Manchmal kommt es vor, dass bestimmte Sprecher sich zwar stimmlich nicht stark verändern, aber in früheren Jahren trotzdem anders klingen. Das kann daran liegen, dass sie mit einem bestimmten Star oder Rollentyp so stark verbunden und vielleicht auch oft von der Regie auf eine bestimmte Diktion oder auf Manierismen festgelegt werden, so dass sich das auch jenseits davon auf die Art zu sprechen auswirkt. In diesem "Zeit"-Artikel von 1986 (der auch von Thomas Bräutigam zitiert wird) meint Wolfgang Draeger, die enge Verbindung mit Woody Allen könnte sich auf seine Sprechweise ausgewirkt haben:http://www.zeit.de/1986/44/wie-lebt-man-...komplettansicht Bevor die Verbindung zwischen den beiden enger wurde, klang er weniger schusselig-zerstreut, sondern konnte auch absolut überzeugend grob, schnodderig oder aggressiv (bis ins Wahnsinnige hinein) klingen, was mir neulich bei seiner Rolle im "Foltergarten des Dr. Diabolo" auffiel. Gerd Duwner sprach zu Beginn seiner Karriere extrem viele Asiaten (oft radebrechend und piepsig), später gehörte er im Zeichentrick und auf zappelige, kleine Komiker in Realfilm zum Inventar. Aber zwischenzeitlich konnte er auch manchmal beweisen, dass er auch völlig ohne comichafte Züge Rollen interpretieren konnte, etwa als größenwahnsinniger Tycoon Arthur Jensen (Ned Beatty) in "Network", der in einem Monolog alle akustischen Register zog, oder als geschmeidig sprechender Katzenliebhaber in der "Mit Schirm, Charme und Melone"-Folge "Vorsicht, Raubkatzen". Leider wurde ihm in "Batmans Rückkehr" die Chance verwehrt, in einer Schurkenrolle zu überzeugen. Gab es in späteren Jahren noch Rollen, in denen er nicht comichaft klang? Wolfgang Völz chargierte im Zeichentrick-Bereich schon in den Siebzigern ("Lucky Luke - Sein größter Trick", "Asterix erobert Rom"), klang aber in seinen frühen Rollen im Realfilm (z. B. "Familiengrab", "Serpico" oder "Mord an der Themse") meist absolut bodenständig, ohne das Kauzig-Kaspernde, was er seit vielen Jahren in den meisten seiner Rollen hat. Stefan schrieb einmal, dass es ihn beeindruckt habe, wie absolut ernst sich Völz in der Neusynchro von "Für ein paar Dollar mehr" anhörte. "Die vier Halunken der Königin" ist eine fuchtbar verkalauerte Synchro, wenn man zusätzlich schon weiß, dass Lutz Mackensy mit von der Partie ist, rechnet man mit dem Schlimmsten. Aber er klingt todernst, wie es seiner Figur entspricht. Auch für Al Pacino war er überzeugend bodenständing, nüchtern und abgeklärt, manchmal durfte er sogar überzeugend brüllen ("Serpico", "... und Gerechtigkeit für alle"), ohne dabei zu kieksen. Auch noch in den Achtzigern hörte man ihn in Hörspielen oft als Bösewicht, was heute komisch wirkt, da er in den letzten Jahren meist auf komödiantisch-alberne Rollen (oft auch mit tuntigem Einschlag) besetzt wird. Das heutige "Glucksen" in der Stimme und das Kieksen (wenn er laut wird) fehlte ihm früher.
Jürgen Thormann ist für mich ein Paradebeispiel - "Jason King" und Co. haben ihm irgendwie eine Schublade zugewiesen, aus der er nur mehr selten herauskam - selbst bei Kalibern wie Caine oder O'Toole klang irgendwie immer Peter Wyngarde mit, eben ein entsprechender Tonfall.
Wenn man Thormann hört für Alexander Davion in "Haus des Grauens", für Terence Stamp in "Der Fänger" oder Michael Caine in "Teuflische Spiele": hier ist er absolut unauffällig, extrem subtil und verschwindet gänzlich hinter den Rollen. Selbst für oberflächlichere Figuren wie Francis Matthews in "Blut für Dracula" oder dessen Auftritte bei "The Avengers" war er nie aufdringlich-dröhnend. Dieses "eine Figur niedersprechen" kam erst nach dem Jason King-Erfolg und den ganzen tranigen Auftritten, die er dann in den 70ern hatte. Er machte es nicht immer gleich stark, manchmal nur in einigen Momenten, aber irgendwie kam Kings Jason immer zwischendurch zum Vorschein. Vorher gab es diesen speziellen Touch keineswegs.
