Synchrontrash??? Davon hat wohl jeder so seine eigenen Vorstellungen, wenn überhaupt. Für mich spielt sich ein erheblicher Teil dieses Begriffes in der Rubrik ab "Wenn Deutsche sich nicht selbst sprechen", aber nicht nur.
Meine Definition von Synchrontrash:
* ein hinlänglich bekannter deutscher Schauspieler wird von einem anderen deutschen Schauspieler synchronisiert, der absolut unpassend ist und sich nicht mal bemüht, der Vorlage gerecht zu werden. Beispiel: Karl Lieffen spricht in SEINEM Komikstil für den ganz anders arbeitenden Eddie Arent in einem "Hochwürden"-Film.
* eine akustische Karikatur im Sinne einer hemmungslos übertriebenen stereotypen Klischeerolle, einerlei ob sie wirklich zum Schauspieler passt oder nicht. Beispiel: Klaus Miedel oberschmierig für Stewart Granger in "Die Wildgänse kommen", kaum Unterschiede zu seiner Rolle in "Asterix und Cleopatra".
* aufgesetzte Dialekteinschübe (wienerisch, sächsisch, etc) auf Rollen, wo das nicht unbedingt notwendig wäre. Beispiel: F. G. Beckhaus für Klaus Kinski in "Buddy, Buddy"
* wenn ein Synchronschauspieler jemanden exakt so spricht, wie er einen bestimmten Schauspieler synchronisiert-was ein wenig dem widerspricht, was man sieht. Beispiel: Horst Gentzen wird für Michael Crawford in "Der gewisse Kniff" immer wieder zu Jerry Lewis.
Was alles vereint: es ist teilweise so schrecklich, dass es auch wieder immens Spaß machen KANN. Betonung auf Letzterem, denn jeder hat andere Schmerzgrenzen und Wahrnehmungen.
Natürlich ist mir klar, dass viele Schauspieler das im Auftrag der Filmverantwortlichen machen, es geht hier nicht darum, die Künstler schlecht zu machen oder zu verteidigen.
Die Idee zum Thread kam mir, weil ich anderswo vorhin schrieb, dass Gerd Martienzen für Herbert Fux in "Das Haus der 1000 Freuden" nicht nur eine an sich schon skurrile Besetzung ist, sondern ihn auch so wie Louis de Funes spricht.
Ebenso höre ich immer wieder gerne, trotzdem's in den Ohren schmerzt, wenn Klaus Miedel in "Diamantenfieber" den deutschen Professor spricht. War das Martin Gabel oder trat der in selber Besetzung in "Extrablatt" auf??? Mein Hirn hat gerade Hitzeschäden...
Zum Brüllen finde ich auch Herbert Weicker für Christopher Lee in "Dracula jagt Minimädchen". Vor allem das "Ei!" ist unbezahlbar, das höre ich mir beim Ansehen oft vier, fünf mal in Folge an, weil ich's nicht glauben kann.
Vieles gibt's im Thread über Deutsche, die Deutsche sprechen, bei Klischeebesetzungen, bei Rollen mit Akzent, usw-ich würde aber gerne ein paar Highlights zusammensammeln und eure Meinungen hören, was als "Synchrontrash" einstufbar ist.
Wie gesagt-das ist kein Negativthread, wenn auch Widerspruch gefragt ist, denn jeder hat andere Meinungen. Die subjektiven Beispiele sollten nur einen gemeinsamen Nenner haben, wie oben beschrieben: "So furchtbar, dass es schon fast wieder genial ist".
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Ebenso höre ich immer wieder gerne, trotzdem's in den Ohren schmerzt, wenn Klaus Miedel in "Diamantenfieber" den deutschen Professor spricht. War das Martin Gabel oder trat der in selber Besetzung in "Extrablatt" auf??? Mein Hirn hat gerade Hitzeschäden...
Der Schauspieler hieß Joseph Fürst. Ähnlich schlimm waren Jochen Schröder als falsch sächselnder Dekan im "zerrissenen Vorhang" oder Edgar Ott als "norddeutscher" Haddock in "Tim und der Haifischsee".
fortinbras
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20.06.2013 14:53
#3 RE: Hör' ich recht???-Meilensteine des Synchrontrash
Joseph Fürst!!! Danke, Berti-wie konnt' ich das nur vergessen!!! -------------------------------------- Für mich auch unter "Synchrontrash" fällt Hans Bayers Synchronisation von Alec Guinness in "Hitler-Die letzten zehn Tage". Natürlich ist das immer heikel, nahe an der Karikatur und meistens maßlos übertrieben. Siehe Bruno Ganz "live". Manchmal musste ich schmunzeln-an den unpassendsten Stellen!
