Überlegt euch mal: Ihr habt eine Tagesrolle ergattern können, sodass ihr euch eine Szene mit Blanchett teilt. Wie kann man innerhalb von einer Minute einen überzeugenden Arzt spielen. Wie soll man mit ihr mithalten können? Viele Schauspieler neigen dann zum Overacting. NICHT ABER RÖTH. Die Quintessenz liegt hierbei beim Ablegen des Stethoskops und bei der Aussprache von "nerves". So wenig und doch so viel. Leicht watschelnder Gang als Ausdruck eines Denkprozesses? Alles genau durchdacht.
Wiederum kann dieses gut durchdachte Schauspiel auch ein Manko darstellen. Dann spielt man sein ganzen Leben lang nur Tagesrollen oder kleine Nebenrollen in Fernsehfilmen. Es ist solide. Mehr auch nicht. Damit wird man im Auge eines Casting Directors lediglich zu einem Bauern.
"Ok. Wir brauchen jemanden aus Berlin, der Zeit hat und billig ist."
Zitat von Bardock im Beitrag #21Ich hätte Tom Vogt ja lieber auf Röth gehört.
Nein, ich finde ein(e) Schauspieler/in (überhaupt mit Synchronerfahrung) sollte sich nach Möglichkeit lieber selbst synchronisieren, zumal Röth (für mich zumindest) eine durchaus angenehme Stimme hat (David 88: Siebeck war's offensichtlich nicht, in der Besetzungsliste im Eröffnungspost steht Grün auf Grau Röth für Röth, den ich im Schauspielervideo auch eindeutig gehört habe - doch wäre er es OS gewesen, hat er ihn perfekt immitiert!).
Zum angesprochenen Video: Ich finde, wie Frank Röth ausspricht, klingt zwar nicht amerikanisch-rhotisch, aber für meine Ohren durchaus "very british"! Vielleicht stand an dem Tag keine Untersuchung mehr an, für die er ein Stetoskop benötigt hätte und wollte sich auf den Weg machen, um mal schnell "eine zu rauchen" (das muss nicht heißen, dass Röth tatsächlich Raucher ist, was ich nicht weiß); oder angenommen, er hatte es eilig, in die Mittagspause zu gehen und hatte auf die üblichen, höflichen Umgangsformen gegenüber seiner dirigierenden Patientin vergessen, zumal ereventuell normalerweise nicht besonders gut auf sie zu sprechen ist!
Ich starre gerade auf den Bildschirm und leide daran wie ich mit meinem Beitrag anfangen soll. Strukturiert oder lass ich meine Gefühle freien Lauf.
Strukturiert. Field schafft es eine Fülle von Informationen so fesselnd in lange Monologe und Dialoge einzubauen, dass man gar nicht bemerkt wie schnell die Zeit verrinnt. Diese Eröffnungsszene gefüllt mit unendlichem Fachwissen gepaart mit dem kritisch angehauchten Interviewer suggeriert, dass sich die komplette Handlung in unserer Welt abspielt. Jede einzelne noch so scheinbar unbedeutende Rolle in diesem Film ist handverlesen mit dem passenden Schauspieler besetzt. Diese Balance zwischen den Musikern aus der Dresdner Philharmonie und professionellen Schauspielern ist erlebnisreich. Sogar diese Interaktion mit den ECHTEN Tontechnikern "a la Jürgen und Dietrich" aus der Dresdner Philharmonie und Cate Blanchett ist eine Premiere. Über den ganzen Film sind kleine Szenen eingebaut, die auf minuziöse Weise so viel erzählen und wahrscheinlich in der Produktion mehr gekostet haben als Szenen, die länger sind. Am erfrischendsten empfand ich, dass Field mit der Geschichte nicht in die Surrealität entwichen ist. Kein Eskapismus. (Beispiel: keine Affäre)
Meistens gehe ich aus dem Kino und verspüre einen Hass, weil ich keinen Lerneffekt hatte. Zum Beispiel war für mich die Fortsetzung von Avatar nichts Anderes als die Fortsetzung der Fast-Reihe. Doch hier haben wir Themen wie Psychosen und das Abdriften in den Elitarismus, die ohne große Worte auf die Leinwand gebracht worden sind. Brotkrümel verstreut auf dem Wege, sodass wir Zuschauer mit Freude mehrere rote Pfade zu einem bündeln können. So viele versteckte Motive, die dann immer wieder in einer anderen Form auftauchen. Wie auch bei allen großen Kompositionen, in denen man Leitmotive hat, die versteckt und abgewandelt immer wieder zum Vorschein kommen. Von anderen Instrumentengruppen wiedergegeben werden.
Auch unerwartete bildlich obszöne Gegenüberstellungen, die als Überraschungen verpackt sind, wie z.B., dass man überhaupt nicht erwartet hätte, dass Tar aus ärmlichen Verhältnissen stammt, wohingegen die Nachbarin mit ihrer vergammelten giftgrünen Mutter - wenn ihr den Film sehr, werdet ihr verstehen, warum ich ausgerechnet diese Wortwahl auserkoren haben - paradoxerweise ursprünglich aus einer reichen Familie abstammt, sind wirklich ein Genuss für jeden Betrachter und reichlich im Film vorhanden. Auch die Parallelität zwischen dem scheinbar gedemütigten Musikstudenten Max aus New York und dem Musikstudenten aus den Philippinen, die gemeinsam haben, dass sie aufgrund der Nervosität eine krankhafte Überganghandlung ausführen, sind fesselnd und nervenauftreibend zugleich.
Synchro: Als ich Lothar Blumhagen gehört habe, stellte ich mir die Frage, ob er es ist, den man auf der Leinwand sieht. Siebeck empfinde ich deutlich "synchrontonarmer" und demnach passender. Selbst Siebeck musste im Vergleich zu seinen anderen Arbeiten deutlich graziler sein. Das muss ja alles irgendwie mit Nina Hoss und der Cellistin / Newcomerin harmonieren, die sich auch selbst synchronisiert haben.
EDIT: Fabian Dirr, der die Solo-Klarinette an der Dresdner Philharmonie spielt, hat sogar eine große Nebenrolle bekommen und kann wirklich gut mit Blanchett mithalten. Und dann stand er noch im Atelier mit Christoph in der FFS. Was für ein Gewinn!