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Dieses Thema hat 26 Antworten
und wurde 898 mal aufgerufen
 Off-Topic
Seiten 1 | 2
Hans-Joachim Albrecht


Beiträge: 1.443

12.06.2020 09:22
EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/ BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965
aus der Sicht eines ostdeutschen fleißigen Kinogängers

Hallo!
Um es gleich vorwegzunehmen: Die westdeutschen Spielfilme spielten bei mir als Filmfan von Anfang an eine große Rolle.
Der Anfang war bei mir 1954, als mein Bruder und ich (er war 13, ich sieben) uns im Kino den Heinz Rühmann-Film von 1953
KEINE ANGST VOR GROßEN TIEREN angeschaut haben. Er war P 6 , also durfte auch ich rein. Das weiß ich noch ganz genau.
Und auch den zweiten weiß ich noch: SCHWARZWALDMÄDEL(1950), den ich im Kino 1955 sah, auch P 6. Der Film kam auch 1955
erst in die DDR-Kinos. Warum so spät, während andere bundesdt.Spielfilme vom selben Genre oft recht schnell nach der West-
Premiere in unsere Lichspielhäuser kamen, das hab ich nicht in Erfahrung gebracht.
Ich kann mich noch gut erinnern, daß die Nachmittagsvorstellungen dieser Filme immer so gut wie ausverkauft waren, die Abend-
vorstellungen sowieso, und das ging bei den westdeutschen Filmen so bis in die 70er Jahre hinein, ich kann mich an keinen
Flop erinnern, den ich miterlebt hätte.
Daran sehen die geschätzten Damen und Herren, die diese Rubrik lesen, daß die Beliebtheit dieser Spielfilme (und damit auch
ihre Hauptdarsteller) nicht nur bei mir, sondern allgemein beim DDR-Kino-Publikum wirklich sehr, sehr hoch war. Die Kassen
klingelten!
Vielleicht, so dachte ich mir, ist es für die westdeutschen Leser dieses prima Forums, aber auch für die Ostdeutschen, die es
nicht miterlebt haben, weil sie da noch zu jung waren, ganz interessant, wie das mit dem westdeutschen Nachkriegs-Spielfilm
denn im anderen Teil Deutschlands sich so verhielt, aus Sicht eines Zeitzeugen.
In diesen meinen Erinnerungen (ich werde aber diesmal Unterlagen auch wälzen , bischen Statistik möcht ich mit reinbringen)
geht es nur um Filme, die im Kino liefen, und eben nur bis 1965 etwa .
Was später war, und was im DFF (DDR-TV) war, ist auch sehr interessant, aber es würde mir die "Recherche" dazu einfach zu lange
dauern.
Finden wird sich da keiner, ich werds wohl machen "müssen", sehr gerne sogar, aber wohl erst, wenn wir unsern großen Garten
abgeschafft haben.....Aber das nur nebenbei.

Jetzt mal bischen Statistik gefällig ? Na gut. Also: in meinem tollen Nachschlagewerk vom Bundesarchiv/DEFA-Stiftung 2001
"......Spielfilme.....in den Kinos der SBZ/DDR 1945 bis 1966" finde ich folgendes:

1) Der allererste Spielfilm hergestellt in den Westzonen Deutschlands, der den Weg in die Kinos der sowj.besetzten Zone (SBZ)
gefunden hatte, war der REAL-Film aus Hamburg von 1947 in der Regie WERNER KLINGLERS, P 14 in der SBZ, mit den Hauptdarstellern
EDITH SCHNEIDER (sagt uns ja ganz viel, schließlich sind wir hier im SYNCHRON-FORUM, hahaha), CLAUS HOFER und HARRY MEYEN......

..........ARCHE NORA......Premiere in Hamburg 6.2.48........Erstaufführung in der SBZ, in Berlin 28.5.48

Im BAUER-KATALOG ist vermerkt, daß dies ein Austausch-Film Westdeutschland-Ostdeutschland sei, also kam dafür ein DEFA-FIlm
in die westzonalen Kinos.
Diesen Film hab ich nie gesehen, vielleicht wird´s ja noch. In YOUTUBE beim Angebot der 18 REAL-Filme dort ist er leider nicht dabei.

Das zur Einführung für heute.hans.

Lammers


Beiträge: 4.069

12.06.2020 10:50
#2 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Ich habe so einige Filme aus dieser Zeit (ich zitiere mich mal gerade selbst)...

