Ich wollte mal nach Fällen fragen, in denen ein Star bei einem bestimmten Synchronstudio eine Feststimme hat, während andere Studios sich auf eine andere Kombination festgelegt haben. Ich meine damit nicht die Frage Berlin/München, sondern Besetzungsunterschiede innerhalb der einzelnen Synchron-Standorte. Da ich mich in der "guten alten Zeit" der Synchrongeschichte eher auskenne, fange ich damit an:
William Holden hatte in Sychros der Ultra in den Fünfzigern/frühen Sechzigern Paul Klinger, während alle anderen Berliner Studios sich ab 1955 auf Heinz Engelmann festgelegt hatten. Die einzige Ausnahme, die mir spontan einfällt wäre "Die Intriganten" (MGM), bei der Klinger ebenfalls Holden sprach. Im Thread über Louis De Funes wurde ja schon erwähnt, dass die MGM in dieser Zeit häufig "neben der Spur" besetzt habe. Mir war auch schon aufgefallen, dass in MGM-Synchros um 1960 meist Heinz Drache auf Richard Widmark, Paul Klinger auf Dean Martin und Wolfgang Kieling auf Paul Newman zu hören waren, während sich bei den anderen Berliner Studios bereits Arnold Marquis, Klaus Miedel und GGH als Standard etabliert hatten. Bei Gregory Peck finde ich es auffällig, dass die BSG ab 1963 ("Wer die Nachtigal stört") auf Martin Hirthe setzte, während sie vorher (wie andere Berliner Studios) Wolfgang Lukschy nahm. War Lukschy nach München umgezogen, hatte er sich bei der BSG unbeliebt gemacht oder war es etwa ein früher Fall von "Supervisor-Entscheidung"? Rainer Brandts Krach mit Wolfgang Hess (der dazu führte, dass Brandt ab 1976 meist auf Marquis bzw. Hirhte setzte) wurde ja schon mehrfach thematisiert.
In Antwort auf:Mir war auch schon aufgefallen, dass in MGM-Synchros um 1960 meist Heinz Drache auf Richard Widmark, Paul Klinger auf Dean Martin und Wolfgang Kieling auf Paul Newman zu hören waren, während sich bei den anderen Berliner Studios bereits Arnold Marquis, Klaus Miedel und GGH als Standard etabliert hatten.
Auch heute konnte man sich davon überzeugen: In ANRUF GENÜGT - KOMME INS HAUS hatte Dean Martin Paul Klinger, während Klaus Miedel auf Frank Gorshin besetzt wurde.
Wirklich schwer zu sagen, denn selbst GGH und Marquis waren zu dem Zeitpunkt noch kaum überbesetzt. Gut, GGH hatte einige Hauptrollen für Leute wie Rory Calhoun oder Fess Parker auf dem Kerbholz, aber die "Exklusivität" der Stimmen kann kaum alleine der Grund gewesen sein. Marquis war erst im Kommen und Klaus Miedel kaum in Hauptrollen zu hören, da war Paul Klinger wesentlich aktiver.
Hätte in allen drei Fällen in jedem Fall die Standard- und nicht die MGM-Besetzung vorgezogen. Besonders Dean Martin ohne Miedel geht überhaupt nicht. Auch Holger Hagen war absolut daneben, wirkte viel zu schmal, zu jung, zu ungegerbt, was in dem Fall noch bedauerlicher ist, als es mit Klinger wohl jemals war, da es Martins wohl anspruchsvollste Rolle war, erst recht unter seinen wirklich groß gewordenen Filmen. Dass Miedel fehlt ist ein kleines Dilemma. War halt dummerweise München. Finde diese Fehlbesetzung jedenfalls noch ne ganze Naht ärgerlicher, als Ernst Konstantin für John Wayne.
