Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #3Hitchcocks Spätwerk nach "Die Vögel" wird ja sehr widersprüchlich bewertet - Filme wie "Marnie" und "Der zerrissene Vorhang" werden von den einen vernichtet, während andere Qualitäten mit der Lupe suchen. Aber ich scheine einer der wenigen zu sein, die "Familiengrab" ausgesprochen hoch einschätzen. Ein würdiges Finale für Hitchcocks Oeuvre, perfekt ausbalanciert zwischen Komik und Spannung, trotz Modernisierugen klassischer Hitchcock-Touch, ohne (wie in "Frenzy") der Mode nachzulaufen; gewürzt mit einer Filmmusik, die das gewisse Etwas besitzt und angemessen den Spuren Herrmanns und Tiomkins folgt.
Zu den "wenigen" gehört (neben John Connor, der sich seinerzeit schon zu Wort meldete) auch Jens Wawrczeck. In seinem soeben erschienenen Buch "How to Hitchcock. Meine Reise durch das Hitchcock-Universum" schreibt er (S. 223). "Alfred Hitchcocks letzter Film hat weder die Intensität von VERTIGO noch die Kühnheit von THE BIRDS. Dennoch ist es ein letzter großer Wurf. Es ist Hitchcocks entspanntester Film. Und vielleicht sein charmantester. Als sich Hitchcock vier Jahre nach FRENZY mit FAMILY PLOT zurückmeldete, schien man überrascht zu sein, dass der damals fast achtzigjährige Konditormeister immer noch so köstliche Tortenstücke servieren konnte. Kritik und Publikum reagierten begeistert. Und doch wird FAMILY PLOT heute kaum mehr erwähnt. Wenn überhaupt, als netter, doch unbedeutender Nachklapperer einer illustren Karriere."
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #3"Bei Anruf Mord" Weil der Master of Suspense ihn nach einem populären Bühnenstück drehte, glauben viele, er sei nur ein Randwerk. Blödsinn! In der Beschränkung zeigt sich das Genie und der Film ist ein Lehrbeispiel für jeden, der Hitchcock kennen lernen will. Ein Meisterwerk in jeder Hinsicht.
Auch diesem Urteil dürfte Wawrczeck zustimmen, zumal dieser Film tatsächlich sein Erstkontakt mit Hitchcocks Werk war.
Spannender Thread mit interessanten Aussagen! Ich habe zwar keinen Altmeister zu bieten, aber würde trotzdem behaupten mit der Meinung in der Minderheit zu sein.
Je nach Perspektive ist Jackie Brown entweder Tarantinos schwächster oder sein bester Film. Ich gehöre zu letzterem Lager. Es ist der einzige Film in seiner Vita, wo er adaptiert und nicht komplett freidreht. Tarantinos Stärke ist zwar letzteres, bzw. das wilde zusammensetzen aus bekannten Versatzstücken, aber es kommt dem Film sehr zu Gute, dass dies hier nicht der Fall ist, wodurch er einen imho sehr einzigartigen Flow erzeugt. Zudem ein Film von ihm, der sich nicht durch primäres Overacting auszeichnet, wie die meisten seiner anderen Werke (Waltz in IB, Jackson in PF, etc.). Pam Grier und Robert Forster waren großartig, de Niro herrlich gegen den Strich, Jackson hat nicht genervt. Der Film gewinnt bei mir mit jeder Sichtung. Würde ich auch jemandem ans Herz legen, der mit Tarantino eher nichts anfangen kann.
Jackie Brown sollte ich mir dann auch mal anschauen. Tatsächlich der einzige Tarantino Film den ich bislang noch nicht geschaut habe. Die anderen Tarantino Filme hatten dagegen deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen bzw. diesen "Kultstatus-Stempel" bekommen. Da geht mir Jackie Brown gefühlt tatsächlich etwas unter.
Sergio Corbucci Der Stellenwert seiner Genre-Highlights DJANGO und LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG ist ja weitgehend unstrittig. Deutlich besser gefällt mir aber MERCENARIO, DER GEFÜRCHTETE. Das ist eben mehr als nur ein Genre-Beitrag, da wird das Genre nur benutzt, um die auch heute noch brisante Geschichte wirksam an den Mann zu bringen: Die Kapitalisten und die Besitzlosen. Der Film ist Damianis TÖTE AMIGO fast ebenbürtig. - Und auch Corbuccis späterer Revolutionswestern BETE AMIGO (die Anspielung auf TÖTE AMIGO ist keineswegs anmaßend) ist herausragend; hier wird der seinerzeit übliche Klamauk-Western als Vorwand für eine ganz ernsthafte Story benutzt: WAS GEHT UNS DIE REVOLUTION AN? (so die Übersetzung des Originaltitels) fragen sich die Helden. Ja, was? Das erfahren wir und auch die beiden im Laufe des Films, der durch Vittorio Gassman und Paolo Villaggio, die sonst nie in Western zu sehen waren, zusätzlich darstellerisch enorm aufgewertet wird. Die fulminante Schlußszene rundet dieses kleine weitgehend unbekannte Meisterwerk ab.
Il mercenario ist gegenüber Django und Il grande silenzio mittlerweile tatsächlich etwas unterbewertet, zählt aber glaube ich schon noch zu Corbuccis 3 besten Filmen. Ich persönlich finde auch daß er neben oder auch knapp vor Silenzio sein Bester ist, und damit zu den erstaunlichsten Western überhaupt gehört. Django und Companeros dagegen enthalten zwar auch brillante Szenen und Ideen, aber die wechseln mit deutlich schwächeren Material ab. Sein 3. Revolutionswestern dagegen, der etwas schlaffe Bete Amigo (wie das ZDF ihn nannte, fällt deutlich ab.
Und im Vergleicht zu Damiani's Töte Amigo (Quien sabe?) halte ich übrigens Il mercenario für den deutlich besseren Film, ich halte ihn sogar für den Intelligenteren. Aber der Damiani gehört auch zu den wirklich guten Italo-Western.
Ansonsten finde ich, daß hier in diesem Thread doch überwiegend Filme genannt werden, die sicher nicht zu den unterschätzten Außenseitern ihrer Regisseure zählen, teils (wie Barry Lyndon oder Zodiac) eher zu ihren Besten zählen.