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Dieses Thema hat 67 Antworten
und wurde 4.169 mal aufgerufen
 Synchronschaffende
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fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2014 16:28
O. E. Hasse Zitat · antworten

OTTO EDUARD HASSE

geboren am 11. Juli 1903
gestorben am 12. September 1978

"O.E." ist nicht nur einer meiner deutschen Lieblingsschauspieler (bei dem bekomme ich manchesmal angenehme Gänsehaut), sondern einer meiner Favoriten unter den Synchronsprechern seiner Generation. Ich habe wieder eine kurze Biographie zusammengestellt, die erneut gewisse Themen streifen wird-ob das mittlerweile jemandem auf den Wecker fällt, ist mir ziemlich gleichgültig. Als Quellen benutzte ich Bernd-Ulrich Hergemöller, Ernst Klee, "Die Bühne" und das Internet, sowie einen Bericht aus "Xtra!" über Gottfried von Cramm.


Aus seinem Leben und Beruf

Otto Eduard Hasse wurde im Dorf Obersitzko an der Warthe (Provinz Posen) geboren als Sohn eines vergleichsweise wohlsituierten Schmiedemeisters. Die Eltern waren sowohl kunstsinnig, als auch an einer Akademikerlaufbahn des Sohnes interessiert. Er besucvhte das Gymnasium in Posen und ging nach dem Abitur (für uns Ösis: Matura) nach Berlin, wo er mit einem Studium der Rechtswissenschaften begann. In Posen hatte er bereits einem Theaterverein angehört, nun hospitierte er nebenbei an der Reinhardt-Schule und hatte privat Unterricht bei Lothar Müthel. Das Jus-Studium ließ er bald links liegen.


Nach und nach kamen jeweils für einzelne Saisonen oder Gastspiele Verträge an verschiedenen Bühnen im deutschsprachigen Raum. 1930 holte ihn der bekannte Intendant Otto Falckenberg nach München an die Kammerspiele. Hier blieb Hasse bis 1939 und avancierte zu einem gefeierten, wenn auch nicht unumstrittenen Theaterstar. Einerseits wurde er phrenetisch umjubelt, andererseits kritisierten viele seinen nicht zeitgemäßen Sprechstil. Doch als unter den neuen Machthabern das moderner gewordene Theater konservativer wurde, paßte er gut ins Schema. Dennoch gab es in jener Zeit auch auch eher volksnahe Stücke, die ihn von seinen sprachlichen Manirismen deutlich wegbrachten. Nach dem Krieg schlug er dann eine ganz andere Art der Sprachgestaltung ein, wenngleich er zu jener Generation Schauspieler gehörte, bei denen es ein Markenzeichen war, wegen gewisser sprachlicher Eigenheiten stets als Schauspieler erkennbar zu bleiben.

Hasse spielte im Lauf der Jahrzehnte klassische Tragödien, aber auch Boulevard-alles in seinem ihm ganz eigenen Darstellungsstil. Mit seiner Darstellungsvielfalt bereicherte er Stücke von Shakespeare, Schiller, Ibsen oder Hebbel, besonders mochte er Hauptmann, Zuckmayer, Moliere und Shaw. Später sah man ihn auch oft in modernen oder zeitkritischen Stücken, seine Mitwirkung in Hochhuths Skandalstück "Soldaten" hatte auch Nebenwirkungen wie briefliche Proteste zahlreicher Kulturschaffender oder VerehrerInnen. Bis an sein Lebensende war Hasse in etwa 80 Theaterrollen zu sehen.

In den 30er-Jahren begann er mit Filmarbeiten, doch auch wenn er immer wieder große Nebenrollen hatte oder prägnante Gastauftritte: im NS-Kino sollte er kein Filmstar werden, das kam erst deutlich später in den 50er-Jahren. Hasse wirkte auch an Propaganda-Filmen mit, wobei ihm hier die übelsten dieser Sorte erspart blieben, da er vorbestraft war und daher nicht ganz unproblematisch. In den 30er-Jahren ist übrigens auch eine einzelne Synchronrolle von ihm verzeichnet, eventuell machte er da bereits mehr.

