Ein Thread/Beitrag aus der Steinzeitphase dieses Forums.
Zitat von Gast im Beitrag #1
Da u.a. Konrad Wagner in dem Film zu hören war vermute ich, dass die Synchro Anfang der 70er entstand. Bei dem Verrückten fragte ich mich die ganze Zeit Hans-Georg Panczak oder Lutz Mackensy. Ich tendierte zu L. Mackensy, bloß kam ich da ins Schleudern, da es eben eine Synchro aus den Anfangsiebzigern ist... ?!
Suche außerdem die Sprecher von Jonathan Harker (Claus Jurichs?!) und Dr. Seward, sowie dem Martin, der den Verrückten immer wieder einfing.
Natürlich ist der Sprecher Mackensy, Seward ist Klaus W. Krause und Martin Manfred Steffen, Jurichs für Harker dürfte ebenfalls stimmen (steht auch so in der Synchronkartei).
Warum eine solche Antiquität ausgraben, zumal die Betreffenden heutzutage von den meisten mit älteren Synchros Vertrauten im Schlaf erkannt werden dürften (2004 sah es sicher noch anders aus)? Weil sich hier etwas Grundsätzliches zu dieser Synchro unterbringen lässt.
Zunächst ist mir vor einiger Zeit beim erneuten Sichten auf DVD etwas aufgefallen: Dem Film wird sehr oft vorgeworfen, dass er nach den atmosphärischen ersten zwanzig Minuten praktisch nur abgefilmtes Theater biete. Das ist sicher richtig, zumal über viele Dinge (selbst die Bisswunden in Minas Hals, aber auch Draculas Verwandlung in einen Hund/Wolf oder Lucys geplante Pfählung) nur gesprochen wird. Daneben wird oft (etwa von William K. Everson) das Fehlen von Musik kritisiert, da so die "toten Punkte" in der Handlung besonders auffallen würden. Vor einigen Jahren wurde der Film bekanntlich mit einem Soundtrack versehen, der auf der DVD als zusätzliche Tonspur zu hören ist. Manche Szenen wirken nun tatsächlich besser, aber insgesamt nimmt es hier überhand und die Themen wiederholen sich zu oft.
Glücklicherweise wurde der Film in der deutschen Fassung nicht mit Kompositionen aus dem Archiv versehen, obwohl ihn das zumindest in cineastischer Hinsicht "gruselig" hätte machen können (gewisse andere Beispiele dafür dürften bekannt genug sein). Mir ist allerdings aufgefallen, dass man verschiedene Szenen bei Nacht in der Synchro mit Eulen- oder Käuzchenschreien versah, als wolle man die völlige Stille zumindest etwas überwinden.
Was die Besetzung betrifft, so ist Lugosi ein Fall für sich, da dessen Wirkung stark von seinem Akzent und seinen eigenwilligen Betonungen lebte. Sowas lässt sich in Synchros sicher kaum rüberbringen, in diesem Fall scheint die Regie aber absolut kein Gespür dafür gehabt zu habe; fortinbras hat dazu hier schon Einiges gesagt, dem im Prinzip nichts mehr hinzuzufügen ist:
Bela LugosiDie Frage ist wirklich, welcher andere Sprecher hier funktioniert hätte. Einmal dachte ich an Erich Fiedler (so frostig-bedrohlich wie in "Tanz der Vampire"). Vielleicht wäre auch Christian Marschall denkbar, den ich zwar noch nicht für Lugosi, aber bereits aus dem Mund anderer Stars des "klassischen" Horrofilms kenne. Daneben kam mir kurz der Gedanke, ob einige Jahre später Gottfried Kramer gepasst hätte, der einerseits kratzig klang, aber andererseits auch "Eleganz" in der Stimme haben konnte. Allerdings hätte er wohl nicht so recht mit dem Gesicht harmoniert, außerdem war er meist betont "subtil", während Lugosi die Rolle bekanntlich sehr "theatralisch" angelegt hat (was selbst damals in manchen Szenen eher unfreiwillig komisch gewirkt haben dürfte).
Renate Pichler, Claus Jurichs, Manfred Steffen und Klaus W. Krause liefern Routine, angesichts der eindimensionalen Rollen* kann man ihnen das nicht vorwerfen. Konrad Wagner trifft Edward Van Sloans Darstellung ziemlich gut, allerdings hätte ich mir auch auch Hans Paetsch vorstellen können, der durchaus grantiger und schroffer sein konnte, jenseits von seinem Märchenonkel-Tonfall.
Lutz Mackensy für Dwight Frye ist ein Thema für sich: Angesichts von Fryes Spielweise ließ sich ein Chargieren kaum vermeiden, aber durch Mackensy wirkt die Figur geradezu comichaft. Wäre damals nicht eigentlich Wolfgang Draeger naheliegender gewesen? Ich meine jetzt nicht wegen des Standorts Hamburg (zu dieser Zeit war er ja noch Berliner, und für Hamburger Synchros wurde viel importiert), sondern zum einen, weil er Frye in der ungefähr um diese Zeit entstandenen Synchro von "Frankensteins Braut" ebenfalls sprach, und weil diese Rolle optisch und vom Typ durchaus in sein Klischee gepasst hätte. Renfield ist körperlich klein, und gerade in frühen Jahren sprach Draeger (wie woanders erwähnt) oft Rollen mit einem wahnsinnigen oder psychopathischen Einschlag.
*Dieser Punkt dürfte neben der statischen Inszenierung und der fehlenden Musik sicher auch zur Langeweile beitragen: Da man keinen rechten Anteil an den Figuren nimmt, kann es einem eigentlich egal sein, was aus ihnen wird.