Harald Juhnke hat ja auch unheimlich viel Synchronisiert (über 2oo Einträge stehen alleine schon in der Synchronkartei).
Wenn man seine (Synchron-)Karriere so verfolgt, fällt auf, dass er zwar wahnsinnig viele verschiedene Schauspieler sprach, aber eigentlich nur für Marlon Brando Stammsprecher war, ansonsten aber niemandes "Feststimme" wurde (nur Edward G. Robinson sprach er noch des Öfteren, als dessen früheren Filme in den 80ern fürs Fernsehen (nach)synchronisiert wurden. Übrigens eine Kombi, die ich persönlich etwas merkwürdig und nicht richtig gut finde ;-))
Zudem finde ich es auffällig, dass er ab den 70ern vermehrt in Nebenrollen zu Einsatz kam und in den 80ern dann nur noch wenig synchronisierte. Wahrscheinlich hat Letzteres etwas mit seinen sonstigen Aktivitäten im Showbuisness, beim Fernsehen und auf der Bühne zu tun. Allerdings finde ich es merkwürdig, dass er z.b. Marlon Brando in den 70ern überhaupt nicht mehr sprach und auch sonst keine wirklich großen Schauspieler mehr synchronisierte. Dabei war sein Sprach-Talent auch zu dieser Zeit ungebrochen. Man braucht sich nur mal seine Gastauftritte in Serien wie STRAßEN VON S.F., STARSKY & HUTCH, KOJAK oder Filme wie EINE LEICHE ZUM DESSERT und POLIZEIREVIER L.A. anzuhören und merkt gleich, wie gut er in den 70ern als Sprecher (immer noch) war.
Ob man sich bei den größeren Verleihern vielleicht nicht mehr recht traute ihn zu engagieren, aufgrund seiner (vermeintlichen) Unzuverlässigkeit wegen seiner Alkoholsucht? Oder waren eventuell seine Gagenforderungen zu hoch oder galt er vielleicht auch als zu "aufsässig"?
Ich vermute, dass seine vielen Auftritte in Serien ein Hinweiß darauf sein könnte, dass Juhnke (durch Kontakte und Beziehungen unter Kollegen in der Branche), deshalb immer regelmäßige Angebote und Beschäftigungen beim Synchron hatte, weil die Synchron-Studios damals (zumindest bei kleineren Produktionen oder eben Fernsehserien) oft noch selbstständig entscheiden konnten, wen sie als Sprecher engagieren möchten und ihnen kein großer Verleih "im Nacken" saß und mitredete.
Gibt es eigentlich irgendwelche Interviews mit ihm, wo er mehr auf das Thema Synchronisation eingeht? Die Geschichte, wie er zu Marlon Brando kam, ist ja bekannt (ich glaube, sie steht sogar in seinen Memoiren). Aber ansonsten? Vielleicht gibt es ja noch (lebende) Kollegen, die mit ihm im Synchronstudio zusammengearbeitet haben und etwas über ihn erzählen können?
Es wäre doch schön, etwas mehr über diesen Bereich von Juhnkes Schaffen zu erfahren. er war nämlich wirklich ein hervorragender Sprecher mit einer besonders ungewöhnlichen Stimme und großem Talent.
Oliver Rohrbeck hat mal von seiner Zusammenarbeit als Kind in "Pinocchio" mit Harald Juhnke erzählt. Juhnke hat ihn auf den Hocker gehoben, ihm die Texte vorgesagt (weil Rohrbeck noch nicht lesen konnte) und ihm auf die Schulter getippt, wenn der Take begann. Okay, das wurde hier im Forum bestimmt schon mal erwähnt, passt aber hier rein.
Auch Kathrin Fröhlich (glaube ich) hat mal was von der Zusammenarbeit als Kind mit Juhnke berichtet. Harald Juhnke hatte wohl beim Synchron im Atelier ein Glas mit irgendeinem alkoholischen Getränk mit Eiswürfeln drin dabei. Heute in Nachhinein fragte sie sich, warum der Tonmeister da nicht gegen war, weil die Eiswürfel im Glas auch Geräusche gemacht haben.
Hier im Forum gibt es doch den Thread, welcher Synchronsprecher am bekanntesten ist, also auch Nicht-Synchron-Interessierten. Harald Juhnke wurde schon ganz am Anfang genannt. Völlig zu Recht. Ihn dürfte man auch kennen, wenn man sich überhaupt nicht für Synchronisation interessiert. Ich weiß noch, wir haben mal in der Familie zusammen "Eine Leiche zum Dessert" geguckt. Mein Vater meinte da, Peter Falk höre sich an wie der Harald Juhnke.
2019 war mal geplant, das Leben von Harald Juhnke zu verfilmen (leider bislang auf unbestimmte Zeit verschoben). Das ist ein Privileg, was nun wirklich nur ganz wenigen Synchronschaffenden vergönnt ist...