Während der NS-Zeit lebte er in einer deutlichen Ambivalenz: wie man in seinen Briefen an seinen guten Freund Erich Ponto nachlesen kann, stand er dem Regime mehr als kritisch gegenüber. Wenn er auch nie Stellung dagegen bezog, so machte er auch nie Reklame dafür. Hasse wurde im Frühjahr 1939 wegen unzüchtiger homosexueller Handlungen aufgrund § 175 verurteilt und zwei Monate in Haft genommen. Ein vergleichsweise mildes Urteil, denn er hatte einen Gönner. Dieser war ausgerechnet Dr. Joseph Goebbels, der dafür sorgte, daß Hasses bis dahin untadeliger Ruf berücksichtigt wurde, sowie seine künstlerische Bedeutung. Auch wurde erwähnt, wie sehr Adolf Hitler von seiner Kunst schwärmte.
Obwohl Hasse dann eine Sondergenehmigung bekam, um weiterarbeiten zu können, blieb das nicht ohne Folgen. Er mußte München verlassen und auch Berlin meiden, so ging er nach Prag. Dort inszenierte er am "Deutschen Theater" und spielte auch in zahlreichen Stücken. Auch hier lag ihm das Publikum zu Füßen. Doch er hatte auch einen "Feind", den Gauleiter von Prag. Dieser ließ ihn von der Gestapo überwachen und nachdem es wieder einen Verdacht wegen Verfehlungen gegen §175 gegeben hatte, auch entlassen. Goebbels erklärte die Entlassung jedoch für ungültig. Nun mußte Hasse auch zur Wehrmacht, wobei er hauptsächlich im Rahmen von Kriegsberichterstattung tätig war oder im Heimatdienst. Für Filmarbeiten wurde er freigestellt. Ein Schicksal wie das des nahezu unbekannten und auch einschlägig vorbestraften Kollegen Friedrich Joloff blieb ihm erspart.
Der wegen Vergehen gegen §175 mehrfach inhaftierte Tennis-Star Gottfried von Cramm berichtete später übrigens, daß Hasse der einzige gewesen sei, der ihm einen aufmunternden und offenen Brief geschrieben habe-obwohl beide unter Beobachtung der Gestapo standen. Nach dem Ende der NS-Zeit schwieg Hasse gerne über das tausendjährige Reich und bemühte sich eher, im Rahmen der Kunst Akzente dagegen zu setzen. Manches davon wurde später sehr kritisiert, allerdings muß man das aus der Zeit heraus betrachten. Auch wenn er in späteren Jahren ein eher versöhnlicher Mensch war, was jüngere Geschichte anbelangte, so hatte er doch nie irgendwelche "Persilscheine" für gewisse Personen unterzeichnet und ging zu manchen Künstlern auf Distanz.

Nach dem Krieg spielte Hasse an verschiedenen Theatern, bis er ab 1948 (bis zu seinem Tod) zum Ensemble des Schiller- / Schloßpark-Theaters gehörte. Einer seiner ersten Erfolge war die Uraufführung von "Des Teufels General" (den er zu gerne auch im Film gespielt hätte). Er wurde nun wieder ein vielbeschäftigter Theaterschauspieler, drehte ab und zu meist erfolglose Filme und begann mit umfangreichen Synchronarbeiten, die aber nach und nach wieder abnahmen.

Beim Luftbrücken-Film "The big Lift" lernte er Montgomery Clift kennen. Anders als oft vermutet war es jedoch eine rein platonische Freundschaft, die bis zu Clifts schwerer psychischer Erkrankung in einem Briefwechsel fortgeführt wurde. Clift soll nicht unwesentlich daran beteiligt gewesen sein, daß Hasse in Hitchcocks "Ich beichte" mitspielte. Doch obwohl er häufiger internationale Filme drehte (er sprach fliessend Englisch und Französisch), kam Hasses Kino-Durchbruch erst 1954 mit "Canaris". Häufig wird dem Film Schönfärberei vorgeworfen, allerdings muß man ihn aus seiner Zeit heraus betrachten. Wenn er auch Canaris idealisierte, so thematisierte er doch die Kenntnis der Wahrheit innerhalb führender Wehrmachts-Stellen und kann heute als ein Stück filmische Zeitgeschichte betrachtet werden. Hasse drehte nun regelmäßig meist erfolgreiche Filme. Dem Fernsehen wandte er sich erst spät zu. Nebenbei nahm er Schallplatten auf, machte Rezitationsabende und Hörfunk. Auch das Theater ließ er nie sein.

1976 erkrankte er schwer. Danach sah man ihn 1977 noch in drei Fernsehrollen: weder optisch, noch akustisch war dieses zerquälte Geschöpf als Hasse erkennbar. Er starb nach schwerer Krankheit 1978.

