Dann hat mich wohl eure Diskussion im dortigen Thread veranlasst, mein Gehirn zu sabotieren! Ich krieg mildernde Umstände...es ist heiß draußen...!
Nachdem das -hoffe ich- klar gestellt wurde, erneuere ich meine Frage:
Warum werden manche "alten" SynchronsprecherInnen als "zu alt" klingend eingestuft, obwohl es um die Synchronisation von Menschen geht, die das Gegenteil von jung sind (Details siehe im voletzten Beitrag #15)???
Genauso wie es bei Sprechern sein kann, dass sie immer noch sehr jung für ihr Alter klingen, kann es ja auch bei älteren Schauspielern passieren, dass sie zwar schon äußerlich eine gewisse Reife erreicht haben, ihre Stimme aber immer noch mehr oder weniger so klingt wie vor 20 Jahren. Judi Denchs Stimme hört sich, soweit ich mich aus "Skyfall" erinnern kann, auch noch jünger an als die Dame aussieht. Deswegen wäre es natürlich schön, wenn man nicht nur nach dem Aussehen des jeweiligen Schauspielers geht und einfach eine alt klingende Stimme besetzt, sondern auch darauf achtet, wie der- oder diejenige zu Synchronisierende tatsächlich noch klingt. Sonst hätte man zwar jemanden, der eventuell gut auf das Gesicht passt, aber eher weniger dem Originalklang entspricht.
Das Empfinden ist wohl auch immer individuell. Ich finde, dass Judi Denchs Stimme schön kräftig ist, bzw sein kann-aber dass es dennoch eine Stimme ist, die ihrem Alter entsprechend ist. Ich könnte mir natürlich keinesfalls eine Stimme vorstellen, die sich anhört wie eine alte Bilderbuch-Miss Marple im Großmütterchen-Stil. Aber von vielen Schauspielerinnen, die in der Branche scheinbar "zu alt" sind oder "zum Vergessen", kann man in keinster Weise davon sprechen, dass sie eine alte Großmütterchen-Stimme hätten. Judi Dench pickte ich auch nur als besonders aktuelles Beispiel heraus, meine Frage zu dem Thema kann man aber auch universeller sehen.
In der russischen Miniserie "Lomonossow - Hofpoet und Naturforscher" (1986) wird Lomonossow von mehreren Leutchen gesprochen. In Jugendjahren von Falko Narloch (Sohn von Michael Narloch???), als Erwachsener von Michael Lucke, als alter Mann schließlich von Ulrich Voß. Passt soweit ganz gut. Elisa (Lomonossows Frau) wird interessanterweise in jüngeren UND älteren Jahren durchweg von Blanche Kommerell gesprochen.
Ich bin momentan gerade wieder im Star Wars-Fieber - von daher wundert euch nicht, wenn vermehrt (obsessive) Beiträge zu diesem Thema von mir kommen.
Jedenfalls ist der Charakter des Anakin Skywalker/Darth Vader aus meiner Sicht auch ein gutes Beispiel:
In Episode I als Kind von Constantin von Jascheroff gesprochen, in Episode II und III bekannterweise von Wanja Gerick. In Episode IV-VI als Darth Vader von Heinz Petruo (in den neuen Szenen: Reiner Schöne) natürlich und am Ende von Episode VI (als Anakin wieder zur hellen Seite bekehrt wird) von Horst Schön.
Der Wechsel von Constantin von Jascheroffs Kinderstimme zu Wanja Gerick als jungem Mann fällt dabei mMn nicht so schwer ins Gewicht. Bei Darth Vader kann ich es auch noch akzeptieren, da dieser als gehandicapter Cyborg unter einer Maske eh elektronische Veränderungen seiner Stimme erfährt.
Ich finde es aber schwer vorstellbar, dass sich eine Stimme wie die von Wanja Gerick plötzlich in Horst Schön verwandeln kann. Da liegen stimmtechnisch und -charakterlich wirklich Welten dazwischen.
Wahrscheinlich hat sich darüber als die Prequels gedreht wurden keiner sonderliche Gedanken gemacht. Und das ist auch nicht schlimm. Ich gebe hierbei aber größtenteils der Auslegung des Charakters Anakin im englischen Original die Schuld.
Es fällt mir generell nämlich ziemlich schwer, Hayden Christensen als jungen Anakin nach Sebastian Shaw als alten Anakin in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" zu akzeptieren. Man hat die Rolle in der Prequeltrilogie einfach völlig anders als in der Originaltrilogie interpretiert.
Während Sebastian Shaws Anakin auf mich den glaubwürdigen Eindruck eines gefallenen Helden machte, wirkt Christensens Anakin eher wie ein rebellierender Teenager, der seine Wutausbrüche nicht kontrollieren kann (sorry, ist einfach so). George Lucas hätte da bereits im Original von Anfang an anders herangehen müssen.
