Die Iyuno auf den Philippinen wurden Opfer von Datendiebstahl. Unter anderem gelang es dem Täter, mehrere komplette Episoden und ganze Filme verschiedener Auftraggeber (hauptsächlich von Netflix) zu entwenden. Glücklicherweise liegen die gestohlenen Inhalte in schlechter Qualität mit schlechtem Ton und mit verschiedenen Wasserzeichen und Einblendungen vor, so dass auch die Quelle der Datenlecks schnell aufgedeckt werden konnte.
Der Täter soll sich Zugang zur internen Webanwendung der Iyuno verschafft haben, indem er eine Schwachstelle in der API ausnutzte, die während des Registrierungsprozesses für die interne Webanwendung auftritt und es jeder öffentlichen E-Mail-Adresse ermöglicht, ein Konto zu registrieren und dadurch auf das interne Content-Management-System der Iyuno zuzugreifen, in dem eine Vielzahl unveröffentlichter und veröffentlichter Medien gespeichert ist. Ob dies wirklich der Tathergang war, ist noch nicht offiziell bestätigt worden.
Die ersten Leaks tauchten am 6. August 2024 auf 4chan auf und verbreiteten sich bereits am nächsten Tag rasant im Internet und in den sozialen Medien.
Scheinbar hatte der Täter jedoch nur Zugang zu Projekten, die von der Iyuno auf den Philippinen bearbeitet bzw. betreut wurden, und nicht zu allen Standorten weltweit, denn sonst wären die Leaks wahrscheinlich noch größer ausgefallen. Die Iyuno auf den Philippinen betreut hin und wieder auch die Synchronfassungen in anderen Märkten. Zum Beispiel die deutsche Synchronisation der Serie "A Time Called You". Das Projekt wurde von der Iyuno auf den Philippinen betreut, die Aufnahmen fanden bei der Iyuno in Berlin statt und die Mischung erfolgte durch die Iyuno in Bangkok (Thailand). Diese Form der Bearbeitung birgt wiederum ein Risiko, da drei Standorte länderübergreifend Zugriff auf das Projekt haben.
Anime Dan Da Dan (6 Folgen) Ranma½ (12 Folgen) Terminator Zero (8 Folgen) Kengan Shura S3 (5 Folgen) Mononoke: Karakasa (Film)
Cartoons Arcane S2 (5 Folgen) SpongeBob Plankton (Film) Tales of the TMNT (1 Folge) Spellbound (Film) That Christmas (Film) Jentry Chau vs. The Underworld (6 Folgen) Super Duper Bunny League (8 Folgen) Barney reboot (unbekannte Folgenzahl) Paw Patrol (unbekannte Folgenzahl) Barbapapa (unbekannte Folgenzahl)
Realfilm Heartstoppers S3 (8 Folgen)
Im Fall von "Dan Da Dan" sind jetzt auch Crunchyroll und ADN betroffen. Crunchyroll hat derzeit zudem mit dem Leak der 90-minütigen Premiere der dritten Staffel von "Re:Zero" zu kämpfen, wobei der Diebstahl im Zusammenhang mit der Japan Expo in Paris steht und nichts mit dem Iyuno-Vorfall zu tun hat. Bereits im April dieses Jahres wurden mehrere Crunchyroll-Titel vor ihrer geplanten Veröffentlichung geleakt. Und sehr interessant: Anfang des Jahres gab es außerdem ein Leak aus einem Synchronstudio, der u.a. enthüllte, dass die Serie "The Fairly OddParents: A New Wish" international auf Netflix erscheinen wird (mittlerweile auch bestätigt), die zufälligerweise ebenfalls ein Projekt der Iyuno ist. Das wirft natürlich die Frage auf, ob dieser Vorfall auch mit der Iyuno zusammenhängt und ob es sich um ein und denselben Täter handelt und wie lange dieser bereits Zugriff auf die Iyuno hatte, oder ob sich mehr als eine Person Zugang verschafft hat. Offiziell sind die beiden Vorfälle noch nicht miteinander in Verbindung gebracht worden.
