Zitat von Markus im Beitrag #13Lutz Mackensy erzählt in seinem Interview bei den Media Paten eine Anekdote zu Horst Balzer (ca. bei 11:00):
https://youtu.be/VD4EW8J3YOw(Synchronisation in Filmen und Videospielen | Schnick + Schnack mit Lara Loft & Björn Schalla)
In diesem Video erzählt Björn Schalla ab 24:20min bis ca. 30:00min auch über dessen "Art" der Regieführung, am Beispiel von "Gib's ihm Chris" wo Schalla Christopher Eccleston gesprochen hat. Ich hatte es glaube ich auch mal an anderer Stelle erwähnt, aber laut Schalla hat er wohl auch bei "Cyrano von Bergerac" (1990) die Regie inne gehabt, was auch die 'ungewöhnliche' Besetzung von Sebastian Fischer auf Gérard Depardieu erklären könnte.
Was ich schon länger beobachtet habe und durch Besetzungslisten immer wieder bestätigt, scheint Horst Balzer eine Vorliebe für Christian Brückner zu haben. Gut, er hat natürlich auch ein paar Filme erwischt wie "Die letzte Versuchung Christi" oder "Goodfellas", wo das einfach Konti-Besetzungen sind, aber er hat ihn schon recht oft besetzt und das nicht immer glücklich. John Heard... ernsthaft jetzt? Ich kenne "Milagro - Der Krieg im Bohnenfeld" nicht, aber ich kann mir die Kombi nur schwer vorstellen. Gary Oldman ist natürlich echt schwer zu beurteilen, da übelst maskiert, aber das hätte sicher auch Thomas Petruo gewuppt. Man weiß es natürlich nicht. Und William Dafoe... naja, man gewöhnt sich dran. Aber er macht Dafoe damit schon recht alt. Bruce Davison... hmmm, weiß nicht recht. "Hexenjagd" hab ich vor Jahren gesehen. Fand ich damals aber auch schon recht mäßig die Kombi.
Ich würde hier Udo Schenk auch noch hervorheben, auch regelmäßig außerhalb von Kontinuitäten. Und auch wie Brückner nicht immer glücklich, wie für Robert Sean Leonard in "Viel Lärm um nichts", Daniel Day-Lewis in "Im Namen des Vaters" und natürlich Keanu Reeves in "Dracula". Aber dafür natürlich kongenial in GoodFellas für Ray Liotta. Generell in den letzten Arbeiten von Balzer war Schenk oft dabei.
Joachim Tennstedt könnte man auch im gleichen Zuge nennen. Und ganz im Balzer-Stil hat er seine Favoriten auch gerne mal rotiert auf gewissen Schauspielern. Anfangs Sense auf Reeves, folgend mit Schenk und dann Tennstedt auf Reaves. Erst Schenk auf Lewis, dann Tennstedt auf ihm. Dafoe bekam unter ihm auch mehrere Sprecher. Er hat schon sehr nach Rollen besetzt.
Balzer hat manchmal schon ein komisches Besetzungsmuster, erst besetzt er in "Dracula" Anita Lochner für Winona Ryder. In "Hexenjagd" besetzt er dann die kongeniale Kellina Klein, während er Lochner für Joan Allen besetzt, wo sie auch wirklich gut und passend war. Er bricht immer wieder seine eigenen Besetzungen auf.
Der Ruf zum zu alt besetzen hängt ihm schon nach, aber da waren auch geniale (Erst-)Besetzungen bei, die sich zum Glück durchzogen. Petra Barthel auf Uma Thurman, Monica Bielenstein auf Emma Thompson und natürlich der schon erwähnte Udo Schenk auf Ray Liotta. Gibt sicher noch ein paar mehr.
Ja, Horst Balzer war schon kein schlechter Regisseur. Ich mag "Goodfellas" und "Das Schweigen der Lämmer" in der Synchro, so wie sie ist. Selbst die abgefahren besetzte Synchro von "Viel Lärm um nichts" ist toll. So schräg es sich auch anhört: ich möchte Joachim Kerzel für Michael Keaton nicht missen. So wie Keaton im Film agiert, sich bewegt, die Rolle verinnerlicht - das ist einfach großartig mit Kerzel. Da kann ich mir, so leid es mir tut, Tennstedt null vorstellen.
Problematischer als die zu alten Besetzungen finde ich eher seine Dialogbücher....die sind selten wirklich gut und sein Sprachgefühl schwankte leider oft zwischen antiquiert und anglizistisch.
Wobei ich dein viel aufgezähltes Beispiel mit den "Fickspiegel" überhaupt nicht dramatisch finde. Aber ich kenne auch das Original nicht. Hatte aber an der Stelle noch nie was auszusetzen. Dachte mir halt, so sprechen Gangster eben.