Zitat von Pip im Beitrag #1Wenn man seine (Synchron-)Karriere so verfolgt, fällt auf, dass er zwar wahnsinnig viele verschiedene Schauspieler sprach, aber eigentlich nur für Marlon Brando Stammsprecher war, ansonsten aber niemandes "Feststimme" wurde
Bei Brando ist es besonders schade, dass er irgendwann nicht mehr besetzt wurde, ich hätte zu gerne gehört , wie er 70er Jahre -Highlights wie der Pate, der letzte Tango in Paris oder Apocalypse Now gesprochen hätte. Auch wenn Claus Biederstaedt in der letzte Tango in Paris sehr stark spielte und Gottfried Kramer zumindest in Apocalypse Now großartig war, blieb Juhnke immer die Idealbesetzung für Brando.
Zumal auch Juhnke einen besonderen Bezug zu Brando gehabt haben muß, denn einen seiner Söhne nannte er wohl tatsächlich Marlon (habe ich zumindest vor Jahren irgendwo mal gelesen).
Zitat von Pip im Beitrag #4Sehe ich ganz genauso :-).
Zumal auch Juhnke einen besonderen Bezug zu Brando gehabt haben muß, denn einen seiner Söhne nannte er wohl tatsächlich Marlon (habe ich zumindest vor Jahren irgendwo mal gelesen).
wenn man bedenkt , welche langweilige Rollen das deutsche Kino zu dieser Zeit für ihn bot, gehe ich davon aus, dass juhnke einfach froh war,dass er neben dem Theater auch durch die Synchronisation von Brando Schauspielerisch richtig gefordert wurde.
Das Gleiche gilt ja auch für die 70er Jahre, wo Juhnke ja vorwiegend eher seichte Sachen machte (zumindest im TV, wie z.B. SERGEANT BERRY oder andere Comedy-Serien. Wie es im Theater zu dieser Zeit mit ihm war, weiß ich nicht. Allerdings war es vorwiegend wohl auch vermehrt Berliner Boulevard-Theater). Da waren ja manche Synchronrollen in Fernsehserien fast schon anspruchsvoller (da eher dramatisch angelegt) und vielleicht war er generell froh, auch mal sowas zwischendurch machen zu können.
Juhnkes große (zumindest was die etwas anspruchsvolleren, hintergründigen bzw. dramatischen) Rollen, kamen dann ja auch erst ab den 90ern - sowohl im TV, als auch im Theater (z.B. DER PAPAGEI, DER HAUPTMANN VON..., DER TRINKER und diverse Andere). Da war dann aber auch (leider) so ziemlich Schluß mit dem Synchronsprechen.
Wobei man natürlich sagen muss, dass Juhnke auch in komödiantischen Rollen hervorragend war und das Comedy nicht gerade anspruchslos ist. Synchronmäßig, denke ich da z.B. an seinen urkomischen Auftritt als Albatros Orville in dem Disney- Klassiker Bernard und Bianca.
Zitat von Pip im Beitrag #1Zudem finde ich es auffällig, dass er ab den 70ern vermehrt in Nebenrollen zu Einsatz kam und in den 80ern dann nur noch wenig synchronisierte. Wahrscheinlich hat Letzteres etwas mit seinen sonstigen Aktivitäten im Showbuisness, beim Fernsehen und auf der Bühne zu tun. Allerdings finde ich es merkwürdig, dass er z.b. Marlon Brando in den 70ern überhaupt nicht mehr sprach und auch sonst keine wirklich großen Schauspieler mehr synchronisierte. Dabei war sein Sprach-Talent auch zu dieser Zeit ungebrochen. Man braucht sich nur mal seine Gastauftritte in Serien wie STRAßEN VON S.F., STARSKY & HUTCH, KOJAK oder Filme wie EINE LEICHE ZUM DESSERT und POLIZEIREVIER L.A. anzuhören und merkt gleich, wie gut er in den 70ern als Sprecher (immer noch) war.
Ob man sich bei den größeren Verleihern vielleicht nicht mehr recht traute ihn zu engagieren, aufgrund seiner (vermeintlichen) Unzuverlässigkeit wegen seiner Alkoholsucht? Oder waren eventuell seine Gagenforderungen zu hoch oder galt er vielleicht auch als zu "aufsässig"?
Es fehlt generell auf, dass Juhnke in den 60ern zur oberen Liga gehört zu haben scheint, ein Jahrzehnt später aber nicht mehr. Er hat zwar auch in den 70ern noch viel synchronisiert, aber nur noch selten bekanntere Schauspieler und auch öfter Nebenrollen. Zu den wenigen Ausnahmen gehören seine beiden Einsätze für Peter Falk (damals bekanntlich durch "Columbo" ungeheuer populär) und Colin Blakeley in "Das Privatleben des Sherlock Holmes" (zwar kein "großer Name", aber immerhin die zweite Hauptrolle in einem Film von Billy Wilder). Interessant wäre natürlich, ob es bestimmte Regisseure gab, die ihn in dieser Zeit besetzt haben. An Gagenforderungen als Grund dachte ich früher auch mal, allerdings wies Stefan darauf hin, dass Juhnke zu dieser Zeit wohl eher in einem Karrieretief gewesen sei:Wenn die Synchro das Original verbessert (2) Seine letzten Arbeiten in diesem Bereich dürfte allerdings eher seinem Promi-Status geschuldet gewesen sein.
