USA/GB, 1965 Regie: Frank Tashlin Drehbuch: Jack Seddon / David Pursall, nach Motiven von Agatha Christie Musik: Ron Goodwin Produktion / Verleih: M-G-M
Für eingefleischte Christie-Verehrer muß diese Krimikomödie wie eine Verhöhnung wirken und auch die Queen of Crime war keinesfalls begeistert. Hatte Dame Agatha den Miss Marple-Verfilmungen einen Riegel vorgeschoben, veränderte man auch hier das Original in einem Ausmaß, das schon an Vergewaltigung grenzt. Poirot etwa lebt in Belgien und reist nur zufällig nach London. Trotz Gewichtsproblemen ist er eher schlank und sportlich: er spielt begnadet Bowling, geht schwimmen, läuft Treppen hoch und reitet. Zudem wird der Eindruck erweckt, er wäre stets nur widerstrebend in Fälle verwickelt. Das sind nur wenige der Änderungen. Kann man sich allerdings von Christies Original entfernen, bietet der Film eine ausgesprochen unterhaltsame Krimiposse voller Witz und guter Ideen, angereichert mit Slapstick und dem ironischen Spiel mit klassischen Krimiklischees. Großer Pluspunkt die Musik von Ron Goodwin, Miss Marple und Mr. Stringer haben ein herziges Cameo und Robert Morley ist ein absolutes Highlight. Übrigens zeigte das am weitesten verbreitete Filmplakat einen bewaffneten Tony Randall ohne Poirot-Maske in Bond-ähnlicher Pose!
Die deutsche Synchronfassung ist erstklassig besetzt und arbeitet vor allem hervorragend mit Klischees. Die zehn Einträge bei Arne lassen sich ergänzen. Leider war es nicht möglich, alle Schauspieler zu identifizieren.
Es spielen und sprechen:
Tony Randall - Hercule Poirot - Friedrich Schoenfelder
Wertest du seine vielen Kurzauftritte als Indiz oder vermutest du aus anderen Gründen? Ich vermute da eher selten etwas, da bin ich zu sprecherfixiert.
Dass Angaben zu Regie und Buch bei der MGM fast nie existieren, ist bekannt. Hattest du auch bei anderen MGM-Filmen aus dieser Zeit den Verdacht, er könnte dort am Werk gewesen sein?
Kann Arne Elsholtz eigentlich nicht gewesen sein. Ganz genau ließ es sich nicht mehr klären, aber mit Regie hat er erst Ende der 1960er bei Hermes angefangen.
Zitat von Gast im Beitrag #1Für eingefleischte Christie-Verehrer muß diese Krimikomödie wie eine Verhöhnung wirken und auch die Queen of Crime war keinesfalls begeistert. Hatte Dame Agatha den Miss Marple-Verfilmungen einen Riegel vorgeschoben, veränderte man auch hier das Original in einem Ausmaß, das schon an Vergewaltigung grenzt. Poirot etwa lebt in Belgien und reist nur zufällig nach London. Trotz Gewichtsproblemen ist er eher schlank und sportlich: er spielt begnadet Bowling, geht schwimmen, läuft Treppen hoch und reitet. Zudem wird der Eindruck erweckt, er wäre stets nur widerstrebend in Fälle verwickelt. Das sind nur wenige Änderungen. Kann man sich allerdings von Christies Original entfernen, bietet der Film eine ausgesprochen unterhaltsame Krimiposse voller Witz und guter Ideen, angereichert mit Slapstick und dem ironischen Spiel mit klassischen Krimiklischees. Großer Pluspunkt die Musik von Ron Goodwin, Miss Marple und Mr. Stringer haben ein herziges Cameo und Robert Morley ist ein absolutes Highlight.
