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Dieses Thema hat 23 Antworten
und wurde 2.316 mal aufgerufen
 Allgemeines
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Wilkins


Beiträge: 4.451

29.10.2015 23:35
Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Weil es vorhin im Columbo-Thread angeschnitten wurde, möchte ich diesem (Vor-)Urteil mal ein eigenes Thema spendieren. Ich habe schon oft im Forum von verschiedenen Leuten gelesen, Hamburger Synchronstimmen "klängen farblos" oder seien "schwer auseinander zu halten".
Ich möchte wirklich niemanden für diese Meinung angreifen oder verurteilen - Immerhin habe ich selbst mal so gedacht, bevor ich mich intensiver mit Synchros aus der Hansestadt auseinandergesetzt hab. Vielmehr geht es mir darum, zu ergründen, woher dieser Eindruck stammt.

Diese Frage beschäftigt mich schon länger, daher habe ich einige mögliche Gründe gesammelt, die zu diesem "Farblos"-Eindruck beitragen.

1.) Hamburger Synchros waren und sind in der Unterzahl. Schon allein weil selten zu hören, können sich die dortigen Sprecher weniger einbrennen, als die Blockbuster-Berliner und die kunterbunten Münchner.

2.) Hamburg erhält meist Aufträge für Nischenprodukte, wie beispielsweise skandinavische Produktionen. "Große" Filme und Serien werden fast immer in Berlin und München bearbeitet. Daher hat der Durchschnittszuschauer selten Gelegenheit, die Stimmen kennenzulernen.

3.) Hamburger Synchros arbeiten mit - ich will sie nicht farblos nennen, weil sie das in meinen Ohren nicht sind - gedeckteren, sprich unaufdringlicheren, Stimmfarben. Während München immer für viele grelle, ausgefallene Stimmen stand, und sich die Berliner allein schon durch pure Omnipräsents und "Hollywood-Flair" einbrennen (Oh man, ich hoffe, ihr versteht was ich damit meine...)
Im Vergleich dazu wirken die Hamburger Stimmen natürlich etwas "grauer" und alltäglicher. Allerdings gibt es da für mein Empfinden noch zwei weitere Unterpunkte, die zu diesem Bild beitragen:

3.1) In Hamburg gibt es eine erstaunliche Anhäufung an sehr ähnlichen Stimmen, die schwer zu unterscheiden sind. Beispiele dafür wären Wolf Frass/Jürgen Holdorf, Robin Brosch/Volker Hanisch oder Rüdiger Schulzki/Klaus Nietz. Für sich genommen wirken die Stimmen markant; stellt man jedoch den Zwilling gegenüber, kann das schnell irritieren.

3.2) Hamburg hatte - früher zumindest - durchaus manch einzigartige Stimme, deren Potenzial aber nicht voll ausgeschöpft wurde. Will sagen: Man wusste z.B. nichts so recht mit manch ausgefalleneren Sprechern anzufangen, und nahm stattdessen eine bodenständige Variante, die aber logischerweise weniger Eindruck hinterlässt. Nehmen wir folgendes hypothetisches Beispiel: Ein markanter, älterer Charakterdarsteller ist zu besetzen. Weil den Verantwortlichen z.B. Franz-Josef Steffens mit seiner markanten Stimme und der eigentümlichen Diktion zu gewagt ist, greifen sie auf jemanden wie Hans Sievers zurück, der flexibler ist, aber unscheinbarer wirkt.
Solche Entscheidungen könnte man durchaus als Fehlbesetzungen empfinden, aber ganz so eng würde ich es nicht sehen.
Umgekehrt ist es dann natürlich so, dass perfekte Besetzungen wirklich Eindruck auf den Zuschauer machen - Man denke an Von der Meden/Hasselhoff, Reins/Don Johnson oder Karallus/Kevin James. Gerade bei KING OF QUEENS bin ich der Meinung, dass die hohe Beliebtheit im deutschsprachigen Raum z.T. am genial besetzten Hauptcast liegt.

Jetzt würde mich natürlich eure Meinung dazu interessieren. Habt ihr ähnliche Beobachtungen gemacht? Oder sehe ich das alles ganz verkehrt?