Ab den späten 40ern hatte er eine Beziehung mit dem nicht künstlerisch tätigen, leicht jüngeren Max Wiener, jedoch lebten sie bis 1976 in getrennten Wohnungen. Wiener pflegte und betreute Hasse bis zu dessen Tod. Hasses Homosexualität war in der Künstlerszene durchaus bekannt, aber es wurde öffentlich dazu geschwiegen. Das war in den prüden 50er-Jahren ohnehin normal und später wurde es genausowenig thematisiert. Er gehörte auch noch einer gänzlich anderen Generation an. Harald Juhnke erzählte in seinen Memoiren davon, wie Hasse ihm Avancen machte, jedoch stets unaufdringlicher Gentleman blieb. Hasse lebte trotz äußerlich oft exaltiert und im Mittelpunkt stehen wollender Fassade ein sehr zurückgezogenes Leben. Auch der sogenannten schwulen (Künstler-)-Szene blieb er fern. Seine große Leidenschaft war das Kochen und wer zu einer seiner kleinen Feiern eingeladen wurde, durfte sich sehr geehrt fühlen. Nicht wenige mußten über ebensolche Passagen im Film "Canaris" schmunzeln, wo der Admiral eine ähnliche Leidenschaft hat.

2003 widmete ihm das "Schwule Museum Berlin" eine Ausstellung.

FILMOGRAFIE (Auswahl)

1932: Peter Voß, der Millionendieb
1934: Klein Dorrit / PeerGynt
1936: Die große und die kleine Welt
1941: Stukas (Wehrmachtverherrlichung) / Illusion / Rembrandt
1942: Die Entlassung (Bismarck als Hitler seiner Zeit) / Dr. Crippen an Bord
1944: Aufruhr der Herzen
1948: Berliner Ballade (Trümmer-Satire)
1950: Epilog / The Big Lift
1951: Entscheidung vor Morgengrauen
1952: Ich beichte / Der letzte Walzer / Der große Zapfenstreich
1953: Wenn am Sonntag Abend die Dorfmusik spielt (der wohl künstlerische Tiefpunkt seiner filmischen Karriere)
1954: Verraten (hier wurde er von Curt Ackermann synchronisiert) / Canaris (wird oft als "Verklärungsfilm" bezeichnet, was nur halb zutrifft)
1955: X-Boote greifen an (hier synchronisierte er sich erst 1967 selbst) / 08/15 Teil 2 und 3 / Alibi
1957: Kitty und die große Welt / Spione am Werk / Arsene Lupin, der Meisterdieb / Die Letzten werden die Ersten sein / Der gläserne Turm
1958: Der Arzt von Stalingrad / Der Maulkorb (Staudtes Film verfehlt auch heute trotz der stillen Ansätze die Wirkung nicht)
1960: Frau Warrens Gewerbe (Lilli Palmer schätzte ihn ebensosehr wie Curd Jürgens und Clark Gable, ihre Lieblingspartner)
1961: Die Ehe des Herrn Mississippi
1962: Lulu / Der Korporal in der Schlinge (von Renoir, hier wurde er von Erik Schumann synchronisiert)
1964: Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (jede seiner Szenen hat "etwas", leider sind´s zu wenige)
1972: Der unsichtbare Aufstand (an der Seite von Yves Montand)
1975: Eiszeit (Peter Zadeks damals umstritter Fernsehfilm nach Tankred Dorst)
1977: Die Geisel / Der Alte (eine Folge) / Sanfter Schrecken

THEATERROLLEN (klitzekleine Auswahl)

Für folgende Rollen bekam er besonders viel positive Kritik, einige davon spielte er mehrfach.

* Shaw: Cäsar und Cleopatra
* Shakespeare: Julius Cäsar (vor allem die 1972er-Fassung am Wiener Burgtheater blieb im Gedächtnis)
* Des Teufels General
* Faust I (er dürfte der erste Mephisto direkt nach Kriegsende gewesen sein, angeblich mit Hitler-Anleihen im Spiel)
* Geliebter Lügner (1961 führte ihn dies zusammen mit Elisabeth Bergner bis in die USA)
* diverse Curt Goetz-Komödien, der "Gehenkte" in "Dr.med. Hiob Praetorius" war seine letzte Bühnenrolle
* Soldaten, als Winston Churchill in Rolf Hochhuths Drama
* Der Biberpelz
* Vor Sonnenuntergang
* Lady Windermeres Fächer
* Tartüff
* Die Caine war ihr Schicksal
* Frau Warrens Gewerbe
* Der Maulkorb spielte er auch erfolgreich als Bühnenstück
* diverse Dürrenmatt-Rollen
* Das Glas Wasser (sein Bolingbroke muß fantastisch gewesen sein)



SYNCHRONARBEIT

Hasse begann nach dem Krieg in etwa 1947 mit dem Synchronisieren. Er beendete diese Tätigkeit 1955, wobei er bereits vorher seine akustischen Auftritte reduzierte. Ich persönlich bedaure das sehr, denn er war ein ausgezeichneter Mann seines Faches.

