Sehr interessieren würde mich die DEFA-Synchro der "Filzlaus" ("Die Klette"). Eigentlich zählt die Brandt-Synchro eher zu dessen "gemäßigten" Arbeiten im Komödienbereich, aber ausgerechnet Lino Ventura hat es übel erwischt: Im Original spielt er einen kaltblütigen, abgebrühten Berufskiller, der im Verlauf des Films zum hysterischen, cholerischen Nervenbündel wird. In der deutschen Fassung bekommt man von seiner anfänglichen Gefasstheit wenig mit, da Brandt ihm ständig flappsige und teilweise zotige Sprüche in den Mund legte. Obwohl Marquis grundsätzlich zu Ventura passte, kann ich mir Walter Niklaus hier hervorragend vorstellen, da dieser ja sehr souverän und überlegt klingen konnte; und ihn mal hysterisch zu erleben, wäre sicher auch ganz interessant. Schade, dass diese Fassung nicht mehr greifbar zu sein scheint!
fortinbras
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07.08.2014 14:19
#47 RE: Verschollene Synchros, denen ihr nachtrauert
Das ist jetzt hart ausgedrückt und vielleicht nicht ganz der Wahrheit entsprechend:
ich glaube, daß noch deutlich mehr Ost-Synchronisationen vorhanden sind, als abgekommene Westsynchronisationen. Ich bin mir sicher, daß die Ost-Fassungen noch in Unmengen irgendwo gelagert sind, vor allem auf den Bändern für's DDR-Fernsehen.
Aber wenn es sich nicht um irgendwie kultige Ost-Synchros handelt, die auch im Westen vor dem Mauerfall von Belang waren (Märchenfilme, "Das Krankenhaus am Rande der Stadt" - Staffel 1, "Die Olsen-Bande" oder "Sherlock Holmes" mit Rathbone und Brett), wird man die wohl kaum mehr zu hören bekommen. Es wird leider auch bei Dvd-Veröffentlichen nur sehr selten Wert darauf gelegt, auch die Ost-Fassung zu bringen.
Die DDR gibt's nicht mehr und Abseits des massentauglichen Trabi-Theaters und Stasi-Geschichten wurde das auch sehr breit ausgelöscht. Das ist jetzt der Westen und deshalb gibt's auch (fast) nur mehr Westsynchronisationen. So sehe ich das eben, vielleicht etwas stark simplifiziert.
Man griff nach der Wende anscheinend sehr gerne auf Ost-Sprecher zurück (zum Unmut vieler "Westler"), aber deren früheren Arbeiten zählten kaum noch etwas. Es gab wohl ohnehin den Pauschalverdacht, daß alles synchronisierte aus der DDR politische Propaganda enthält.
Ganz so "hart" würde ich's nicht sehen. Es gibt ja z.B. immer noch Sender wie ARD und deren Ableger, die wenn zwei Synchros existieren dann tatsächlich zu den Ostsynchros zurückgreifen. Und es gibt gewisse Label wie Pidax, die z.B. Ende des Jahres die englische Abenteuerserie "Das Juwel der Krone" veröffentlichen.
So oft griff man nach der Wende übrigens nicht auf Ost-Sprecher zurück. Außer natürlich die, die sich eh schnell etablieren konnten (F.O. Schenk, Bodo Wolf, Michael Pan, Hans Teuscher, Ernst Meincke, Michael Telloke usw). Und zweiter Ausnahmefall: Sobald ein ehemaliger Ostregisseur wieder Regie führte, dann besetzte er/sie überwiegend Sprecher aus "seiner Region". Oder die Synchro von ehemaligen DDR-Studios bearbeitet wurde - JohannisthalSynchron und TV+Synchron (zumindest in deren Anfangszeit). Auch Rainer Brandt schien (komischerweise) ein Faible für Ostsprecher zu haben. Was der so alles z.B. bei "MASH", "Ein Käfig voller Helden" oder kleineren Serien wie "Highwayman" besetzte...
Es liegt wohl dazwischen - gerade bei Filmen, die sogar vom ZDF nach der Wende mit Ostsynchro ausgestrahlt wurden ("4 Asse hauen auf die Pauke"), greift der MDR wiederum auf die Westsynchro zurück, absurderweise. Und tatsächlich wurden viele ostdeutsche Sprecher nach der Wende fast inflationär eingesetzt, aber in größtenteils unbedeutenden Rollen. Dass eine ganze Welle von Ostsprechern, die kurz vor der Wende nach "drüben" gingen (das vereint Sprecher wie die Schenks, Pan, Teuscher u.a.), sich schnell etablieren konnten, dürfte leider Gottes nicht so sehr an ihrem unbestreitbaren Können gelegen haben, sondern daran, dass sie preiswert waren - im Grunde waren sie ja für die Weststudios Neulinge. Ich fürchte, dass daher auch der Großeinsatz bei Brandt resultiert: Top-Arbeit für Spottpreise.