Stefan der DEFA-Fan



Beiträge: 15.301

29.10.2015 23:52
#2 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Da ich ja selbst im Columbo-Thread diesen Anschnitt vorgenommen habe und auch früher schon die Meinung vertrat ...
Schon in den 70ern gab es in Hamburg nicht nur viele Stimm-Zwillinge, sondern sogar Drillinge - was ja nicht heißt, dass man die Stimmen absolut nicht unterscheiden kann, aber dass sie klar dem gleichen Typus angehören.
Zu Peter Kirchberger und Manfred Schermutzki (Stimmtypus, nicht schauspielerische Qualität) gesellt sich in jungen Jahren auch Günther Dockerill - Rolf Mamero, Werner Bruhns und Kurt A. Jung sind stimmlich auch nicht weit entfernt. Und zumindest die ersten fünf gehören ja zu den markanteren des hamburger Sprecherpools.
Tatsächlich sehe ich die "Alltäglichkeit" vieler hamburger Stimmen (wenn Du es so meintest, wie ich es verstanden habe, ist es eine großartige Definiton) zwiespältig - es gibt Filme und Serien, für die das durchaus geeignet, sogar ideal ist - aber überall, wo "Gesichter" dominieren, stört es mich extrem.
So löblich die Synchronisation der frühen "Mit Schirm, Charme und Melone"-Folgen war - Hamburg war die schlechteste Wahl, weil man sofort darauf gestoßen wird, dass es sich um eine Synchro frischesten Datums handelt, einfach weil die Stimmen den Gesichtern nicht angemessen sind. Selbst die Neusynchro (von ca. 1993) der französischen Serie "Der Chevalier von Maison Rouge" funktioniert einfach nicht - grob gesagt, weil (bis auf wenige Ausnahmen) Männer nicht wie Männer klingen, sondern wie Jungs. Ein Kai Hendrik Möller ist leider kein Harry Wüstenhagen ...
Sollte es sich wirklich nur um einen subjektiven Eindruck handeln? Sollte es Zufall sein, dass schon in den 70ern Leute wie Kompatzki und Bruhns sich üppig aus dem berliner und münchner Pool bedienten, obwohl das sicher nicht preiswert war?

Gruß
Stefan

Sandokan


Beiträge: 287

30.10.2015 09:35
#3 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Die Serie "Real Humans" (ARTE) war die letzte - mir bewusste - Hamburger Synchro, die ich gesehen habe.
Ich fand die Serie klasse, die Stimmen alle einwandfrei passend und angenehm "normal".
Auch wenn ein paar Berliner dabei waren, es war in erster Linie eine Hamburger Produktion, die mit Schlichtheit und Natürlichkeit seitens der Sprecher überzeugte.
Da könnten sich die Münchner und Berliner mit ihren oft nervigen 08/15-Besetzungen einiges abschauen ;-)

Champ



Beiträge: 303

30.10.2015 11:47
#4 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Ich stimme Wilkins zu, wenn er sagt, dass Hamburger Sprecher im großen und ganzen "gewöhnlichere" Stimmen haben. Das kann in bodenständigen Szenarien ein großer Vorteil sein, aber sobald es mal cartooniger oder fantastischer wird, fällt diese Bodenständigkeit negativ ins Gewicht. Gerade bei Videospiellokalisierungen ist mir das schon häufig aufgefallen. Da hat der Kölner-Raum dann klar die Nase vorn, weil dort viele ungewöhnliche Stimmen versammelt sind und die Sprecher in Köln scheinbar besser darin sind, auch ungewöhnliche Rollen mit Lebendigkeit zu füllen. (Mit ein paar Ausnahmen)

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

30.10.2015 12:08
#5 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

In der Geschichte der Nachkriegssynchronisation spielte Hamburg alleine aufgrund der Rank-Synchronabteilung eine wesentliche Rolle in der Branche. Viele Sprecher, die später mit Berlin, München oder beiden Städten verbunden wurden, hatten hier ihren ruhmreichen Ruf begründet. Heinz Engelmann, Sebastian Fischer, Paul Edwin Roth, Holger Hagen, Axel Monje, Wolfgang Eichberger, Heinz Klevenow, usw. Es gab eine Fülle renommierter Sprecher, die damals stark das Hamburger Ensemble prägten. Irgendwie schien Hamburg aber schon um 1960 herum weniger häufig Aufträge zu bekommen, Berlin und München wurde immer mehr.