Klang sein später typischer Ton nicht schon bei Vladek Sheybal in "Liebesgrüße aus Moskau" durch? Dort chargierte er nicht, hatte aber bereits sein später typisches Näseln.
Das mit dem Chargieren triffts, das fehlte in "Liebesgrüße aus Moskau" noch. Das gelegentliche Näseln oder andere Stimmcharakteristika fallen für mich nicht unter "Veränderungen", das gehört ja zu ihm.
In einer Folge "Das Haus am Eaton Place" wird jemand als ölig und aufdringlich bezeichnet. Von fern hört man schon Jason King, nicht Jürgen Thormann oder den Mann, um den es sich geht. Vor allem bei etwas schrillen, nicht alltäglichen, tranigen oder oft auch komischen Figuren/Momenten, da dringt immer Jason King durch. Und das sage ich absichtlich so, weil diese Sprechweise mitunter schwer mit Jürgen Thormann vereinbar ist.
Sehe ich auch so - in "U.F.O." hatte er natürlich auch schon seine charakteristische Stimme, aber noch eine andere, entspannte - ich möchte sagen: wirklich coole Diktion. Auch hier stellt sich mir immer die Frage, ob er das später nicht auch noch drauf gehabt hätte und ob nicht der "Jason King" grundsätzlich von der Regie gefördert und gefordert wurde. Als Beispiel dienen mir die Europa-Hörspiele von ca. 1982 (v.a. Edgar Wallace), in denen er schon typisch älter und kippliger klingt, aber seine Sprechweise nichts Komisches hat.
Mir fällt da noch der gute Randolf Kronberg ein. Dass er jahrzehntelang der Stammsprecher von Eddie Murphy war (für den er bekanntlich sehr schnell und überdreht sprach), hat sich leider offensichtlich auch auf seine eigene Diktion ausgewirkt.
Das kann man gut bei der Neusynchro von „Der weiße Hai“ oder der Nachsynchro von „Raumschiff Enterprise“ (beide 2004 entstanden) heraushören, wo er mMn zu komisch für die jeweiligen Rollen klang.
In der Neusynchro von "Der Gehetzte der Sierra Madre" war kein Fitzelchen Eddie Murphy zu hören - vielleicht eine Frage der zeitlichen Nähe? (Da diese Fassung auch von 2004 ist, meine ich mit Nähe wirklich von einem Tag zum anderen.)
Zitat von Koboldsky im Beitrag #6Mir fällt da noch der gute Randolf Kronberg ein. Dass er jahrzehntelang der Stammsprecher von Eddie Murphy war (für den er bekanntlich sehr schnell und überdreht sprach), hat sich leider offensichtlich auch auf seine eigene Diktion ausgewirkt.
Das kann man gut bei der Neusynchro von „Der weiße Hai“ oder der Nachsynchro von „Raumschiff Enterprise“ (beide 2004 entstanden) heraushören, wo er (aus meiner Sicht) zu komisch für die jeweiligen Rollen klang.
Wolfgang Lukschy klang bei Beginn seiner Karriere eher pathetisch, steif und hölzern, wogegen er in späteren Synchros doch deutlich gesetzter klang, aber auch zupacken konnte.
Zitat von Koboldsky im Beitrag #6Mir fällt da noch der gute Randolf Kronberg ein. Dass er jahrzehntelang der Stammsprecher von Eddie Murphy war (für den er bekanntlich sehr schnell und überdreht sprach), hat sich leider offensichtlich auch auf seine eigene Diktion ausgewirkt.
Das kann man gut bei der Neusynchro von „Der weiße Hai“ oder der Nachsynchro von „Raumschiff Enterprise“ (beide 2004 entstanden) heraushören, wo er (aus meiner Sicht) zu komisch für die jeweiligen Rollen klang.
So ein Unsinn. Das redest du dir ein.
Ok, er klang zwar nicht 100%ig wie Murphy, aber doch schon ein wenig...
Das Paradebeispiel für dieses Phänomen ist Kaspar Eichel. Wenn man seine Rollen aus den 90ern hört, klingt er da viel direkter und härter, um nicht zu sagen grobschlächtiger (nicht negativ gemeint). Seitdem er zunehmend als Schult-Ersatz besetzt wird, legt er beim Spielen diesen melancholischen Sing-Sang an den Tag.