Zitat
...in einem von mir schon oft besuchten Programmkino im Rahmen einer speziellen Retrospektive-Reihe sehen dürfen, die es zu meinem großen Bedauern nicht mehr gibt. Dort gab es statt Werbung und Trailern vor dem Film eine Einführung eines Herrn, der an einer Universität im Fach Filmwissenschaften doziert. Nachher gab es noch die Möglichkeit, in lockerer Runde mit ihm über den Film zu reden.



Ich habe mal nachgeschaut, welche deutschen Filme ich aus dem von dir genannten Zeitraum im Zeitraum von 2004 (da habe ich den ersten Film in dieser Reihe gesehen) bis zur Einstellung der Reihe 2017 habe sehen dürfen und es waren immerhin drei:

Die Sünderin (1951)
Wir Kellerkinder (1960)
Der Hauptmann von Köpenick (1956)

Junge, Junge, ich werde gerade ein bißchen wehmütig, da mir bewusst wird, was für ein Schatz diese Reihe war. Und wenn jemand, der Filmwissenschaften doziert, dir gegenüber im Gespräch nach Ende der Sichtung am Tisch im Foyer den Film Bild für Bild auseinandernimmt, ist das schon echt faszinierend. Das waren immer schöne Abende, auch wenn ich und jemand anders oder zwei, drei andere Personen seine einzigen Gesprächspartner waren. Bei manchen Filmen waren aber auch viele Leute dabei, die das Filmgespräch im Anschluss genutzt haben; auf deutsche Filme aus dieser Zeit bezogen z.B. bei "Wir Kellerkinder".

Bei der "Sünderin" waren wir uns aus meiner Erinnerung darüber einig, dass wir den Film schlecht fanden und wäre er seinerzeit nicht so skandalös gewesen, wäre er möglicherweise in Vergessenheit geraten. Der entsprechende Herr erzählte übrigens in der Einleitung, dass im Kreise seiner Eltern, die wohl auch filmbegeistert waren, auch intensiv über den Film diskutiert wurde.

Desweiteren habe ich in demselben Kino noch "Es geschah am hellichten Tag" mit Heinz Rühmann und Gert Fröbe sehen dürfen.

Außerdem möchte ich bei dieser Gelegenheit einen experimentellen Spielfilm aus dem Jahre 1957 erwähnen, der 2001 in diesem Kino auf einem Festival lief ("Es geschah am hellichten Tag" wurde dort ein paar Jahre auch gezeigt), bei dem zumeist Trash und andere Raritäten gezeigt wurden: "Jonas"
Die Hauptdarsteller sind Robert Graf und Elisabeth Bohaty; desweiteren sind noch Willy Reichmann und Dieter Eppler zu sehen. Ottomar Domnick, der im Hauptberuf Psychiater war, aber auch ein paar Filme gedreht hat, führte hier Regie (Regieberatung: Herbert Vesely). Ein paar Preise hat der Film auch gewonnen:

2 deutsche Filmpreise (Filmbänder in Silber; Beste Kamera: Andor von Barsy, Beste Filmmusik: Ausschnitte aus der "Liberation Suite" von Duke Ellington, Winfried Zillig)
Preis der deutschen Filmkritik 1957 für die Bildgestaltung
Bambi 1957 – Künstlerisch wertvollster deutscher Film
Jury der Evangelischen Filmgilde – Bester Film des Monats Oktober 1957

sowie eine Nominierung für den goldenen Bären der Berlinale 1957. Btw: Trotz seiner geringen Bekanntheit gibt es den Film auch auf DVD.

Trotz der Schwere des Themas (Schuldgefühle wegen eines Erlebnisses im zweiten Weltkrieg, Isolation in der Großstadt) und der nicht einfachen Machart (kein O-Ton oder eingefügter Ton, Erzählung und Kommentierung durch Off-Sprecher, wenige und nachsynchronisierte Dialoge) ist der Film, mit dem man erstmal warmwerden muss, durchaus sehenswert und für seine Entstehungszeit denkbar ungewöhnlich, wenn man mal auf die vielen Heimatfilme, Komödien und Musikfilme schaut, die in den 1950er Jahren entstanden.
Der Film wurde in Stuttgart gedreht; ein Drehort war auch der Stuttgarter Fernsehturm. Am Anfang, bevor der Film beginnt, werden vor einer Nachtaufnahme des Fernsehturms Meldungen eingeblendet, die auf die emotional instabile Lage von Teilen der Bevölkerung hinweisen. Eine Bemerkung am Rande: Ich kann mich noch an die Lacher des Publikums erinnern, als die Meldung "Mehr Selbstmörder als Verkehrstote" eingeblendet wurde. Das ist zwar makaber, wirkt aber aus heutiger Sicht schon skuril. Aber es gab damals eben noch weniger Leute mit Führerschein.
Ich bin übrigens bei der ersten Sichtung des Films ohne irgendein Gefühl aus dem Kino gegangen. Ich hatte einfach keine Meinung zu dem Film. 5-10 Jahre später habe ich den Film nochmal auf DVD gesehen und fand ihn dort wirklich besser, weil ich das Gefühl hatte, den Film etwas besser zu verstehen.

