Ich bin 45 und im Internet mit E-Mails, Chatrooms, Foren und HTML-Webseiten aufgewachsen. Das intensive Kennenlernen der von mir bislang verdrängten Social Media Networks hat mich vor zwei Wochen in eine Art Cyber-Midlife-Crisis geworfen. Gut das soll nicht Euer Problem sein , doch ich frage mich, ob man eine Plattform wie Facebook nicht auch für unsere Interessen nutzen und vielleicht auch mehr Interesse bei jenen wecken könnte, die das I-Net längst nicht mehr auf konservative Weise bewandern. Ist diese Frage eine Diskussion wert? Schreibt's in die Komment... ach nee. Naja schreibt's einfach!
Ich bin etwa in deinem Alter und habe es bisher als sehr wohltuend erachtet, dass sich mein Hobby außerhalb von Fratzenbuch betreiben lässt. Das Ding nennt sich "Soziales Netz" und entwickelt sich immer mehr zum Gegenteil dieses Begriffs. Seitenweise sinnlose Chats, die mich als Mitglied zwingen, sie zumindest zu lesen oder gar daran teilzunehmen, wenn ich überhaupt noch mit meinen Bekannten in Kontakt bleiben will. Idiotische Weltbilder, wo alles öffentlich genmacht wird, egal ob der Streit mit dem Partner oder die Figurverbesserung durch die neueste Diät. Selbstbewusstsein entwickeln nur noch, die genug "likes" bekommen. Am meisten stört mich aber daran genau das, was dich offenbar dazu bringt, über Kooperationen nachzudenken: Viele User bewegen sich ausschließlich auf FB; irgend eine andere Seite auch nur zu besuchen, geschweige denn sich dort anzumelden, wird als Zumutung empfunden. Damit unterwandert FB bzw. seine Mitglieder die ursprünglichen Ziele des Internets, nämlich die völlige Unabhängigkeit im Netz. FB erfüllt in dieser Hinsicht vor allem die Funktion eines Filters, so wie das ZDF seinerseit bestimmt hat, welche Star Trek-Folgen in Deutschland (nicht) gezeigt werden. Ich kann nichts positives dabei sehen, wenn mir ein Milliardendollarkonzern quasi vorschreibt, wo ich mich im Netz bewege und dabei mit meinen Profildaten auch noch Kohle macht. Eigentlich sollten wir viel weiter sein, als uns unter das Joch eines sozialen Netzes zu begeben, aber für viele siegt doch leider am Ende die Bequemlichkeit.
Ich persönlich hoffe, dass zumindest die Vorherrschaft von FB irgendwann vorbei sein wird und ich bis dahin auch weiter keinen Grund finde, mich dort anzumelden.
Slartibartfasts Beitrag bitte abspeichern, vergrößert ausdrucken und gerahmt an die Wand hängen an einem gut sichtbaren Platz!
Unter der Rubrik "Im Web gefunden" findet sich ja auch ein hübscher Beitrag zum Thema. Natürlich ist das wieder mal pauschalierend, alle FB-Benutzer in so einen Topf zu werfen.
Wäre zwar etwas für "Gesellschaftspolitische Themen", aber paßt hier her:
meine Schwester hat sich im Frühling mehrere Gymnasien angesehen, um eines für ihren Sohn auszusuchen. Eines gilt als absolut "trendy" und über alle Maßen begehrt. Meine Schwester hat noch während des Einführungsvortrages zusammen mit anderen Müttern die Schule verlassen. Grund war, daß ohne Facebook dort nichts geht! Schule, Schüler, Lehrer, Orte der Aktivitäten - alles hängt zusammen. Man kommt gar nicht drumherum, für ein Kind dort KEIN FB-Profil zu haben, sonst ist man Außenseiter. Zum Kotzen!
In einiger Zukunft gibt's vielleicht mal ein passendes Statement von Mr. Spock dazu.
Zitat Grund war, daß ohne Facebook dort nichts geht! Schule, Schüler, Lehrer, Orte der Aktivitäten - alles hängt zusammen. Man kommt gar nicht drumherum, für ein Kind dort KEIN FB-Profil zu haben
Zuerst ein großes Kompliment an deine Schwester. Dann aber wundert es mich dass an dieser Schule überhaupt mit FB gearbeitet wird. Bist du sicher dass es keine andere Plattform ist? Der Witz ist, dass es nach aktuellem Datenschutzrecht ausdrücklich VERBOTEN ist, offizielle Tätigkeiten zwischen Lehrern und Schülern via FB abzuwickeln und das wird den Schulen auch immer wieder gesagt. Grund ist die Datenspeicherung. Um personenbezogene Daten von externen nicht staatlichen Anbietern speichern oder verarbeiten zu lassen, ist es nötig einen Vertrag abtzuschließen, in dem klar geregelt ist, wie lange die Daten gespeichert werden dürfen (nie länger als bis zum Schuljahresende!). Nach dieser Frist muss der Anbieter sich zur Komplettlöschung verpflichten. Da FB keinen deutschen Gerichtsstand hat, kann kein deratiger Vertrag geschlossen werden. Punkt.
