Warum um Himmels willen werden in Synchronfassungen bestimmte Äußerungen der sonst voll synchronisierten Ausgangssprache untertitelt, wenn keine bearbeitungstechnischen Gründe vorliegen (wie etwa bei manchen Integralfassungen)?
In THE AMERICANS ist mir gerade aufgefallen, dass man hier einer höchst sonderbaren Logik folgt: TV-Nachrichten werden untertitelt, sofern sich darin historische Personen äußern (offensichtlich Archivaufnahmen); Serienfiguren hingegen, die in (fingierten) Nachrichten-Sendungen auftreten, werden synchronisiert. Aber das ist noch nicht alles: nicht alle historischen Aufnahmen werden untertitelt - dann nämlich nicht, wenn sie aus Radio-Sendungen stammen.
Bei Bernardo Bertoluccis LA LUNA gibt es viele Szenen in italienischer Sprache ohne Untertitel. Diese Szenen wurden für die DVD erstmals untertitelt, so dass häufig davon ausgegangen wird, der Film sei nun erstmals ungekürzt in Deutschland zu sehen und die untertitelten Szenen seien neu eingefügt worden.
Dem ist nicht so, der Film lief immer ungekürzt, nur waren die betreffenden Szenen nicht untertitelt, was auch nicht nötig ist.
"Der Fremde und der Samurai" spielt praktisch komplett in Japan - und auf "Shogun" vorausweisend wurden die japanischen Dialoge weder synchronisiert noch untertitelt, so dass der Zuschauer genau so im Regen steht wie der amerikanische Held.
Mehrere TV-Einsprengsel in "Lethal Weapon 1" blieben im englischen Original stehen, andere wiederum wurden synchronisiert.
Und schließlich das sowjetische Epos "Befreiung" - im 1. Teil wurden alle Dialoge synchronisiert, was zu logischen Löchern führte, da manche Sätze doppelt gesagt wurden (wo im Original aus dem Deutschen ins Russische übersetzt wurde). Deshalb blieben im 5. Teil mehrere Passagen im O-Ton stehen, so entsteht zwar ein gewisser Illusionsbruch, dafür aber kann man viele Szenen nun weitaus logischer nachvollziehen.
Und nicht zuletzt: "Michel aus Lönneberga" - in den Filmfassungen wurde alles synchronisiert (weshalb "Krösa Maja" eine falsche Stimme hat) - in der älteren TV-Serie jedoch wurden sämtliche Dialoge der deutschen Darsteller dem O-Ton entnommen. Da anzunehmen ist, dass sie in der schwedischen Fassung nachsynchronisiert wurden, muss man davon ausgehen, dass die O-Ton-Aufzeichnungen vom Dreh extra für die Synchronisation aufgehoben und geliefert wurden.
In "Contact" mit Jodie Foster wurde Bill Clinton bei einem Ausschnitt aus einer TV-Ansprache im O-Ton belassen, die englischsprachigen (!) Dialoge wurden sonst aber synchronisiert. Das fand ich schon recht irritierend und inkonsequent, künstlerische Gründe können dafür nicht ausschlaggebend gewesen sein.
Django Unchained (2012) Die Szene mit Dr. Schultz und "Brunhilde" im Zimmer mit Django im Nebenzimmer in Candies Villa ist auch im Original auf deutsch gesprochen worden, damit niemand weiß worüber die beiden reden. In der deutschen Synchro wurde nur Christoph Waltz' Part nicht synchronisiert, weil CW sich selbst synchronisierte (oder etwa doch?), aber Broomhilda wurde im dt. von der Synchronsprecherin gedubbt. Man kann an den Mundbewegungen erkennen, dass sie auch im Original deutsch sprach. Im Original wurde an diesen Stellen Untertitel eingeblendet (Überforderung der Amerikaner Hirnzellen XD).
In "Inglorious Basterds" blieben die bereits im Original auf Deutsch gedrehten Szenen überwiegend im O-Ton erhalten, abgesehen von einigen Sätzen in der Bar-Szene (die neu aufgenommen wurden, um die Mehrsprachigkeit zu kaschieren). Komplett unsynchronisiert blieb die dritte Episode des Films, da diese nur französische und deutsche, aber keine englischen Dialoge enthält.
S.T.O.F.F.E.L.
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13.06.2014 11:01
#24 RE: Filme, die teilweise im Original gelassen wurden
In DAS HOCHZEITSBANKETT von Ang Lee (sollte man mal gesehen haben) wird immer wieder taiwanesisch gesprochen, was ja auch Sinn macht und wichtig ist wegen der Sprachdifferenzen. Die entsprechenden Passagen sind alle untertitelt. Teils sprechen einige Personen abwechselnd chinesisch und englisch, das hat man auch in der deutschen Fassung so belassen und nicht drübersynchronisiert. Bei Arthaus-Filmen nimmt man das aber doch ernster und genauer.
Weiss nicht, ob das so ganz hier her gehört, weil der Film generell nur O.m.U. zu sehen ist: THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW.
Führe ich nur deshalb an, weil mir da was auffiel. Im Fernsehen kommt scheins seit Jahr und Tag die untertitelte Kinofassung oder zumindest eine, die für's Television hergestellt wurde. Auf der Dvd hat Fox eigene, ausblendbare UT gemacht - und die sind grottenschlecht über weite Strecken. Die alte Untertitelung war inhaltlich perfekt und erstaunlich flüssig, die neue auf DVD ist holprig, ohne Rythmus und Gespür.
