In dem neuen Animemagazin ANICRUSH ist in der ersten Ausgabe dieses Interview mit Giuliana Jakobeit (Ex-Wendt ) drin:
Steckbrief:
Mädchenname: Giuliana Wendt
Geboren: 01.10.1976 in Berlin
Sternzeichen: Waage
Schulabschluss (Abitur): 1996
Stimmausbildung und Sprecherziehung: 1996-1997
Schauspielunterricht: 1999-2004
Gesangsunterricht: 2002-2004
Giuliana Jakobeit ist schon seit ihrer Kindheit im Synchrongeschäft tätig.
Im Auftrag des Berliner Studios Elektrofilm synchronisierte sie jüngst die ersten Folgen der Martial Arts-Serie TENJO TENGE. Ihre bekannteste Anime-Rolle dürfte jedoch Ran-Mori aus DETEKTIV CONAN sein. Anicrush traf sie in einer Buchhandlung in Berlin, wo sie uns einen Einblick in den Entstehungsprozess einer Synchronisation gab.
Beginnen wir mit der Einstiegsfrage: Wie wird man eigentlich Synchronsprecher?
Wenn man das Glück hat, jemanden zu kennen, der einen mitnimmt, kann man da buchstäblich hineinwachsen. In meinem Fall war das so, meine Tante hat mich bei Hermes Synchron eingeführt. Üblich ist aber der Weg über eine Schauspielausbildung - die ich später auch gemacht habe.
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Sprechrolle?
Mit dem Synchronisieren habe ich 1986 begonnen. Das waren aber nur Stimmen im Hintergrund, "Ohs" und "Ahs" und Kinderlachen. Ich kann mich an meine ersten Worte erinnern, die ich sagen musste: "Beaty Boo!" In einem Horror-Film; aber wie der hieß, weiß ich leider nicht mehr. Die erste Serie war dann DIE NEUEN ABENTEUER VON BLACK BEAUTY, als ich 13 Jahre alt war.
Wie muss man sich die Atmosphäre in einem Tonstudio vorstellen?
Ein Tonstudio stellt man sich als zwei getrennte Räume vor. In dem einen sitzen der Regisseur und der Tonmeister und in dem anderen sind die Sprecher und der Cutter, der darauf achtet, dass Bild und Ton synchron sind. Man hat ein Dialogbuch vor sich liegen. Dann hört man sich den Originalton an, um die Haltung abnehmen zu können. Dann liest man sich den Text durch, und lernt ihn auswendig - in sehr kurzer Zeit! Man sollte nie ablesen, denn das hört man. Im Atelier kann man sowohl stehen, als auch sitzen. Beim Stehen hat man allerdings mehr Körperspannung. Die Haltung macht eine Menge beim Sprechen aus.
Wie viele Leute sind da anwesend?
Es kommt vor, dass man allein spricht. Wenn eine Gruppe in der Szene zusammen ist, zum Beispiel fünf Mädchen, dann nehmen wir das auch gerne zu fünft auf. Es ist immer schöner, wenn ein Partner etwas vorgibt, auf das man reagieren kann.
Sprechen Sie auch Realfilme?
Oh, mehrere. (überlegt) In FLUCH DER KARIBIK habe ich Keira Knightley gesprochen, aber leider nur da. Für ihre Rolle in KING ARTHUR stand ich nicht zur Verfügung, weil meine Tochter damals gerade eine Woche alt war ... und dann ist man draußen. Und gerade habe ich vier Filme mit einer Inderin gesprochen - Aishwarya Rai ist im Kommen, das ist ganz schön.
Gibt es einen Unterschied zwischen Realfilmen und Anime?
Man muss zwar das Gleiche an Gefühlen wiedergeben, aber es ist schon ein Unterschied. In einem Kinofilm muss jede Nuance und jeder Ton sitzen. Der Schauspieler hat mit seiner differenzierten Mimik etwas vorgegeben, das man auch genau so rüberbringen muss. Bei einer Zeichentrickserie hat man etwas mehr Spielraum zum Gestalten.
Der Flaschengeist in Disneys ALADDIN wurde von der deutschen Stimme von Robin Williams gesprochen. Wird man auch in Animes japanischen Seiyus fest zugeordnet und spricht dann eben alle Rollen, die diese in Japan gesprochen haben?
Nein, das nicht. Leider nicht. Meist gibt es ein Probesprechen, bei dem drei, fünf oder auch zehn Leute auf eine Rolle vorsprechen. Die Entscheidung trifft dann der Regisseur oder der deutsche Verleih. Es gibt auch Serien, bei denen man angefordert wird. Dann hat der Verleih eine andere Arbeit gesehen und befunden, dass man "da auch gut drauf passt".
Sie scheinen ja eher ruhige Rollen zu bevorzugen. Chiaki, Tsukiko Sagi und Ran Mori sind ja schon sehr ähnliche Figuren. Chiaki muss jedenfalls nicht ihre Ki-Kraft anrufen und etwaigen Gegnern Knochenbrüche androhen.
