im Forum von dvd-inside ist gerade eine interessante, wenn auch leider den oft haarsträubenden Umgang mit Filmen und Synchros beweisende Diskussion im Gange. Es geht, unter dem Titel "Vorschlag: Im Westen Nix(sic!) Neues" um die klassische Remarque-Verfilmung "Im Westen Nichts Neues" (1930).
Wie sicher einige wissen, wurde dieser Film weltweit in unterschiedlichen gekürzten und manipulierten Fassungen in die Kinos gebracht und deshalb auch in Deutschland mehrmals synchronisiert: das erste Mal in den 30ern (eine der ersten Synchros, die als Vergleich mal interessant wäre, obwohl Siegfried Kracauers Kritik hinsichtlich dessen sehr negativ war); das zweite Mal in den 50ern; das dritte Mal - als deutschen Ton zur bis dato originalgetreusten rekonstruierten Fassung des ZDF - 1984. Grund für die zahlreichen Bearbeitungen waren vor allem die unterschiedlich geschnittenen Fassungen und die Materialsituation.
Doch es wird besser: in den 90ern erstellte der WDR auf neueren Erkenntnissen eine weitere Rekonstruktion; diese lief dann als deutsche Mischfassung: 50er Synchro wo sie passte, 80er Synchro wo keine andere vorhanden war. Ich habe diese Fassung leider nie gesehen, aber sie kam Kommentaren zufolge gut an, vor allem, weil die 50er Synchro nicht den arg sterilen Ton aufweist, der oft bei Neusynchronisationen alter Filme gemischt wird. Eine Variation(!) dieser Fassung lief zudem im letzten Jahr auf arte.
Nun ist der Film kürzlich auf DVD erschienen und die Verwirrung noch größer: die Schnittfassung entspricht anscheinend keiner der bisher gezeigten, aber auch nicht der neuesten, von der Library of Congress auf Grundlage einer wiedergefundenen Schnittliste angefertigten Rekonstruktion. Und noch besser: Anscheinend ist der Film noch einmal neu synchronisiert worden!
Abgesehen davon, dass dies eine dämliche und sicherlich künstlerisch höchst fragwürdige Entscheidung war, stellt sich nun die Frage nach einer Auflistung der neusten Synchro. Im dvd-Forum konnte die neuen Sprecher niemand identifizieren, deshalb schreibe ich das hier ein. Ich weiß nicht, ob jemand Lust hat, diese DVD zu kaufen (ich selbst habe keine), aber vielleicht hat sie jemand oder kann über jemanden hineinhören und nähere Auskünfte geben...
Hab zwar keine Antwort, aber mir ist etwas aufgefallen: Lehrer Kantorek (Arnold Lucy) wurde in der 1984er Version von Hans Hessling synchronisiert. Allerdings klingt es sowohl nach Hessling als auch nach Heinz Schacht (von dem ich, außer das er Thorin in dem "Der kleine Hobbit"-Hörspiel gesprochen hat, sonst noch nie gehört habe). Vielleicht war es ja Heinz Schacht und nicht Hans Hessling.
_______________________________________________ "Wenn ihr schon laut sein müsst, dann seid es wenigstens leise!" (Walter Bluhm als Stan Laurel)
Weiß jemand, welche Synchro Das Vierte am Wochenende gezeigt hat?
------------------ "Wenn ihr mich geholt hättet, ich hätt' eurem Aufseher prophylaktisch erst mal eins auf's Maul gehauen!" Heinz Engelmann für John Wayne in "Die Unerschrockenen"
Un welche der beiden Zusammenschnittvarianten? Die Fassung, die der WDR erstmals in den 90ern zeigte oder die "Variation", die zuletzt bei arte lief.
------------------ "Wenn ihr mich geholt hättet, ich hätt' eurem Aufseher prophylaktisch erst mal eins auf's Maul gehauen!" Heinz Engelmann für John Wayne in "Die Unerschrockenen"
ich würde gern die etwas eingeschlafene Debatte zu diesem Film wieder lostreten. Weiß jemand genaueres über die erste Synchro von 1930? Gibt es darüber überhaupt noch Infos?
Was ich dringend wissen muss ist, wer der Synchronbuchautor und –regisseur war. Einige Darsteller mit Rollennamen wären auch von Vorteil.