Die deutsche Bearbeitung des flämischen TV-Mehrteilers MATRIOSHKI ist synchrontechnisch ein Kuriosum, wenn nicht gar synchronhistorisch ein Novum.
Entsprechend der Vorlage werden die Gespräche der russisch sprechenden Figuren untereinander (allen voran der künftigen Sex-Sklavinnen) so belassen und deutsch untertitelt, die Dialoge der Belgier untereinander (Schlepperbande, Behörden, Reporter) werden deutsch synchronisiert, aber in den mengenmäßig nicht gerade seltenen Passagen, wo Belgier mit Ukrainern kommunizieren, sprechen die Synchronsprecher überwiegend Englisch, was dann deutsch untertitelt wird.
Eine amüsante Gelegenheit, Bernd Vollbrecht, Erich Räuker, Uwe Büschken & Co. Englisch radebrechen zu hören, was aber nicht weiter störend ist, da ihre Figuren ja auch keine natives sein sollen.
Zitat von S.T.O.F.F.E.L. im Beitrag #24Weiss nicht, ob das so ganz hier her gehört, weil der Film generell nur O.m.U. zu sehen ist: THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW.
Vom hervorragenden Film WELCOME von Philippe Lioret gibt es 2 Fassungen:
- die Kinofassung (französische Dialoge sind deutsch synchronisiert, kurdische und englische Dialoge sind OmU), - eine komplett deutsche Synchronisation für's TV.
Die DVD enthält zusätzlich auch die mehrsprachige Originalfassung (franz./kurdisch/engl.) mit dt.Untertiteln, die stimmungsmäßig nochmal eine Steigerung darstellt.
Gruß, kogenta
fortinbras
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31.08.2014 12:05
#28 RE: Filme, die teilweise im Original gelassen wurden
Terence Fishers schöner Kostüm-Schauerfilm enthält auch in der englischen Originalfassung viele Passagen in französischer Sprache. Diese wurden niemals untertitelt und auch in der Synchronfassung niemals übersetzt. Das erhöht den Reiz des Geschehens um Einiges, da Jean Simmons in ihrer Rolle nahezu kein Französisch spricht und sich ihr seelisch angenackster Zustand durch die eingeschränkte Kommunikation sehr verschlimmert.
"Latein im Film":
mir ist aufgefallen, daß bei vielen Filmen, allerdings wohl kaum aus künstlerischen Gründen, sondern um Takes einzusparen, Latein gesprochene Passagen im O-Ton bleiben. Zumeist handelt es sich hier um Priester.
Amüsant ist das etwa in englischsprachigen Filmen, wo die lateinische Sprache mit sehr eigenwilligen, bei uns nicht angewandten Betonungen und ein wenig Abweichung in der Aussprache gesprochen wird.
Manchesmal, wie im Hammer-Klassiker "Der Kuss des Vampirs" ist das amüsant, weil die Aussprache des Pfarrers nicht so ganz in die deutsche Klangwelt passt. Immerhin, er hat nur Latein zu sprechen. Ärgerlicher ist das schon bei "Draculas Rückkehr", wo der feige Priester mit der Stimme von Peter Schiff zu hören ist, aber - zu Mut gekommen - spricht er im Finale ein englisch eingefärbtes Latein, das einen ziemlichen Bruch macht.
Auch in "Satanas" ist am Ende so ein Fall: der rote Tod wird von Eduard Wandrey gesprochen. Auch am Ende, nur beließ man den letzten Satz, in Latein gesprochen, im O-Ton. Was ein ziemlicher Bruch zu Wandreys Stimme ist und zudem ein sehr amerikanisches Latein. Wollte man da einen Take sparen?
Umgekehrt: im düster-archaischen Mystery-Epos "Die schwarze 13" spricht Werner Peters auch die lateinischen Passagen für Donald Pleasence.
Seltsam, aber mir fallen momentan nur Beispiele aus dem phantastischen Film ein.
Die Hochzeitszeremonie in "Cabaret" wurde im O-Ton belassen - das war problemlos möglich, da Fritz Wepper ja in beiden Fassungen zu hören war. In der DEFA-Version musste diese Szene natürlich synchronisiert werden. Apropos: In BEIDEN Synchros blieben Passagen von Joel Grey ebenfalls im Original, in der DEFA-Fassung allerdings weitaus weniger.
John Connor, leider kann ich erst heute auf deinen letzten Beitrag reagieren kann (Vergesslichkeit, Aufschieberitis).
Ist nicht "Babel" mit Brad Pitt ein ganz ähnlicher Fall? Insofern habe ich meine Zweifel, dass der von dir genannte Film synchrontechnisch ein Novum ist. Dein von dir genanntes Beispiel zeigt wahrscheinlich Möglichkeiten auf, mit Mehrsprachigkeit in Filmen umzugehen. Allerdings wird ein vorwiegend untertitelter Film wohl kaum von den meisten akzeptiert. Wie ist es eigentlich dir mit "Matrioshki" ergangen? Schade, dass ich bisher nichts darüber, resp. den Film im Netz finden konnte.