In den 60ern wurde in Hamburg aber großartige Fernsehsynchronisation gemacht ("Bonanza", "Auf der Flucht"). Auch später gab es immer wieder erfolgreiche Fernsehserien, natürlich dann und wann auch Filme, die hochprofessionell in Hamburg gemacht wurden. Man nahm aber hier immer schon gerne Gäste aus Berlin oder München.

Leider finde ich, dass aber in den 70ern eine Art Wende kam und eine Menge austauschbarer Stimmen die Produktionen überschwemmten. Sicher, Hamburg hatte in den wenigsten Fällen so Hollywood-Charismatiker wie Berlin oder München zu bieten, es gab aber auch enorm viele einseitige Besetzung.

Ausserdem habe ich den Verdacht, dass man in Hamburg überproportional oft auf eine mögliche Reproduktion der Originalstimme Wert legte und weniger auf den Flair des Schauspielers. So war etwa Rolf Boysen in "Columbo" für Leonard Nimoy akustisch eine ideale Besetzung, aber er hatte nie und nimmer dessen Flair.

Bei vielen Hamburger Sprechern habe ich das Gefühl, dass sie viel besser als Hörspielsprecher funktionieren, denn als Synchronprofis: Achim Schülke, Henry König, Günter König, usw.

Mein Problem bei vielen Hamburger Synchronisationen nach den 60ern ist, dass sie sich so oft nach Hörspielen anhören und nicht lebendig genug für einen Film wirken.

Nichtsdestotrotz gab es Werner Bruhns, Gottfried Kramer, Hans Paetsch, Friedrich Schütter, um nur wenige zu nennen. Aber sie wurden auch nicht immer glücklich besetzt.

"Mondbasis Alpha 1" ist so ein Fall: das ist eine handwerklich absolut solide Arbeit uns gut gemacht. Aber die ganze Riege an Gaststars ist so fast einheitlich besetzt und Leute wie Richard Johnson oder Christopher Lee verlieren stark an Flair mit den dortigen Stimmen. Selbst Hans Paetsch im Dauereinsatz als weiser Mann ist für Peter Cushing eine Fehlbesetzung. Nichts gegen Hans Paetsch, den ich sehr schätze, aber wenn man Cushing dann in den rekonstruierten Szenen mit der Stimme von Christian Rode hört, merkt man plötzlich: das ist ein Filmstar!

In Hamburg wurden junge Helden mal gerne mit Charles Brauer und Horst Stark besetzt. Die sind aber beide sehr ähnlich. Und das ist durchaus so ein Phänomen an Hamburger Synchronisationen, dass es so viele ähnliche Stimmen gibt (auch Kielmann, Schülke, G. König), die man dann auch oft noch in wichtigen Rollen innerhalb eines Filmes, einer Episode sieht. Das finde ich schon störend.

Neulich sah ich "Dame, König, As, Spion". Handwerklich perfekt synchronisiert, da gab es nichts, auch ausgezeichnet gespielt. Aber in vielen Rollen wieder diese gleich klingenden Stimmen, die so austauschbar waren. Da ragten die vertrauten bekannteren Stimmen natürlich umso mehr heraus.

Ich kenne viele sehr gute Hamburger Arbeiten, aber vor allem ab den späten 60ern, finde ich, veränderte sich die Qualität dort schon etwas.

Edigrieg



Beiträge: 3.093

30.10.2015 16:26
#6 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

An dieser Stelle möchte ich doch gleich mal auf ein Paradoxon hinweisen. Es ist ja der allgemeine Terminus der Synchronbranche, eine Synchronfassung als Endprodukt nicht zu auffällig erscheinen zu lassen, um den Zuschauer nicht vom eigentlichen Film (o.a.) abzulenken, darum ja auch das Stillschweigen der Beteiligten in den Credits. De facto sind aber gerade die schillernden und klanglich einzigartigen Synchronstars in den zwei Hochburgen zu finden. Beißt sich das nicht eigentlich? Nein, denn letzten Endes wissen die Verantwortlichen um die Stimmenschönheit der Stars. Das schauspielerische Talent für die Bockbuster-Produktionen brächten auch die großen Stimmen aus Hamburg, Köln oder anderswo mit, aber eben nicht diese klangliche Einzigartigkeit. Steht natürlich in keiner Akte, aber die Branche WILL diese Markanz, weil diese die Produktionen um ein Vielfaches veredelt. Nur die Namen dahinter will man nicht preis geben.

