Zitat von Gast im Beitrag #15Allerdings hatte ich nicht den Eindruck, daß das Drehbuch den Professor "senil" wirken lassen würde. Cushing hat einige, bzw die meisten, der guten Dialoge. Vor allem, wenn er dem Inspektor einen Vortrag hält über das Böse, fand ich ihn schon sehr überzeugend.
"Senil" war wohl nicht ganz gelungen: Ich meinte damit nicht, dass van Helsing trottelig wirkt (wie Professor Abronsius), sondern eher, dass er zwar eigentlich schon weiß, wo sich Draculas versteckt, aber ihn trotzdem erstmal nicht dort sucht, obwohl es naheliegend wäre. Dadurch wirkt sein Handeln, als ob er es völlig vergessen habe. Diese Ungereimtheit wird in diesem (ich gebe zu, teilweise unnötig polemischen) Verriss besonders hervorgehoben: http://www.badmovies.de/soap/client.php/Dracula_A.D._1972
Zitat von fortinbras im Beitrag #15"Dracula braucht frisches Blut" mag ich sehr-weil es ihm durch die Agentenfilm-Vermischung durchaus gelingt, im Genre neue Akzente zu setzen. Die Ausgangsideen sind wunderbar, leider fielen auch sehr viele angedachte Szenen der kurzen Drehzeit zum Opfer, die alles schlüssiger gemacht hätten. Dracula als machtgieriger Finanzhai, der die Welt unterjochen will und mit der Pest vernichten, das hat was. Sogar heute noch. Halte ich für einen der unterschätztesten Genre-Beiträge, diesen Film-wenn er auch leider unausgereift bleibt und wenig aus seinem Potential macht. Zumindest rechne ich den Machern hoch an, daß sie aus den Fehlern des Vorgängers gelernt haben. Gilt noch heute, trotz allem Erfolg etwa von "Twilight": eine Gruppe Teenager oder junger cooler Leute machen noch lange keinen modernen Film!
Die Vorstellung eines Vampirs, der die gesamten Menschheit und damit eben auch seine eigene Existenzgrundlage vernichten will, wirkt allerdings sehr merkwürdig. Auch zu diesem Film gibt es eine Kritik (auf Karsten Prüßmanns Urteil brauche ich dich ja nicht hinzuweisen!): http://wiki.badmovies.de/index.php/Dracu...t_frisches_Blut (Auch hier wird der Film besser als sein Vorgänger eingestuft.)
fortinbras
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01.02.2014 17:11
#18 RE: Mit Knoblauch, Pfahl und Kruzifix: Van Helsing und Co. GmbH
Karsten Prüßmanns Meinung ist natürlich auch nicht das Maß aller Dinge, sondern eben auch nur subjektiv. Verrissen wurde "Dracula braucht frisches Blut" schon oft wegen der Vernichtung der Menschheit. Allerdings kann man das auch aus anderer Sicht sehen, nämlich so wie Van Helsing es beschreibt, daß sich Dracula nach einer grotesken Art des Friedens sehnt. Wenn er gehen muß, soll die ganze Welt gehen. Hammers Dracula ist ja sehr impulsiv und hat dauernd emotionale Erruptionen, man hat ihn durchaus schon als klassischen untherapierten Borderliner bezeichnet. Dieses "Alles oder Nichts", das diese Persönlichkeitsstörung prägt, würde hier sehr gut passen.
Allerdings ist zu sagen, daß diese Pest-Sache einen Ursprung hat. In der geplanten, etwas anders gestalteten Fassung von "Dracula jagt Minimädchen" hätte Dracula als Antichrist installiert werden sollen. Leider entschied man sich dann für eine Abänderung zugunsten der bekannten Handlung. Dracula als Leitfigur einer desillusionierten Jugend als auch einer machtgierigen Finanz-Welt ist an sich eine irre Idee und auch sehr konsequent. Leider hat man zu dem Zeitpunkt bei Hammer so ziemlich alles ausser Acht gelassen, was gut gewesen wäre. Man hatte den Draht zur Gegenwart verloren.
"Dracula braucht frisches Blut" hat einen Handlungsstrang aufgenommen, der im Vorgänger fehlte. Dracula als Urheber der Apokalypse, das gefällt mir sehr gut. Es gibt übrigens zahlreiche Autoren, die den Film schon deutlich differenzierter sehen.
Was ich am Finale zu bemängeln habe: es baut sich großartig auf, aber anstelle eines echten furiosen Schlusses irrt Dracula verwirrt (senil?) durch den Park seines Hauses und knurrt in der Gegend rum. Man entfernte ja im Vorfeld viele Szenen, letztendlich war der Flm beinahe zu kurz. Darum benutzte man alle vorhandenen Aufnahmen von Lee im Park, ohne sie wie gedacht zu schneiden. Das Ende hätte in den Flammen gehört-und Van Helsing hätte mit ihm sterben sollen, das ist jetzt meine subjektive Wunschvorstellung.
Übrigens finde ich, daß kein Dracula-Film je ein so vollendetes und intensives Ende hatte wie Hammers erster Film von 1958. Das war absolut perfekt, vor allem wenn man die Desintegrations-Szene am Ende ungekürzt sieht, wo sich Dracula wirklich das Fleisch vom Gesicht reißt. Weder im Langella-Film, noch bei Coppola oder sonst wo, hat mir ein Finale so gut gefallen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #18Übrigens finde ich, daß kein Dracula-Film je ein so vollendetes und intensives Ende hatte wie Hammers erster Film von 1958. Das war absolut perfekt, vor allem wenn man die Desintegrations-Szene am Ende ungekürzt sieht, wo sich Dracula wirklich das Fleisch vom Gesicht reißt. Weder im Langella-Film, noch bei Coppola oder sonst wo, hat mir ein Finale so gut gefallen.