Dem Urteil über den Film kann ich nur zustimmen: Abgesehen von einigen Rollennamen (selbst die Figuren haben nicht mehr mit den von Agatha Christie beschriebenen Charakteren zu tun) und der Grundidee der Morde sowie der Auflösung gibt es praktisch keine Berührungspunkte zur Vorlage. Aber das war bei den Miss-Marple-Filmen mit Margaret Rutherford und bei den beiden Pater-Brown-Verfilmungen mit Heinz Rühmann (die nur ein paar Motive und wenige Dialogstellen von Chesterton übernahmen) nicht anders, trotzdem kann man sich mit diesen Filmen ganz gut einen langweiligen Nachmittag am Wochenende ausfüllen. Selbst wer mit dem literarischen Poirot nur wenig vertraut ist, dürfte allerdings stutzen, wenn er einen Hastings sieht, der mindestens doppelt wenn nicht dreimal so schwer wie sein Meister ist. Und über die Beschreibung Randalls als "klein" und mit "Vorbauch" (in der Szene auf der Polizeiwache) kann man nur staunen und möchte Hastings und dem Sergeant einen Termin beim Augenarzt wünschen. Die Poirot-Filme mit Peter Ustinov waren dagegen Musterbeispiele an Originalgetreue. Apropos: Die Adaption des Romans mit David Suchet dürfte eine der originalgetreuesten der gesamten Serie gewesen sein. Als dieser Film ("Mord nach Fahrplan") vor fast zwanzig Jahren auf Vox lief, gab die TV Spielfilm ihm lediglich einen Querdaumen, der einzige Kommentar lautete: "Frank Tashlins Verfilmung war besser." Naja ...
Was die Synchro betrifft, habe ich mir über Friedrich Schoenfelder schon länger Gedanken gemacht. Ob man meinte, eine so groteske Besetzung wie Tony Randall als Poirot müsse man noch durch einen Sprecher toppen, der sowohl als Stimme für den Schauspieler als auch für die Rolle eigentlich undenkbar gewesen wäre? Hätte man sich nur nach dem frankophonen Akzent gerichtet, wäre Klaus Miedel naheliegend gewesen (der ein Jahrzehnt später bekanntlich einen Einsatz als Poirot-Karikatur hatte), unter Randalls damaligen Sprechern hätte Harry Wüstenhagen sicher auch funktioniert. Siehe diesen früheren Beitrag dazu:Die kuriosesten Synchronbesetzungen (9)
Grazina Frame Brigitte Grothum und Ilse Pagé sind die für mich am schwersten auseinander zu haltenden Frauenstimmen oder Stimmen überhaupt. Ich habe mehrere Einsätze beider aus den Mitt60ern verglichen: Es ist Ilse Pagè. Sheila Allen - Anneliese Priefert, nicht Ilse Kiewiet
Danke für die Korrekturen. Erstere und Letztere bringe ich mit einer ziemlichen Regelmäßigkeit durcheinander!
@ berti:
Nachdem Tony Randall groß ist, eine Art Gentleman spielt und einen David Tomlinson-William-Powell-David Niven -Schnurrbarttouch hat, war Schoenfelder wohl nicht so ein abwegiger Besetzungsgedanke.
Wüstenhagen und Miedel wäre sicher naheliegender gewesen, aber Schoenfelder passt doch ganz gut, finde ich.
Ok, mit Frank Tashlin kam ein erprobter Komödien/Slapstick-Spezialist aus den USA an Bord, vermutlich brachte er Tony Randall mit (oder wer auch immer). Dennoch ist die Besetzung Randalls an sich reichlich kurios. Im Kanon der 60er-Welle an Christie-Filmen wäre eigentlich Robert Morley dran gewesen, den Poirot zu spielen. Das wäre in mancherlei Hinsicht sicher amüsant geworden.
Zitat von Uwe Huber im Beitrag #6Kann Arne Elsholtz eigentlich nicht gewesen sein. Ganz genau ließ es sich nicht mehr klären, aber mit Regie hat er erst Ende der 1960er bei Hermes angefangen.
