Zitat von Brian Drummond im Beitrag #3126
Zitat von jjbgood im Beitrag #3125
Man stelle sich vor Knecht Ruprecht würde in den Simspons auf einmal "Santas kleiner Helfer" genannt werden, nach 35 Jahren Synchronisation...
Knecht Ruprecht ist das deutsche Äquivalent zu "Santa's Little Helper", also eine korrekte Lokalisation.
"Ruffy" hingegen war schon immer falsch.
Das stimmt nun wirklich nicht. Mit "Santa's little helpers" sind, wie die Bezeichnung sagt, all die kleinen Helferlein des Weihnachtsmanns gemeint. Das können die Weihnachtselfen/-wichtel sein, die Rentiere, in einem weiteren Sinne auch die Eltern, die vll. doch mal beim Kauf oder Verstecken eines Geschenks beobachtet werden.
Knecht Ruprecht ist ein deutsches Ding, das es so in Amerika nicht gibt. In Kreisen mit Migrationshintergrund heißt das je nach Herkunft dann entweder auch Ruprecht oder Krampus.
Das erklärt ganz am Anfang der allerersten Folge ein Kind ja auch auf der Weihnachtsfeier der Schule:
"Fröhliche Weihnachten. That's German for ‘Merry Christmas.’ In Germany, Santa's servant Ruprecht gives presents to good children, and whipping rods to the parents of bad ones."
Die Bezeichnung "Santa's Little Helper" für den Hund passt, weil er am Ende - wenn auch auf ungeahnte Weise - das Weihnachtsfest der Familie rettet. Dieser Aspekt geht in der deutschen Fassung verloren, so gesehen könnte man auch das als "Fehler" bezeichnen.
Im Vordergrund stand aber natürlich, etwas dem deutschsprachigen Zuschauer sprachlich und kulturell Vertrautes zu bieten. Das war also kein Fehler, sondern eine künstlerische Entscheidung.
Und genau so sieht es auch bei OP aus. Die Namen wurden nicht (ausschließlich) aus Unkenntnis über Lautentsprechungen oder Wortbedeutungen verfälscht, sondern bewusst gewählt, weil sie klanglich (Ruffy) oder inhaltlich-assoziativ (Miss Bloody Sunday) oder in einer Kombination davon mit einem Wortspiel (Lügen-Lysop) etwas erzählten und Emotionen erweckten.
Jede Adaption sollte das leisten.
Man kann sich im Einzelnen über die Gelungenheit und Adäquatheit von Änderungen streiten, aber sie sind nicht pauschal falsch. Wer das nicht versteht, versteht Adaptionen nicht.
Die jetzt in Auftrag gegebene Neufassung wirkt daher, überspitzt, ein bisschen wie eine "Deutsche Fassung für Menschen, die keine deutschen Fassungen" mögen.
Vielleicht schielt man auf neuere, dem Original nähere Fans. Vielleicht auf bessere internationale Vermarktbarkeit. Es hat ja auch einen Grund, dass die Juniortüte bereits seit langem Happy Meal heißt oder im Kino laufende Marvel-Franchiseprodukte überwiegend englische Namen behalten, auch dann wenn es bereits etablierte deutsche Entsprechungen gab.
Eigenartig ist auch, dass sich im Laufe der Bekanntgaben die Begründung verschoben hat: Hieß es am Anfang noch, Toei wollte als Lizenzgebener unbedingt die Synchronfassung und/oder rückt die alte nicht mehr raus, heißt es jetzt, vielleicht könnte es auch an Lizenzstreitigkeiten bezüglich der vorhandenen Fassung liegen.
Dass erscheint dem Marktkundigen natürlich deutlich wahrscheinlicher. Denn Urheber der alten Synchronfassung wird anfangs natürlich damals sicher noch nicht Toei selbst, sondern ein hiesiger Player gewesen sein.
Also ist es doch eher so: Toei/Netflix haben kein Interesse, bei dem erfolgreichsten Animefranchise Geld für Lizenzgebühren zu bezahlen und gibt lieber eine eigene in Auftrag, mit der man sich eine breitere Vermarktung verspricht. Als vermeintliches Goodie spricht man von Verbesserung und Vereinheitlichung und lässt das geschickterweise von einem bekannten, in dem Metier steckenden Influencer begleiten, um die Social-Media-affinen Altfans mitzureißen.
Natürlich wird es auch tatsächliche objektive Verbesserungen geben, aber dass die im Vordergrund stünden, ist jetzt eher ein Marketing-Narrativ.
Man sollte sich mal überlegen, wie arschviel Kohle Toei mit dem Franchise verdienen muss, wenn sie sich so etwas offenbar in mehreren Ländern leisten können, oder wie andererseits billig die Fassungen produziert sein müssen, damit sich das rentiert. (Wobei sich die Hauptsprecher vermutlich inzwischen ein bisschen was ausbedungen haben dürften, allein schon als "Schmerzensgeld", wie es unser lieber Ekki mal in Bezug auf den Smoker formuliert hat.)
Aufgrund der Lizenzsituation heißt das bislang, dass die bisherige Synchronfassung davon unberührt bleibt. Es wird natürlich interessant sein, ob ProSiebenMaxx noch einmal Wiederholungen mit der alten Fassung lizensieren darf oder man ihnen nun die neue aufzwingt. Da würden sie sich aus ähnlicher finanzieller Sturheit vermutlich weigern.
Es würde mich auch nicht arg wundern, wenn die Neufassung irgendwann abgebrochen wird. Man wird zwar schon einiges vorproduziert haben, wenn das bereits letztes Jahr losging. Aber wenn die auf Netflix jetzt nur mit 16 Folgen starten, wird das selbst bei, sagen wir, halbmonatlichem Rhythmus mit dieser Schlagzahl eine Weile dauern, um vorwärts zu kommen.
Netflix ist in der Vermarktung sehr Hype- und Event-orientiert, weil es immer darum geht, Neukunden zu gewinnen und inzwischen auch, vom monatlichen Kündigen abzuhalten. Und jeder Hype, auch und gerade bei Netflix, hat irgendwann ein Ende. Irgendwann sagen die vielleicht "Rechnet sich für uns nicht mehr, interessiert uns nicht mehr", und dann war's das.