Zitat von Silenzio im Beitrag #19Balzer hat manchmal schon ein komisches Besetzungsmuster, erst besetzt er in "Dracula" Anita Lochner für Winona Ryder. In "Hexenjagd" besetzt er dann die kongeniale Kellina Klein, während er Lochner für Joan Allen besetzt, wo sie auch wirklich gut und passend war. Er bricht immer wieder seine eigenen Besetzungen auf.
Kellina hatte mir mal erzählt, dass Horst Balzer eigentlich auch für "Hexenjagd" wieder Anita Lochner für Winona Ryder haben wollte. Der Verleih bestand allerdings auf Kellina, was Balzer zunächst mal gar nicht gefiel. Nach der Arbeit an dem Film entschuldigte er sich dann allerdings bei ihr, dass er so negativ an die Arbeit mit ihr ranging und war restlos vom Ergebnis begeistert. Und wenn man sich den Film anguckt, kann man dem nur zustimmen.
Zitat von Silenzio im Beitrag #23Wobei ich dein viel aufgezähltes Beispiel mit den "Fickspiegel" überhaupt nicht dramatisch finde. Aber ich kenne auch das Original nicht. Hatte aber an der Stelle noch nie was auszusetzen. Dachte mir halt, so sprechen Gangster eben.
Zur genannten Szene: Er sagt ja "bei ihm glänzten die Schuhe wie Fickspiegel, entschuldigt meine Sprache". Beim ersten Sehen (da war ich noch jung) von GoodFellas dachte ich wirklich ein "Fickspiegel" sei ein spezieller Begriff für Irgendwas, der eigentlich einen völlig anderen, nichtsexuellen Hintergrund hat - ähnlich Schuhwichse o.Ä. Aber, im Original sagt er "fucking mirrors" - also einfach eine typisch "angloamerikanische" Bekräftigung von Spiegel, also wäre "scheiß Spiegel" oder "verdammte Spiegel" besser gewesen. Gut, das mag ein Ausrutscher gewesen sein aber die gesamte Synchro von GoodFellas wirkt irgendwie unnatürlich. Hölzern (das dauernde "Ich schwöre"), gestelzt, Aneinandervorbeireden, falsche Modus- und Tempusformen (exemplarisch ist da "Die würden das gefunden haben") und irgendwie erhärtet sich bei mir der Verdacht, dass er ab der Hälfte überhaupt gar nicht mehr wusste, worum es eigentlich geht und einfach nur Wort für Wort übersetzt hat. Das ist zumindest mein Eindruck.
Bei Schweigen der Lämmer gibt es auch so ein paar Passagen, die bei mir Stirnrunzeln hervorrufen. Etwa die Ausbildung/Studiumsgeschichte, die ich mal angeführt hatte und so unnötig sterile Satzschwafeleien in Massenzenen, die vielleicht im Theater so angebracht sind im Film aber total deplatziert wirken: "Nimmst du mir das mal ab, sei mal so freundlich bitte, ja". Im Original meine ich ein verschwommenes "Take this" zu hören... Klar, das mag kleinlich sein aber das sind so Sachen, die das ganze irgendwie "unrund" wirken lassen.
Stefan hat ja auch ähnliches über Dracula geschrieben.
"Fickspiegel" ist für mich ein schönes Spiel mit der Sprache - und unterstreicht auch noch den Charakter der Figur Billy Batts. Ein so selbstverliebter Kretin, dass bei ihm zuhause die Spiegel so hängen, dass er sich dabei betrachten kann, wie er die nächste Nutte bügelt.
Und du schlägst ein "verdammte Spiegel" vor. Okay. Ich reiche den Vorschlag für den Originalitäts-Award 2024 ein.
Ist natürlich alles subjektiv. Ich sehe es so: Echte Sprache ist etwas anderes als Synchron, da geht es um lebendige Kunst, ums Verschieben von Grenzen, ums Erfinden - nicht ums Nachplappern und Malen nach Zahlen. Mal was wagen.
Belzer war ein echter Schreiber, der auch Synchron gemacht hat. Beim Blick zurück in den Fickspiegel bin ich dankbar, dass es ihn im Synchron gab.
"verdammte Spiegel" mag meinetwegen nicht der Originalität Weisheit letzter Schluss sein, aber "Fickspiegel" ist mE immer noch völlig falsch....demnach dürfte es dann ja auch "Fickbürgermeister" heißen, wenn von "fucking mayor" in irgendeiner Weise die Rede ist.
Über den Rest darf mE gerne gestritten werden....ich bleibe jedoch dabei: Balzer mag ein hervorragender Regisseur gewesen sein, aber Dialogbücher verfassen war nicht seine Stärke. Das kann man gerne beschönigen, ich weiß aber was ich da höre - und es klingt in meinen Ohren falsch
Zitat von Ludo im Beitrag #29"verdammte Spiegel" mag meinetwegen nicht der Originalität Weisheit letzter Schluss sein, aber "Fickspiegel" ist mE immer noch völlig falsch....demnach dürfte es dann ja auch "Fickbürgermeister" heißen, wenn von "fucking mayor" in irgendeiner Weise die Rede ist.