Gruß Stefan
S.T.O.F.F.E.L.
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24.08.2014 22:14
#50 RE: Verschollene Synchros, denen ihr nachtrauert
Wieviele deutsche Episoden existieren eigentlich noch von PAUL TEMPLE?
Ich hab zwei Episoden in der Originalfassung gesehen und das war ausgesprochen nette Unterhaltung.
G. G. Hoffmann kann ich mir für Francis Matthews schwer vorstellen. In BLUT FÜR DRACULA und zwei MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE-Folgen fand ich Jürgen Thormann so absolut perfekt passend, dass ich beim Lesen dreier Durbridge-Krimis den Mr. Temple mit Thormann-Stimme hörte.
Ich habe die Acorn-Box ("Complete Collection") mit 16 Folgen vorliegen, und beim Anschauen hatte ich bei Matthews' Gesicht auch die ganze Zeit Thormann im Kopf, ohne dabei die MSCuM-Folgen oder den Dracula-Film auf dem Schirm zu haben.
Von der Serie gab es insgesamt 52 Folgen. Die erste Staffel (13 Folgen) war eine reine BBC-Produktion, und leider sind davon alle Folgen gelöscht worden. Auf der englischen DVD-Box sind 11 Folgen der späteren Staffeln in Farbe enthalten, das sind die einzigen, die die BBC nicht gelöscht hat. 5 weitere wurden in Australien wiedergefunden und auch auf DVD herausgebracht, allerdings nur in SW.
ABER: ab Staffel 2 stieg das ZDF in die Produktion mit ein, und diese 39 Folgen sind alle noch im ZDF-Archiv erhalten. 19 davon kann man sogar beim Mitschnittservice für Teuer Geld bestellen (bitte keine Anfragen per PM, ich habe keine!). Allerdings sollen deutsche und englische Fassung manchmal voneinander abweichen, wie auch bei internationalen Kinofilmen. Gerüchten zufolge sollen dort auch noch die englischen Folgen liegen, aber das weiß wohl niemand so genau. Für nähere Infos lohnt auch dieser Thread im Wallace-Forum:
Wenn die Angaben im Deutschen Rundfunk Archiv stimmen, waren bei der Serie Ivanhoe zu hören: Roger Moore/Niels Clausnitzer Robert Brown/Herbert Weicker Andrew Keir/Christian Marschall Martin Wyldeck/Harald Wolff
Wie gerne hätte ich die Kinosynchro von "Sie verkaufen den Tod". Die ZDF-Synchro ist ja gar nicht so schlecht aber Nordhausen für Buddy geht gar nicht.
Zitat von Frankie DO im Beitrag #53Wie gerne hätte ich die Kinosynchro von "Sie verkaufen den Tod". Die ZDF-Synchro ist ja gar nicht so schlecht aber Nordhausen für Buddy geht gar nicht.
Wie wahr, wie wahr. Ich hab neulich mal einen direkten Vergleich zwischen den zwei bzw. drei Fassungen gehört: http://www.youtube.com/watch?v=b6FMV9oAJvo Obwohl der Film jetzt bestimmt nicht das Gelbe vom Ei ist, ist es gerade bei dem Film bedauerlich, dass die Urfassung verschollen ist und nur eine Super-8-Kurzfassung existiert. Engelbert von Nordhausen klingt viel zu dünn und zu hoch, obwohl er sich bemüht, möglichst tief zu klingen. In der Comedy-Fassung hat Bud Spencer zwar Wolfgang Hess, aber die Synchro ist leider, wie so oft, gespickt mit dummen Sprüchen, inkl. "Klaus-Emil", dem Bandwurm. Das Blöde ist, dass Spencers Stimme in der US-Fassung auch nicht gerade berauschend klingt. Somit gibt es also keine wirklich vernünftige Fassung von dem Film. Zu dumm, dass 3L (bzw. e-m-s) noch nicht mal die Rechte für den O-Ton zu haben scheint. Das war ja fast allen Spencer/Hill-Veröffentlichungen genauso.
Zitat von Frankie DO im Beitrag #53Wie gerne hätte ich die Kinosynchro von "Sie verkaufen den Tod". Die ZDF-Synchro ist ja gar nicht so schlecht aber Nordhausen für Buddy geht gar nicht.
