Zitat von Nyan-Kun im Beitrag #45Bei Manfred Schott hatte ich nie das Gefühl gehabt, dass er sich für Nicholson groß überanstrengen musste, sondern diese Art von Spiel und das übermäßige outrieren ihm schon im Blut lagen.
Meinst du das jetzt speziell im Fall von Nicholson oder allgemein? Aufdrehen konnte Schott zwar auch (wenn es die Vorlage verlangte), aber meistens klang er für mich nicht wie jemand, der zum Chargieren o. Ä. neigte.
Hab das mehr auf Nicholson bezogen, dass diese Art von Spiel ihm leicht zu fallen schien. Ansonsten konnte er natürlich auch ruhig spielen und sich entsprechend der jeweiligen Rolle gut anpassen ohne zu dick aufzutragen.
Zitat von berti im Beitrag #44 Neulich wurde ein längeres Interview mit Ottokar Runze verlinkt. Gegen Ende kam er darauf zu sprechen, dass Felmy bei "Chinatown" sehr lange gebraucht habe, um Nicholsons sehr speziellen Rhythmus in Spiel- und Sprechweise zu treffen (was auch mit einem Ausschnitt aus dem Film verdeutlicht wurde).
Das war aber positiv gemeint. Runze sprach davon, dass man sich früher viel Mühe gegeben hat und nannte als Beispiel Felmys Ehrgeiz, Nicholsons Nuancen zu treffen.
Das war mir schon klar. Es ging eben darum, dass Felmy dabei sehr darauf bedacht war, den besonderen Schauspielstil und Duktus des Originals wiederzugeben.
So sehr ich Felmy als Sprecher auch schätze, für Manfred Schott auf Nicholson kommt für mich niemand ran. Der konnte sowohl den ruhigen als auch den überdrehten Jack einfach perfekt wiedergeben. Felmy empfand ich einfach immer als etwas "zu zahm", ja fast schon zu intellektuell für Nicholson, während ich Kerzel viel zu übertrieben finde. Da fehlen mir oft die Nuancen (gerade in den späteren bzw. stilleren Rollen wie beispielsweise in DAS VERSPRECHEN).
Felmy mochte ich sehr in "stilleren" Rollen bzw. bei eher "ruhigeren" Schauspielern. Bei Roy Scheider fand ich ihn genial, leider kam er ja nur zweimal auf ihn zum Einsatz. Grundsätzlich finde ich es sehr schade, dass Felmy keine Feststimme von jemandem wurde (Nicholson jetzt mal ausgenommen). Er war einfach ein hochkarätiger Schauspieler und Top-Sprecher!
Zitat von Pip im Beitrag #51Grundsätzlich finde ich es sehr schade, dass Felmy keine Feststimme von jemandem wurde (Nicholson jetzt mal ausgenommen). Er war einfach ein hochkarätiger Schauspieler und Top-Sprecher!
Laut fortinbras lag das ja auch an ihm selbst, da er scheinbar sich seine Synchronrollen mehr nach seinem Gusto aussuchte und auf die entsprechenden Schauspieler da nur wenig Rücksicht nahm. Die meisten hätten da sicherlich auch die schwächeren Rollen ihrer Schauspieler gesprochen. Nicht aber Felmy.
Da hätte es wohl einen Schauspieler geben müssen, der immer Top-Leistung abgeliefert hätte und immer Rollen nach Felmys Geschmack gespielt hätte, sodass er diesen dauerhaft sprechen würde.
Zitat von berti im Beitrag #44 Neulich wurde ein längeres Interview mit Ottokar Runze verlinkt. Gegen Ende kam er darauf zu sprechen, dass Felmy bei "Chinatown" sehr lange gebraucht habe, um Nicholsons sehr speziellen Rhythmus in Spiel- und Sprechweise zu treffen (was auch mit einem Ausschnitt aus dem Film verdeutlicht wurde).
Das war aber positiv gemeint. Runze sprach davon, dass man sich früher viel Mühe gegeben hat und nannte als Beispiel Felmys Ehrgeiz, Nicholsons Nuancen zu treffen.
