Ich hoffe, diesen Thread gibt es noch nicht in ähnlicher Form.
Lange Zeit habe ich auch überlegt, ob ich ihn eröffnen sollte oder ob er nicht eher unnötig ist. Da aber Fehlbesetzungen und Diskussionen darüber, ob Synchronstimmen zu Schauspieler oder Figur richtig "passen" täglich vorkommen, wollte ich diesen Versuch hier wagen. Als Kriterium für eine passende Synchronstimme wird ja oft erwähnt, dass eine Stimme "vom Gesicht kommen" muss - ungeachtet davon, ob sie der richtigen Originalstimme ähnlich klingt oder nicht. Soweit leuchtet mir dies auch ein und klingt sehr logisch für mich. Nach welchen "Parametern" wird in der Synchronbranche oder unter uns Synchronfans allerdings entschieden, ob eine Stimme "vom Gesicht kommt"? Würdet ihr sagen, dass dies eine rein subjektive Angelegenheit (Geschmackssache) ist oder kann man dies bis zu einem gewissen Punkt sogar objektiv festlegen?
Man könnte beispielsweise die Ansicht vertreten, jemand mit einem "brachialen", kräftigen Erscheinungsbild müsse unbedingt eine tiefe, kernige oder raue Stimme haben. Dennoch begegnen einem im Alltag oft genug Menschen, deren Stimmen sich deutlich von ihrem optischen Erscheinungsbild unterscheiden. Ein großer, kräftiger Schauspieler kann z. B. wider Erwarten im Original eine Fistelstimme besitzen. Wenn jetzt ein solcher Darsteller in der dt. Fassung eine "zum Aussehen passende" tiefe Stimme (z. B. Tilo Schmitz) bekommt, geht dann nicht auch ein bisschen der Überraschungseffekt, die Authentizität oder Charme ein wenig verloren?
Was macht einen Manfred Lehmann jetzt etwa "passender" für Bruce Willis als Thomas Danneberg? Die Gewohnheit?
Ist kein ganz so einfaches Thema, aber ich hoffe, ihr versteht, was ich ausdrücken möchte...
Muss perfekt zum Gesicht und Schauspiel passen und darf nicht wie ein aufgesetztes Voice-Over klingen. Die originale Stimme ist da nicht so wichtig, bei Taron Egerton z.B. hat Constantin von Jascheroff eine ganz andere Stimme als er selbst, passt aber am besten von allen Sprechern. Bei vielen ausgewählten Feststimmen ist das nicht Geschmackssache, die sind perfekt auf den Punkt getroffen, was das angeht.
Zitat von HalexD im Beitrag #2Bei vielen ausgewählten Feststimmen ist das nicht Geschmackssache, die sind perfekt auf den Punkt getroffen, was das angeht.
Wirklich? Ich würde behaupten, dass man jede noch so feste Kombi mit irgendwas relativieren könnte...es wird bestimmt einige Leute geben, die bspw. Frank Glaubrecht für den besten Liam Neeson-Sprecher halten und mit Rumpf nie warm wurden.
Das Thema ist eigentlich richtig gut, aber ich finde irgendwie, dass man das garnicht so pauschal beantworten kann...ich finde da im Stehgreif momentan keine passenden Worte...vielleicht muss ich erst Input von anderen bekommen. Gedanken habe ich viele, aber ich krieg die gerade nicht in einen Text
Zumindest ich, "besetze" auch mehr nachdem Gesicht als nach der Stimme. Natürlich sollte man sich grob an den O-Ton orientieren, aber wirklich eine ganz ähnliche Stimme, findet man ohnehin selten. Was dann die perfekte Stimme ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, dennoch gibt es durchaus Universallösungen, die eigentlich jeder gut findet. Ein Norbert Langer auf Tom Selleck.
Wenn du dich entscheidest gegen den O-Ton zu besetzen, gibt es allerdings zwei Kriterien, die erfüllt werden müssen. Stimme und Gesicht müssen passen und/oder der Sprecher fängt den Schauspieler, spielerisch richtig ein. Klebsch auf Hugh Laurie ist so ein Fall. Stimmlich weit vom original entfernt, passt er trotzdem wie angegossen. Noch extremer ein Stefan Gossler auf Song Kang-ho. Hat Stimmlich gar nichts mit den O-Ton zutun, ist er trotzdem ein Volltreffer. Hier profitiert der ohnehin großartige Song, von einen genauso großartigen Gossler, der bis ins kleinste Detail seine Spielweise in sich Aufnimmt und ihn so ebenfalls gerecht wird. Zwar waren am Ende beide eindeutige Typbesetzungen, bei ihren ersten Auftritt, aber trotzdem funktionieren sie bei allen anderen Rollen ebenso.
Es ist für mich in Gesprächen im Privaten immer wieder ein Vergleich, den ich gern ziehe: Synchron ist an Wahrscheinlichkeiten gebunden, die Realität nicht. Soll heißen, wenn man im echten Leben oder im Originalton einen muskulösen Typen sieht und er eine hohe Stimme hat, denkt man nicht darüber nach. In einer deutschen Synchronfassung würde es vermutlich als störend empfunden, weil es unpassend erscheint. Das "Problem" ist, dass kein Gelegenheits-Konsument jede Stimme im Original mit der deutschen vergleicht. So gibt es manchmal diese scheinbar unpassenden Besetzungen, die aber in Wahrheit einfach nicht der Gewohnheit entsprechen. Bei schwarzen oder asiatischen Schauspielern ja auch. Schwarze müssen für die breite Masse irgendwie immer tief klingen (Tilo Schmitz, Marco Kröger, Oliver Stritzel) und Asiaten immer hell (Axel Malzacher, Gerald Schaale, Joachim Kaps). Das ist in der Realität natürlich differenzierter, aber würde eventuell - wenn man es in der Synchro nachmachte - als ungewohnt und unpassend wahrgenommen werden, weil es an Wahrscheinlichkeiten gekoppelt ist.
Ich würde auch sagen, es ist weniger die Stimme und Stimmfarbe an sich (meistens), die passen muss. Sondern der "Charakter". Alle Sprecher haben auch eine eigene Art zu schauspielen und die Art zu spielen muss einfach zum jeweiligen Menschen/Charakter passen, sonst kann die Stimme noch so nah am Original dran sein. Wenns mit dem Charakter und seinen Eigenschaften nich übereinstimmt, schwebt die Stimme über der Synchronrolle........
Zitat von Koya-san im Beitrag #7Ich würde auch sagen, es ist weniger die Stimme und Stimmfarbe an sich (meistens), die passen muss. Sondern der "Charakter". Alle Sprecher haben auch eine eigene Art zu schauspielen und die Art zu spielen muss einfach zum jeweiligen Menschen/Charakter passen, sonst kann die Stimme noch so nah am Original dran sein. Wenns mit dem Charakter und seinen Eigenschaften nich übereinstimmt, schwebt die Stimme über der Synchronrolle........
Ja, stimmt. Das ist ein guter Punkt. So hätte ich das ebenfalls formuliert.
Interessant auch, dass ihr den "Voice-Over-Effekt" ansprecht, wenn eine Stimme nicht richtig zum Schauspieler passt. Das passiert dann nämlich ziemlich oft, dass die Stimme über dem Bild zu schweben scheint und nicht mit dem Schauspieler verschmilzt.