Wie wahr, wie wahr. Ich hab neulich mal einen direkten Vergleich zwischen den zwei bzw. drei Fassungen gehört: http://www.youtube.com/watch?v=b6FMV9oAJvo Obwohl der Film jetzt bestimmt nicht das Gelbe vom Ei ist, ist es gerade bei dem Film bedauerlich, dass die Urfassung verschollen ist und nur eine Super-8-Kurzfassung existiert. Engelbert von Nordhausen klingt viel zu dünn und zu hoch, obwohl er sich bemüht, möglichst tief zu klingen. In der Comedy-Fassung hat Bud Spencer zwar Wolfgang Hess, aber die Synchro ist leider, wie so oft, gespickt mit dummen Sprüchen, inkl. "Klaus-Emil", dem Bandwurm. Das Blöde ist, dass Spencers Stimme in der US-Fassung auch nicht gerade berauschend klingt. Somit gibt es also keine wirklich vernünftige Fassung von dem Film. Zu dumm, dass 3L (bzw. e-m-s) noch nicht mal die Rechte für den O-Ton zu haben scheint. Das war ja fast allen Spencer/Hill-Veröffentlichungen genauso.
Da stimme ich mit dir 100 Prozent überein. Ich bedaure es ebenfalls sehr, dass es die Kinosynchro nicht mehr vollständig gibt. Der Kinofassung von "Vier für eine Ave Maria" und "Hügel der blutigen Stiefel" trauere ich ebenfalls sehr nach. Die Kinosynchronisationen sind einfach die stimmigsten, die passendsten und alles andere gilt bei mir als Verfälschung des Filmes. Obwohl, die Comedysynchros von "Ave Maria" und "4 Fäuste für ein Halleluja" sind gar nicht mal so schlecht. Die Comedyfassung "Der Dicke in Mexico" hasse ich dagegen abgöttisch.
Anmerkung: Die Zweitfassung von "Vier für ein Ave Maria" ist AUCH eine Kinosynchro und die DEFA-Fassung von "Hügel der Stiefel" ist alles andere als eine Verfälschung, im Gegenteil - sie ist (nach der S8-Fassung zu urteilen) mindestens so nah am Original wie die Aventin-Version und schafft trotzdem den Spagat zum gewohnt-lockeren Ton der späteren Spencer-Hill-Filme.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #56Anmerkung: Die Zweitfassung von "Vier für ein Ave Maria" ist AUCH eine Kinosynchro und die DEFA-Fassung von "Hügel der Stiefel" ist alles andere als eine Verfälschung, im Gegenteil - sie ist (nach der S8-Fassung zu urteilen) mindestens so nah am Original wie die Aventin-Version und schafft trotzdem den Spagat zum gewohnt-lockeren Ton der späteren Spencer-Hill-Filme.
Gruß Stefan
Ich bitte um Entschuldigung! Ich nehme das nicht so genau damit. Allerdings werde ich mit der DEFA Fassung einfach nicht warm. Sorry, aber irgendwie nicht mein Geschmack, was dort die Stimmen und die Dialoge angeht.
Zitat von Doktor der Synchro im Beitrag #55Die Comedyfassung "Der Dicke in Mexico" hasse ich dagegen abgöttisch.
Absolute Zustimmung. Die Synchro ist ja auch von 1980, wo ja auch einige Neusynchro, wie z.B. vom angesprochenen Film "Der Dicke und das Warzenschwein" (aka "Sie verkaufen den Tod"), "Vier Fäuste für ein Halleluja" (die besch...eidene Neusynchro, die ja leider Kultstatus erlangt hat) und "Joe, der Galgenvogel" entstanden. Im Gegensatz zu "Sie verkaufen den Tod" ist "Halleluja... Amigo", also die Urfassung mit Wolfgang Hess, aber noch auf VHS erhältlich: http://www.ofdb.de/film/5108,Halleluja-Amigo
Die Filme 'Sie verkaufen den Tod' und mehr noch 'Vier für ein Ave Maria' sowie 'Hügel der blutigen Stiefel' waren seinerzeit große Kassenerfolge, die bis Mitte der 70er Jahre in den Erst-Fassungen immer wieder eingesetzt wurden. Es gab Dutzende (wenn nicht hunderte) von Kino-Kopien; dass die allesamt nicht mehr existieren, ist höchst unwahrscheinlich. Was galt nicht alles schon als verschollen! Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tauchen die alten Synchros früher oder später wieder auf...