Ein Disney-Film mit DEFA-Synchronisation - kann es sowas geben? "Unmöglich" hätte ich vor einigen Jahren noch gesagt. Disney-Filme liefen nicht in der DDR, die wenigen Ausnahmen meist im TV und stets in der bekannten Westsynchro. Und doch gibt es eine solche Kombination - und das Tollste: Sie ist die heute gültige des Filmes. "Wilde Katzen" von 1959 Wahrscheinlich war bereits 10 Jahre später, als der Film in die DDR-Kinos kam, die Simoton-Fassung verschollen und ist es bis heute, deshalb hört man nicht Petruo als Erzähler, sondern Manfred Wagner.
Ähnlich kurios: Ein Hitchcock-Film mit DEFA-Synchro, nämlich "Jung und unschuldig".
Fallen noch jemandem solche unwahrscheinliche bis scheinbar unmögliche Fälle ein?
Mir fällt da als Erstes natürlich ein weiteres Beispiel aus dem Disney-Bereich ein: die Erstsynchro von "Schneewittchen" Normalerweise hätte ich nicht daran gezweifelt, dass diese (wie früher angenommen wurde) in Österreich kurz vor dem "Anschluss" entstanden sei. Aber wie edigrieg in mühevoller Arbeit recherchieren und rekonstruieren konnte, wurde sie wohl tatsächlich in Holland von hauptsächlich jüdischen Emigranten erstellt, um in der Schweiz, Ländern mit größeren deutschsprachigen Minderheiten bzw. Bürgern mit Deutschkenntnissen oder sogar (als das endgültige Verbot von Hollywoodfilmen durch die Nazis noch nicht absehbar war) in Deutschland selber gezeigt zu werden.
Die DEFA ist wohl prädestiniert für diesen Thread. Ein Film Noir mit Ostsynchro ist ebenfalls sehr überraschend (vor allem da die meisten Noirs ansonsten in München bearbeitet wurden). "Mord in der Hochzeitsnacht" (1945; DF: 1989) wäre ein seltenes Beispiel und bisher das einzige, was mir bekannt ist.
Zitat von Silenzio im Beitrag #4Die DEFA ist wohl prädestiniert für diesen Thread.
Da hast Du nicht unrecht - da wirkt einiges so exotisch wie ein sozialistisches Revolutionsdrama, von dem nur eine Westsynchro existiert. Aber damit bringst Du mich auf was: Fast so kurios sind sowjetische Märchenfilme mit münchner Synchro. Gab's tatsächlich - einige der von Eurovideo Anfang der 90er herausgebrachten Märchenfilme ("Bambi", "Akulina die Hexe") kamen nie in die DDR-Kinos und folglich existierte keine DEFA-Fassung; sogar ein Film des großen Meisters Alexander Rou ("Im Königreich der Zauberspiegel"). Sie wurden in München synchronisiert. Baba Jaga meets the Gummibears - klingt nicht so, als ob das funktionieren könnte ... Hat es auch nicht.
Gert Fröbe als Synchronsprecher - nicht für sich selbst, sondern für einen amerikanischen Schauspieler. Gab es tatsächlich, wenn auch nur einmal: für Mickey Shaugnessy in "Verdammt in alle Ewigkeit". Ähnlich Rolf Hoppe, der sich wohl im Synchronatelier immer ausgesprochen unwohl fühlte und (meines Wissens) nur einmal einen anderen Schauspieler synchronisierte: in "Stülpner-Legende". Klang gar nicht schlecht und harmonierte auch ganz gut.
Ich finde es immer wieder verblüffend, dass so viele Filme der "Carry On"-Reihe - gerade aus der etwas zotigeren Phase - ausgerechnet in der DDR ihre deutsche Premiere erlebten und deshalb auch von der DEFA synchronisiert wurden. Ein dauerhafter Widerspruch für mich, zumal fast alle dieser Fassungen die einzigen und damit gültigen sind.
Über die Reihe wollte ich eigentlich schon länger hier schreiben und habe auch kürzlich wieder daran gedacht, aber wenn Du jetzt schon den Stein des Anstosses gibst: Ich finde es eigentlich bei den beiden älteren Monumentalfilm-bzw. Abenteuerparodien "Carry on ... Cleo" ("Cleo, Liebe und Antike") und "Carry on ... Jack" ("Held im Hemd") verwunderlich, dass die schon 20 Jahre früher als in der Bundesrepublik (ZDF) und somit sogar zeitnah und in den DDR-Kinos liefen, vielleicht vor allen Dingen "Cleo..." (Was störte einen Verleih in Westdeutschland hier wohl: Der Humor, die Redseligkeit?). Ja, ausser einem wurden ja einige dieser späteren "Carry on"-Filme mit ihrer DEFA-Bearbeitung auch nur ausser "Mach weiter, Dick" bereits zwei Jahre nach Dreh erst recht spät ohne vorherige Lichtspielauswertung im Ost-Fernsehen gezeigt! Wahrscheinlich fand der Verleih im Westen gerade diese einfach auch zu hirnrissig und/ oder bedeutungslos, uninteressant und zu sehr Mittelmass bis schlecht(er), was sie ja auch oft waren (schließt ja vermutlich schon auch gleich die ein, die man allgemein erst 1995 bei Super RTL zeigte)! Ein paar "Carry on"s gab´s ja aber durchaus doch und immerhin dann auch in den Kinos- also sogar im Vergleich zu den speziellen Streifen der Serie fürs DDR-TV und wieder im Gegensatz zu den zwei früheren dort!