Als letztes in RLP FB-Kontakt zwischen Schülern und Lehrern offiziell verboten wurde, gingen die Ausführungen des Ministeriums deutlich über den Datenschutz hinaus. Trotzdem konzentrierte sich die Berichterstattung in der Presse hauptsächlich auf diesen Aspekt. Auf die ethisch-pädagogischen Gesichtspunkte wurde fast gar nicht eingegangen, dabei ließe sich über die Argumentation des Ministeriums durchaus streiten, wie z.B. die TAZ es versuchte.
Besonders bezeichnend war die unsinnige Verquickung von beidem: "Die Trennung sei auch nötig, weil der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule mit dem Geschäftsmodell von Facebook – einer Auswertung persönlicher Daten für kommerzielle Zwecke – nicht zu vereinbaren sei." (z.B. welt.de)
Da steckt natürlich sehr Sinnvolles dahinter, aber diese technokratische Reduzierung auf den gerade en vogue seienden Datenschutz, ist bezeichnend für die heutige Zeit. Diese Ausführung stammt übrigens gar nicht vom Schreiben des Ministeriums selbst*, sondern vom Datenschutzbeauftragten des Landes, dessen Erklärung selektiv zitiert wurde. Nicht nur selektiv, sondern schlicht falsch war dann auch die Behauptung von SpOn, private, nicht dienstliche FB-Freundschaften seien weiterhin erlaubt. Dass, so spätere Stellungnahme des Ministeriums, man aber gar nicht ernsthaft alle Verstöße zu ahnden gedenke oder in der Lage sei, zeigt m.E. folgendes: Das Ministerium appellierte hier v.a. an ein Ethikempfinden der Lehrer. Hat nur die Öffentlichkeit vielleicht mangels eigener Vorhandenheit nicht verstanden ...
(* Ich habe das Ding nicht mehr vorliegen und bastele hier nur im Kopf zusammen. Ich weiß, das soll man eigentlich nicht machen ... Man möge mich im Zweifel korrigieren.)
Wenn selbst öffentliche Institutionen, wie die Bundeskanzlerin, die Tagesschau oder die heute-Sendung meinen, sich mit unseren Steuergeldern bzw. Beiträgen in der Datenschutzhölle eines privaten Konzerns engagieren zu müssen, fällt einem nichts mehr ein.
Ich warte auf den Tag, an dem ich meine Steuererklärung per Facebook einreichen muß oder öffentliche Zustellungen wirksam per Facebook erfolgen können ("Sie haben den Bescheid nicht erhalten? Hing doch öffentlich im Facebook-Profil der Behörde aus! Pech, Widerspruchsfrist versäumt...").
Für solche Albernheiten habe ich keine Zeit. Wer mit mir im geschäftlichen Verkehr seriös in Kontakt treten möchte, muß schon die gute alte Post bemühen. Wenn mich jemand per Telefon oder SMS vollquatschen will und ich darum bitte, mir einen Brief zu schreiben oder das Anliegen wenigstens per E-Mail zu formulieren, kommt ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung heutzutage schon ins Schleudern. Einen Sachverhalt schriftlich zusammenfassen? Heute für viele ein Ding der Unmöglichkeit. Hat man früher in der 4. Klasse gelernt.
Ich hoffe, der Facebook-Boom ist in 4-5 Jahren vorüber.
Zitat von Edigrieg im Beitrag #5Erschreckend, dass nur das Datenschutzgesetz FB an Schulen verbietet und nicht ein elementares Rechts- und Ethikempfinden
Moment, hier werden Ursache und Wirkung vertauscht. Der Datenschutz ist ein Bürokratiemonster, den uns eine Partei eingebrockt hat, an deren Bashing ich mich sonst gar nicht so gern beteiligt habe: die FDP, die zu der Zeit sogar in Bayern an der Regierung war. Dass sich daraus auch ein FB-Verbot ableitet, ist einer der wenigen guten Effkte. Nimmt man den Datenschutz ernst, ist eigentlich keine EDV von Schülerakten mehr möglich, was zu dem Treppenwitz geführt hat, dass viele Schulen inzwischen wieder auf papiergeführte Akten umgestiegen sind. Zurück in die Steinzeit. Die ethischen Bedenken gegen FB sind natürlich auch ein pädagogisches Thema, das im Rahmen der Medienkompetenzerziehung längst verankert ist. Zu einer totalen Abkehr kann das jedoch nie führen, wenn man die Schüler gleichzeitig zu gleichzeitig zu kritischen Bürgern erziehen möchte und mithin attestieren muss, dass die gesamte Freizeit heute leider über FB organisiert wird. Von Teenagern zu verlangen, sich da komplett rauszuhalten, wäre weltfremd. Referendare reagieren heute auch teilweise schon mit Unverständnis, wenn man ihnen erklärt, dass FB tabu ist und Unterricht nicht nur aus der Projektion von PowerPointfolien besteht. Man hat nur die Chance darauf zu warten, bis sich FB selbst erledigt hat, was in der Tat hoffentlich bald geschehen sein möge.
