zu Helmo Kindermann habe ich einen Artikel aus der BZ gefunden, schätzungsweise von 1981. Er stammt aus einer Serie von Ulrich Hoppe mit dem Titel „Stars ohne Gesicht“. Hoppe hat Kindermann in seinem Eigentum-Appartement am Ufer des Küchensees in Ratzeburg besucht und interviewt. Darin liest man allerdings etwas Verbitterung von Kindermann über seine Arbeit. Aber es ist auch mal ganz interessant. Über seine Synchronisation von Marshall Thompson als Dschungel-Doktor in der Samstagnachmittagsserie „Daktari“ sagt er z.B.: „Nach so langer Zeit bekommt man’s doch über – bei so vielen Folgen und immer den gleichen Geschichten…Wenn der seine Löwen operierte, als ob es um seine eigene Mutter ging, bekam ich regelmäßig beim Synchronisieren einen Druck in der Magengegend!“
In der Manier der Springer-Presse schreibt Hoppe weiter: „In fast jedem Lokal wird er nach der Bestellung mit ‚Daktari’ angeredet,“ und zitiert den Synchronschauspieler weiter: „Ansonsten bin ich der akustische Muskelmann vom Dienst.“ Der Autor schreibt: „Er vertonte fast alle Monumental-Schinken. Regelmäßig den Body-Building-Protz Charlton Heston, um nur den Herausragendsten zu nennen. Auch Yul Brynner, William Holden, Mel Ferrer, Henry Fonda, Raf Vallone, Pierre Brice (Hm?), Robert Hossein, Vittorio Gassman kommen auf sein Konto. Helmo Kindermanns Aufzählung klingt wie eine Filmhistorie in Kurzfassung. Dabei war er selbst drauf und dran, ein Filmstar zu werden. Der Sohn eines Hamburger Handelsschiffahrtskapitäns, der Ostasien, die ganze Welt bereist hatte und ausgerechnet während einer Fahrt in der Nordsee verschollen ist, fasste nach abenteuerlichen Nachkriegswirren in Ägypten schließlich in Italien Fuß. Im italienischen Film. Mit einem Luchino-Visconti-Film fing seine Auslandskarriere an.“
Zitat: „Die konnten mein deutsches Gesicht, meinen Quadratschädel natürlich gut gebrauchen. Mein großes Unglück war nur, dass ich immer nur diese entsetzlichen Uniformrollen spielen durfte – den Schablonen-Nazi. Ich war immer der gleiche Kanonenfresser. Ich erklärte schließlich meiner Pariser Agentur, und meiner römischen, dass ich jede Uniformrolle, egal, was es sei, fortan strikt ablehnen würde. Vor nicht langer Zeit wies ich erneut eine Kriegsrolle ab. Da war gute Gage drin, aber ich blieb eben konsequent. Tja sehen Sie – und dann hat’s der Walter Giller gemacht. Da hab’ ich mich dann doch über meinen Stolz geärgert.“ Über seine Synchronarbeit sagte er dem Journalisten: „Einen fest vorgeschriebenen Text in der vorgeschriebenen Form genau auf die Sekunde in fremde Lippenbewegungen hinein zu sagen – das ist ein Schwierigkeitsfaktor, den es sonst nirgendwo gibt. Wir verzichten auf jeden Applaus, und das ist auch gut so.“ Hoppe fährt dann im typischen Boulevard-Stil fort: „Für ihn sei es Bestätigung genug, wenn seine Frau Alice seine besprochenen Werke kritisch begutachtet und sagt: ‚Du warst exzellent!’“
Die klassische Musik, philosophische Bücher und ein bisschen Astrologie wären seine Hobbies. Die einzigen Tiere im seinem Leben seien die Schwäne auf dem Ratzeburger See, auf dem er den damals berühmten Ratzeburger Achter beim Training beobachtet und dabei geschälte Nüsse und als Antialkoholiker Sanddorn-Orangensaft trinkt. Abschließend zitiert er den Künstler noch einmal wörtlich: „Mein Lebensspruch lautet ‚Das Glück liegt im Geschmack, nicht in den Dingen.’ Ich hab’ mich immer daran gehalten, dass mir die Arbeit Spaß machen muß, dass ich echt engagiert, gefordert sein muß. Und diese hektische Zufriedenheit habe ich in der täglichen Qual des Synchronisierens gefunden.“
Klar mochte ich seine Stimme auch unheimlich gerne, aber ein wenig kompliziert scheint mir der Meister doch gewesen zu sein, zumindest, wenn man im Gegensatz dazu an die wunderbar gesprächsbereite und so aufgeschlossene, sympathische Simone Brahmann denkt, die hier schöne, offenherzige Beiträge schreibt und die man einfach wegen ihrer freundlichen, lockeren und liebenswerten Art unweigerlich total gerne haben muß. Außerdem ist sie ja auch ein Augenschmauß. Anders als jemand, der sich selbst als „Quadratschädel“ bezeichnet. Aber vielleicht muß man ihn noch mal als Schauspieler wiederentdecken. In der Serie „Der Geist und Mrs. Muir“ (1970) hat er den Geist eines Kapitäns, (gespielt vom Iren Edward Mulhare, 1997 verstorben) synchronisiert, der sich unsichtbar machen konnte und, soweit ich mich erinnern kann, nur der Schauspielerin Hope Lange (toller Name, leider 2003 verstorben) in ihrer Rolle als Carolyn Muir leibhaftig erschien. Es kann ja durchaus sein, dass Helmo Kindermann das Unsichtbarbleiben am besten gefiel.