Stereo-Synchronisationen waren bis "Star Wars" ja sehr selten und nur den absoluten Riesenproduktionen vorbehalten. Noch bis spät in die 80er wurden keineswegs alle Filme in stereo gedreht oder gar synchronisiert. Umso verblüffender "Die erste Fahrt zum Mond" - ein kleiner, preiswerter Science-Fiction-Film von 1964, eher ein Misserfolg und im englischen Original auch in mono. Aber wie verblüfft war ich, die deutsche Fassung zumindest der ersten Szenen in echtem Stereo zu hören. Kein Zweifel, die originalen deutschen Sprachaufnahmen sind in verschiedenen Positionen des Stereospektrums zu hören und überlagern sich gegenseitig; eine nachträgliche Trennung wäre unmöglich gewesen. Wie ist das wohl zustande gekommen? Ein Experiment der Ultra?
Ein MGM-Film, der in München synchronisiert wurde - in den 60ern ein absolutes Unikum. Okay, "Kapitän Sindbad" wurde komplett in den münchner Bavaria-Studios gedreht, mit einigen deutschen Darstellern und vor allem einem deutschen Kameramann, aber dass er auch dort synchronisiert wurde statt in der hauseigenen MGM-Synchronabteilung, das ist schon sehr merkwürdig.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #10Ein MGM-Film, der in München synchronisiert wurde - in den 60ern ein absolutes Unikum.
Und doch noch ein zweites Beispiel: "Der aus dem Regen kam" - wobei ich hier vermute, dass der Film für einen anderen Verleih synchronisiert und er aufgrund eine Pleite o.Ä. nur von MGM einverleibt wurde.
Bei der "Dick und Doof"-Serie legte Heinz Caloue Wert darauf, dass Stan Laurel stets nur von Walter Bluhm gesprochen wurde - aus diesem Grund wurde "Pack Up Your Troubles" extra neu synchronisiert. Seltsamerweise aber scheint ihm "Bonnie Scotland" durch die Lappen gegangen zu sein, denn hier wurde mehreren Quellen zufolge die Kinosynchro verwendet, obwohl Horst Gentzen zu hören war.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #5da wirkt einiges so exotisch wie ein sozialistisches Revolutionsdrama, von dem nur eine Westsynchro existiert.
Kein Revolutionsdrama, aber "Aljoschas Liebe" kam 1961 regulär in die DDR-Kinos, nachdem er (seltsam genug) Monate vorher in der BRD gestartet war. Laut Hans-Joachim wurde er in der BRD-Synchro gezeigt - der einzige mir bekannte Fall.
Ein ähnlich kurioser Fall ist wohl die Miniserie "Die geheimnisvolle Insel". Die Erstausstrahlung erfolgte im November 1974 im DDR-TV. Erst zwei Monate später lief sie in der BRD an. Trotzdem zeigte man bereits in der DDR die Westsynchro und eine andere gab's auch nie. Mehr Details kann man ja im entsprechenden Thread lesen. Schon schräger Fall.
Da kenne ich noch einen extremeren ähnlich gelagerten Fall:
Der Film DAS ERBE DER FERRAMONTI lief im Westen erstmals 1985 im ZDF. Es spricht Martin Hirthe für Anthony Quinn - Hirthe starb bereits 1981, die Synchro ist also deutlich älter. Im Osten lief der Film bereits 1980, und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Fassung mit Hirthe, denn 1982 lange vor der ZDF-Sendung zirkulierten schon VHS-Kopien von der Hirthe-Fassung.
Mir unklar sind auch die beiden folgenden Fälle:
CORLEONE - am 28.01.1981 auf Bayern3, in der DDR-Synchro! Eine Aufführung vor diesem Datum für die DDR kann ich aber nirgends entdecken. Wurde hier etwa die DDR-Synchro im Westen zuerst gezeigt?
EINE MERKWÜRDIGE LIEBE - 1973 in den DDR-Kinos gestartet. Die DDR-Jahrbücher behaupten: Übernahme der Westsynchro. Im Westen ist dieser Film aber bis heute (!) nie gelaufen - irrt sich das Jahrbuch oder gibt's da wirklich eine Westfassung, die nur in der DDR lief?
Zitat von kogenta im Beitrag #14 Der Film DAS ERBE DER FERRAMONTI lief im Westen erstmals 1985 im ZDF. Es spricht Martin Hirthe für Anthony Quinn - Hirthe starb bereits 1981, die Synchro ist also deutlich älter. Im Osten lief der Film bereits 1980, und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Fassung mit Hirthe, denn 1982 lange vor der ZDF-Sendung zirkulierten schon VHS-Kopien von der Hirthe-Fassung.
Im DDR-Filmjahrbuch steht aber, dass er in der DEFA-Synchro gelaufen sein soll. Kann man schwer beweisen, was jetzt stimmiger ist. Im FBJ gab es schon ein paar Fehlangaben, die sich allerdings zumindest auf Synchros von FdDDRSfS beziehen.