Ich glaube, bei all dem Facebook-Bashing ist ins Hintertreffen geraten, was Edigrieg eventuell eher im Sinn hatte: die interessante Überlegung, was man gewinnt, wenn man auf den ersten Blick so unterschiedliche Kommunikationsformen wie Facebook und Diskussionsforen wie dem Synchronforum kombiniert. Die Antworten gingen dann doch eher in Richtung dessen, „was man dabei verliert“.
Die Unterschiede scheinen ja auf der Hand zu liegen: Konzentration auf die sachliche Dimension hier (sachlicher Gegenstand Synchron), auf die persönliche Dimension dort (Selbstdarstellung).
Abgesehen davon, dass Selbstdarstellung ja nicht unbedingt etwas Schlechtes ist, hat die eine Form doch mehr Gemeinsamkeiten mit der anderen als man denkt. „Persönlich“ ist man ja auch hier: man fällt persönliche Geschmacksurteile, man unterstellt anderen schlechten oder guten Geschmack (und damit immer: sich selbst guten) etc. Als Person fällt man als Mitglied nicht nur dann auf, wenn man sich rege beteiligt, sprich: viel postet, sondern man inszeniert sich auch manchmal bewusst als klar identifizierbare Person mit speziellen Vorlieben, Macken, Kenntnissen, Eigenheiten (Klassiker-Experte, Krawallmacher, Scherzkeks, Ideologe, Besserwisser etc.)
Und „sachlich“ ist man auch dort. Man Vater beispielsweise ist enorm aktiv auf Facebook, obwohl er es fast ausschließlich als Polit-Forum in Anspruch nimmt, über Facebook Konferenzen seines Vereins bekanntmacht, ja sogar organisiert, Nachlese betreibt, das politische Geschehen kommentiert etc. Obwohl ein Alt-68er, hat er überhaupt keine Berührungsängste mit dem Medium. Auch für nicht primär Politik-Interessierte gibt es auf Facebook mehr oder weniger seriöse Sachgruppen, in die man eintreten kann, die man selbst gründen kann usw. Ich bin da sogar selbst in einer Synchrongruppe, wenn ich mich nicht irre. Aber klar ist: Facebooks eigentliche „Stärke“ ist die Motivierung zur höchstpersönlichen Selbstdarstellung, und genau das macht unter den Aktiven seinen unbestreitbaren Reiz aus.
Was würde sich also eventuell ändern, wenn man das Synchronforum facebookisieren würde? Zuallererst: Die Mitglieder würden als konkrete Personen greifbarer werden (mit dem eventuellen Schockeffekt, dass manche „männliche“ Mitglieder sich dann als weibliche oder erstaunlich viele Mitglieder sich als multiple Persönlichkeit entpuppten). Außer einer kurzfristigen Befriedigung der Neugierde würde man aber wohl aber in sachlicher Hinsicht nicht viel gewinnen dabei. Und bei über 2000 offiziellen und ca. 100 bis 200 aktiven Mitgliedern braucht man sich um die Zukunft des Forums vorerst keine Sorgen zu machen.
Einen vergleichsweise großen Nachteil haben Facebook & Co. in thematischer Hinsicht aber auf jeden Fall. Facebook hat eine vergleichsweise sehr unterentwickelte Gedächtnisfunktion. Die Diskussionsbeiträge sind hier viel zu flüchtig. Niemand schließt an Beiträge an, die länger als ein paar Wochen zurückliegen. In der Hinsicht würde selbst berti als stets zuverlässiger Archivar bald an seine Grenzen stoßen.
Mein Fazit: So reizvoll manche (persönlichen) Konsequenzen auch wären, unterm Strich würde es die Forumsdiskussion nicht besser, die Attraktivität der Synchronisation für Unbeleckte nicht größer machen.