Zumindest gehört dieses Filmende für mich zu denen, bei denen ich beim Sehen erleichtert aufatmen musste, weil zuvor eine ungeheuer intensive Spannung aufgebaut worden war.
fortinbras
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01.02.2014 19:25
#20 RE: Mit Knoblauch, Pfahl und Kruzifix: Van Helsing und Co. GmbH
Das Finale ist in der Tat sehr spannend-und ich liebe James Bernards Musik dazu, das hat unglaubliche Dynamik!
Übrigens, wem die Szene, in der Dracula Mina vergräbt wie ein Hund seinen Knochen, etwas skurril erscheint, hier eine nicht gedrehte Szene aus Sangsters Drehbuch. Spielt während der Fahrt Richtung Schloß-ich belasse es aber in Englisch:
Arthur: What will he do when he gets to his home?
Van Helsing: He'll bury himself...somewhere where we won't be able to find him. He can stay buried as long as he wants to...years if necessary.
Arthur: And Mina? (VH schweigt) Did you hear me...I said what about Mina?
Van Helsing: There is one way he can make sure that Mina stays with him...he can bury her too. If she dies while enclosed in Dracula's native soil, she will rise again when he chooses to call.
Zitat von fortinbras im Beitrag #15Bis heute finde ich es kurios, daß man für den ersten Film Schoenfelder nach München holte, für den zweiten aber Marschall nach Berlin-wo doch vor Ort tatsächlich genug Alternativen gewesen wären. Persönlich gefällt mir Marschall durchaus.
Die drei letzten Draculas der Hammer wurden von Warner-Columbia verliehen. Bei den "Mini-Mädchen" wird in der Synchronkartei die Ultra in München als Studio genannt. Da diese bis einschließlich 1973 auch eine Filiale in Berlin hatte, kam es bei ihr öfter zu solchen "Mischungen". Dass man den Berliner Friedrich Schoenfelder besetzte, erscheint da wenig überraschend, zumal er zuvor in mehreren Hammer-Filmen zu hören gewesen war. Beim "frischen Blut" könnte noch die Berliner Ultra Studio gewesen sein, was die Besetzung eines Münchners im Prinzip nicht überraschend erscheinen lässt. Komisch wirkt es aber schon, eben weil keine Kontinuität bestand und es vor Ort genügend Alternativen gegeben hätte, so dass diese Entscheidung nicht zwingend war.
Zitat von berti im Beitrag #4In "Das Zeichen des Vampirs" spielt Lionel Barrymore den Vampirjäger Professor Zelen. Gesprochen wird er von Hans Paetsch, obwohl dieser ansonsten hauptsächlich in Hamburg synchronisierte, der "Vampir" aber aus München ist. Paetsch gibt der Rolle eine Mischung aus Autorität, Würde, Grantigkeit und Gewitztheit, so dass man sich niemand anderen vorstellen kann.
Mir ist ein Gedanke gekommen: Wäre er nicht auch eine naheliegende Besetzung für Edward Van Sloan im Film von 1931 gewesen? In Hamburg wurde zwar über Jahrzehnte immer gerne importiert, aber hier hätte man einen Sprecher gehabt, der zur Rolle und deren großväterlich-weiser Art (dass Van Sloan in Wirklichkeit erst 49 war, kann man sich kaum vorstellen) gepasst hätte.
Eigentlich erstaunt es fast, dass Wilhelm Borchert zwar als Graf Dracula (aus dem Mund eines zu Beginn auf alt geschminkten Christopher Lees mit weißen Haaren), aber nie in dieser Rolle zu hören war, obwohl er sowohl bei Cushing als auch bei Olivier in Frage gekommen wäre. Und selbst bei Barrymore (mit Berlin als Standort oder durch "Import), Van Sloan oder sogar MacGowran* wäre er denkbar gewesen. Aber vielleicht wäre es auch zuviel des Guten, so wie es auch Heinz Petruo als Dracula-Stimme gewesen wäre?
*Darauf bin ich gekommen, weil er in "Mord im Orient-Express" George Coulouris als Dr. Constantine synchronisierte und mein Vater beim Anblick dieser Figur meinte: "Der sieht ja wie der Professor aus ´Tanz der Vampire´ aus!"
fortinbras
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02.11.2015 16:25
#24 RE: Mit Knoblauch, Pfahl und Kruzifix: Van Helsing und Co. GesmbH
Borchert als Professor Abronsius, na das wäre eine spannende Sache gewesen!
Für Cushing und Olivier wäre er auf jeden Fall auch in Frage gekommen. Cushing hatte er ja in den 50ern mal gesprochen und später war er in den 80ern noch zweimal für ihn zu hören, wo er durchaus auf den dürren Mann gut passte. Bei Olivier lag er zum Zeitpunkt des Filmes natürlich viel naheliegender, er hätte das sicher mit Bravour geschafft.
Aber das Privileg, Dracula und Van Helsing gesprochen zu haben, teilen sich wohl nur Wolfgang Eichberger, Klaus Miedel und Christian Marschall. Immerhin drei Personen. Theoretisch vier, weil Rolf Schult hat immerhin Robert Quarry als Graf Yorga gesprochen und später Anthony Hopkins als Van Helsing im besten Dracula-Film aller Zeiten.
Bei den anderen dreien lag aber nicht soviel Zeit dazwischen.