Die bisher von den Geschädigten getätigten Mitteilungen, die öffentlich zugänglich sind:
Mitteilung der Iyuno auf ihrer Website Iyuno is aware of a recent security issue, involving unauthorized access to confidential content. Protecting our clients’ confidentiality and ensuring the security of their content is our highest priority. We are actively investigating this security breach to mitigate any potential risks and identify the responsible parties. When there are material changes or information we will make further statements. — Mitteilung: 9. August 2024
Netflix gegenüber TheWrap One of our post-production partners has been compromised and footage from several of our titles has unfortunately leaked online,” a Netflix spokesperson said in a statement exclusively to TheWrap Thursday night. “Our team is aggressively taking action to have it taken down. — Mitteilung: 8. August 2024
Crunchyroll gegenüber TheWrap “We are aware of a content leak ahead of one of our fall series. We’ve opened an investigation to identify the source of this leak, and our team is taking action to have it taken down,” a Crunchyroll spokesperson said in a statement Friday. — Mitteilung: 8. August 2024
Die größte Frage, die sich die Branche jetzt stellt, ist, welche Folgen die Leaks für die Iyuno selbst, aber auch für alle anderen Auftragnehmer haben werden.
Die Firmen werden sich nun sicherlich gründlichen Sicherheitskontrollen unterziehen müssen.
Was haltet ihr von der ganzen Sache? Welche Folgen werden die Lecks eurer Meinung nach haben?
Hinweis: Bitte postet keine Bilder, Audioaufnahmen und/oder Videos, die aus den Leaks stammen, weder hier im Forum noch anderswo! Das Gleiche gilt für Spoiler! Die Gründe dafür sollten jedem bekannt sein, und falls nicht, lasst es trotzdem bleiben.
Meine Meinung: Es ist erschreckend, dass eine derartige Datenpanne bei einem internationalen Big Player wie der Iyuno auftritt. Ein großer Vertrauensverlust in die Iyuno und wahrscheinlich auch in die Branche dürfte eine der Folgen sein. Unterdessen dürfte die Iyuno froh sein, dass es offenbar "nur" die Philippinen und Teile Asiens getroffen hat. Man stelle sich vor, es wäre die Iyuno in Spanien gewesen, die unter anderem an "House of the Dragon" und vielen weiteren großen Titeln arbeitet, das wäre der Supergau gewesen.
Im schlimmsten Fall entscheiden sich Lizenzgeber (z.B. aus Japan oder Südkorea) nun, ihr Material wieder später auszuliefern und/oder es wird wieder mehr Material geschwärzt. Die Folgen wären, dass der Zeitdruck noch größer wird, sich die Veröffentlichung von Synchronfassungen verzögert und Fehler wahrscheinlicher werden, wenn Informationen aufgrund von geschwärzten Bildern fehlen. Aber das wollen wir nicht hoffen.
Ist dies nun der Untergang der Iyuno, wie es in manchen Anime-Kreisen heißt? Das glaube ich nicht! Die Iyuno wird sicherlich nicht um Konsequenzen herumkommen, aber sie werden nicht gleich bankrott gehen.
Von einem anderen Großkunden der Iyuno, den ich hier nicht namentlich nennen werde, habe ich gehört, dass dieser derzeit zusammen mit der Iyuno prüft, ob auch seine Inhalte gestohlen wurden. Dieser Kunde hat sich entschieden, die Partnerschaft mit Iyuno vorerst fortzusetzen und alle laufenden und geplanten Projekte weiterhin von der Iyuno bearbeiten zu lassen. Ob sich da noch etwas ändern wird, werden wohl die Untersuchungen zeigen.
Auf jeden Fall ist dies ein Weckruf für alle, in puncto Sicherheit wachsamer zu sein, vor allem, wenn es um den virtuellen Aspekt geht.