Ich habe durchaus andere Rollen gesprochen. Gerade Mimi bei DIGIMON hat viel geschrien, hat sich immer aufgeregt. Ich habe ohnehin den Eindruck, dass es im Anime öfter so hoch hergeht, dass man schreien muss, ja, seine Stimme sogar überfordern muss. Aber gerade bei den genannten Figuren durfte ich ruhiger sprechen - sanfter und auch ein bisschen tiefer und nicht immer auf "Power".
Ihre Rollen in TENJO TENGE und PARANOIA AGENT sind zwar ruhig, dennoch können die Serien selbst kaum unterschiedlicher sein. Bei welcher Serie hat die Arbeit mehr Spaß gemacht?
Bei TENJO TENGE. Die Tsukiko Sagi war ja sehr verängstigt und verschüchtert. Bei Chaiki konnte ich einfach ein paar Spielhaltungen mehr einnehmen.
Welche Serie mögen Sie selbst lieber?
Das kann ich noch gar nicht sagen, weil ich die Serien noch nicht komplett gesehen habe. Ich habe immer nur die Szenen gesehen, die ich gesprochen habe.
Man bekommt vorab also nicht die ganze Episode gezeigt, damit man weiß, in welchem Kontext das alles passiert?
Nein, nur bei großen Kinofilmen darf man manchmal den Film vorher sehen. Bei Serien weiß man nie, was einen erwartet.
Fällt es schwer, sich in die teilweise bizarren Charaktere der Anime hineinzudenken?
Ja, manchmal schon. (lacht) Es gibt komische Sachen, da denkt man manchmal: "Das ist absurd, das würdest du nie machen oder das würdest du nie sagen." Aber ich tue mich damit nicht schwer, da muss man vermitteln.
Stellte eine der Figuren diesbezüglich eine besondere Herausforderung dar? War es irgendwo schwerer, eine Persönlichkeit darzustellen?
Nein, eigentlich nicht... (überlegt) Außer bei Mimi von DIGIMON; die hat mich manchmal schon ein bisschen genervt. Ich will ja keine Fans verschrecken, aber es ist so.
Gibt es eine Lieblingsfigur?
Sehr gerne spreche ich Ran (Mori), und sonst... nein, eine besondere nicht, es gibt mehrere, bei denen man traurig ist, wenn es vorbei ist.
Gibt es ein Wunschprojekt? Oder anders: Wenn durch eine globale Katastrophe die Tonspuren aller Filme gelöscht würden un es nun daran ginge, eine Überarbeitung aller Streifen vorzunehmen - welche Rolle in welchem Film wäre Ihr Traum?
Das ist ja schwierig! (überlegt... lange) In einem Walt Disney-Klassiker die Cinderella oder Dornröschen oder Schneewittchen. Die mochte ich schon immer. Ich spreche gerne Sachen für Kinder.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Aktuell habe ich ein Hörspiel, von dem immer wieder Episoden kommen, ELEA ELUANDA. Dann habe ich mehrere Filme mit der Inderin. Im Oktober kommt noch mal TENJO TENGE. Und BRACEFACE, auch eine Zeichentrickserie (dt. Titel: ALLES KLAR, SHARON SPITZ?). Ach so, und DETEKTIV CONAN, der ist auch wieder geplant.
In Japan haben Seiyus einen gewissen Kultstatus. Vielen von ihnen fällt es leicht, eine zweite Karriere als Sängerin zu starten. Blickt man da mit einem wehmütigen Auge auf die japanischen Verhältnisse? Oder belächelt man das eher?
Nein, weder noch. Wenn die Leute es sich wünschen und sie die Möglichkeit dazu haben, ist das doch schön. Wenn man mit sich und seinem Leben zufrieden ist, dann freut man sich für die Leute. Das ist völlig ok.
Um die Brücke zur ersten Frage zu schlagen: Gibt es einen Rat für Leute, die diesen Beruf anstreben? "Lasst es sein, ihr werdet nicht reich?"
Wenn man so da ran geht, wenn man nur die finanzielle Seite sieht, sollte man es eh sein lassen. Man sollte auf jeden Fall Spaß daran haben, sich in andere Rollen hinein zu leben, und aufgeschlossen sein. Und man sollte es nicht unterschätzen.
In welchem Zusammenhang?
Arbeit. Es ist Arbeit
Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Gruß,
Jan
--------------------
"28 Tage, 6 Stunden, 42 Minuten, 12 Sekunden. Dann ist das Ende der Welt gekommen." (Donnie Darko)
"Und was wäre, wenn Du in die Vergangenheit reisen und alle schmerzhaften und dunklen Stunden durch etwas Besseres ersetzen könntest?" (Donnie Darko)
"Ich hoffe, dass ich, wenn die Welt untergeht, erleichtert aufatmen kann, weil es dann so viel gibt, auf das ich mich freuen kann." (Donnie Darko)