Gianni Garko als Sartana hat's meiner Meinung nach bös erwischt - und das gleich zweimal. Garko, ohnehin ein (dafür dass er mit Theaterlegende Giorgio Strehler arbeitete beachtlich) miserabler Schauspieler, versuchte schon im Original übertrieben cool zu sein. Aber was Rainer Brandt aus ihm machte, ist Trash vom Feinsten - Sprüche ohne Ende, dargeboten mit einmaliger Monotonität - und das macht zeitweise sogar Spaß, so hirnrissig wie es ist. Um's mit seinen Worten zu sagen "Na was hat dich denn gestochen?" Ebenbürtig ist ihm - auf ganz andere Weise - Claus Jurichs im ersten Film. Diese weiche, fast schon feminin zarte Stimme versucht, wie ein cooler Westernheld zu klingen! Und das auch noch mit völliger übertriebener Artikulation - man höre sich nur seine Erzählung beim Barbier an: "Er tötete sie alle" Beide haben es geschafft, Sartana zur Witzfigur zu machen - im Wortsinne.
Gruß Stefan
fortinbras
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20.06.2013 23:47
#5 RE: Hör' ich recht???-Meilensteine des Synchrontrash
Leider (?) kenne ich die Sartana-Filme nicht. Aber Claus Jurichs auf cool kann ich mir schwer vorstellen.
Der oben erwähnte "Das Haus der 1000 Freuden" hat ja mit Christian Marschall für George Nader auch so eine seltsame Besetzung. Ich fand sie interessant und Marschall macht das teils recht gut, aber wenn er zwischendurch "auf cool" macht und die Intonierungen von GGH imitiert, dann ist das nicht ohne einen gewissen schrägen Charme...
"Trashig" fand ich auch Lothar Blumhagen für Roger Moore in "Auf dem Highway ist die Hölle los", vor allem wenn er dem Originaltext entsprechend sagt: "Mein Name ist Moore. ROGER Moore." Da Blumhagen hier "bondig" sprechen muss, kriegts doch seltsame Anflüge...
Zitat von fortinbras im Beitrag #5Leider (?) kenne ich die Sartana-Filme nicht. Aber Claus Jurichs auf cool kann ich mir schwer vorstellen.
Was Claus Jurichs angeht, so bin ich schon mehrfach im Forum auf diese Meinung gestoßen - ich selber habe Jurichs schon immer recht "cool" empfunden - daher halte ich ihn z.B. für Jack Lord auch besser als Rolf Schult (man möge mich steinigen aber so ist es). Er kann natürlich auch ganz anders klingen - deutlich weicher, ja. Aber "Hawaii 5-0" ist für mich ein Beispiel, wo er durchaus "cool" klingen kann.
fortinbras
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21.06.2013 09:23
#7 RE: Hör' ich recht???-Meilensteine des Synchrontrash
Da ist vielleicht ein falscher Eindruck entstanden-ich schätze Claus Jurichs sehr! Auch in Rollen, die etwas "tough' sind. Ich kann ihn mir nur schwer vorstellen, dass er so ein wenig auf "Superkerl" macht, wie Stefan es beschrieben hat. Jurichs ist für mich mit Felmy vergleichbar-dessen Stimme auch eher sanft wirkt, aber der sehr abgeklärt und konsequent wirken kann. Und darum ausgesprochen maskulin und "cool". Wenns aber um ein betont maskulines verbales Auftreten geht, kann das schon grotesk wirken.
Dann lohnt sich für dich "Sartana - bete um deinen Tod" bestimmt - der Film selbst ist purer Trash, über den man sich durchaus amüsieren kann (sehr schön auch Maires Miniauftritt für Klaus Kinski).
Zitat von fortinbras im Beitrag #7 Jurichs ist für mich mit Felmy vergleichbar-dessen Stimme auch eher sanft wirkt, aber der sehr abgeklärt und konsequent wirken kann. Und darum ausgesprochen maskulin und "cool". Wenns aber um ein betont maskulines verbales Auftreten geht, kann das schon grotesk wirken.