Die Leaks haben nun auch in Deutschland erste Folgen. So werden unter anderem derzeit Netflix-Projekte von der Iyuno abgezogen und an andere Studios verteilt (auch Projekte, die nicht von den Leaks betroffen sind). Allerdings sind nicht alle Iyuno-Projekte davon betroffen und neue scheinen auch an die Iyuno verteilt zu werden. Entweder gibt es keine klare Regelung seitens Netflix und es liegt im Ermessen der einzelnen Dubbing-Manager, ob sie ihre Projekte neu verteilen und/oder die Lizenzgeber/die Produzenten der Projekte äußern den Wunsch nach einem Studiowechsel.
Luisa Wietzorek berichtet in einer Instagram-Story von einem Projekt, das von der Iyuno abgezogen wurde, an dem sie beteiligt war und welches sich mitten in der Produktion befand, und dass es nach dem Wechsel des Studios nun so ausschaut, als würden alle Kreativen umbesetzt werden. Zudem richtet sie einen eindringlichen Appell an die Leute bezüglich der Leaks:
Die Leaks selbst kommen für die Firma Iyuno wahrscheinlich zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Denn die Iyuno hat in diesem und im vergangenen Jahr in verschiedenen Ländern neue Studios errichtet bzw. bestehende erweitert, darunter in Deutschland (Berlin und München), Mexiko (Mexiko-Stadt) und den USA (Burbank). Dazu gesellt sich auch die Übernahme der brasilianischen Synchronfirma UniDub in São Paulo, die zu Beginn des Jahres abgeschlossen wurde.
Damit hat die Iyuno seine Kapazitäten weltweit ausgebaut und wollte wohl Kunden wie Netflix, Disney, Warner Bros. Discovery und andere dazu animieren, in Zukunft noch mehr ihrer Titel von der Iyuno bearbeiten zu lassen.
Die Leaks könnten sich nun nachteilig auf dieses Vorhaben auswirken.
Ich finde es ganz interessant, dass Luisa sagt, sie hoffe, die Rolle weiter sprechen zu können, da es technisch die Frage aufwirft, ob nun die neue Firma die Serie noch einmal komplett von Anfang an bearbeitet. Ich denke, das wäre naheliegender, weil sonst die Iyuno die bereits gemachten Aufnahmen an die neue Firma schicken müsste und das wäre ein ungewöhnlicher Vorgang.
Was den Appell angeht, geh ich nicht ganz mit, denn es ist wohl eher nebensächlich, ob sich viele Leute das geleakte Material jetzt anschauen oder nicht. Entscheidend ist, dass es geleakt wurde und damit ist der Schaden entstanden. Da braucht man jetzt auch nicht die Verantwortung auf Konsumenten abzuwälzen. Die liegt beim Studio und bei der Quelle des Leaks.
Selbst wenn man wirklich völlig neu anfangen muss, könnte man sich von Netflix die Besetzungsliste geben lassen. So kann man die Leute einfach übernehmen und sich ein neues Dialogbuch und ein Regisseur sparen. Zwar schade um die bisherige Arbeit, aber so bleibt zumindest das Team bestehen.
Genau, dann müssten alle Leute die fertigen Takes nochmal neu sprechen (wenn sie denn Zeit haben). Was das Buch betrifft, denke ich, dass man den ursprünglichen Autoren dann tatsächlich zweimal bezahlen müsste. Die Texte einfach ohne Absprache zu übernehmen, hätte ein Geschmäckle.
Da muss die Iyuno einen ziemlichen Scherbenhaufen zusammenkehren. Auch wenn der Leak nur einem begrenzten regionalen Raum betrifft. Der Name Iyuno steht an mehreren Standorten weltweit und internationale Auftraggeber werden sich so trotzdem die Frage stellen, ob das nicht doch anderswo bei Iyuno in der Hinsicht zu Problemen kommen könnte.
Das ist dann eine Frage des Vertrauens und wenn das erst mal dahin ist kann man im Extremfall die Pforten dicht machen.