Ich meine damit, dass von ihm gesprochene Figuren oft sehr realistisch klangen, sich sehr unter Kontrolle hatten und so wirkten, als machten sie sich keine Illusionen. Fändest du "nüchtern" bei anderen Sprechern eher zutreffend? Oder würdest du das Wort anders definieren?
Ich würde bei dem bereits genannten Begriff "bodenständig" bleiben. Nüchtern waren sicher einige der Figuren, die er sprach, aber generell kann man das wohl nicht anwenden. Schott drehte nie unnötig auf oder machte sich wichtiger als der Schauspieler des Originales, auch waren ihm sprachliche Ticks fremd.
Ich würde auch Felmy nicht unbedingt als nüchtern bezeichnen, eher als subtil-hintergründig in die Tiefe gehend.
Ich würde es ebenfalls eher "bodenständig" nennen, allerdings finde ich auch das nicht immer passend, da es Schott nicht gerecht wird, Bodenständigkeit ist ja zumindest bei Schauspielern nicht nur positiv. Aber ich weiß, was du meinst.
Zitat von berti im Beitrag #16Fändest du "nüchtern" bei anderen Sprechern eher zutreffend? Oder würdest du das Wort anders definieren?
Schwer zu sagen, für mich sind Sprecher eher nüchtern, die keine Amplituden nach oben und unten haben - auf einige Sprecher des leipziger DEFA-Stamms trifft das meiner Meinung nach zu, realistisch, aber etwas farblos (im Gegensatz zum völlig überzogenen Spiel von bspw. Ivar Combrinck oder Frank Engelhardt - da ist mir das Nüchterne lieber); Walter Jäckel wäre ein Beispiel.
Ich hatte das schon vor kurzem im "Fehlbesetzungen-Thread" geschrieben : Für einen Terencemania wie mich ist Schott für Hill eine der größten Fehlbesetzungen der Filmgeschichte. Danneberg für Hill ist für mich ein absoluter Glücksfall. In "Verflucht,Verdammt und Halleluja" hätte es Reck sein müssen wenn schon nicht Danneberg. Die Stimme macht für mich den Film kaputt obwohl er eigentlich sehr gut ist. In "Freibeuter der Meere" ist es nicht ganz so schlimm. Aber der zählt auch nicht zu meinen Lieblingsfilmen. Auch in "Der Tiger hetzt die Meute" finde ich Schott für Burt Reynolds alles andere als passend.
Manfred Schott ist für mich neben Christian Brückner DIE Stimme der Siebziger! Und je unbekannter seine Schauspieler waren, umso lieber hörte ich ihn (mit Ausnahme des froschgesichtigen DeForest Kelley wahrscheinlich, von dem ich als Kind immer Alpträume bekam).
Auf Dustin Hoffman hörte ich ihn auch sehr gern, damals machte der aber auch noch gute Filme (oder gefiel er mir etwa WEGEN Schott?) - nach ISTHAR ging es mit ihm richtig bergab (Ausnahme: RAIN MAN), danach gab er nur noch den zu kurz geratenen Zappelphilipp.
Alpträume mit Dr. McCoy? Jessas na, dass es so was gibt?!?!
Ich mag ein paar der Dustin Hoffman-Filmchen vor 1980 ganz gern. Da passte Manfred Schott auch sehr gut. Man sollte eigentlich bei Hoffman wirklich teilen in die zwei Hälften seiner Karriere. Übrigens, Fortinbras: nicht nur für George Segal hat man Schott nach Berlin geholt. Auch für Hoffman und Nicholson, aber klar: er war 'n klassischer Münchener Sprecher.
Ich fand ihn auch ziemlich gut für Robert Wagner in der Kinosynchro von FLAMMENDES INFERNO. So ein echter Schnösel eben!
Mir hat Schott immer besonders gefallen für so eher arrogante Figuren, die von sich selbst sehr überzeugt sind und dann ganz schön ins Fettnäpfchen treten. Waren meistens Nebenfiguren, aber die blieben haften. So wie etwa der von Fortinbras schon erwähnte Bradford Dillman. Auch als geldgieriger Drahtzieher hinter garstigen Verbrechen für ??? In der Serie ARSENE LUPIN war er spitze.
Nüchtern sind für mich eher so Sprecher wie Wolfgang Eichberger, Eric Vaessen oder Manfred Andrae. Bei Schott war immer der ganze Mensch irgendwie greifbar, ob er nun gut war oder schlecht. Die hatten immer 'n weisses oder schwarzes Herz, aber sie hatten immer eins.
Zitat von Frankie DO im Beitrag #20 Für einen Terencemania wie mich ist Schott für Hill eine der größten Fehlbesetzungen der Filmgeschichte. Danneberg für Hill ist für mich ein absoluter Glücksfall.