Daher lässt sich bei ihm relativ leicht erkennen, von wann eine Aufnahme stammt, obwohl sich seine eigentliche Stimmfarbe kaum verändert hat.
So etwas ist mir auch bei Klaus-Dieter Klebsch aufgefallen. Der hat in den 90ern noch "richtig gespielt", z.B. in "Seinfeld", aber spätestens seit "Dr. House" hat er in jeder Rolle den ewig gleichen Sing-Sang drauf.
Zitat von dlh im Beitrag #12So etwas ist mir auch bei Klaus-Dieter Klebsch aufgefallen. Der hat in den 90ern noch "richtig gespielt", z.B. in "Seinfeld", aber spätestens seit "Dr. House" hat er in jeder Rolle den ewig gleichen Sing-Sang drauf.
War das bei Alec Baldwin in den 90ern auch schon so ? Ich meine, mich bei dem Actionreißer "Das Mercury-Puzzle" auch schon an einen ähnlichen Tonfall zu erinnern.
Wenn man aber an seine Rolle in "Kai aus der Kiste" (DDR 1988) denkt, wo er Kais Konkurrenten Alexander Kubalski spielt, fällt einem das so richtig auf, weil er da einen total anderen Tonfall hat und zweitens hat sich seine Stimme sehr verändert; er klingt deutlich rauher. Ich hätte nie gedacht, dass die Stimme dieses Darstellers und dass, was man z.B. auf Hugh Laurie zu hören bekommt, ein und dieselbe Person sind.
Zitat von Koboldsky im Beitrag #6Mir fällt da noch der gute Randolf Kronberg ein. Dass er jahrzehntelang der Stammsprecher von Eddie Murphy war (für den er bekanntlich sehr schnell und überdreht sprach), hat sich leider offensichtlich auch auf seine eigene Diktion ausgewirkt.
Das kann man gut bei der Neusynchro von „Der weiße Hai“ oder der Nachsynchro von „Raumschiff Enterprise“ (beide 2004 entstanden) heraushören, wo er (aus meiner Sicht) zu komisch für die jeweiligen Rollen klang.
So ein Unsinn. Das redest du dir ein.
Ok, er klang zwar nicht 100%ig wie Murphy, aber doch schon ein wenig...
Kronberg fand ich bei der Enterprise-Nachsynchro aber auch erstaunlich verändert. Dieses ruhige und gesetzte, dass er in der Sat.1-Synchro hatte, konnte er nicht mehr richtig reproduzieren.
Zumindest war für mich immer sehr deutlich hörbar, wenn es sich um eine nachsynchronisierte Szene handelte.
Da Eddie Murphy für Randolf Kronberg eher eine Ausnahme war und er im Regelfall "normal" synchronisieren durfte, auch nie wirklich auf Schauspieler a la Murphy-Abklatsch besetzt wurde, klang er doch immer sehr gleichmäßig-vertraut. Für mich ein Schauspieler, dessen Sprechstil von bleibender Qualität war und der nie irgendwie durch eine spezielle Darbietung und "Kultrolle" aus der Reihe tanzte. Dass jemand mal den Ton nicht ganz trifft, das kann schon vorkommen und ist nur allzu menschlich. Nobody's perfect - und dass soll auch so bleiben (selbst wenn man in Blockbusterhausen an Gleichschaltung interessiert ist).
Ein weiteres Beispiel möchte ich noch nennen, diesmal aus der weiblichen Synchrongarde:
ob sie gute oder böse Rollen spielte, war egal - so ab den frühen 70ern klang Tilly Lauenstein fast dauerhaft "rottenmeierhaft", selbst ehe sie das legendäre Fräulein in "Heidi" sprach. Sie wurde überproportional oft auf Beisszangen oder harte Frauen besetzt, das scheint irgendwie auf sie abgefärbt zu haben.
Sicher gab es Leistungen von ihr, wo sie wieder ganz gefühlvoll war und weniger in diese Ecke abdriftete, aber viele ihrer gutmütigen Parts hatten auch etwas an Bissigkeit dabei. "Fräulein Rottenmeier oder Bette Davis synchronisiert" nenne ich das gerne ironisch. Bei Simone Signoret blieb diese spezielle Note erstaunlicherweise immer aus, aber sonst fiel mir das stark auf, wie die andauernde Schubladenbesetzung stark auf Tilly Lauensteins allgemeine Rollenanlegung abzufärben schien.