Hasse sprach zunächst einige der Elite Hollywoods. Erstaunlicherweise besetzte man ihn auch auf "dünne" Leute wie Gene Kelly, James Stewart oder Henry Fonda. Für Gene Kelly als "DÁrtagnan" war er erstaunlich leichtfüssig und ironisch.

Man hörte ihn für Clark Gable, Fredric March ("Die besten Jahre unseres Lebens"-eine großartige Studfie über Kriegsheimkehrer und deren Alltagsprobleme), Robert Donat, Lee J. Cobb oder Broderick Crawford. Insgesamt dürfte er, Selbssynchronisationen nicht mitgerechnet, 40-50 Synchronrollen gehabt haben.

Kongenial war er für Charles Laughton in "Meuterei auf der Bounty": schmutzig, amoralisch, grausam und sich am Leid ergötzend, das er verursachte. Eine absolute Meisterleistung!

Großartig seine Einsätze für George Sanders, besonders bei "Alles über Eva", wo Hasse sozusagen sarkastisch den ganzen Film und sein Geschehen kommentierte. Zynismus, Spott, Überlegenheit-das war großartig!

Für Humphrey Bogart in "Die Caine war ihr Schicksal" fand ich ihn etwas zuviel. Diese Rolle spielte er selbst erfolgreich auf der Bühne, da ging es offenbar mit ihm durch. Litt Bogarts Spiel schon an Übertreibungen, wurde er von Hasses Stimme fast erschlagen. Seinen anderen Einsatz für Bogart kenne ich leider nicht, grundsätzlich hat diese Paarung für mich einigen Reiz.

Spencer Tracy sprach er vier mal, davon in drei Komödien. Das war eine ideale Kombination, auch weil er ohne diesen dauernden Hauch Kauzigkeit auskam, der Walter Suessenguth bei Tracy begleitete.

Mehr dazu im Laufe einer vielleicht anregenden Diskussion über Hasses Synchronschaffen, ich will nicht gleich alle Katzen aus dem Sack lassen!

SYNCHRONFILMOGRAFIE (exklusive Selbstsynchronisationen)

Shaken Aimatow - Abais Lieder
Louis Alberni - Der Graf von Monte Christo (1935 synchronisiert!)
Leon Askin - Die Legionäre der Sahara
Ben Astar - Das Zigeunermädchen von Sebastopol
George Bancroft - Flucht nach Texas
Pierre Blanchard - Und es ward Licht
Humphrey Bogart - Die Spur des Falken / Vor verschlossenen Türen / Die Caine war ihr Schicksal
Raymond Burr - Ein Satansweib
Leo G. Carroll - Im Reich des goldenen Condor
Gino Cervi - O.K. Nero
Lee J. Cobb - Die Faust im Nacken
Ronald Colman - Ein Doppelleben
Broderick Crawford - Der Mann, der herrschen wollte / Lebensgier
Richard Dix - Rache für Alamo
Robert Donat - Der Fall Winslow
John Emery - Mein Engel und ich
Erzähler (Cecil B. DeMille) - Die größte Schau der Welt
Erzähler (Jean Debucourt) - Fanfan, der Husar
Jose Ferrer - Fegefeuer
Henry Fonda - Die Falschspielerin
Clark Gable - Ein toller Bursche
Gheorge Girot - Die schwarze Isabell
Thomas Gomez - Casbah-Verbotene Gassen
John Ireland - Die Hölle der roten Berge
Gene Kelly - Die drei Musketiere
Charles Laughton - Meuterei auf der Bounty / Geheimaktion Carlotta
Marc Lawrence - Mädchenhandel
Philip Leaver - Martin Luther
Carlos Lopez Montezuma - Maria Montechristo
Alec Mango - Des Königs Admiral
Fredric March - Die besten Jahre unseres Lebens
Paul Muni - Louis Pasteur
Warner Oland - Shanghai Express
Illarion Pewzow - Tschpajew
Vincent Price - Weißer Oleander / Der Baron von Arizona / Die schwarzen Teufel von Bagdad
George Raft - Die Bestie von Shanghai
George Sanders - Abenteuer in der Südsee / Das Bildnis des Dorian Gray / Lady Windermeres Fächer / Alles über Eva
Michel Simon - Ungarische Rhapsodie
James Stewart - Der große Bluff / Mädchen im Rampenlicht
Francis L. Sullivan - Die Königin von Tahiti
Spencer Tracy - Der Draufgänger / Ehekrieg / Vater der Braut / Ein Geschenk des Himmels / Die gebrochene Lanze
Fritz Van Dongen - Ich habe dich immer nur geliebt