Ich fand hier eher Danneberg unerträglich, da die soweiso schon nervigen Brunnemann/Brandt-Kalauer in den meisten seiner Filme mit ihm noch viel nerviger wurden, Hartmut Reck ist und bleibt für mich Hills bester Sprecher. Aber das sollte hier besser nicht weiter ausgeführt werden.
Zitat von Frankie DO im Beitrag #20 Für einen Terencemania wie mich ist Schott für Hill eine der größten Fehlbesetzungen der Filmgeschichte. Danneberg für Hill ist für mich ein absoluter Glücksfall.
Auch hier ist es schön, dass die Geschmäcker unterschiedlich sind. Klar, Danneberg auf Hill ruft eine gewisse Gewöhnung oder sogar Vertrautheit hervor, aber es gibt immer wieder Zeiten, in denen mich die Kombi nervt. Die Figuren sind (für mich) zu glatt, nicht wirklich emotional, eher "annoying". Gut, viele der S&H-Filme haben etwas von commedia dell'arte, aber dennoch könnten die Figuren vielschichtiger wirken. Stefan hat Alternativen genannt, für mich ist Schott immer DIE Alternative gewesen: Konnte die Ironie Hills über sarkastische Zwischentöne bis hin zu Zynismus transportieren, den Figuren eine gewisse Tiefe bzw. Gebrochenheit geben und sie dennoch (wiederum: für mich - kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit) sympathisch wirken lassen (Recks Interpretationen mochte ich oft - aber nie auf Hill).
Auf Sellers stört er mich nicht - das liegt aber vor allem daran, dass ich Thomalla nicht (mehr) vor geistigen Ohren habe, wenn ich Sellers sehe. Thomalla ist da nur eine Facette des Ober-Goons und funktioniert mitunter gut, ohne dass mich sein Fehlen generell stört (ähnlich wie bei vielen Alan-Rickman-Übertragungen mal der eine oder andere passt, ohne dass er mir je das Original ersetzt).
Devlin in Theater des Grauens empfand ich auch als arrogant und eher als Gegenspieler Prices denn als Sympathieträger. Schott war top für beides. Einer meiner absoluten Liebslingssynchronschauspieler dieser Synchronära.
Zitat von Ohne Wiederkehr im Beitrag #25Ich glaub wirklich arogant kenn ich Schott noch garnicht, kann mir aber gut vorstellen, dass das großartig passt. Da hab ich wohl noch Nachholbedarf.
Da gibt es aber einige Beispiele, namentlich wenn Schott tatsächlich den Gegenspieler des Sympathieträgers gab - "Der Kleine mit dem großen Tick" oder eben "Theater des Grauens".
Kenn ich beide noch nicht, aber THEATER DES GRAUENS interessiert mich schon länger. den werd ich mir dann demnächst mal ansehen (die ganze Synchronisation wurde hier ja schon häufiger logend erwähnt, wenn ich das richtig im Kopf habe).
Zitat von Ohne Wiederkehr im Beitrag #25Ich glaub wirklich arogant kenn ich Schott noch garnicht, kann mir aber gut vorstellen, dass das großartig passt. Da hab ich wohl noch Nachholbedarf.
Da gibt es aber einige Beispiele, namentlich wenn Schott tatsächlich den Gegenspieler des Sympathieträgers gab - "Der Kleine mit dem großen Tick" oder eben "Theater des Grauens".
Edward Lionheart ein "Sympathieträger"? Tragisch kann man die Figur durchaus finden und bei den meisten seiner Opfer dürfte Schadenfreude aufkommen, aber Sympathie angesichts der ziemlich heftigen Mordmethoden?
Auf boshafte Weise, aber ich würde ihn schon als den Sympathieträger des Filmes sehen - zumindest von Seiten der Autoren aus. Wie man als Zuschauer dazu steht, darf man selbst entscheiden.
Für mich ist Lionheart auch der Sympathieträger, die Identifikationsfigur. Vielleicht schlummert in dir weniger Böses als in uns, lieber Berti!
Lionheart hat den Bezug zur Realität verloren und sich wohl auch in seiner Selbstherrlichkeit einer Weiterentwicklung erzogen. Natürlich ist er tragisch, aber er ist menschlicher als alle Kritiker, vor allem als der kühle Devlin in seiner recht arroganten Sachlichkeit. Bei ihm ist für Emotionalität wenig Raum, es scheinen ihn nicht mal Lionhearts Attacken zu berühren, geschweige denn der Tod seiner Kollegen. Neben Lionheart ist der Inspektor die einzig sympathische männliche Hauptfigur und im Unterschied zu Devlin versteht er im Grunde Lionheart sehr gut.
Ian Hendry verkörpert hier einen ziemlichen Antitypen, an dem all diese Ereignisse vermutlich spurlos vorübergehen. Und Manfred Schott gibt ihm eine mehr als hervorragende deutsche Greifbarkeit.