Zitat von MückeBesonders Dean Martin ohne Miedel geht überhaupt nicht. Auch Holger Hagen war absolut daneben, wirkte viel zu schmal, zu jung, zu ungegerbt, was in dem Fall noch bedauerlicher ist, als es mit Klinger wohl jemals war, da es Martins wohl anspruchsvollste Rolle war, erst recht unter seinen wirklich groß gewordenen Filmen. Dass Miedel fehlt ist ein kleines Dilemma. War halt dummerweise München. Finde diese Fehlbesetzung jedenfalls noch ne ganze Naht ärgerlicher, als Ernst Konstantin für John Wayne.
Bei John Wayne stimme ich dir zu, bei Martins Rolle konnte ich mir Miedel irgendwie nicht so recht vorstellen. Liegt vielleicht daran, dass ich Miedels Stimme im Zusammenhang mit Alkoholproblemen mit Komik assoziiere, da ich Miedel häufiger leicht angeheitert gehört habe. Andererseits komisch, dass man für Rio Bravo zwar weder Miedel noch Engelmann (oder wenigstens Lukschy), dafür aber Hans Hessling nach München geholt hat!
In Antwort auf:Im Thread über Louis De Funes wurde ja schon erwähnt, dass die MGM in dieser Zeit häufig "neben der Spur" besetzt habe.
Eventuell erklärt das auch, warum Cary Grant in dem von MGM hergestellten "Der unsichtbare Dritte" Erik Ode besetzte bzw. ihn sich selbst besetzen ließ. Bei der BSG hätte man bestimmt wieder Curt Ackermann für Cary Grant besetzt.
Zitat von smeagolEventuell erklärt das auch, warum Cary Grant in dem von MGM hergestellten "Der unsichtbare Dritte" Erik Ode besetzte bzw. ihn sich selbst besetzen ließ. Bei der BSG hätte man bestimmt wieder Curt Ackermann für Cary Grant besetzt.
Jemand hatte sogar mal vermutet, dass wir diese Besetzung eventuell ausschließlich der persönlichen Eitelkeit des Synchronregisseurs Ode "verdanken".
Zitat von berti William Holden hatte in Sychros der Ultra in den Fünfzigern/frühen Sechzigern Paul Klinger, während alle anderen Berliner Studios sich ab 1955 auf Heinz Engelmann festgelegt hatten. Die einzige Ausnahme, die mir spontan einfällt wäre "Die Intriganten" (MGM), bei der Klinger ebenfalls Holden sprach.
Auch Peter O´Toole wurde in den 60ern soweit ich weiß (leider!) nur bei der Ultra von Sebastian Fischer gesprochen. Vielleicht war Fischer von Berlin nach München gezogen und wurde getrennt in den dortige Studios der Firma aufgenommen? In den 50ern war er doch noch öfter in Berlin tätig, oder? Bei Holden/Klinger hatte ich auch kurz daran gedacht; allerdings war Klinger bis in die frühen 50er noch häufig in Berlin zu hören, und damals war er bereits Holdens Stammsprecher bei der Ultra. Oder war es vielleicht immer Alfred Vohrer, der ihn besetzte? Zumindest bei "Picknick" und "Die Brücke am Kwai" hatte der nämlich die Synchronregie.
Ich tippe eher darauf, daß Fischer explizit am Synchronstreik beteiligt war. Er verschwand Ende der 60er fast völlig von der Bildfläche und wurde 1966 namentlich bei Peter O'Toole vom gänzlich fehlbesetzten Claus Biedersteadt ersetzt ("How To Steel A Million").
Zitat von Stefan der DEFA-FanIch tippe eher darauf, daß Fischer explizit am Synchronstreik beteiligt war. Er verschwand Ende der 60er fast völlig von der Bildfläche und wurde 1966 namentlich bei Peter O'Toole vom gänzlich fehlbesetzten Claus Biedersteadt ersetzt ("How To Steel A Million").
Aber 1967 sprach er ihn noch in "Die Nacht der Generale", und diese Synchro ist aus München. Vielleicht ist er ja wegen des Streiks aus Berlin weggezogen, weil er dort "Hausverbot" hatte (so wie z. B. Wolfgang Draeger, der nach Hamburg zog)?