Lammers


Beiträge: 4.069

12.06.2020 11:04
#3 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Zitat von Hans-Joachim Albrecht im Beitrag #1
Er war P 6 , also durfte auch ich rein. Das weiß ich noch ganz genau.
Und auch den zweiten weiß ich noch: SCHWARZWALDMÄDEL(1950), den ich im Kino 1955 sah, auch P 6.


Interessant. Wie funktionierte das denn generell mit der Altersfreigabe in der DDR? Hieß P 6 freigegeben ab 6 Jahren oder hatte das eine andere Bedeutung? Und wieviele Stufen gab es? Und wer bestimmte die Altersfreigaben? Geschah das auch durch die entsprechenden staatlichen Stellen?

Stefan der DEFA-Fan



Beiträge: 14.845

12.06.2020 11:17
#4 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

P 6 hieß frei gegeben ab 6.
Es gab die Stufen:
P 0, P 3, P 6, P 10, P 14, P 16 und P 18 - eine weitaus sinnvollere Abstufung als bei der FSK. Zusätzlich gab es noch die Freigabe ab 14/in Begleitung von Erwachsenen ab 12 ("Kampf der Titanen" wurde z.B. so frei gegeben).

Gruß
Stefan

Hans-Joachim Albrecht


Beiträge: 1.443

12.06.2020 21:15
#5 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

STEFAN, vielen Dank für deine Hilfestellung bei der Beantwortung der Frage von LAMMERS. So genau hab ich´s nicht mehr
gewußt.
Lammers hat noch gefragt, wer die jeweiligen Altersfreigaben bestimmte, und ob das auch durch die entsprechenden staatlichen
Stellen geschah.
Ich versuch mal ne Antwort und bitte die Kenntnis- Habenden, Einspruch zu erheben, wenn`s nicht stimmen sollte.
Das Filmwesen in der DDR war staatlich, also waren es auf jeden Fall staatliche Stellen, die die Altersfreigaben festlegten.
Wer genau das innerhalb des Filmwesens war, da vermute ich ganz stark den staatlichen Betrieb DEFA-AUßENHANDEL, der für den
Ankauf von Spielfilmen aus anderen Staaten (und für den Verkauf von DEFA-Filmen in andere Staaten) verantwortlich war.
Möglicherweise hat aber der staatliche Betrieb PROGREß FILM-Verleih die Prädikate (das "P" steht für Prädikat) jeweils festgelegt.

LAMMERS, danke schön für deinen prima langen, interessanten Beitrag ! Macht Spaß, diesen breiten Rahmen "Bundesdt.Spielfilme der ersten
20 Nachkriegsjahre" ganz unterschiedlich betrachtet zu lesen.
Von deinen 4 erwähnten BRD-Spielfilmen lief nur einer in den ostdeutschen Kinos: na klar, der Rühmann-Film DER HAUPTMANN VON KÖPENICK(1956
gedreht, anfang 1957 DDR-EA) (der hellichte Tag war ein Schweizer Film, in den Lichtspieltheatern der DDR mit großem Erfolg gezeigt worden).

Auf den HAUPTMANN-FILM werde ich noch ausführlich eingehen, da es sich bei diesem hervorragenden Film absolut lohnt. So wie du den
Film "JONAS" besonders herausgestellt hast. Die Meriten dieses Streifens sprechen ja für sich !
Was mich persönlich betrifft: Experimentalfilme waren und sind nicht so mein Ding. Dennoch werde ich in der TV-Zeitschrift auf den Titel
achten; ich lese das jeweilige Tagesprogramm der Sender eh erst ab 23.45 Uhr..... Und wenn etwas für meine Frau und mich dabei ist,
speichere ichs auf der Festplatte unseres TV-Apaarates. Feine Sache.
Gruß.hans

Lammers


Beiträge: 4.069

12.06.2020 22:03
#6 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Ach ja, stimmt, "Es geschah am hellichten Tag" ist ja eine schweizerisch-deutsch-spanische Co-Produktion. Das war mir entgangen.