Jeannot ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2014 17:22
#2 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

"O.E.´s" Stimme würde ich nie verpassen. Der könnte die Biene Maja synchronisieren, ich wäre immer dabei. Ich hab noch die Erstfassung von DER GROSSE BLUFF im Kino gesehen - er ist mir in Erinnerung geblieben, und ich freue mich auf die DVD-Veröffentlichung. Dabei war er ja mit seiner wuchtigen Stimme eigentlich wie gemacht für Schwergewichte wie Laughton und Crawford. Ich finde, daß Bogart in CAINE durch ihn noch gewonnen hat. Auch in VOR VERSCHLOSSENEN TÜREN sprach er für ihn (und in der Erstfassung SPUR DES FALKEN). Hervorheben möchte ich auch seine lakonischen Kommentare in FANFAN, DER HUSAR.
In der Nachkriegszeit hat er auch für die DEFA gearbeitet.
Meine Lieblingsrolle ist der von Treskow in Staudtes DER MAULKORB. Wie er da gegen sich selbst ermittelt, das schaue ich mir regelmäßig an und muß doch immer wieder kichern.
Nach seinem Tod wurde er übrigens mal von Erik Schumann synchronisiert, joi, joi...

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2014 17:34
#3 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Nachtrag:

Nun doch noch ein paar Betrachtungen zu Hasses Synchronarbeit. Erstaunlich, auf wieviele gänzlich unterschiedliche Typen er trotz seiner unverwechselbaren und markanten Stimme anwendbar war. Von Subtilität über unbesiegbare Jungenhaftigkeit zu Bösartigkeit oder überholter Autorität hatte er eine breite Palette, die er abdeckte. George Raft, Leon Askin, Gino Cervi, Jose Ferrer, Raymond Burr-manche davon entsprachen durchaus seiner Präsenz, aber er konnte auch ganz anders.

Gene Kelly in "Die drei Musketiere" ist eine Paradarolle für den 'anderen' Hasse, weshalb ich ihn mir durchaus für James Stewart vorstellen kann. Dank Schürenberg ist man bei Clark Gable sehr fixiert, hier fand ich Hasse eine gute Alternative. Er gab ihm auch etwas von einer gewissen Härte und Maskulinität, die Schürenberg ein wenig dezenter einsetzte. Auch für Paul Muni als/in "Louis Pasteur" war er großartig, fast besser als Muni selbst. Auffallend: je besser die Rollen konzipiert waren, desto besser ging Hasse in ihnen auf. Wobei er selten zu dominant wurde. Allerdings möchte ich sagen, daß ich mir ähnlich wie bei Heinz Drache, auch Hasse in 99% seiner Synchronrollen selbst vorstellen könnte.

Genial fand ich ihn für Vincent Price, hier empfinde ich die stimmliche Ähnlichkeit verblüffend (auch wenn mancher widersprechen wird). Besonders hervorragend "Weißer Oleander", wo Hasse Prices herrschaftliches Auftreten perfekt umsetzte, wie auch dessen sich steigernden Wahnsinn. Hasse war trotz seinem stimmlichen Reibeisen ein Mann für viele Zwischentöne.

Zwischen "Ein Geschenk des Himmels" und "Die gebrochene Lanze" lag im zeitgenössischen Kino nur ein Film, "Schiff ohne Heimat". Daß hier Suessenguth besetzt wurde, lag wegen der akustischen Ähnlichkeit zu Hasse wohl auf der Hand. Hasse hatte aber dann sein "Comeback" bei Tracy 1955, leider war dies seine letzte Synchronarbeit überhaupt (außer für sich selbst oder falls unerwartet etwas auftauchen würde). Für Tracy war er genial in dessen allzu menschlichen Komödien, die an der althergebrachten Definition von "Männlichkeit" ironisch kratzten. Hasse war vollendeter Boulevard-Komödiant, was hier zu Gute kommt. Ohne Suessenguths Leistung oder die anderer schmälern zu wollen, war Tracy mit Hasse für mich das absolut Unerreichbare, der ganz spezielle Kick. Schade, daß er in Filmen wie "Der alte Mann und das Meer" nicht dabei war.