Und für überzeugte Facebook-Skeptiker: Glasbergen_Facebook-001.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Ich bin mir (um mal piratenignorant zu argumentieren) auch nicht sicher, ob ich die Kommerzialisierung der Benutzer dort wirklich als so übertrieben negativ betrachten soll. Ja, es heißt bekanntlich, man sei entweder der Kunde oder die Ware - aber so what? So ist es doch auf die ein oder andere Art in allen Bereichen des Lebens, dass irgendwelche einen zwingen, stoßen, abstempeln, einstufen, werten, abwerten oder nummerieren wollen. Oder eben kommerzialisieren. Aber sollte man dem soviel Achtung zollen, dass man sich die Lebensfreude vergällen ließe? Ich nehm's da eher mit Sartre, der Sisyphus für den glücklichsten Menschen der Welt halten muss, wenn er annimt, dass dieser in seiner vermeintlich sinnlosen Steinrollarbeit eben doch seinen Sinn findet und darin voll aufgeht - oder verweise für z.B. österreichische Spezis gerne auf das Ende von NUMMER 6, in der die Titelfigur schließlich die richtige Welt als sein neues Gefängnis akzeptiert und endlich ohne dagegen revoltieren zu müssen seine innere wie subjektiv empfunden äußere Freiheit finden kann. (Zusammenfasung für Jüngere: In der Matrix ist es schön.)
Sie lasen meine 2 philosophischen Cent am Nachmittag, die man lediglich als Tantiemen für den Advokat des Teufels verstehen soll.
Sachliches Argument1: Man hätte die Chance, eine User-Group innerhalb von Facebook zu erstellen, in die nur ausgewählte Teilnehmer hinein dürften. Dort hätte man dann die Chance auf einen Live-Chat untereinander. (p.s. Ich hasse Skype)
Sachliches Argument2: Wie viel man von sich selbst preis gibt, liegt ja an jedem selbst. Ich bin da auch nur als EdiGrieg unterwegs und kein Außenstehender erfährt da mehr als er soll.
Zitat von Edigrieg im Beitrag #11Sachliches Argument1: Man hätte die Chance, eine User-Group innerhalb von Facebook zu erstellen, in die nur ausgewählte Teilnehmer hinein dürften. Dort hätte man dann die Chance auf einen Live-Chat untereinander.
Und was wäre daran der Vorteil? ;-)
Das könnte man theoretisch beides auch hier haben, wenn auch eines davon nicht kostenlos. (Die schabernackende Bemerkung, dass wir in manchen Threads tatsächlich schon zeitweilig einen Live-Chat führten, überlasse ich John Connor.)
Als einzige virtuelle Kommunikations- und Diskussionsplattform reicht mir dieses Forum vorerst vollkommen aus. Ich muss nicht unbedingt über politische, brisante, aktuelle Themen mitdiskutieren, in solchen Foren betätige ich mich derzeit wenn, dann lieber als stiller Mitleser. Nachdem, was ich über Facebook gehört habe ( die Problematik Anoymität, Cybermobbing) stehe ich diesem sozialen Netzwerk ziemlich skeptisch gegenüber.
Zitat Sachliches Argument2: Wie viel man von sich selbst preis gibt, liegt ja an jedem selbst. Ich bin da auch nur als EdiGrieg unterwegs und kein Außenstehender erfährt da mehr als er soll.
Und genau das stimmt so leider nicht bzw. es ist naiv zu glauben, man könne sich dem entziehen, was aufgrund der Möglichkeiten, die FB bietet, früher oder später daraus entsteht. Schon allein die Profilpflege lädt zur puren Selbstdarstellung ein und setzt sie von Beginn an über das Informations- und Diskussionstopos. Ich persönlich pfeife auch drauf, ob Herr Zuckerberg durch mich noch reicher wird (es gibt jede Menge Möglichkeiten Profile entsprechend zu manipulieren, dass sie unterm Strick null komma nix wert sind). Aber ich will nicht gezwungen sein, mir ein Profil anzulegen und dieses ständig zu aktualisieren, weil ich sonst nichts mehr mitkriege und auch nicht mitansehen müssen, wie das Forum sich irgendwann in zwei Hälften aufteilt.
Zitat Nachdem, was ich über Facebook gehört habe ( die Problematik Anoymität, Cybermobbing) stehe ich diesem sozialen Netzwerk ziemlich skeptisch gegenüber.
Ich auch, genauso wie der völlig unnötigen Einbürgerung des Anglizismus "soziales Netzwerk", den alle nachplappern (nichts gegen dich). Für "Network" genügt das deutsche Wort "Netz" voll und ganz, weil es anders als im Englischen auch die abstrakte Vernetzung in einer Struktur beschreibt und nicht nur regelmäßig miteinander verknotete Bindfäden. Jedes mal wenn ich aus Versehen doch "soziales Netzwerk" sage, fühle ich mich danach dem FB-Phänomen ein Stück unterlegener.