Kann da jemand weiterhelfen? Oder vielleicht einen Tipp geben, wo ich noch nachbohren könnte?
ich kann bestätigen, dass die DVD-Fassung von "Im Westen nichts Neues" eine komplette Neusynchronisation enthält. Ich kenne zwar nicht die alten Fassungen, aber
Lew Ayres (Paul Bäumer) ............. Manuel Straube Louis Wolheim (Kat Katczinsky) ...... Hartmut Neugebauer Arnold Lucy (Professor Kantorek) .... Fred Maire Bertha Mann (Schwester Libertine) ... Veronika Neugebauer Beryl Mercer (Pauls Mutter) ......... Uta Hallant (?)
sind Hinweis genug. Insgesamt ist die Synchro gelungen (kenne aber wie gesagt nicht die älteren Fassungen); HN spricht mit einem herben Akzent, so dass sich seine Stimme relativ gut in den Film einfügt. Eine glatte Fehlbesetzung ist jedoch VN - ihre wunderbar klingende Stimme auf einer Ordensschwester in einem s/w-Film passt gar nicht. Dabei hätte sie gut auf dem französischen Mädchen (Stichwort: Schattenszene) gepasst.
Hat jemand bereits einen Vergleich zwischen den alten und den neuen Fassungen getätigt? Würde mich über Rückmeldungen hierzu freuen.
zu diesem Film gab es einmal eine ZDF-Dokumentation mit dem treffenden Titel "Geschundenes Zelluloid". Dank der Ignoranz von Universal geht die Leidenszeit des Films auch im neuen Jahrtausend weiter.
Das ist wahr. Unglaublich, was auch in Deutschland für Stückwerk mit dem Film getrieben wird. Dabei handelt es sich, soweit ich weiß, auf der DVD wieder nur um eine Alternativversion. In der Library of Congress lagert eine vor Jahren wiedergefundene Continuity des Films, mit der sich erstmals der Ablauf verlässlich feststellen lässt.
Was nicht heißen soll, dass ich die Arbeit des ZDF in den 80ern schmälern will. Man hat dort auf Grundlage der damals vorliegenden Quellen vorbildlich gearbeitet.
Hat man den Film nur neu synchronisiert, weil auf der DVD eine neue/andere Schnittfassung enthalten ist? Wegen 5.1 Ton wird man es bei einem Film nahe der Stummfilmära wohl kaum gemacht haben. Die Neusynchro eines über 70 Jahre alten Films dürfte wohl ein neuer Rekord sein.
Hatte Hartmut Neugebauer da vielleicht die Regie? (Nachtrag von mir: Der Chronist am Ende des Films war Thomas Rau)
Zitat von MetroHat man den Film nur neu synchronisiert, weil auf der DVD eine neue/andere Schnittfassung enthalten ist? Wegen 5.1 Ton wird man es bei einem Film nahe der Stummfilmära wohl kaum gemacht haben. Die Neusynchro eines über 70 Jahre alten Films dürfte wohl ein neuer Rekord sein.
Ich tippe auf eine neue Schnittfassung. Da die letzte Synchro wohl bereits ein Misch aus zwei Synchros war, wäre eine zusätzliche dritte Synchro oder OmU in den noch nicht synchronisierten Passagen auch reichlich unpassend; daher finde ich die Neusynchro i.O. Kritisch wäre es nur, wenn die weiter oben erwähnte, von der DVD-Fassung abweichende Version des Films auch irgendwann mal veröffentlicht wird - dann muss man wieder flicken...
Nach meinem Wissensstand verteilen sich die Bearbeitungen grob gesagt folgendermaßen:
1. Synchro in den 30ern: verschollen und/oder zerstört (Nazi-Verbot)
2. Synchro in den 50ern: gekürzte Fassung
3. Synchro in den 80ern: restaurierte ZDF-Fassung (ein kleines Stück fehlte dennoch, und wie man inzwischen weiß, hat man einige Einstellungen der Stummfilmfassung mit eingefügt. Für diese integrale Fassung fertigte man eine Neusynchro an, um nicht zu flicken und nach eigener Aussage, weil die alte Fassung zu frei übersetzt wäre; dafür wurde in dieser Synchro einiger Originaltext aus dem Roman "importiert"
3a. WDR in den 90ern: alternative Fassung zur ZDF-Rekonstruktion; die Synchro 2 wurde durch Synchro 3 ergänzt; vermutlich wollte man die alte Fassung so weit wie möglich verwenden
3b. Arte in den 90ern: angeblich alternative Fassung; ebenso geflickt wie 3a
4. DVD-Synchro von 2005: Neufassung (angeblich immer noch nicht die Originalcontinuity), die wiederum komplett synchronisiert wurde
Daran könnte sich wirklich mal ein Filmwissenschaftler abarbeiten...