Zitat von Pip im Beitrag #1Gibt es eigentlich irgendwelche Interviews mit ihm, wo er mehr auf das Thema Synchronisation eingeht? Die Geschichte, wie er zu Marlon Brando kam, ist ja bekannt (ich glaube, sie steht sogar in seinen Memoiren). Aber ansonsten?
Ich meine, dass es ein längeres Interview anlässlich seines 70. Geburtstags gab, in dem er seine Synchronarbeiten für Marlon Brando kurz ansprach und dabei die Anekdote erzählte, wie dieser es kaschierte, wenn er offensichtlich seinen Text nicht gelernt hatte. Apropos: Juhnke selbst wurde von seinem Kollegen Friedrich Schoenfelder dafür bewundert, dass er seinen Text in der Regel nur einmal lesen musste und ihn danach perfekt beherrschte.
Zitat von berti im Beitrag #8 Apropos: Juhnke selbst wurde von seinem Kollegen Friedrich Schoenfelder dafür bewundert, dass er seinen Text in der Regel nur einmal lesen musste und ihn danach perfekt beherrschte.
Das hat auch Grit Boettcher mal erzählt. Juhnke hatte offensichtlich ein fotografisches Gedächtnis.
Apropos Grit Boettcher: Ich denke, dass Juhnke spätestens ab "Ein verrücktes Paar", das ab 1977 lief, so erfolgreich wurde, dass ihn Aufgaben im Synchronbereich (wahrscheinlich wegen der Bezahlung) nicht mehr richtig interessierten.
Um übrigens auch mal eine kleine "Synchronsünde" von Harald Juhnke zu nennen: In dem Sexfilm "Liebe zwischen Tür und Angel Vertreterinnen-Report" (BR Deutschland, 1973) synchronisierte er den Vater eines Sohnes, der in seinem Zimmer mit seiner Freundin herum macht. Der Vater wurde von einem unbekannten (wahrscheinlich Laien-) Darsteller verkörpert. Man sieht: Damals war Juhnke sich auch für solche Rollen nicht zu schade. In diesem Streifen sind übrigens auch viele andere namhafte Synchronschauspieler zu hören.
Zitat von Groove im Beitrag #9Um übrigens auch mal eine kleine "Synchronsünde" von Harald Juhnke zu nennen: In dem Sexfilm "Liebe zwischen Tür und Angel Vertreterinnen-Report" (BR Deutschland, 1973) synchronisierte er den Vater eines Sohnes, der in seinem Zimmer mit seiner Freundin herum macht. Der Vater wurde von einem unbekannten (wahrscheinlich Laien-) Darsteller verkörpert. Man sieht: Damals war Juhnke sich auch für solche Rollen nicht zu schade. In diesem Streifen sind übrigens auch viele andere namhafte Synchronschauspieler zu hören.
Ich meine, dass er in einem vor vielen Jahren verlinkten Trailer zum "Tanzstunden-Report" zu hören war - extrem tuntig.
Ja, daran erinnere ich mich auch. Es sind hier im Forum mal ein paar Ausschnitte verlinkt worden und es gibt auch einen Thread zu dem Film (er sprach dort einen gewissen Siegfried Zügel):
In “Der rosarote Panther” passte Juhnke perfekt auf Peter Sellers. Hätte Georg Thomalla ab “Ein Schuß im Dunkel” nicht ebenso kongenial übernommen, hätte er auch bei den anderen Inspektor-Clouseau-Filmen weitermachen können. Hätte, hätte…
Zumindest hätte ich ihn mir durchaus in mehr als zwei Filmen für Sellers vorstellen können; als Clouseau nicht unbedingt (da ist Thomalla für mich ungeschlagen) aber z. B. in "Ladykillers" (falls dieser nach Berlin gegangen wäre).
Juhnke war toll, aber welche Rolle aus heutiger Sicht gar nicht ging, war Woody Allen in WSSIÜSWW. Das lag aber u.a. auch an der klamaukhaften Bearbeitung. Hätte man hier nicht so aufs Blech gehauen, hätte es mit Juhnke durchaus was werden können.
Zitat von Slartibartfast im Beitrag #14Juhnke war toll, aber welche Rolle aus heutiger Sicht gar nicht ging, war Woody Allen in WSSIÜSWW. Das lag aber u.a. auch an der klamaukhaften Bearbeitung. Hätte man hier nicht so aufs Blech gehauen, hätte es mit Juhnke durchaus was werden können.
Sowohl die Besetzung als auch die Synchro insgesamt wirken aus heutiger Sicht befremdlich; als sie entstand, genossen Woody Allen und sein Humor beim hiesigen Feuilleton noch nicht den späteren Kultstatus, und die Assoziation mit Wolfgang Draegers Stimme war auch noch nicht so stark wie später. Also gleich in mehrfacher Hinsicht ein Kind der Zeit!