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Dieses Thema hat 16 Antworten
und wurde 2.568 mal aufgerufen
 Synchronschaffende
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Begas


Beiträge: 2.636

11.02.2023 05:58
Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Margot Schnell (Margot Leonard)

Bereits am 3. September 2014 verstarb unbemerkt in Italien eine Grande Dame der Filmsynchronisation, wie ich nach längerer Recherche herausgefunden habe.


(Quelle: https://www.verbanonews.it/canali-temati...edeschi/933939/)

Am 2. Oktober 1927 in Chemnitz geboren, führte Leonards Weg als Schauspielerin sie unter anderem nach Berlin, Frankfurt am Main und Stuttgart.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ihre Karriere im Dunkeln und damit ein unfassbar breites Œuvre als Synchronsprecherin von großen weiblichen Stars der Traumfabrik Hollywood: ob Janet Leigh, Brigitte Bardot, Kim Novak oder Marilyn Monroe, Leonard schaffte es bei jeder Adaptierung den Charakter und die Erscheinung ihrer Schauspielerinnen gekonnt und authentisch umzusetzen. Ihre Bandbreite reichte dabei von der teils naiven aber auch erotischen Sprechweise einer Monroe in Manche mögen's heiß, über die kühle Berechnung einer Honor Blackman in Goldfinger bis hin zu der humorigen Keckheit einer Diana Rigg in Mit Schirm, Charme und Melone. Leonard beherrschte ihr Fach und war gerade in den 50er und 60er Jahren aus größeren Hollywood-Produktionen kaum wegzudenken. Im Synchron war sie hörbar mit Freude und Energie im Einsatz.

Einem breiteren Publikum wurde Margot Leonard als Schauspielerin in der TV-Serie Moselbrück (1987-1993) bekannt. Ihre Einsätze als Hörspielsprecherin sind eher selten, jedoch arbeitete sie häufiger mit Raoul Wolfgang Schnell zusammen.

Seit Beginn der 90er Jahre zog sich Margot Leonard zunehmend aus dem Berufsleben zurück. In Mutters Courage, 1994 hatte sie mit Pauline Collins als Elsa Tabori ihre letzte Synchronrolle.

Nach ihrer Ehe mit dem deutschen Künstler Ferry Ahrlé heiratete sie in den 60er Jahren den Hörspielregisseur Raoul Wolfgang Schnell, der bereits seit 1957 seinen festen Wohnsitz in Italien hatte. Nach Beendigung ihrer Karriere zog sich Margot Leonard in die Idylle der Lombardei zurück, wo die Eheleute in Tronzano am Lago Maggiore lebten. Sie pflegte ihren Mann bis zu dessen Tod 2003. Danach wurde es noch ruhiger um sie. 2011 oder 2012 hatte der Bildwissenschaftler Nils Daniel Peiler für seinen Filmdienst-Artikel Ich blicke auf Perlen den letzten Kontakt zu ihr.

Das Ehepaar liegt in einem gemeinsamen Grab auf dem Friedhof der Gemeinde Tronzano Lago Maggiore – um ein Lied aus Manche mögen’s heiß abzuwandeln – "By the lake, by the lake, by the beautiful lake."

Danke Margot Leonard, für ein umfassendes und bewundernswertes audielles Lebenswerk.

Markus


Beiträge: 2.462

11.02.2023 09:46
#2 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Danke für den schönen späten Nachruf! Einige Lebensläufe von Synchronlegenden laufen fern der Öffentlichkeit aus, es ist interessant, hier Näheres zu erfahren. Ich werde mich mal auf die Suche nach dem Filmdienst-Artikel machen.

Zu ihrer Hörspielarbeit hatte ich neulich einen Beitrag aus Bastian Pastewkas Krimipodcast gepostet, in dem sie mit Horst Niendorf zu hören ist:
https://www.ardaudiothek.de/episode/kein...remen/12280869/

Gruß
Markus

E.v.G.



Beiträge: 2.337

11.02.2023 12:30
#3 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Vielen Dank für die Recherche. Ich hatte mich damals riesig gefreut sie mal in Moselbrück " erleben" zu dürfen.Eine der besten Stimmen ihrer Generation.