Gruß Markus
Da ich gestern "Chinatown" gesehen habe - man muss IMO ganz nüchtern festhalten, dass Felmy schlichtweg ein echter Schauspieler war, der jede Nuance des Berufs verdichten konnte. Er war eben nicht nur Synchronsprecher, sondern hat da auf Klaviaturen gespielt, die - mit Verlaub - den normalen Synchronsprechern schlicht nicht zugänglich sind. Kann man denen nicht vorwerfen. Das in "Chinatown" ist echtes, atmendes, parelleles Schauspiel. Gibt es heute nicht mehr - und gab es auch damals nur bei solchen Ausnahmetalenten.
Sollte man umso mehr schätzen. Solche wachsen nicht mehr nach.
Deinem letzten Satz stimme ich uneingeschränkt zu, einen anderen möchte ich noch ergänzen: zumindest damals (so bis Mitte der 70er würde ich mal sagen), waren so gut wie alle Synchronsprecher in der Regel echte Schauspieler, die viel Erfahrungen beim Theater und Film gesammelt hatten (oft bevor sie zum synchronisieren kamen) und das dann natürlich in ihrer Synchronarbeit mit einbrachten. Das war nicht nur bei Felmy so. Allerdings waren auch viele (dem breiten Publikum vielleicht hauptsächlich durch ihre Synchronarbeiten bekannte) Schauspieler damals weniger in Filmen oder im Fernsehen präsent, sondern an regionalen Theater, während Felmy ja durch viele Kinofilme den meißten Zuschauern schon lange ein Begriff als "richtiger" Schauspieler war.
Das mit der entsprechenden, schauspielerischen Erfahrung von Synchronsprechern ist ja leider nun schon lange nicht mehr so und erklärt auch (wie du ja oben schon erwähntest), den teilweise wirklich krassen Qualitätsunterschied der Sprecher von damals und heute. Zeitdruck, Aufnahmemethoden (dieses ge-ixe) und eine Bearbeitung "im Fließbandverfahren" tun ihr Übriges dazu, dass sehr viele Synchronisationen , in den letzten 20 Jahren eher mau bis lieblos geworden sind. Selbstverständlich natürlich nicht alle und es gibt gottseidank immer wieder mal rühmliche Ausnahmen (sowohl was die Bearbeitung als auch die Sprecher angeht). Aber es werden eben leider immer weniger!
Zitat von Pip im Beitrag #54Das mit der entsprechenden, schauspielerischen Erfahrung von Synchronsprechern ist ja leider nun schon lange nicht mehr so und erklärt auch (wie du ja oben schon erwähntest), den teilweise wirklich krassen Qualitätsunterschied der Sprecher von damals und heute. Zeitdruck, Aufnahmemethoden (dieses ge-ixe) und eine Bearbeitung "im Fließbandverfahren" tun ihr Übriges dazu, dass sehr viele Synchronisationen , in den letzten 20 Jahren eher mau bis lieblos geworden sind. Selbstverständlich natürlich nicht alle und es gibt gottseidank immer wieder mal rühmliche Ausnahmen (sowohl was die Bearbeitung als auch die Sprecher angeht). Aber es werden eben leider immer weniger!
Man darf aber auch nicht vergessen, dass das Problem im Original ebenso schon vorliegt und der Synchronsprecher dann halt nur das wiedergeben kann, was gegeben ist. Viele heutige Schauspieler fahren viel eher über Optik als übers Spiel und wirken dadurch austauschbar - eine Herangehensweise, die gegen Ende der 80er populär wurde. Außerdem habe ich das Gefühl, dass in Hollywood kaum noch Raum für Eigeninterpretation gegeben oder gar erwünscht ist, nach der Devise "lieber gemächlich auf Sicht fahren, statt querfeldein durchs Unterholz". Man kommt zwar auch ans Ziel, aber das spannende Abenteuer bleibt auf der Strecke.