Er2 ( gelöscht )
Beiträge:

30.10.2015 23:15
#7 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Zitat von Edigrieg im Beitrag #6
An dieser Stelle möchte ich doch gleich mal auf ein Paradoxon hinweisen. Es ist ja der allgemeine Terminus der Synchronbranche, eine Synchronfassung als Endprodukt nicht zu auffällig erscheinen zu lassen, um den Zuschauer nicht vom eigentlichen Film (o.a.) abzulenken, darum ja auch das Stillschweigen der Beteiligten in den Credits. De facto sind aber gerade die schillernden und klanglich einzigartigen Synchronstars in den zwei Hochburgen zu finden. Beißt sich das nicht eigentlich? Nein, denn letzten Endes wissen die Verantwortlichen um die Stimmenschönheit der Stars. Das schauspielerische Talent für die Bockbuster-Produktionen brächten auch die großen Stimmen aus Hamburg, Köln oder anderswo mit, aber eben nicht diese klangliche Einzigartigkeit. Steht natürlich in keiner Akte, aber die Branche WILL diese Markanz, weil diese die Produktionen um ein Vielfaches veredelt. Nur die Namen dahinter will man nicht preis geben.

Ist es wirklich so, dass die Branche diese Markanz (noch) will? In den letzten Jahren sind kaum markante neue Stimmen dazu gekommen. Klingt alles ziemlich austauschbar, sowohl bei Männern als auch bei Frauen.

Es geht auch, glaube ich, nicht darum dass die Stimmen von vornherein unauffällig sind, sondern, dass sie im Zusammenspiel mit dem Bild unauffällig werden. GGH war auffällig, verschmolz aber mit Connery oder Shatner. Ebenso Weicker den man immer erkennt, der aber mit Nimoys Gesicht eine Einheit bildete; oder Hess mit Bud Spencer. Alles Sprecher, die man sofort erkennt, aber nicht störend auffallen. Ebenso bei den Frauen: Bettina Schön ist sehr markant, verschmolz aber mit z.B.: Maggie Smith.

Rolf Schult, Klaus Miedel und Arnold Marquis hatten sogar recht eigenartige Stimmen und passten trotzdem (meistens) und waren großartig - sowas findet man heute gar nicht mehr - alles glattgeschliffen. Mittlerweile haben sich wenige Stimmtypen etabliert, die dauernd bedient werden.

Bei alten Hamburger Synchros finde ich das nicht mal unbedingt störend, dass die Stimmen eher unauffällig sind. Die Berliner und Münchner Sprecher waren aber deutlich einprägsamer für mich. Hamburger Sprecher (er)kenne ich kaum, obwohl ich durchaus einige Serien sehe/gesehen habe, die dort bearbeitet wurden.

Edigrieg



Beiträge: 3.093

31.10.2015 12:30
#8 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Dass solche "eigenartigen", besser einzigartigen Stimmen von früher heute kaum noch existieren, liegt an einem ganz anderen Problem, denn gewünscht könnten sie durchaus noch sein. Ich sehe das zeitgeschichtlich: Die Synchronbranche hat sich anfangs aus theaterversierten Mimen herausgebildet und zwar aus einer Zeit, als Talent noch vor Aussehen gestellt wurde. Ich kann solche Rollen jetzt nicht beim Namen nennen, aber kleine, feine Nebenrollen verlangten damals nach Menschen wie Hans Hessling oder Kurt Zips, um mal zwei herauszupicken und ohne ihnen nahetreten zu wollen, die im heutigen kameratauglichen Casting-Jugend-undwasweissich-Wahn kaum noch eine Chance hätten. Ich ziehe eine Parallele zur Oper, wo früher eine Jessye Norman oder Montserrat Caballé die Rollen spielten, weil sie mit ihren Stimmen die Arien auch wirklich hinbekamen, wenngleich sie optisch nicht unbedingt einer liebreizenden Verführerin entsprachen. Heute muss man schon Anna Netrebko heißen, um in diese Liga vorzustoßen (Soll ja nicht heißen, dass sie nicht singen kann). Aber die Chance, kuriose Charaktere ans Licht zu fördern, wird schon lange vorher vertan. Etwas profaner: Früher war Talentsuche, heute ist Casting.