Meine Lieblingsrollen sind eindeutig für Charles Laughton als Captain Bligh, Fredric March in "Die besten Jahre unseres Lebens", George Sanders in "Alles über Eva" und genauso großartig in "Das Bildnis des Dorian Gray". Und "Ehekrieg", Spencer Tracy - da sitzt auch bei Hasse jede Pointe! Zudem war er ein genialer Ensemblespieler.

Seine Synchronrolle für Bogart in "Die Caine war ihr Schicksal" war an sich großartig und glaubwürdig gespielt, nur erschlug er den etwas hilflos chargierenden und fehlbesetzten Bogart mit seinem deutlich glaubwürdigeren Spiel. Leider wirkte Bogie dadurch fast noch eigenartiger. Sehr gerne hätte ich Hasse aber in "Die Spur des Falken" gehört oder in "Key Largo". Wobei er wohl auch, trotz Unterschied etwa zu Balthoffs Klang, genial für Edward G. Robinson gepaßt hätte.

Ende der Durchsage.

PS: dem Hauptbeitrag hänge ich später noch eine Filmografie an.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2014 17:43
#4 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

@ Rolf:

Danke für deine Ausführungen! Hasse sprach Bogart tatsächlich in "Die Spur des Falken"??? Wow!!! Zu gern hätt ich das gehört...

An "Fanfan" erinnere ich mich leider nicht mehr. Wegen Gene Kelly als D' Artagnan kann ich ihn mir für Stewart tatsächlich vorstellen. Wie erwähnt und nachgeschürt, habe ich mit "Die Caine..." so meine Problemchen, aber ich seh den Film wegen Hasse (!) gerne-paradox, nicht?

"Der Maulkorb" ist einer meiner Lieblingsfilme mit ihm, da spaziert er so unvergleichlich zwischen Ernst und Komik hin und her, das ist ein Mordsspaß. Vor allem in den Szenen, wo er absolut nie kapiert, was denn nun wirklich los ist, war er absolut meisterhaft. Überhaupt ein schöner Film von Staudte und toll besetzt. Felmy war ein großartiger Mitspieler.

Im 2. und 3. 08/15-Film als desillussionierter General gefiel er mir, aber auch schon in "Entscheidung vor Morgengrauen". Da "menschelt" es ziemlich, wenn er mitten im Krieg sich um eine gewisse Normalität und Väterlichkeit bemüht, aber doch an der Grenze zum Umfallen stand.

Sein später Auftritt in "Der Alte" war etwas erschütternd, da war er kaum wiederzuerkennen. Und doch spielte er mit voller Leidenschaft!

berti


Beiträge: 17.883

19.03.2014 18:24
#5 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von fortinbras im Beitrag #1
Kongenial war er für Charles Laughton in "Meuterei auf der Bounty": schmutzig, amoralisch, grausam und sich am Leid ergötzend, das er verursachte. Eine absolute Meisterleistung!

Diese Film kenne ich noch nicht, aber dafür "Geheimaktion Carlotta", in dem er für Laughton zwar nicht sadistisch, aber zumindest "schmutzig" und "amoralisch" und zusätzlich auch noch feige, schmierig und wehleidig sein durfte.

berti


Beiträge: 17.883

19.03.2014 18:26
#6 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von fortinbras im Beitrag #4
Hasse sprach Bogart tatsächlich in "Die Spur des Falken"??? Wow!!! Zu gern hätt ich das gehört...

Ist die Existenz einer früheren Synchro und Hasses Besetzung dort definitiv sicher? Denn bisher war dazu nirgends etwas zu lesen.

Aristeides


Beiträge: 1.572

19.03.2014 18:34
#7 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat
Hervorheben möchte ich auch seine lakonischen Kommentare in FANFAN, DER HUSAR.


Bei einer Ausstrahlung von Fanfan um 1985 in der ARD hat Ansager Dénes Törzs das auch als Highlight angekündigt mit expliziter Nennung von O.E. - im Sinne von "Wenn Sie sich fragen, warum Ihnen die Stimme so bekannt vorkommt..."