Zitat
Auf den HAUPTMANN-FILM werde ich noch ausführlich eingehen, da es sich bei diesem hervorragenden Film absolut lohnt. So wie du den
Film "JONAS" besonders herausgestellt hast. Die Meriten dieses Streifens sprechen ja für sich !



Ja, der Film lohnt auf jeden Fall. Und er scheint tatsächlich einen größeren Eindruck gemacht zu haben, was mir klar wurde, als ich gelesen haben, dass er doch so einige Preise bekommen hat. Ich wusste nur von einem, was aber auch von der Doku "Domnick über Domnick" (1979) kommen kann, wo der Filmpreis in Domnicks Haus zu sehen ist und m.W. auch erwähnt wird.

Der "Hauptmann von Köpenick" wurde in der von mir erwähnten Reihe 2009 gezeigt und es wurde nach dem Film auch noch darüber diskutiert. Unter anderem sowohl über die Tatsache, dass es 1956 noch viele Leute gab, die die entsprechende Epoche um 1900-05 miterlebt hatten als auch darüber, dass sich der Humor über die Jahre stark verändert hat. Beispielsweise soll die Szene, wo Willy, Wormsers Gehilfe, bei einer Veranstaltung ein Glas anstoßen soll und es dann aus Ungeschicklichkeit umstößt, damals ein echter Brüller gewesen sein, während man heutzutage höchstens müde darüber schmunzelt. Außerdem gibt es im Trailer des Films eine Szene, wo jemand bei einer Veranstaltung "singend" an einer Reihe von Gardemädchen vorbeimarschiert. Diese Szene ist nicht im eigentlichen Film enthalten und es ist nicht wirklich klar, ob sie im Rohschnitt noch mit drin war und später rausgeflogen ist.

Hans-Joachim Albrecht


Beiträge: 1.443

13.06.2020 11:28
#7 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

In meinem Nachschlagewerk FILME IN DER DDR 1945 bis 1986 steht für den Hellichten Tag nur das Prod.-land Schweiz.
Wollts bloß erwähnen, ist ja nicht so wichtig.
Zum Hauptmann: Stilljestanden ! Mal herhören ! (hahaha) Also für mich ist die von dir geschilderte Szene mit Willi immer
noch ein Brüller sowie das anschließende höhnische Lachen des Redners. Nun ja, vielleicht hast du recht, und es liegt
wirklich am Alter.....
Den Trailer hab ich bislang nicht gesehen. Sehr interessant diese Szene!
Wenn du weitere solcher "Dinge" von anderen bundesdeutschen Filmen auf Lager hast, z.B. daß eigentlich für einen Film ein
(Haupt-)Darsteller vorgesehen war, der es dann gar nicht wurde, in dieser o.a.Richtung......immer sehr willkommen !
Alles rund um den bundesdeutschen Spielfilm.
Es sind alle, die da "was" haben aufgerufen, nicht nur Lammers oder Stefan.
Übrigens, für den HAUPTMANN-Film trifft mein Beispiel zu, daß jemand anderer für die Titelrolle vorgesehen war.
Später dann! Ich muß jetzt Kartoffeln schälen.(bestimmt weiß das auch jemand anderer aus dem Kreis der Leser dieser Rubrik.)
Gruß.hans
P.S.: ich hab noch vom letzten Mal was vergessen: Die Altersfreigaben bei den "eigenen" Filmen der DDR, also den DEFA-
Filmen, hat dann wohl der Produzent, das DEFA-Studio für Spielfilme, festgesetzt; bei Spielfilmen im Fernsehen möglicher-
weise in eigener Verantwortung der DFF (?). Ich weiß es wie gesagt, nicht genau....
Gruß.hans

berti


Beiträge: 17.492

13.06.2020 22:53
#8 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Zitat von Hans-Joachim Albrecht im Beitrag #7
In meinem Nachschlagewerk FILME IN DER DDR 1945 bis 1986 steht für den Hellichten Tag nur das Prod.-land Schweiz.

