Ganz so kurz will ich es mal nicht abhaken, auch wenn meine detaillierten biografischen Berichte keine Sau interessieren.
Geboren bin ich...festhalten: in einem Kreissaal. Dieser war irgendwo im Krankenhaus Zams in Tirol. Gedenktafel gibt es keine. In dem damals von Ordensfrauen geführten Spital wurden noch 1975 die täglichen Messen per Lautsprecher aus der Klosterkapelle in die Zimmer übertragen.
Aufgewachsen bin ich in einem Dorf inmitten der Tiroler Berge. Das war natürlich nicht übel für mich als Kind: meine Exkursionen in die Wiesen, Wälder, Höhlen, Felsen und Gewässer der Gegend möchte ich nicht missen. Da ich am Liebsten alleine war, konnte ich mich dort auch als Einzelstück ziemlich austoben. Wenn ich daran denke, was ich so anstellte, wird mir heute schlecht - aber damals dachte ich über die Gefahren nie nach. Wir hatten mehrere Gebirgsseen, ein Dornröschenschloß am Fernsteinsee, auf einer Insel im See eine romantische Ruine. Es gibt dort eine Unzahl an stillgelegten Bergwerken, alten dazugehörigen Gemäuern, nicht zu vergessen alte Geschichten von Irrlichtern, versunkenen Schätzen und Gespenstern. Kaiser Maximilian I. ließ in der Gegend Ende des 15. Jahrhunderts den Spiegelfreudensee anlegen: zum Fischen und Bootfahren. Den trocknete man schon im 18. Jahrhundert wieder fast gänzlich aus, aber inmitten der Wiesen und Äcker findet man heute noch Kaimauern, Reste von Bootsstegen und Fundamente von Pavillons. Von einer dieser Kaimauern aus segelte ich als Kind stets um die Welt. Ein Teil der Gegend steht unter Naturschutz, u.a. weil es dort sehr seltene Tiere gibt (sogar Skorpione).
Schön und gut, die ganze Romantik, aber: mir waren die Berge schon als Kind zuwider. Ich fühlte mich von diesen massigen, schroffen Gebilden erdrückt. Sie nahmen mir die Luft zum Atmen und ich kann bis heute keine Sympathie für's Gebirge aufbringen. Hügeliges oder flaches Land ist viel schöner, da kann man atmen. Oder zumindest wenn die Berge erst am Rande breiter Täler langsam nach oben wachsen. Und dann die schroffe Mentalität der Tiroler Oberländer, die setzte mir als Kind schon zu. Die Uhren tickten da anders und - wer's mir nicht glaubt, dem nehme ich's nicht übel - wir wurden selbst Mitte der 80er noch mit Strafarbeiten bedacht, wenn wir ohne Grund am Wochenende nicht die Messe besuchten.
Also stand für mich schon früh fest: da wirst du nicht alt! Ausserdem möchte man ja auch irgendwo leben, wo nicht jeder immer alles weiß. Und das ist am Lande schlimm...
Nach einer Zwischenstation in Innsbruck, einer auch heute noch durch und durch proviniziellen Stadt, kam ich 1992 sporadisch und 1996 ganz nach Wien. Und da bin ich noch immer.
Eine wunderbare Stadt, diese Unstadt. Meine Wurzeln habe ich hier in den Boden gegraben und der ist scheinbar gut, denn sie trieben aus und lassen sich nicht mehr entfernen. Wien ist...anders. Jaja, der berühmte Slogan. Das stimmt definitiv, auch wenn es nicht wahr ist. Für eine so eigenartig ambivalente Person wie mich ist so eine eigenartig ambivalente Stadt natürlich der Deckel auf den Topf. Wien ist schön und hässlich zugleich, wer das alte Wien sucht, der findet es schnell. Die Stadt ist träge, aber stets lebendig. Die Wiener raunzen und stehen ihr Leben lang mit einem Bein im Sarg. Der Wiener Charme ist nicht so besonders charmant, aber unbezahlbar. Wien ist noch immer ein Schmelztiegel diverser kultureller Einflüsse. Vieles geht noch den Trott der vergangenen Zeit und man muß geduldig sein. Viele Ecken der Stadt werden verunstaltet, aber auch viele erhalten und es gibt eine hohe Anzahl an Grünflächen und mit Donauinsel und Wienerwald zwei unbezahlbare Naherholungsgebiete. Dort trifft man alle an: die gröhlenden Rechtsradikalen und die muslimischen Familienclans. Nicht selten grillen sie nebeneinander und tun sich doch nichts. Wien ist keine Insel der Glückseligen, auch wenn das die Stadtregierung gern so darstellt. Aber viele Probleme, wie man sie in Deutschland etwa hat, bleiben uns erspart - selbst unsere Rechtsradikalen sind träger als anderswo und zu faul (oder besoffen) für Anschläge. Dennoch könnte ich jeden von denen erwürgen. Man kann in Wien leicht zum Alkoholiker werden. Selbst wenn man wenig trinkt - die Stimmung gewisser Orte färbt ab. Nicht zu vergessen die kulinarischen Köstlichkeiten, die man an allen Ecken und Ende bekommt...vor allem die Süßspeisen. Und wer sich mal an dei Stimmung beim "Heurigen" abseits des Massentourismus gewöhnt hat, der tankt hier Lebenselixier.