Joshua Tree


Beiträge: 337

11.02.2023 13:33
#4 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Danke für die Information. Wir haben uns ja noch vor kurzem über die Wahrscheinlichkeit dafür unterhalten, dass ihr Tod jemals öffentlich bekannt werden würde. Jetzt ist es traurige Gewissheit. Eine verdiente Künstlerin, die stimmlich tiefe Spuren hinterlassen hat.

Florian


Beiträge: 158

12.02.2023 13:00
#5 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Gott hab sie selig. Unbestritten eine der größten Stimmen des 20. Jahrhunderts. Gerade auf Marilyn Monroe war sie einfach göttlich großartig.

berti


Beiträge: 17.847

16.02.2023 08:28
#6 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Zusammen mit Tilly Lauenstein, Edith Schneider und Marion Degler eine der aktivsten Stimmen der "klassischen" Ära. Da sie der Branche schon lange den Rücken gekehrt hatte (schon in den 80ern war sie nur noch selten aktiv) kann ich nur hoffen, dass sie ihren Ruhestand lange Zeit genießen konnte!
Selbst wenn man bedenkt, dass sie lange im Ausland lebte, ist es doch erstaunlich, dass ihr Tod erst jetzt "offiziell" wurde. Aber andererseits kursieren zu Michael Chevalier schon lange unterschiedliche Angaben und über Helmo Kindermann hieß es früher, er sei bereits in den 80ern verstorben.
Frau Leonard konnte eine enorme Bandbreite abdecken, von naiv bis schlagfertig, von zärtlich bis kalt-dominant, und verführerisch konnte sie auf ganz verschiedene Weisen klingen.
Da fällt es schwer, spezielle Lieblingsrollen zu nennen. Aber da ich sie erst neulich wieder öfter als Emma Peel gehört habe, würde ich diese Rolle hervorheben, da diese für sie ähnlich dankbar gewesen sein dürfte wie die des John Steed für ihren Kollegen GGH: So viel Charme, Witz, Leichtigkeit und Geistreiches in den Dialogen suchen ihresgleichen!

iron


Beiträge: 5.216

18.02.2023 11:09
#7 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Zitat von berti im Beitrag #6
Selbst wenn man bedenkt, dass sie lange im Ausland lebte, ist es doch erstaunlich, dass ihr Tod erst jetzt "offiziell" wurde.


In Italien war sie weitgehend unbekannt, und deshalb wurde dort höchstwahrscheinlich nicht groß über ihren Tod bzw. ihre Laufbahn berichtet. Immerhin könnte ihr Name in den Todesanzeigen einer Lokalzeitung vorgekommen sein... Durch solche Umstände machen es imho. nicht einfach bis (fast) unmöglich, dass diese Todesnachricht ganz aktuell bis zu uns hätte vordringen können.

Auch mir fällt beim Namen Margot Leonard in erster Linie Marilyn Monroe ein. Immer wenn wir ihre Stimme hören, werden wir uns an sie erinnern können. Sie ist zwar gestorben, aber ihre Stimme bleibt!

berti


Beiträge: 17.847

18.02.2023 13:31
#8 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Zitat von iron im Beitrag #7
In Italien war sie weitgehend unbekannt, und deshalb wurde dort höchstwahrscheinlich nicht groß über ihren Tod bzw. ihre Laufbahn berichtet. Immerhin könnte ihr Name in den Todesanzeigen einer Lokalzeitung vorgekommen sein... Durch solche Umstände machen es imho. nicht einfach bis (fast) unmöglich, dass diese Todesnachricht ganz aktuell bis zu uns hätte vordringen können.

Ich meinte jetzt weniger Todesanzeigen sondern eher die Möglichkeit, dass sie vielleicht noch Kontakte zu Verwandten oder Freunden in Deutschland haben könnte; aber vielleicht hatte sie auch völlig die Verbindung zur alten Heimat abgebrochen bzw. keine lebenden Angehörigen mehr, so dass es niemanden gab, der in den vergangenen Jahren Wikipedia oder die Synchronkartei hätte informieren können.

iron


Beiträge: 5.216

18.02.2023 19:57
#9 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Ja, richtig! diese Möglichkeit hatte ich gar nicht mitbedacht...!