Lord Peter



Beiträge: 5.015

31.10.2015 13:54
#9 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Den "stimmlichen Einheitsbrei" heutzutage würde ich allerdings nicht auf Hamburg begrenzen. Sicher, die "Blockbustersprecher" (Wunder, Bierstedt, Nathan etc. pp.) sind dort nicht, aber auch in den beiden Hochburgen Berlin und München erkenne ich abseits der Hauptrollen kaum noch jemanden. Da ist dann ein Thormann, Rode oder Neugebauer (meist in einer größeren Nebenrolle) schon ein netter Aha-Effekt, der Rest kann sich bei mir einfach nicht "im Ohr festsetzen". Kaum einer von denen leistet schlechte Arbeit, aber ich kann sie einfach nicht auseinander halten. Sie erfüllen ihren Zweck, mir einen Film oder eine Serienepisode in meine Muttersprache zu übertragen, nicht mehr, nicht weniger - und genauso ist es von den Verleihern heutzutage gewollt. Möglichst wörtliche Übertragung des Originals, und bloß keine eigene Interpretation des Sprechers, um ja nichts zu verfälschen (abgesehen von bewußter Zensur).

Ist ja an sich lobenswert, wenn man etwa an einen Arnold Marquis zurückdenkt, der so manche differenzierte Rolle in Grund und Boden gebollert hat, doch leider betrifft dies auch Fälle wie bspw. Lex Barker. Bei aller Ausstrahlung - er war ein höchst mittelmäßiger Schauspieler, sein Repertoire umfasste kaum mehr als zwei Gesichtsausdrücke (albernes Grinsen und das berühmte Mahlen der Kieferknochen), aber durch die Stimme von GGH wurde daraus ein (zumindest im Kontext seiner Filme) ernstzunehmender Held. Heute bekäme er eine der weichgespühlten "08/15"-Heldenstimmen" und verlöre dadurch enorm.

Selbst eine für heutige Verhältnisse vorbildliche Synchro wie "Inspector Barnaby" büßte durch den Wechsel des Hauptdarstellers und den damit verbundenen Sprecherwechsel viel von ihrem Charme ein. Erich Räuker ist eben nicht Norbert Langer...

kinofilmfan


Beiträge: 2.660

31.10.2015 14:28
#10 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Zitat
Früher war Talentsuche, heute ist Casting.



Viel besser kann man es wohl nicht ausdrücken!

Ohne Wiederkehr


Beiträge: 907

31.10.2015 15:31
#11 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Ich finde die meisten heutigen Sprecher klingen meistens viel zu glatt, die Stimmen haben immer weniger Ecken und Kanten und dadurch fehlt eben auch in gewisser Weise die Vielfalt und der Wiedererkennungswert im Gegensatz zu früher. Man hört einfach zu sehr, dass da ein perfekt geschulter Sprecher vor einem Mikrofon aggiert, das lässt heutige Synchronisationen oft unecht und austauschbar wirken. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Sprecher, wie z.B. Volker Brandt oder Manfred Schott mit ihrer eigenwilligen Stimme und Aussprache heute keine Chance mehr hätten.

Das mag vielleicht kurios klingen, aber ich finde der oben beschriebene Aspekt wird auch durch die verbesserte Ton Qualität begünstigt. Dieser glatte Ton nimmt einfach Markanz und wie schon gesagt "Ecken und Kanten" aus den Stimmen. So wie heutige Synchronisationen klingt einfach keiner, das wirkt einfach unecht und draufgesprochen, die Stimmen kommen nicht vom Gesicht.