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2014 22:29
#8 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von Aristeides im Beitrag #7

Zitat
Hervorheben möchte ich auch seine lakonischen Kommentare in FANFAN, DER HUSAR.

Bei einer Ausstrahlung von Fanfan um 1985 in der ARD hat Ansager Dénes Törzs das auch als Highlight angekündigt mit expliziter Nennung von O.E. - im Sinne von "Wenn Sie sich fragen, warum Ihnen die Stimme so bekannt vorkommt..."



Das ist aber eine eher selten vorkommende Ehrung im Fernsehen... Schön, das zu hören!

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

19.03.2014 22:32
#9 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von berti im Beitrag #5
Zitat von fortinbras im Beitrag #1
Kongenial war er für Charles Laughton in "Meuterei auf der Bounty": schmutzig, amoralisch, grausam und sich am Leid ergötzend, das er verursachte. Eine absolute Meisterleistung!

Diese Film kenne ich noch nicht, aber dafür "Geheimaktion Carlotta", in dem er für Laughton zwar nicht sadistisch, aber zumindest "schmutzig" und "amoralisch" und zusätzlich auch noch feige, schmierig und wehleidig sein durfte.



Diesen Film kenne ich wiederum nicht-leider. Wenn du mal dazu kommst, dir die 1935er-Fassung von "Meuterei auf der Bounty" anzuhören, das ist ein Ereignis. Da paßt allerdings auch das gesamte Ensemble und vor allem die akustischen Duelle Hasse/Schürenberg sind herrlich (natürlich trifft das auch auf die Schauspieler selbst zu, wobei Gable nicht ganz mithalten kann). Was Hasse hier deutsch macht (ohne Laughton zu verfälschen), das ist eine der absoluten Glanzleistungen seiner Synchronkarriere und eine Sternstunde allgemein. Hasse trägt wesentlich dazu bei, daß man diesen abscheulichen Menschen abgrundtief hassen kann. Dagegen ist Arnold Marquis wie auch Trevor Howard - wienerisch ausgedrückt - ein "Waserl".

PS: ich hab den Grundbeitrag noch überarbeitet und ergänzt.

John Connor



Beiträge: 4.883

19.03.2014 23:14
#10 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Hasse war ein vorzüglicher Synchronschauspieler mit hohem akustischen Wiedererkennungswert - und ein kongenialer Sprecher für Tracy. Allerdings: ich fand ihn überdurchschnittlich oft fehlbesetzt!

Schon als ich von Synchros noch nicht so viel Ahnung hatte, mir aber durch Ansehen unzähliger Filme ein (wenn auch wahrscheinlich unreflektiertes) gewisses Maß an Urteilsvermögen angeignet zu haben meinte, fand ich Hasse in den hier lobend erwähnten Fällen furchtbar daneben: für Clark Gable, für James Stewart und vor allem für Gene Kelly, für den er doch viel zu alt klang.

Mag ja sein, dass ich keinen raffinierten Stimmengeschmack habe, aber wenn Hasse nicht auf reife, gesetztere Figuren besetzt wurde, sondern auf agile, virile Helden, funktionierte es leider gar nicht - selbst wenn man ihm die Spielfreude dabei regelrecht anmerkte. Denn schauspielerisch war alles tadellos, funktionierte es prächtig. Vom Rollentypus her hätte er eigentlich auf Bogart in CAINE passen müssen - tat es aber leider auch nicht. Eigenartigerweise blieben mir alle diese Beispiele stark im Gedächtnis haften (was ganz und gar nicht negativ gemeint ist).

In BOUNTY gefiel er mir freilich auch vorzüglich, auch wenn ich Trevor Howard (und Marquis) als Bligh letztlich doch vorziehe - letzteren fand ich in der Rolle furcht- und teilweise auch mitleiderregender. Meine Beurteilung dürfte aber sicherlich auch damit zu tun haben, dass ich einem realistischen Darstellungsstil (Howard) vor einem flamboyant-theatralischen (Laughton) in der Regel doch den Vorzug gebe.

Hasse auf Hasse war aber unschlagbar! Großartig vor allem in ICH BEICHTE. Sollte dieser Besetzungscoup doch tatsächlich Clift zu verdanken sein, wäre das schon irgendwie sehr bemerkenswert. Hasses Keller gehört nämlich mit Sicherheit zu Hitchocks großartigsten Bösewichten.

berti


Beiträge: 17.883

19.03.2014 23:25
#11 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von Jeannot im Beitrag #2
Nach seinem Tod wurde er übrigens mal von Erik Schumann synchronisiert, joi, joi...