Begas


Beiträge: 2.636

19.02.2023 07:28
#10 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Margot Leonard hatte zumindest mit Felix Bronner, ihrem Neffen, noch einen lebenden Verwandten in Deutschland. Ihre Schwester Bruni starb bereits 2006. Über den Verbleib ihrer Schwester Ruth Löbel ist nichts bekannt. Da Leonard, soweit ich weiß, keine Kinder hatte, gehe ich stark davon aus, dass es hierzulande schlicht keinem bekannt wurde. Vielleicht erhielt Herr Bronner eine Todesmeldung. Ich weiß allerdings nicht, ob er sich genötigt sah, diesbezüglich jemanden zu informieren. Es gibt sicherlich Verwandte, denen Wikipedia und die Deutsche Synchronkartei so wichtig sind, dass sie diese informieren wenn Angehörige sterben, aber Leonard war seit den 90er Jahren nicht mehr als Sprecherin oder Schauspielerin aktiv. Sie lebte im Privaten und wurde vergessen.

Es ist vielleicht nicht schön, aber die Branche vergisst! Selbst Verwandte vergessen. Ihnen sind Familienmitglieder nicht so wichtig oder sie wissen nicht um deren Bedeutung in einem Berufszweig. So schmerzlich es als Fan ist. Ich verweise hier auf andere Todesfälle, wie Michael Chevalier und Siegfried Rabe. Auch sie gingen vergessen und still.

Ich habe bei meinen Recherchen einen Artikel aufgetan, in dem ein Foto und eine kurze Erwähnung belegen, dass Frau Leonard tot ist. Dies habe ich publik gemacht und im Wikipedia-Artikel und der Deutschen Synchronkartei vermerkt. Öffentlich gemacht wurde ihr Tod von mir, hier in diesem Thread, mit Verweis auf den Artikel, in dem es um die Beliebtheit des Lago Maggiore bei deutschen Zuwanderern in der Nachkriegszeit und bekannte Deutsche, die hier urlaubten, ging.

Gewürdigt wird Margot Leonard darin nicht, sondern nur im Zusammenhang mit Raoul Wolfgang Schnell kurz erwähnt. Dies zeigt, dass man um ihren schauspielerischen Hintergrund in Italien nicht wusste, und dass man hier ihrem Mann tatsächlich eine größere Bedeutung beigemessen hatte.

Es ist traurig, denn Frau Leonard war kein niemand, sondern ein jemand, der uns viele unvergessene und wertvolle Momente im Synchron bescherte und einen unmessbaren Beitrag in der Synchonhistorie beigesteuert hat. Aber, so ist das Leben. Ich fände es schön, wenn die Diskussion, warum weder die Familie noch die Synchronbranche ihren Tod mitbekamen und öffentlich machten hier nicht weiteren Raum einnimmt, sondern vielleicht weitere User, denen Leonards Arbeit etwas bedeutet hat, hier ihre Erinnerung teilen.