Beißt sich keineswegs mit meiner Theorie. In "Das Gold von Sam Cooper" sind so viele berliner Sprecher in den Hauptrollen zu hören, daß ich völlig verwirrt war, als ich im Abspann "Aura Film München" las. Bis mir dann aufging, daß Wolfgang Draeger (Klaus Kinski) ja bekanntermaßen Streikführer war und deswegen lange Zeit "geächtet"; dabei fiel mir auf, daß man zu eben dieser Zeit auch von Eckart Dux (George Hilton) praktisch nix mehr hörte, bis er dann in München (! - nicht etwa Berlin oder Hamburg) wieder besetzt wurde. Mir scheint, daß Conrad von Molo mit dieser Synchro eine Art Solidarität mit den ehemals Streikenden praktizierte. Würde zeitlich perfekt zusammenpassen mit Sebastian Fischer 1967 in München. Aber dazu müsste man eben etwas mehr wissen über die ganze Geschichte, die offensichtlich immer noch "historia non grata" ist.
Zitat von Stefan der DEFA-FanBeißt sich keineswegs mit meiner Theorie. In "Das Gold von Sam Cooper" sind so viele berliner Sprecher in den Hauptrollen zu hören, daß ich völlig verwirrt war, als ich im Abspann "Aura Film München" las. Bis mir dann aufging, daß Wolfgang Draeger (Klaus Kinski) ja bekanntermaßen Streikführer war und deswegen lange Zeit "geächtet"; dabei fiel mir auf, daß man zu eben dieser Zeit auch von Eckart Dux (George Hilton) praktisch nix mehr hörte, bis er dann in München (! - nicht etwa Berlin oder Hamburg) wieder besetzt wurde. Mir scheint, daß Conrad von Molo mit dieser Synchro eine Art Solidarität mit den ehemals Streikenden praktizierte. Würde zeitlich perfekt zusammenpassen mit Sebastian Fischer 1967 in München. Aber dazu müsste man eben etwas mehr wissen über die ganze Geschichte, die offensichtlich immer noch "historia non grata" ist.
Ein weiteres Beispiel wäre die Synchro von Costa-Gavras "Z": Ebenfalls Aura und Conrad von Molo, aber laut Bräutigam eine fast ausschließlich aus Berlinern bestehende Besetzung. Eckart Dux´ plötzlicher Wechsel von Berlin nach München ist natürlich ein weiteres Indiz. Sebastian Fischer war zwar bei weitem nicht so präsent wie andere Sprecher, aber sein Standordwechsel ist wirklich auffällig. Allerdings hat ihn die BSG ja in "Becket" auch vorher schon nicht auf O´Toole besetzt.
Als vor einigen Tagen "Anatomie eines Mordes" lief, fiel mir etwas wieder ein, dass ich schon länger vermutet hatte: In "Anatomie eines Mordes" wird James Stewart ja von Hans Nielsen gesprochen, obwohl Siegmar Schneider verfügbar gewesen wäre; er spricht eine Nebenrolle (im Dialog mit Stewart!). In "Der Kommandant" und "Zwei ritten zusammen" ist Wolfgang Lukschy auf Stewart zu hören, was ich ebenso merkwürdig wie unpassend finde. Laut Arnes Datenbank wurden alle drei Filme von der Columbia verliehen. "Anatomie" wurde bei der Ultra synchronisiert; da diese ja damals viele Columbia-Filme bearbeitete, vermute ich mal, dass auch die Synchros der beiden anderen Filme aus diesem Studio stammen. Könnte es sein, dass die Verantwortlichen bei der Ultra (oder ein spezieller Synchronregisseur) ganz bewusst Schneider nicht auf Stewart besetzen wollten, warum auch immer?