Abgeklärt, konsequent? Dann hast du Jurichs wohl noch nie in seiner Paraderolle als Cliff Barnes gehört! Aber in diese groteske Fehlbesetzungsecke gehen für mich auch seine Einsätze auf William Sadler in STIRB LANGSAM 2 und dem hünenhaften, vollbärtigen henchman in SAG NIEMALS NIE.
fortinbras
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21.06.2013 12:07
#10 RE: Hör' ich recht???-Meilensteine des Synchrontrash
Man kann natürlich nur beurteilen, was man kennt-und Cliff Barnes muss ich vor 249 Jahren letztmals gehört haben. Ich dachte da eher an so Abenteuer-, Horror- Krimirollen, in denen ich Jurichs als abgeklärt und konsequent (auf subtile Art) wahrnahm, wobei er selten "aufdrehte".
Danke für den Link-werd's mir mal "antun", wenn ich 'nen echten PC vor mir hab (vie Handy geht's nicht). -----------------------------------------
Noch 'n Gedicht:
Herbert Weicker für Leonard Nimoy als Mr. Spock in der ersten Folge der dritten Staffel "Raumschiff Enterprise"-"Spocks Gehirn".
Diese Folge wandelt ja generell auf ausgesprochen schrägen Pfaden...manchmal erinnerte es mich an Ed Wood-Filmchen, bloss dass kein Angora dabei war. Es sei denn, Spocks...ähm...medizinischer Kopfschmuck wäre damit gefüttert gewesen. Der Hirn-Folge mangelt es an Hirn, selbst im Rahmen der weniger gelungenen Star Trek-Episoden. Die Kommunikation mit Spocks Gehirn hat Herbert Weicker so aufgedreht gesprochen, vor allem zum Schluss, wo Spock selbst Dr. McCoy bei der OP assistiert (Peter Cushing hätte das allein geschafft!). So aufgedreht, als hätte er dauernd das Lachen unterdrücken müssen. Leider hat man fast alle Passagen für Dvd und die TV-Ausstrahlung auf ZDF-Neo durch Norbert Gescher ersetzt, der das eigentlich ernster und passender macht. Aber mir fehlt der verrückte Tonfall von Weicker sehr in dieser Folge-denn das machte den eigentlichen Spaßfaktor für mich hier aus.
Für mich mindestens gleichauf ist GGH für die Dr. Janice Lester in Kirks Körper in der letzten Folge von RAUMSCHIFF ENTERPRISE: "Gefährlicher Tausch". Das ist alles so herrlich albern, dass die teils völlig unsinnigen Dialogübertragungen kaum noch groß auffallen ...
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TOS_3x24_GGHTrash.mp3
Warum wurde bisher noch kein Beispiel von Arnold Marquis genannt? Vielleicht, weil er zu naheliegend war (unter "Fremdsprachenkenntnisse" dauerte es ja auch etwas, bis Donald Arthur ins Spiel kam)? Gerade unter Brandts oder Brunnemanns Regie chargierte er teilweise weit über die Schmerzgrenze hinaus; besonders extreme Beispiele wären seine Einsätze für Bud Spencer in "Vier Fäuste für ein Halleluja" oder "Das Krokodil und sein Nilpferd". Im Bereich "ernsthafter" Synchros poltert er für Humphrey Bogart in "Die Spur des Falken" dermaßen herum, dass es nur noch voice-over wirkt. Sicher könne andere noch weitere Beispiele dieser verstorbenen Synchron-Größe nennen (die natürlich auch ganz anders konnte).
fortinbras
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23.06.2013 14:19
#15 RE: Hör' ich recht???-Meilensteine des Synchrontrash
@ Berti: fallen für dich diese Beispiele unter "so schlecht/schräg/daneben, dass es wieder Spaß macht"??? Für Tony Musante in "El Mercenario" fand ich Marquis grottenschlecht und nervtötend. Aber in "Tanz der Totenköpfe" als Stimme des Gespenstes (Michael Gough) ist er wieder so aufgedreht und theatralisch, dass es Spaß macht. ----------------------------------------- Sehr trashig ist auch Wolfgang Preiss (!) für Brad Harris (!!) in dem furchtbaren Ding "Herkules im Netz der Cleopatra" (!!!). An sich schon ein absurder Film, der trotz Daueraction und Slapstick sogar langweilt. Aber der Mix aus Ernsthaftigkeit, fast klassischer Bühnensprache und Ironie in Preiss' Stimme machen das immerhin hörenswert!