lukschy für James Mason über die deutschen Idealstimmen. Nach dem zweiten Weltkrieg zog die ehemals der UFA angegliederte AFIFA (Aktiengesellschaft für Filmfabrikation) Kopieranstalt nach Wiesbaden in das Atelier „Unter den Eichen“ um, das in den 50er Jahren primär als Filmatelier genutzt wurde. „Pandora und der fliegende Holländer“ dürfte eine der ganz wenigen Synchronisationen sein, die in Wiesbaden produziert wurden. Ungewöhnlich zu dieser Zeit ist die Mitwirkung des angehenden Kinostars Claus Biederstaedt, dessen große Synchron-Phase erst Ende der 50er Jahre begann. Möglicher Weise handelt es sich hier um seine erste Synchron-Rolle.
„Pandora“ war eine Produktion der britischen Romulus, wurde in USA von MGM und in Europa von verschiedenen Verleihern vertrieben. Daher sieht es auch in anderen Ländern mit den zeitgenössischen Kinosynchros düster aus; auch wenn der Film dort nicht wie in Deutschland heruntergeschnitten wurde. Die originale spanische Synchronisation (der Film spielt in Spanien und ist dort gedreht) der MGM Barcelona von 1952 mit María Victoria Durá für Ava Gardner und José María Olives ist nicht mehr im Umlauf; der Film wurde in Spanien 1984 fürs Kino neu synchronisiert. Auch die Italiener bekamen statt ihrer klassischen Kinosynchro von 1951 mit den Starsprechern Lydia Simoneschi (Gardner) und Gino Cervi (Mason) anlässlich der Wiederentdeckung des Films in den 80ern eine ebenso trashige Neusynchro wie Deutschland. Da Atmosphäre und Mischung unmöglich waren, wird der Film im italienischen Fernsehen inzwischen nur noch im OmU gesendet. Nur die Franzosen haben das Glück, dass ihnen ihre klassische Kinosynchro erhalten blieb.
Pandora und der fliegende Holländer
(Pandora and the Flying Dutchman) (UK)(USA) (Pandora) (AT)(FRA)(ITA) Pandora y el Holandés Errante (ESP)
UK 1951
Österreichische Länge (1953) 2687 Meter = 98’13 (24 B/S) bzw 94’17 (25 B/S) Deutsche Länge (1953) 2748 Meter = 100’26 (24 B/S) bzw 96’25 (25 B/S) Englische Originallänge (1950) 3356 Meter = 122’40 (24 B/S) bzw 117’45 (25 B/S) Österreichische Kürzung (1953) 669 Meter = 24’27 (24 B/S) bzw 23’28 (25 B/S) Deutsche Kürzung (1953) 608 Meter = 22’13 (24 B/S) bzw 21’20 (25 B/S) Differenz Kürzung Österr./BRD 61 Meter = 2’14 (24 B/S) bzw 2’08 (25 B/S) Format 35 mm; 1:1.37, Technicolor Erst-Verleih Österreich Rank-Film, Wien Erst-Verleih BRD Rank-Film, Hamburg (in "Der neue Film" vom September 1952 wird noch die "Deutsche Commerz" als Verleiher angegeben) Erst-Verleih USA MGM Erst-Verleih Grossbritannien International Film Distributors Ltd. Erst-Verleih Spanien MGM, Barcelona Erst-Verleih Italien ENIC Erst-Verleih Frankreich Filmsonor Britische Erstaufführung Februar 1951 Finnische Erstaufführung 13.04.1951 Französische Erstaufführung 19.09.1951 Amerikanische Erstaufführung 15.10.1951 Japanische Erstaufführung 26.10.1951 Italienische Erstaufführung Dezember 1951 Spanische Erstaufführung 08.02.1952 (Barcelona) 22.05.1952 (Madrid) Portugiesische Erstaufführung 07.03.1952 Österreichische Erstaufführung 10.03.1953 Deutsche Erstaufführung 11.08.1953 TV-Erstausstrahlung 20.04.1985, NDR (Neusynchronisation) / 11.09.1985, S3 (Neusynchronisation)
1. Deutsche Bearbeitung AFIFA Aktiengesellschaft für Filmfabrikation, Berlin-Tempelhof (1953) Atelier AFIFA-Atelier „Unter den Eichen“, Wiesbaden Buch und Dialogregie Erich Bender
2. Deutsche Bearbeitung Berliner Synchron GmbH Wenzel Lüdecke, Berlin/West (1983) Buch und Dialogregie Jürgen Neu
Rolle Darsteller *Dt. Sprecher (1953)* Dt. Sprecher (1983) Franz Sprecher (1951) Ital. Sprecher (1951) Span. Sprecher (1952) (unter Vorbehalt)
Hendrick van der Zee James Mason Wolfgang Lukschy Friedhelm Ptok Jean Marchat Gino Cervi José María Olives Pandora Reynolds Ava Gardner Edith Schneider Joseline Gassen Jacqueline Ferrière Lydia Simoneschi María Victoria Durá Stephen Cameron Nigel Patrick Claus Biederstaedt Joachim Pukass Jacques Erwin Gualtiero De Angelis Janet Sheila Sim Marianne Steinbrenner Marianne Gross Camille Fournier Dhia Cristiani Geoffrey Fielding Harold Warrender Otto Rouvel Friedrich Schoenfelder Daniel Lecourtois Augusto Warrender Juan Montalvo Mario Cabré Frank Glaubrecht Jean-Henri Chambois Mario Pisu Reggie Demarest Marius Goring Reinhard Kolldehoff Raymond Loyer Angus John Laurie Jenny Pamela Kellino (= Pamela Mason) Peggy Patricia Raine Senora Montalvo Margarita D'Alvarez Lita Recio Spanischer Tänzer La Pillina Richter Abraham Sofaer Maurice Dorléac Giorgio Capecchi Vicente Francisco Igual Bartender Guillermo Beltrán Giorgio Capecchi Geoffrey's Haushälterin Lila Molnar (= Lilli Molnar) Schneiderin Phoebe Hodgson Freund von Montalvo Gabriel Carmona Freund von Montalvo Antonio Martín Sängerin („Zanba“) Lolita Allergria Priester John Carew Erste Krankenschwester Christiana Forbes Zweite Krankenschwester Helen Cleverley Gitarrist („Zambra“) Pepe de la Isla Arzt Eddie Leslie Assistenzarzt Gerald Welsh Ricardo Valle
Nennungsreihenfolge in "Der neue Film“, Zeitschrift 71/1952 (15.09.1952): Edith Schneider, Wolfgang Lukschy, Otto Rouvel, Reinhard Kolldehoff, Claus Biederstaedt, Marianne Steinbrenner
Das Original-Kamera-Negativ des Films gilt als verschollen. Grundlage für alle neuen HD-Restaurationen ist ein seinerzeit vom Original-Negativ gezogenes Nitro-Positiv aus der Sammlung des George Eastman House in Rochester, New York, welches mit Hilfe eines 1958 gezogenen Dup-Negativs aus England vervollständigt wurde. Obwohl die US-Blu-Ray von Kino International http://www.blu-ray.com/movies/Pandora-an...y/11987/#Review und die UK-Blu-Ray von Park Circus http://www.blu-ray.com/movies/Pandora-an...y/11954/#Review also auf demselben Ausgangsmaterial beruhen, ist dennoch ist die US-Blu-Ray vorzuziehen.