Ich selbst lebe in Floridsdorf am Stadtrand. Die Donauinsel ist nur zehn Gehminuten entfernt und ich liege perfekt an der Grenze zwischen Stadt und Land.
Ich halte es in Wien oft nicht aus, aber bin ich mal fort, bekomme ich Heimweh. Meine ursprüngliche Heimat habe ich längst vergessen. Aber Wien ist zu einer Art zweiter Seele geworden, das ging wie von selbst. Ich fahre gerne in die Welt hinaus, aber leben möchte ich nirgendwo anders. Ausser vielleicht in Grönland während der Sommermonate.
erstmal wundere ich mich über das leidenschaftliche Plädoyer, das Fortinbras hier für Wien gehalten hat. Ich bin dort regelmäßig beruflich und privat und kann mich der Begeisterung für diesen Ort wahrlich nicht anschließen!!! Immerhin dank der exzellenten Zugverbindungen ikst man heute sehr schnell unterwegs. Und kann dem "Wiener Wahnsinn" entfliehen.
Nun aber zu meiner aufregenden Herkunftsgeschichte:
ich bin gebürtiger Villacher, aber mit meinen Eltern schon als Knirps ins Salzachtal gezogen. Seit 22 Jahren lebe ich am Rande von Hallein, was sehr bequem ist um nach Salkzburg zu kommen. Stadtleben ist meines nicht, das muß einem wohl in den Genen liegen.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
28.05.2015 23:48
#19 RE: [Off-Topic] Wo wohnt ihr/ wo kommt ihr her ?
Ich protestiere! Ich protestiere sogar aufs Entschiedenste! Und ich bin jetzt so lange böse, bis du mir versicherst, bei jedem Wien-Besuch eine große (ich wiederhole: GROSSE!) Portion "Salzburger Nockerl" mitzubringen. Ich gebe dir noch Name, Adresse und Telefonnummer!
"Wien, Wien, nur du allein, sollst die Stadt meiner Träume sein"...
Mal im Ernst: es gibt viele schöne Städte auf dieser Welt. Wien ist natürlich etwas Besonderes - für manche. Ich kann aber durchaus auch Vorbehalte gegen Wien nachvollziehen und teile sie auch - ohne Ambivalenz kann der (Wahl-)Wiener ja auch gar nicht leben...
Meine große Liebe und Leidenschaft gehört nicht nur, aber stark vielen osteuropäischen Städten. Die haben sich teilsweise besser erhalten und man nutzt deren Potential, anstelle dass man alles mit moderner Architektur verschandelt. Ausrutscher sind dort selten, auch wenn es sie gibt - bei uns wird es nicht mehr lange dauern und man reisst den Stephansdom ab zuginsten einer Computersimulation in 3D.
Wobei es viel schönere Kirchen gibt als den Stephansdom...
Zitat von Silenzio im Beitrag #6Aus Gert Fröbes Heimatstadt: Zwickau. Und habe auch die ersten Jahre in "seinem" Oberplanitz gewohnt.
Und genau dort wohne ich.
@ Fortinbras: Deine tiefe Zuneigung zu Wien teile ich uneingeschränkt. Ich habe erst letzte Woche dort zum wiederholten Male meinen Urlaub verbracht. Eine wunderschöne Stadt!
Das gefällt mir, wenn die Leute über das schöne Wien reden!! Ihr verehrt es, besucht es, zieht hin, aber ich habs in meiner Geburtsurkunde stehen!! Im "Goldenen Kreuz" war es, um 16h10 an einem 29.März, einem Karsamstag, als ich mehr schlecht als recht halt goboren bin. Ich wuchs als ungewöhnlich eigenartiges Kind in Döbling auf, bis ich 5 war. Als mein Vater starb, er war Arzt im Rudolfinerhaus, sind meine Mutter und ich zuerst noch ein Jahr nach Alsergrund gezogen, und dann nach Linz, wo ich seit dem wohne.
Zitat von Ekkehardt im Beitrag #16München/ geb. Rheinländer (Damm/Glehn)
Hi Ekki,
München rules Ich für meinen Teil bin hier geboren, habe hier studiert und arbeite heute auch hier. Die Stadt ist sicher was besonderes, aber um bei den Preisen hier glücklich zu sein, braucht es sicher auch einen speziellen Grund. Die Schönheit der Stadt allein reicht da für viele nicht.
Steht zwar im Profil, aber ich bin stolz auf meine Heimat: Geboren in der Wagnerstadt, wohnhaft zwischen dieser und der heimlichen Hauptstadt des Bieres