Heute scheint es ja so zu sein, dass sehr viele Synchronsprecher nichts anderes machen, als eben Synchron-Sprechen und sofort damit anfangen, also nicht vom Theater kommen, wie es früher der Fall war. Kann es also sein, dass die synchron-Sprecher heute also einfach eine einheitliche Art zu schauspielern erlernen und nicht die Möglichkeit haben etwas eigenes zu entwickeln, wie es dann möglich ist, wenn man z.B. regelmäßig auf der Bühne steht ?

Ich finde eigentlich nicht, dass hamburger Synchronisationen nicht markant, oder austauschbar sind. Ich kenne zwar kaum hamburger Stimmen, da ich nicht besonders viele hamburger Synchronisationen kenne, aber ich mag diese eher unauffällige Art eigentlich ganz gerne. Berliner Synchros klingen mir oft einfach zu sehr nach Hollywood, mir kommt es so vor, als entwickleen einige Berliner Sprecher gerne entsprechende Manierismen. Da ist mir die hamburger Unauffäligkeit lieber.

andreas-n


Beiträge: 577

31.10.2015 17:06
#12 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Beim Thema Hamburger Stimmen muss ich zunächst immer an Hörspiele denken. Und die ersten Sprecher, die ich mit Namen benennen konnte, waren fast größtenteils Sprecher aus Hamburg. Franz-Josef Steffens, Gottfried Kramer, Peter Kirchberger, Horst Stark, Andreas von der Meden, Wolf Rathjen, Manfred Steffen, Hans Hessling, Günter Lüdke, Michael Harck, Hans Paetsch, Achim Schülke, Günter König, Douglas Welbat usw. waren/sind für mich Sprecher mit außerordentlich markanten Stimmen, die ja auch allesamt synchronisierten.
Für mich hatte Hamburg in den 70ern und 80ern die markantesten Stimmen aller Synchronstätten überhaupt.
Das mag heute anders sein; allerdings betrifft dieses Problem nicht nur Hamburg.

Rai87


Beiträge: 298

01.11.2015 19:28
#13 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Zitat von andreas-n im Beitrag #12
Beim Thema Hamburger Stimmen muss ich zunächst immer an Hörspiele denken. Und die ersten Sprecher, die ich mit Namen benennen konnte, waren fast größtenteils Sprecher aus Hamburg. Franz-Josef Steffens, Gottfried Kramer, Peter Kirchberger, Horst Stark, Andreas von der Meden, Wolf Rathjen, Manfred Steffen, Hans Hessling, Günter Lüdke, Michael Harck, Hans Paetsch, Achim Schülke, Günter König, Douglas Welbat usw. waren/sind für mich Sprecher mit außerordentlich markanten Stimmen, die ja auch allesamt synchronisierten.
Für mich hatte Hamburg in den 70ern und 80ern die markantesten Stimmen aller Synchronstätten überhaupt.
Das mag heute anders sein; allerdings betrifft dieses Problem nicht nur Hamburg.


Das finde ich auch. Mir fällt da immer mein Paradebeispiel "Batman" ein.
Super markant, aber nicht aufdringlich. Ich könnte mir (außer vielleicht Spaßhalber im Alternativ-Synchro Thread ), keine andere Synchro für die Serie vorstellen!

Gustav Gans


Beiträge: 184

26.12.2015 11:35
#14 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Zitat von andreas-n im Beitrag #12

Für mich hatte Hamburg in den 70ern und 80ern die markantesten Stimmen aller Synchronstätten überhaupt.
Das mag heute anders sein; allerdings betrifft dieses Problem nicht nur Hamburg.


Ich finde auch, dass das kein reines Hamburger Problem ist. Wenn man sich mal die Originalstimmen von Filmen und Serien anhört, fällt auf, dass vor allem in den späten 90er und 2000er Jahren die Filme und Serien bevölkert waren von hellen, soften und eher unmarkanten Stimmen. Logisch dass sich das dann auch auf die deutschen Fassungen niederschlägt und ein Trend zu solchen Stimmen entsteht.
Doch in den letzten Jahren scheint sich in den USA und England wieder langsam der umgekehrte Trend bemerkbar zu machen, was sich dann langfristig sicher auch auf die hiesige Synchronbranche auswirken wird.