Hallo, Helmo Kindermann, als Schauspieler von unauffälligem Äußeren, aber mit einer faszinierenden Stimme gesegnet – das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit! Für Heston hatte er wohl die meisten Einsätze. Sehr gern habe ich ihn für Michel Piccoli gehört. Ein Kabinett-Stück lieferte er für den von Blähungen geplagten Piccoli ja in DAS GROSSE FRESSEN. Auch das Muskelpaket Gordon Scott war mehrere Male mit Kindermann besetzt. Ebenso Horst Frank und Vittorio Gassman. Auch die Produzenten der ANGELIQUE-Reihe waren gut beraten, Robert Hossein diese edle Stimme zu leihen. Abwegig bzw. total fehlbesetzt, wie ich finde, war er für Henry Fonda, Bourvil, Holden oder gar Karl Malden zu hören.
mit dem Problem, als Schauspieler vielleicht nicht ganz so groß herausgekommen zu sein, stand/steht Herr Kindermann ja leider nicht alleine da. Ich habe ihn als Schauspieler bislang nur in DER LÄNGSTE TAG gesehen (natürlich in Uniform!). Er ist ja nun schon lange nicht mehr unter uns; aber als Trost: fast alle deutschsprachigen Schauspieler, ob Hardy Krüger, Maximimilian Schell, Curd Jürgens oder heute Thomas Kretschmann mußten in die Wehrmachtsuniform schlüpfen.
Als Synchronschauspieler gefiel er mir auf Charlton Heston schon sehr gut (wenn der BZ-Journalist Heston als "Bodybuilder" bezeichnet, dann frage ich mich, wen er heutzutage alles als Muskelpaket bezeichnen würde...). Aber auch für Stewart Granger in DER ÖLPRINZ hat er mir gefallen.
Etwas überrascht war ich, daß er seinen Wohnsitz in Schleswig-Holstein hatte. Er hat ja vorwiegend in München gearbeitet.
@ Karsten: Pierre Brice ist schon richtig; er hat ihn in DIE GOLDENE GÖTTIN VOM RIO BENI gesprochen.
Zitat von kinofilmfanEtwas überrascht war ich, daß er seinen Wohnsitz in Schleswig-Holstein hatte. Er hat ja vorwiegend in München gearbeitet.
Ich habe große Schwierigkeiten, Helmo Kindermann einer bestimmten Stadt zuzuordnen. In den 60ern hab ich ihn sowohl in Berliner als auch in Münchner Synchros gehört, in den 70ern war er daneben offenbar auch in Hamburg tätig. Als Beispiel kenne ich den Columbo-Pilotfilm "Mord nach Rezept". Andere haben erwähnt, dass er auch in damals synchronisierten Szenen aus der "Sesamstraße" dabei gewesen sei. Über die Folgen von "Mit Schirm, Charme und Melone", in denen er als John Steed zu hören ist (mit Brigitte Grothum als Emma Peel) hieß es im alten Forum mal, dass sie aus Hamburg wären.
Zitat von EkkehardtIch bin durch Bertis Ausführungen erst auf diesen Thread gestossen. Also ich habe ihn nicht mehr persönlich kennengelernt, aber es geisterte immer wieder die Geschichte in den Studios umher, daß Helmo Kindermann eines Tages aus München verschwand...sein Wagen wurde in Südtirol gefunden, er blieb verschwunden....und Jahre später häuften sich die Gerüchte man hätte ihn in Spanien gesehen. Leider sind die Kollegen die mehr darüber Wissen alle schon verstorben. Aber ich kann mich ja mal auf die Suche nach den Hintergründen machen.
Wäre sehr nett, wenn du dich erkundigen könntest! Diese Geschichte würde natürlich erklären, warum er in den frühen 80ern so plötzlich von der Bildfläche verschwand, ohne dass jemand etwas genaues über Todesursache oder -datum weiß.