Ebenso merkwürdig ist der Charakter des Obi-Wan (Ewan McGregor/Alec Guinness) in der Hinsicht: Könnt ihr euch wirklich vorstellen, dass Philipp Moog im Alter wie Wilhelm Borchert klingt?
Ich finde es aber schwer vorstellbar, dass sich eine Stimme wie die von Wanja Gerick plötzlich in Horst Schön verwandeln kann. Da liegen stimmtechnisch und -charakterlich wirklich Welten dazwischen.
Ich habe neulich mal überlegt, wer bei solchen Eltern-Kind-Stimmen als Sprecher infrage käme (auch die Situation des "jüngeren Ichs" miteingeschlossen). Mir fällt nämlich immer wieder auf, dass - wie Koboldsky zurecht kritisierte - viele "Kind/Teenie/juEwa"-Stimmen nur mit viel Phantasie auf ihre "älteren" Pendants zurückgeleitet werden können. Natürlich ist hier nicht die "totale Stimmähnlichkeit" gefragt, und auch soll es kein Nebenthread zu Nachfolger vom Typ her werden, aber "irgendeine Verbindung" sollte bei Fällen in welchen zB. Vater und Sohn o.Ä auftauchen schon erkennbar sein, damit eben nicht solche "Wanja Gerick-Horst Schön-Fälle" auftreten.
Meine ersten Ideen für ein gutes Eltern-Kind-Stimmduo wären: Traudel Haas - Madeleine Stolze Norbert Gescher - Philipp Moog Bernd Vollbrecht - Alexander Doering
Reale Fälle aka Rolf u. Christian Schult, Jürgen u. Tobias Kluckert oder Sabine Bohlmann u. Paulina Rümmelein habe ich übrigens mal außen vorgelassen
Kann natürlich um weitere Ideen gerne ergänzt werden
Dann kann ich hier ja Lutz Schnell als Vater und Tobias Nath als Sohn vorschlagen. Ich persönlich finde nämlich Nath klingt wie eine jüngere Version von Schnell.
Zitat von Ludo im Beitrag #23Jürgen u. Tobias Kluckert
Hier finde ich übrigens, dass es sowohl für einen jüngeren Jürgen Kluckert, als auch für einen älteren Tobias Kluckert wesentlich bessere Besetzungen gibt als den realen Sohn oder Vater.
Tatsächlich war in den Pagnol-Filmen Peter Flechtner für mich dem jungen Kluckert so nah, dass die beiden für mich ein "Team" sein können. Und auf die zeitweise Ähnlichkeit in der Sprechweise zwischen Tobias Kluckert und Ernst Meincke habe ich an anderer Stelle schon hingewiesen.
Zitat von Mr.Voice im Beitrag #24Dann kann ich hier ja Lutz Schnell als Vater und Tobias Nath als Sohn vorschlagen. Ich persönlich finde nämlich Nath klingt wie eine jüngere Version von Schnell.
Wahrscheinlich werde ich jetzt bei vielen Leuten Kopfschütteln hervorrufen, aber beim Schauen von "House of the Dragon" fällt mir jetzt schon zum mehrmaligen Male auf, dass der überraschend dunkel und kratzig gewordene Torben Liebrecht etwas in seiner Stimmfarbe hat, was mich irgendwie an Gunter Schoß erinnert. Es ist weder ein Fall von "Typnachfolger" oder "Stimmdouble" noch besteht da eine große Stimmähnlichkeit (für beides klingt er [noch] nicht rostig und altersweise genug), aber irgendetwas ist in seinem Stimmklang vorhanden, das diese Assoziation bei mir hervorruft. Daher hab ich es mal in diesen Thread gepackt, zur "Vater-und-Sohn"-Annahme* passt das eher.
*Gleichzeitig kommen neben diesen "Schoß-Nuancen" auch hin und wieder stimmliche Verbindungen zu einem verrauht und dunkel sprechenden David Nathan hervor, da beide aber nur 6 Jahre auseinander liegen, passt das wiederum nicht zu V&S.
Ich glaube, das krasseste Beispiel dürfte in der Hinsicht die "Der Pate"-Filmreihe sein, in der Lutz Mackensy als Michael Corleone im Alter plötzlich zu Gottfried Kramer wird. Also ich kann mir schon die wildesten Stimmentwicklungen vorstellen, aber DA hört meine Vorstellungskraft wirklich auf.
(Wobei selbst Glaubrecht hier nicht wirklich gepasst hätte)
Zitat von Koboldsky im Beitrag #28 Also ich kann mir schon die wildesten Stimmentwicklungen vorstellen, aber DA hört meine Vorstellungskraft wirklich auf.
Dann hast du wohl noch nie die junge Stimme von Peter Groeger gehört - diese Entwicklung liegt für mich auf dem gleichen Level und fand tatsächlich statt (wobei ich Mackensy zu Kramer keineswegs für eine gute Idee halte).