Ich wollte eine Rolle hervorheben, die Felmy in späteren Jahren vor der Kamera spielte und die wie für ihn geschaffen wirkte: 1983 verfilmte Rolf von Sydow für das Fernsehen Peter Ustinovs Theaterstück "Abgehört" (ausgestrahlt wurde es im folgenden Jahr). Dieses spielt in einem fiktiven Ostblockstaat, Felmy spielt den dortigen britischen Botschafter, dessen Frau ihm mit einer Mischung aus Sarkasmus und passiv-aggressivem Verhalten begegnet, weil sie ihn für einen furchtbaren Langweiler hält. Als ein prolliger und machohafter Dichter in die Botschaft flüchtet und ihr Mann berufsbedingt abreißt, findet sie sehr schnell gefallen an dem Flüchtling und beginnt eine Affäre mit diesem. Pikanterweise wird dieser ausgerechnet von Götz George gespielt, der ebenso wie Felmy wirkt, als sei die Rolle ihm auf den Leib geschrieben worden. Die Gegensätzlichkeit der beiden in Bezug auf Rollentyp und Spielweise kommt hier gut zum Tragen, an einer Stelle darf der Botschafter dem Dichter sogar sagen, dieser verkörpere in jeder Hinsicht sein völliges Gegenteil. Ohne zu viel zu verraten stellt sich ab der Mitte allmählich heraus, dass Felmys Rolle alles andere als der steife Langweiler ist, als der er zu Beginn erscheint, und es bei verschiedenen Personen sehr geschickt versteht, diese mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Rolf von Sydow geht in seinem Buch "Der Regisseur" auf die Dreharbeiten ein und lobt besonders Felmys Interpretation: "Ich war schon auf den ersten Proben entzückt, wie Felmy diesen eleganten, undurchsichtigen Gentleman angelegt hatte: Feinste mimische Schatten, die immer wieder minimalistisch seine Mitwisserschaft durchblicken ließen. Oder auch nicht! Besonders auch seiner Frau gegenüber. Ich glaube, ich habe ihm sogar einmal die Hand geküsst, so begeistert war ich." Ustinov selbst spielte in der Verfilmung die (vom Umfang her) kleine, aber wichtige Rolle eines Generalsekretärs: "Seine dialogischen Zweikämpfe auf der abendlichen Dinnerparty mit dem Botschafter waren, ob ihrer unterschiedlichen Herkunft und Weltanschauung von einem intelligenten Humor, wie ich ihn kaum jemals betreuen durfte. Felmy lässt ihn immer wieder in herausforderndenr Ruhe und dialektischer Überlegenheit ins Leere laufen. (...) Am Ende der Szene kommt Ustinov zu mir und sagt leise: ´Es macht großen Spaß mit Hannes Fabelhafter Humor. Und intelligent dazu. Das kommt selten vor. Sehr selten.´ Ich bin glücklich." (S. 204f.)
Neben der Subtilität ist auch der hintergründige Humor erwähnenswert, weil Felmy ansonsten kaum komödiantisch gefärbte Rollen gespielt haben dürfte.
Ich habe Abgehört auf diesen Tipp hin angesehen. Tolle Schauspielerleistungen! Und Respekt: jedesmal, wenn der Name "Popkov-Prokop" ausgesprochen wurde, hat sich mir schon beim Zuhören die Zunge verknotet...
Zitat von Markus im Beitrag #57Und Respekt: jedesmal, wenn der Name "Popkov-Prokop" ausgesprochen wurde, hat sich mir schon beim Zuhören die Zunge verknotet...
Das kam dann wahrscheinlich daneben auch vor, wenn George, Felmy, Augustinski, etc. ganze Sätze in einer slawisch klingenden Phantasiesprache hatten?
Findest du es denn auch erstaunlich, wie genau Felmy und George in ihre Rollen passen? Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Ustinovs Stück bereits in Großbritannien gespielt wurde, könnte man fast meinen, beide Parts wären ihnen auf den Leib geschrieben worden.
Absolut, sie haben sich die Rollen zueigen gemacht. Laut Heidelinde Weis gab es etwas Ärger mit Götz George, weil er zu viel gab, aber das Ergebnis passt zur Figur. Und Weis erhielt einen Lobesbrief von Ustinov.
Jedenfalls schön, dass diese Kleinod seit einigen Jahren auf DVD vorliegt! Zuvor wusste ich nämlich nicht einmal von ihrer Existenz, trotz der prominenten Besetzung.