Zitat von Roger ThornhillMag sein, dass ich mich irre, aber ist die Hamburger Synchronschauspielerin Stephanie Kindermann nicht mit ihm verwandt (seine Tochter?)?
Die Frage wurde in einem anderen Thread schonmal gestellt und dort nach meiner Erinnerung verneint. Der Name Kindermann ist ja nicht gerade selten (Volker und Rainer Brandt sind schließlich auch nicht verwandt).
In Antwort auf:Das Ganze erinnert irgendwie ziemlich an den Fall "Thomas Eckelmann"...
Nicht ganz. Eckelmann verschwand und irgendwann tauchte dann ein Todesdatum au, das gleichbedeutend mit dem Jahr seines Aussteigs aus der Branche war; bei Kindermann gibt es derlei ANgaben schon seit dem Wechsel auf "Khan" in Star Trek II. Genaueres würde wahrscheinlich nur noch das Einwohnermeldeamt Hamburg (zumindest ordne ich ihn dort Anfang der 80er noch ein) ergeben...
Zitat von Aristeidesbei Kindermann gibt es derlei ANgaben schon seit dem Wechsel auf "Khan" in Star Trek II.
Wobei die dabei implizierte Annahme, man hätte doch ganz bestimmt Helmo Kindermann besetzt, wäre er noch "da" gewesen, trotz Wolfgang Schicks Regie m.E. einfach unsinnig ist. Ich denke, das war den Leuten ziemlich egal, wer da mal eine Gastrolle in "irgendeiner" Folge sprach. Von daher scheint mir diese "Um"besetzung als terminus ante quem für Kindermanns Verschwinden auch nicht geeignet.
Du missverstehst mich. Es geht hier nicht um eine Annahme, sondern lediglich darum, dass bereits zu dieser Zeit geschrieben wurde (irgendeine Fernsehzeitung, in jedem Fall nicht Cinema), dass sowohl Bones als auch Khan neue Stimmen hätten, weil die Sprecher nicht mehr lebten.
Schon klar, ich unterstelle ja auch nicht dir diese Fehlannahme, sondern denjenigen, die das damals in die Welt gesetzt haben. Der Schluss, Khan habe eine neue Stimme, "weil" sein damaliger Sprecher tot sei, scheint mir falsch. Selbst wenn Kindermann, wenn überhaupt, damals schon tot oder weg gewesen sein sollte, bezweifle ich, dass er deswegen nicht wieder besetzt wurde.
Dass dieses Gerücht so zeitnah schon in die Medien fand, wusste ich allerdings tatsächlich noch nicht, das macht es dann natürlich doch wieder wahrscheinlicher, dass er damals zumindest schon weg war. Die Frage ist nun, ob diese Zeitschrift damals wirklich schon "wusste", dass Helmo Kindermann tot ist, oder das lediglich daraus schloss, dass Khan "auch" eine neue Stimme hat wie McCoy, bei dem Manfred Schotts Tod tatsächlich verbürgt war. Weißt du noch, wie diese Zeitschrift die Umbesetzung von GGH erklärte?
Wenn ich mich richtig erinnere, gar nicht! Der neue Kirk-Sprecher ist mir erst beim Sehen aufgefallen, was mich damals etwas überrascht hat... Seltsam, da du Kirk ansprichst: Ich kann mich auch nicht erinnern, etwas über den Wechsel bei Uhura gelesen zu haben, nur eben über den Doktor und den Gegner (Letzteres bot sich wahrscheinlich an, weil man den Interessierten/nicht Trekkies ja klarmachen wollte, dass das ein "alter Bekannter" aus dem Star-Trek-Universum ist...)
Zitat von kinofilmfanEtwas überrascht war ich, daß er seinen Wohnsitz in Schleswig-Holstein hatte. Er hat ja vorwiegend in München gearbeitet.
Ich habe große Schwierigkeiten, Helmo Kindermann einer bestimmten Stadt zuzuordnen. In den 60ern hab ich ihn sowohl in Berliner als auch in Münchner Synchros gehört, in den 70ern war er daneben offenbar auch in Hamburg tätig. Als Beispiel kenne ich den Columbo-Pilotfilm "Mord nach Rezept". Andere haben erwähnt, dass er auch in damals synchronisierten Szenen aus der "Sesamstraße" dabei gewesen sei. Über die Folgen von "Mit Schirm, Charme und Melone", in denen er als John Steed zu hören ist (mit Brigitte Grothum als Emma Peel) hieß es im alten Forum mal, dass sie aus Hamburg wären.
Ich hole diese Frage mal aus der Versenkung: Gab es bei Kindermann Phasen, in denen er jeweils überwiegend in Berlin, München bzw. Hamburg tätig war, oder wechselte er oft zwischen diesen Städten hin und her?
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