julius


Beiträge: 72

24.02.2023 17:17
#11 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Wie traurig!!! Danke, lieber Begas, für diese Recherchearbeit bzgl. einer unserer all-time Lieblingsstimmen! Stephan Bosenius und ich haben für die Titania Medien Hörspiele lange, lange nach Margot Leonard gesucht und sie schließlich tatsächlich mit Hilfe von Eckart Dux, welcher mit einem Ex-Mann von ihr befreundet war, in Italien aufgespürt. Das waren wunderbare Telefonate mit ihr, das kann ich euch sagen! Unvergesslich! Wir waren uns wechselseitig sehr sympathisch und Studioaufnahmen für die Hörspiele wurden geplant und Dialogbücher nach Italien verschickt. Leider war Frau Leonard gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe und litt unter Schwindel und Kreislaufproblemen, so dass das leider, leider, leider dann doch nichts wurde mit der Zusammenarbeit. Wir hatten sie in "Der Zauberer von Oz" (ihre erste Synchron-Rolle war Dorothy, bei uns im Hörspiel wäre sie die gute Hexe des Nordens gewesen) und "Die Schneekönigin" eingeplant, wenn ich das richtig erinnere. Auch "Tante Marilyn" *lach* in der Hargreaves-Serie des Gruselkabinetts wurde eigens für sie geschrieben (und dann letztlich kongenial von Ursula Sieg gesprochen). Aber telefoniert haben wir dann trotzdem noch weiterhin! Dann hatten sie einen gesundheitlichen Zusammenbruch und ihr Neffe hat sie nach München in ein Pflegeheim geholt. Mit ihm hatten wir damals dann kurz telefonisch Kontakt. Ich habe vor einiger Zeit nochmal eine Mail an ihn geschickt, weil uns Margot Leonard nicht aus dem Sinn ging und mich nach ihrem Befinden erkundigt. Die Mail blieb unbeantwortet. Ich danke daher sehr, dass nun Klarheit herrscht. Auch wenn diese Klarheit Stephan und mich sehr traurig macht. Gerade gestern Abend haben wir uns noch mit unserer Tochter Marlene zusammen an ihrerm stimmlichen Vermächtnis erfreut und sie in "Die zehn Gebote" auf Debra Paget bewundert. Es grüßt Marc

Begas


Beiträge: 2.636

26.02.2023 05:19
#12 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Hallo Marc!

Ich danke dir sehr für deine Nachricht. Schön wäre es gewesen, Frau Leonard nochmal in einem Hörspiel erleben zu können. Schade, dass es dann nicht mehr geklappt hat. Es ist aber schön zu hören, dass Margot Leonard auch noch im gesetzteren Alter offenbar noch Lust hatte, zu arbeiten.

Gruß
Begas

Celedain



Beiträge: 100

28.02.2023 07:53
#13 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Für mich unvergessen als naive Dorothy im "Zauberer von Oz" und verführerische Glynis Johns im "Hofnarr". Daneben bleiben ihre Einsätze auf Monroe und Diana Rigg sowie auf Tippi Hedren in Hitchcocks "Vögel" unvergessen. Ich hoffe, dass sie fernab der Öffentlichkeit ein schönes und gesundes Leben führen konnte.

CeBe


Beiträge: 126

28.02.2023 10:44
#14 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Kleine Korrektur: Tippi Hedren in "Die Voegel" = Edith Schneider / dafuer in "Marnie" von Margot Leonard

Ansonsten bin ich auch total traurig, von ihrem Ableben erfahren zu haben. Eine absolute Synchronikone auf gleicher Ebene wie E.W.Borchert

NimmeinpaarZüge


Beiträge: 33

16.08.2023 19:06
#15 RE: Margot Leonard (1927-2014) Zitat · antworten

Erstmal vielen Dank für die interessanten Informationen von Begas und julius. Den Film-Dienst-Artikel kann ich auch wirklich nur empfehlen.
Weiß jemand, wie sie zu dem Namen Leonard kam? Sie ist ja eine geborene Löbel und war eine verheiratete Ahrlé. Meine Vermutung, auch wenn sie ein wenig fantastisch ist: Sie wollte nicht heißen wie ihre bereits schauspielernde bekannte Schwester Bruni Löbel und suchte daher ein Pseudonym. Wenn man die Ähnlichkeit von Löbel und Löwe heranzieht, kann man es in verschiedene Sprachen als Leon übersetzten. Und wenn man die Silben des Namens ihres ersten Ehemannes vertauscht, ergibt es Leahr. Vielleicht kam sie aus dieser Kombination zweier Ideen in einer feuchtfröhlichen Stunde auf ihren Künstlernamen? Vielleicht gibt es aber auch ganz andere Gründe!

Mir bleibt ihre Stimme auch immer als diese Unschuld in den mädchenhaft-schwärmerischen Rollen Anfang der 50er-Jahre in Erinnerung. Auf Janet Leigh ("Der eiserne Ritter von Fallworth" oder "Scaramouche"), Lori Nelson ("Meuterei am Schlangenfluss"), Mary Murphy ("Der Wilde") oder Maureen Swanson ("Die Ritter der Tafelrunde"). Aber das ist natürlich nur eine - sehr frühe - Facette ihres Spektrums.

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