Wahrscheinlich wollte man verschweigen, dass neben der Schweiz auch ein westdeutsches Studio und eines aus Spanien (damals immerhin noch ein faschistischer Staat!) beteiligt waren?
Übrigens (und da es in dieses Forum passt): Maria Rosa Salgado wurde von Anneliese Betschart synchronisiert, die im ersten Drittel des Films als Lehrerin zu sehen ist. Bevor ich es gelesen habe, war mir das nie bewusst. Übrigens ist die Synchronisation dieser Rolle beeindruckend gelungen! Selbst mit diesem Wissen konnte ich bei den Dialogszenen mit Heinz Rühmann keinen Bruch heraushören.
Falls sich jemand genauer über die Hintergrundgeschichte dieses Films informieren möchte, empfehle ich Oliver Möberts Dissertation "Intertextualität und Variation im Werk Friedrich Dürrenmatts: Zur Textgenese des Kriminalromans ´Das Versprechen´ (1957/58) unter besonderer Berücksichtigung des Spielfilms ´Es geschah am hellichten Tag´".
Sicher ist das Buch ziemlich teuer, aber per Fernleihe bekommt man es sicher relativ leicht.
Möbert beschreibt, wie sehr Handlung, Szenen und Figuren sich bei der Arbeit am Stoff veränderten; dabei zieht er neben den beiden Versionen der von Dürrenmatt geschriebenen Filmerzählung (eine davon galt als verschollen, bis er ein Exemplar entdeckte) auch die verschiedenen Drehbuchfassungen heran. Man bekommt so einen guten Einblick in die Entstehungsgeschichte des Films, daneben werden auch einige Legenden korrigiert.

Hans-Joachim Albrecht


Beiträge: 1.443

14.06.2020 11:49
#9 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Hallo Berti! Drei interessante "Dinge" hast du zum HELLICHTEN TAG beigesteuert. DANKE !
Zu 1) In der IFB Nr.4312 (1958) zum Film steht nur als Produzent die Praesens aus Zürich. Weitere Filmfirmen oder ein
Hinweis auf eine Co-Produktion stehen da nicht.
Bei "imdb" auf dem westdeutschen Filmplakat zum Streifen steht auch nur die Praesens, sonst nichts zu etwaigen weiteren
Produzenten.
Nicht böse sein, aber ich halte mich an diese Angaben von 1958.
Aber zu deinem Verdacht: Ja , solche "Sachen" sind vorgekommen, da gibt es kein Beschönigen. Und zwar in beiden dt. Staaten.
In meiner Rubrik "Der Filmopa erzählt" werde ich die IFB -Filmprogramme der Co-Prod. DEFA/Frankreich DIE ABENTEUER DES TILL
ULENSPIEGEL, DIE ELENDEN und DIE HEXEN VON SALEM unter die Lupe nehmen, und da läßt der KALTE KRIEG auch schön grüßen....

2)Die Synchro durch Anneliese Betschart habe ich bis zu deinem Beitrag nicht gewußt. Das ist ja toll, und toll ist auch die
Synchro gelungen, da stimme ich dir voll zu ! Ich dachte die ganze Zeit, Maria Rosa Salgado sei eine Schweizerin und spräche
deshalb sich selber.
Überhaupt, Riesenkompliment an den Tonmeister dieses Films ! Er heißt Kurt Hugenfobler. Mein Gott , was haben wir für Super-
Filme seinerzeit sehen dürfen.....
3)Bestimmt wird mancher hier deinen Buchtip aufnehmen, der wie du doch recht tief in die "Stoffe" eindringt, was ich gut finde.

Bitte weiter so, Berti und die anderen, die diese Rubrik lesen.
Gruß.hans

Lammers


Beiträge: 4.069

14.06.2020 15:49
#10 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Zitat
Aber zu deinem Verdacht: Ja , solche "Sachen" sind vorgekommen, da gibt es kein Beschönigen. Und zwar in beiden dt. Staaten.
In meiner Rubrik "Der Filmopa erzählt" werde ich die IFB -Filmprogramme der Co-Prod. DEFA/Frankreich DIE ABENTEUER DES TILL
ULENSPIEGEL, DIE ELENDEN und DIE HEXEN VON SALEM unter die Lupe nehmen, und da läßt der KALTE KRIEG auch schön grüßen....