Was Hamburg als Synchronstadt angeht, hatte es im Laufe der letzten 20 Jahre auch echt Pech: Nur noch wenige bekannte Serien (von Filmen ganz zu schweigen) wurden dort bearbeitet, was zur Folge hatte, dass gerade jüngere Hamburger nach Berlin abgewandert sind (Kaya Möller, Tim Knauer, Leonhard Mahlich, Tobias Schmidt etc.). Andere markante Hamburger Stimmen sind, wenn sie nicht nach Berlin oder München gezogen sind, im Laufe der letzten 10-20 Jahre nach und nach verstorben oder machen einfach kein Synchron mehr. Ich denke dabei zum Beispiel an Gottfried Kramer, Thomas Schüler, Gerd Marcel, Henry Kielmann, Hans Sievers, Rolf Jülich, Günter König, Wolf Rahtjen, Manfred Steffen, Utz Richter, Lothar Grützner, Andreas von der Meden, Frank Straaß, Peter Lakenmacher, Michael Harck, Wilfried Freitag, Franc Tausch, Harald Pages, Horst Schön, Matthias Grimm, Jörg Gillner, Günter Lüdke, Wolfgang Jürgen, Rainer Brönneke, Klaus-Peter Kaehler, Joachim Richert, Peter Aust, Franz-Josef Steffens, Rainer Schmitt, Gernot Endemann, Horst Stark, Hans Hessling, Ursula Vogel, Marianne Kehlau, Beate Hasenau und viele andere, die mir gerade nicht einfallen - und diese wirklich sehr markanten Stimmen fehlen einfach in Hamburg!
Es ist zwar schön, dass in Berlin inzwischen immer häufiger Hamburger, Münchner und Kölner zum Einsatz kommen und so die regionale Begrenzung etwas aufweicht, aber trotzdem verlieren die kleineren Synchronstädte so natürlich nach und nach ihre regionale Identität.
Das trifft zum Teil auf München zu, aber vor allen Dingen auf Hamburg und Köln.
Ich finde nicht, dass Hamburg keine markanten Stimmen hatte (siehe die obige Liste), zum richtigen Zeitpunkt hätte zum Beispiel ein Lothar Grützner meiner Meinung nach auch den alten Sean Connery übernehmen können, nachdem GGH verstorben war.
Und dass Gottfried Kramer auch Leute wie Marlon Brando oder F. Murray Abraham in großen Kinofilmen gesprochen hat, geschah ja auch nicht ohne Grund.
Oder dass sich Sprecher wie Thomas Karallus auf Kevin James, Reent Reins auf Don Johnson, Sascha Draeger auf Dean Cain oder Andreas von der Meden auf David Hasselhoff auch überregional als Stammsprecher etablierten.

Schade ist dann in der Hinsicht auch, dass selbst verfügbare Leute in Hamburg vor Ort nicht mehr als Stammsprecher gefördert werden. Da macht man mit "Mr. Holmes" einen aktuellen Kinofilm in Hamburg und besetzt nicht den in Hamburg verfügbaren großartigen Eckart Dux auf Ian McKellen wie in den HOBBIT-Filmen, sondern holt recht beliebig Kaspar Eichel aus Berlin.

Mich beeindrucken die gut recherchierten Listen, die VanToby hier im Forum zu (verfügbaren bzw. nicht mehr verfügbaren) Sprechern/Sprecherinnen aus München und Berlin angefertigt hat. Vielleicht sollte man sowas auch mal versuchen für Hamburg anzufertigen.


Gruß,

GG

E.v.G.



Beiträge: 2.339

27.12.2015 12:36
#15 RE: Hamburger Synchronstimmen farblos? Zitat · antworten

Leute mit etwas schrägen Stimmen wie Oliver Rohrbeck und Sven Plate werden ja kaum besetzt, so dass diese dann im Alter auch nicht mit so auf dem Radar der Verantwortlichen sind.
Mit dem Einklagen von höheren Gagenbeteiligungen werden manche der Verantwotlichen nochmehr auf "austauschbare" Stimmen setzen, was leider die Situation nicht verbessern wird. Solange es keine vernünftigen Absprachen VOR den Aufnahmen gibt, die bei möglichen Riesenerfolg eine automatische Nachbesserung vorraussehbar machen, wird sich das leider nicht verbessern.

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