In welchem Film/welcher Rolle denn?

Jeannot ( gelöscht )
Beiträge:

20.03.2014 08:47
#12 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

... in dem Renoir-Film DER KORPORAL IN DER SCHLINGE als betrunkener Reisender
Hervorheben möchte ich auch noch mal den schon erwähnten Laughton in GEHEIMAKTION CARLOTTA, einen dreckigen, ständig schwitzenden Tunichtgut. Ein Fest für Charles Laughton - und Hasse! Weiterhin Robert Donat in DER FALL WINSLOW. Hier kann er richtig in die Vollen gehen und vor Gericht sein "R" schmettern.
In VERRATEN war es doch Curt Ackermann, nicht Erik Schumann?

kinofilmfan


Beiträge: 2.660

20.03.2014 08:59
#13 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

O.E. Hasse gehört für mich sicher zu den Großen der deutschen Schauspieler. Interessant an seiner Filmographie ist sicher, dass er zunächst größere Rollen in US-Produktionen hatte, der deutsche Film ihm erst spät Hauptrollen gab. "Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt" nennt fortinbras den Tiefpunkt seiner Darstellungskunst. Ein Kunstwerk ist der Streifen sicher nicht, an der Kinokasse gehörte er damals aber zu den erfolgreichen Streifen und er machte Hasse dem deutschen Kinopublikum bekannter. Ursprünglich sollte Hasse dann die Hauptrolle im "Sauerbruch"-Film spielen, die ging dann jedoch an Ewald Balser. Hasse spielte dafür dann "Canaris"- der Streifen war dann ein ganz großer Erfolg (erfolgreicher als "Sauerbruch"). Als integrer Offizier in "Canaris" und später in "Der Arzt von Stalingrad" gab es damals wohl kaum eine bessere Besetzung als ihn. Leider trat er in den 60er Jahren seltener in Kinofilmen auf- was sicher auch mit der damaligen Situation auf dem deutschen Filmmarkt zu tun hatte.

Seine Anfänge in der Synchronszene (die Auftritte -es waren sicherlich mehrere- in den 30ern lasse ich mal weg) hatte er sicher seinen Engagements an berlinern Theatern zu verdanken, da man sich dort "bediente". Es lässt sich sicher darüber streiten, ob er die Idealbesetzung für Stewart oder Gene Kelly war- man muss aber auch berücksichtigen, dass sich die "Synchron-Partnerschaften" wie Jimmy Stewart-Siegmar Schneider erst im Laufe der 50er bildeten. Höhepunkt seiner Synchrontätigkeit natürlich auch für mich Charles Laughton in der "Bounty". Aber auch für Spencer Tracy war er einfach nur gut.

Seine Homosexualität war in den 50ern natürlich überhaupt kein Thema. In einem Bericht über ihn in der "Film-Revue" hieß es damals "...er ist eingefleischter Junggeselle". Punkt. Aus.

Hinweis noch an fortinbras: in "Verraten" war seine deutsche Stimme Curt Ackermann, nicht Erik Schumann...

Und da mal wieder alle Theorie grau ist...O.E. Hasse für James Stewart in "Mädchen im Rampenlicht" (und Hildegard Knef für Lana Turner), eine der ersten westdeutschen (Berliner) Synchros nach dem Krieg:



Gruß Peter

berti


Beiträge: 17.883

20.03.2014 09:09
#14 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von Jeannot im Beitrag #12
in dem Renoir-Film DER KORPORAL IN DER SCHLINGE als betrunkener Reisender

Danke!

Markus


Beiträge: 2.466

20.03.2014 09:22
#15 RE: O. E. Hasse Zitat · antworten

Zitat von berti im Beitrag #6
Zitat von fortinbras im Beitrag #4
Hasse sprach Bogart tatsächlich in "Die Spur des Falken"??? Wow!!! Zu gern hätt ich das gehört...

Ist die Existenz einer früheren Synchro und Hasses Besetzung dort definitiv sicher? Denn bisher war dazu nirgends etwas zu lesen.


Das würde mich aber auch interessieren!

Gruss
Markus

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Farb-Legende: blau = Spekulation, orange = Trailer-Besetzung, grün = endgültige Besetzung, rot = Korrektur/Ergänzung zur endgültigen Besetzung


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