Andererseits hat man aber auch betont, dass westdeutsche Studios an einem Film beteiligt waren, wenn es auch negativ gemeint sein wird. Mir fällt bei diesem Thema z.B. der Film "Der Mann, der Stolz, die Rache" ein, der 1967 entstand und beim DDR-Kinostart 1970 auch eine separate, gut gelungene DEFA-Synchro bekam (während die BRD-Synchro total kalauerig ist und man einen "Django"-Film daraus gemacht hat). Der Film ist zwar keine deutsche Produktion, aber in diesem Punkt wollte ich es mal erwähnt haben.

dmdsdr_defa.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Stefan der DEFA-Fan



Beiträge: 14.845

14.06.2020 16:28
#11 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Vorsicht bei "Es geschah am hellichten Tag" - BRD und Spanien können hier durchaus nur bezahlte Dienstleister gestellt haben, ohne offizielle Co-Produzenten zu sein.
Wie oft wird bei "Old Shatterhand" Jugoslawien als Mitproduktionsland genannt, obwohl offiziell die Avala nur Leute und Dinge gegen Bezahlung zur Verfügung stellte, aber nicht mitproduzierte. Oder "Mephisto" - die DEFA sorgte zwar für Freigaben, stellte Land und Leute gegen Devisen zur Verfügung, aber der Film ist trotzdem nur eine westdeutsch-ungarische Co-Produktion.

Gruß
Stefan

berti


Beiträge: 17.492

14.06.2020 19:43
#12 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #11
Vorsicht bei "Es geschah am hellichten Tag" - BRD und Spanien können hier durchaus nur bezahlte Dienstleister gestellt haben, ohne offizielle Co-Produzenten zu sein.

Ich habe die DVD zwar gerade nicht greifbar, meine aber, dass im Vorspann die CCC und das spanische Studio ausdrücklich als Con-Produzenten genannt werden.

berti


Beiträge: 17.492

14.06.2020 19:48
#13 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Laut Möbert wurden übrigens einige Szenen (Matthäis Rede bei dem Bankett oder alle im Haushalt der Familie Schrott) in den CCC-Studios in Berlin gedreht.

Hans-Joachim Albrecht


Beiträge: 1.443

15.06.2020 10:10
#14 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Den Hellichten Tag hab ich natürlich, auf Video, aber mein Videoteil am DVD-Player ist entzwei.
Veoh.com hat den Film in voller Länge. Bei "Suchen" kommt er sofort, ist nicht bei jedem Film, der dort "drin" ist,
der Fall.
Da steht im Vorspann: Produzent: L.Wechsler
Produktion Praesens-Film A.G. in Zusammenarbeit mit CCC-Film Berlin und Chamartin SA. Madrid.

Der Trailer bei YOUTUBE nennt keine Angaben zur Produktionsfirma.
Gruß. hans.
P.S.: Von diesem überragenden Spielfilm ist in der DDR kein Filmprogramm erschienen, er lief aber 1000%-ig in den Ost-
Kinos lt. meinen Unterlagen, da steht aber nicht das DDR-EA-Datum dabei. Bin da bischen verwirrt, da der Film auch im
DFF lief.
Kann jemand sagen, wann die DDR-EA war ? (dann klärt sich, ob es da schon keine Filmprogramme zu allen Kinofilmen
mehr gab, das begann in den 70ern)
Zu spanischen Spielfilmen im DDR-Kino und im DFF bis 1974 (Übernahme der Macht durch König Juan Carlos als Oberhaupt des
Landes): Es wurden eine Reihe Spielfilme aufgeführt, mit der Nennung des Prod.-landes Spanien.
Bei Co-Prod./Zus.-arbeit mit eher geringem Anteil von spanischen Filmfirmen, das muß man ehrlich sagen, kann es durchaus
sein, daß das Wort "Spanien" dann mal fortgelassen wurde....
DER MANN DER STOLZ DIE RACHE (Lammers von gestern), hatte bei dem Streifen auch Spanien mitgemischt ? Ich hab jetzt nicht die
Zeit, alles nachzuschauen.
Gruß.hans.

Lammers


Beiträge: 4.069

15.06.2020 10:41
#15 RE: EINE LANZE FÜR DEN WESTDEUTSCHEN/BUNDESDEUTSCHEN SPIELFILM 1946 bis ca.1965 Zitat · antworten

Zitat von Hans-Joachim Albrecht im Beitrag #14
DER MANN DER STOLZ DIE RACHE (Lammers von gestern), hatte bei dem Streifen auch Spanien mitgemischt ? Ich hab jetzt nicht die
Zeit, alles nachzuschauen.


Nein, Spanien war an dem Film nicht beteiligt.

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Farb-Legende: blau = Spekulation, orange = Trailer-Besetzung, grün = endgültige Besetzung, rot = Korrektur/Ergänzung zur endgültigen Besetzung


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