Ich hab mich da nach Bräutigam gerichtet, nach dem Elsholtz mit 19 seine erste Regie geführt hätte - und das wäre 1963/64 gewesen. Alternativ könnte natürlich auch sein Vater verantwortlich gewesen sein und seinen Filius für einige Minirollen besetzt haben (wie es wohl für "Liebesgrüße aus Moskau" mittlerweile wahrscheinlich ist).
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #10Ich hab mich da nach Bräutigam gerichtet, nach dem Elsholtz mit 19 seine erste Regie geführt hätte - und das wäre 1963/64 gewesen.
Allerdings ist auch Bräutigam (leider) nicht unfehlbar, und bisher wurde (soweit ich weiß) keine definitiv feststehende Regie- oder Dialogbucharbeit von Arne Elsholtz genannt, bei der er jünger als Mitte Zwanzig gewesen wäre. Sollte er irgendwann mal für ein ausführlicheres Interview durch eines der Forumsmitglieder zur Verfügung stehen, könnte man ihn natürlich danach fragen, ob er sich noch erinnern kann, in welchem Alter er damit angefangen hat und ob er noch weiß, welches "sein" erster Film war.
Das Gedächtnis der Menschen ist immer wieder facettenreich spannend.
Schauspieler, die wenig synchronisierten, haben das entweder ganz vergessen (Horst Tappert) oder können sich an kaum noch etwas erinnern (Grete Zimmer). Daß Vielsprecher sich nicht alles merken können, das ist ganz klar. Die haben ja auch nicht für die Datensammlung der Synchronfans gearbeitet.
Was mich bei Arne Elsholtz aber beinahe fasziniert ist, daß er sich scheinbar nicht mehr an seine erste Synchronregie erinnern kann. Üblicherweise sind solche Erfahrungen doch recht einschneidend, aber scheinbar kann man sie doch vergessen.
In der österreichischen Fernsehzeitschrift "Dabei" war mal etwas über Arne Elsholtz zu lesen, da wurde er als Stimme von Tom Hanks vorgestellt. Hier stand, er habe erstmals mit 19 Jahren bei "Satanas" Synchronregie geführt. Keine Ahnung, woher die Quelle stammte. Aber eventuell hat irgendwann einmal jemand die Angaben im deutschen Vorspann mit dem Produktionsjahr gleichgesetzt und das geistert seither irgendwo herum. Wobei das nun wieder eher in den Elsholtz-Thread gehören würde.
Zitat von fortinbras im Beitrag #12Hier stand, er habe erstmals mit 19 Jahren bei "Satanas" Synchronregie geführt. Aber eventuell hat irgendwann einmal jemand die Angaben im deutschen Vorspann mit dem Produktionsjahr gleichgesetzt und das geistert seither irgendwo herum.
Wieder mal eine Nachfrage, wegen Widerspruchs zur Deutschen Synchronkartei: James Villiers steht dort mit Joachim Pukaß gelistet (möglicherweise eine Namens-Verwechslung?) und Anita Ekberg mit Gisela Trowe. Ist das dort also falsch?
Zitat von berti im Beitrag #11Sollte er irgendwann mal für ein ausführlicheres Interview durch eines der Forumsmitglieder zur Verfügung stehen, könnte man ihn natürlich danach fragen, ob er sich noch erinnern kann, in welchem Alter er damit angefangen hat und ob er noch weiß, welches "sein" erster Film war.
Das hat Uwe Huber ja schon gemacht!
@fortinbras Ja, das ist tatsächlich eine gute Erklärung dafür, woher die Info mit den 19 Jahren kommt. Das war mir bisher völlig schleierhaft. Dass "Satanas" tatsächlich eine seiner ersten Regiearbeiten war, hat Elsholtz bestätigt, ob's wirklich die erste war, ist eher zu bezweifeln. Wann genau die Synchronisation von "Satanas" entstand, lässt sich aber leider auch nicht mehr genau nachvollziehen: Der Film startete 1971 im Nobis Verleih, war aber zuvor vom Alpha Verleih angekündigt worden, der aber um 1970 herum Pleite ging.