Liegt nahe. Man fragt sich bloß warum... Hätte man generell ein Problem mit Siegmar Schneider gehabt hätte man ihn wohl kaum in einem Stewart-Film in einer anderen Rolle besetzt bzw. er sich besetzen lassen, wenn es da Probleme gab. Gut, Hans Nielsen ist ja noch recht originell, aber Wolfgang Lukschy eigentlich eine ziemlich armselige Idee, die ich nicht so richtig begreife. Wobei bei den Lukschy-Einsätzen nicht gesagt ist, dass Schneider da verfügbar war und Nielsen war das wohl öfter mal nicht, denn sonst hätte er sicher mehr Synchroneinsätze und auch noch in die 60er rein ein, zwei Stamm-Hollywoodstars gehabt... Andererseits ist Schneider ja sonst auch verfügbar gewesen, weswegen ich an den Zufall, dass er nur bei der Ultra immer grad nicht konnte, nicht glaube. Eine "Supervisor"- oder US-Regie-Entscheidung für Lukschy wird's auch eher nicht gegeben haben, da "Zwei ritten zusammen" ja beispielsweise aus der Ford-Schmiede kam, wie auch "Der Mann, der Liberty Valance erschoss", wo Siegmar Schneider ja dann kurz darauf schließlich auch für James Stewart sprach. Hätte man sich in den Staaten da auf Lukschy festgelegt, wäre er es mit großer Wahrscheinlichkeit auch in "Liberty Valance" geworden.
Eine Idee, die erklären könnte, warum man Hans Nielsen trotz Verfügbarkeit von Siegmar Schneider den Vorzug gab habe ich doch noch zu bieten:
Die eigentliche Nummer 1 von James Stewart war ja erstmal Ernst Fritz Fürbringer. Nun ist es so, dass kein Synchronsprecher Fürbringer mehr ähnelt als Hans Nielsen - fiel mir letztens auch bei "Der rote Reiter" wieder auf, in dem Nielsen für Tyrone Power sprach, für den ich etwas später auch den noch besser funktionierenden, wenn auch relativ alt wirkenden E.F. Fürbringer hörte. Sollte das ein Zufall sein, dass sich neben Schneider statt Fürbringer ausgerechnet Nielsen durchsetzte?! Eine Fraktion dürfte wohl von vornherein eher für die ursprüngliche Klangvariante mit Fürbringer gewesen sein und mit dem Umschwung auf Schneider nicht so glücklich und da hat man dann eben den sehr ähnlich und etwas jünger klingenden Nielsen als "zweiten (aufgepeppten) Fürbringer" nachgezogen...was ja schon frühzeitig geschah, nicht ganz, aber fast zeitgleich mit Schneiders erstem Einsatz für Stewart überhaupt und nach Fürbringers letztem! Erschwerend kommt hinzu, dass sich Schneider zum Zeitpunkt von Nielsens erstem Einsatz noch nicht wirklich durchgesetzt hatte. Das geschah erst ein-zwei Jahre später. Diese Variante, der zufolge man sozusagen einfach den ursprünglichen deutschen Stewart möglichst weitgehend erhalten wollte erscheint mir plausibel und erklärt vor allem, warum man Schneider in "Anatomie eines Mordes" trotzdem, aber in einer anderen Rolle besetzte...Die mangelnde Selbstverständlichkeit Schneider auf "seinen" James Stewart zu packen macht dadurch Sinn, weil er eben eigentlich nur der zweite Stewart-Sprecher war. Die Besetzung von Wolfgang Lukschy rechtfertigt das Ganze aber natürlich ganz und gar nicht. Gleiches gilt auch für Friedrich Schoenfelder, in dessen Rolle sowohl Schneider als auch Nielsen gleichfalls besser gepasst hätten. Für Peter Pasetti habe ich Verständnis, weil es um die Rolle eines Menschen ging, der tatsächlich lebte und für den Pasetti einfach gut passte. Schneiders zerfahrene Ader für Stewart wäre hier vielleicht wirklich fehl am Platze gewesen, hätte die Akzente Lindberghs verschoben und Nielsen hätte da dann wohl doch etwas alt geklungen - eingedenk der Tatsache, dass Stewart hier sogar mit blonden Haaren agierte...