Zitat von Flammentanz im Beitrag #12@ Stoffel: "Die zwölf Geschworenen" wurde 1997 neu verfilmt und zwar fürs amerikanische Fernsehen. Aber trotz hochkarätiger Darsteller wie Jack Lemmon, George C. Scott und Armin Mueller-Stahl kommt diese Fassung nicht an das Original heran.
Solche Remakes sind übrigens in anderer Hinsicht auch ein interessantes Studienobjekt darüber, wie sich die Synchronisationspraxis im Laufe der Jahrzehnte entwickelt hat: Im Original kann es durchaus vorkommen, dass die Dialoge von Szenen 1:1 identisch sind. Man kann so ganz gut vergleichen, wie bestimmte Formulierungen in verschiedenen Jahrzehnten jeweils übersetzt wurden. Bei den "Geschworenen" bekennt Nr. 3 etwa in beiden Versionen im Original, er hätte seinen Vater früher mit "Sir" anreden müssen, was von jungen Menschen "heutzutage" nicht mehr verlangt würde. Beim Remake übersetzte man dies "wörtlich", 1957 (und in der einige Jahre später entstandenen Bühnenfassung) hieß es dagegen, er hätte seinen Vater "siezen" müssen, was den Sinn durchaus auch trifft. Als Nr. 10 sich mit einer Bemerkung über das fehlerhafte Englisch des Angeklagten mokiert, macht ihn der neben ihm sitzende (aus einen ncht-englischsprachigen Land stammende!) Nr. 11 darauf hin, dass er soeben selbst einen Grammatikfehler gemacht habe ("Don´t even speak good Englisch!" statt "Doesn´t"). 1957 bemühte man sich um ein Äquivalent, vierzig Jahre später "kapitulierte" man: Verpasste Pointen Synchronisation früher besser und heute schlechter? (2) Als Nr. 8 den Lärm eines Zuges beschreibt, ließ Peter Elsholtz (Buch und Regie bei der Synchro von 1957) ihn sagen, man könne "sein eigens Wort nicht verstehen". Der (unbekannte) Regisseur beim Remake übersetzte dagegen wortwörtlich (und "synchronesisch"), man könne "seine eigenen Gedanken nicht mehr verstehen".
Klaus, da muss ich Dich leider auf Platz 2 verdrängen.
Als 1969 erstmals die Serie 'High Chaparral' im Abendprogramm lief, durfte ich die als kleiner Knirps normalerweise nicht sehen. Raffiniert wie Kinder sind, sorgte ich aber dafür, dass alle Türen offen standen, so dass ich die Folgen wenigstens hören konnte. Und da fiel mir auf, dass Big John Cannon dieselbe Stimme hatte wie Marshall Matt Dillon bei 'Rauchende Colts'. Neben Arnold Marquis prägten sich mir damals auch die Stimmen von Heinz Petruo und Christian Brückner ein, die in 'High Chaparral' ebenfalls Hauptrollen sprachen.
So kommt es, dass bis heute Heinz Petruo für mich Buck Cannon ist (positive Rolle und bis heute eine seiner besten Leistungen) und nicht Darth Vader (Schurkenrolle), und Christian Brückner der Billy Blue statt Robert De Niro. Dass die beiden und Arnold Marquis nostalgisch bedingt zu meinen absoluten Favoriten zählen, erklärt sich so ebenfalls.
Die Stimmen von Tommi Piper als Little Joe, Friedrich Schütter als Ben Cartwright, Gerd Duwner als Festus und Konrad Wagner als Doc Adams sind mir auch schon seit damals ein Begriff. Niels Clausnitzer als John McLean, Michael Cramer als Shenendoah, Bum Krüger als Opa Hanks, Gig Malzacher als Astronaut Tony Nelson, Horst Sachtleben als Roger, Thomas Reiner als Dr. Bellows; das sind schon etliche Stimmen, die ich Ende der 60er Jahre als Kind schon kannte, auch wenn ich die Namen der Sprecher damals noch nicht wusste.
Zum Thema dieses Threats: Ich stimme den Befürwortern älterer Synchros und Filme voll und ganz zu und kann neueren Produktionen in der Regel nichts abgewinnen. Heute wirkt alles komplett nivelliert: die Darsteller, die Sprecher, die Drehbücher, die aufdringliche Optik etc. Ein Film ist wie der andere, ein Darsteller sieht aus wie der andere, ein Sprecher klingt wie der andere, und alles zusammen ist eine einzige Zumutung.
Zitat von kogenta im Beitrag #19die aufdringliche Optik
Das ist neben den austauschbaren Figuren/Schauspielern einer der Hauptgründe, warum ich kaum neue Sachen ansehe. Jene, die mir gefallen, ahben eine eher traditionelle Bild- und Schnittgestaltung. Das dauernde hell/dunkel-blenden in Spannungsszenen, die hysterischen Schnitte, die dauernd wie unter Zwang in Bewegung gehaltene Kamera, die selbst in getragenen Szenen kaum die notwendige Ruhe vermittelt, das macht mich nervös. Mir war schon die klassische MTV-Ästhetik zuviel, die wirkt teilweise aber fast schon dezent im Vergleich zum Durchschnittsblockbuster. Von der optischen Gestaltung krieg ich Kopfweh, meine Augen sind die unnatürlichen und schnellen Bewegungen nicht gewohnt. Erinnert mich alles an Videospiele, die haben dieselbe furchtbare "Ästhetik".
Zitat von kogenta im Beitrag #19die aufdringliche Optik
Das ist neben den austauschbaren Figuren/Schauspielern einer der Hauptgründe, warum ich kaum neue Sachen ansehe. Jene, die mir gefallen, haben eine eher traditionelle Bild- und Schnittgestaltung.
Neben anderen Sachen, die du genannt hast, finde ich den Musikanteil in heutigen Filmen und Serien zumeist viel zu hoch. Eine Ausnahme bildet "24", wo zwar ununterbrochen Musik läuft, was in diesem Fall aber aus dramaturgischen Gründen (Jack Bauer arbeitet gegen die Zeit) einzusehen ist, aber nicht stört (im Gegenteil). Aber ansonsten nervt es mich oft einfach, wenn sowohl in Serien und Filmen irgendwelche Musik eingespielt wird, die vorzugeben scheint, wie man sich jetzt zu fühlen hat. Früher wurde zumeist nur Musik eingespielt, wenn es dramaturgisch Sinn gemacht hat, aber heute regt es mich besonders beim "Tatort"-Schauen auf, wenn in Szenen Musik eingespielt wird, die auch ohne funktionieren würden.
Opa erzählt vom Krieg. Die Argumente erscheinen mir sehr stark pauschalisierend und romantisierend. Es gab und gibt damals wie heute großartige Filme, tolle Schauspieler und gelungene Synchronisationen. Ebenso gab es zu alten Zeiten Schrott. Die Wahrscheinlichkeit, heute mit Schrott konfrontiert zu werden, ist nur sehr viel höher, weil einfach sehr viel mehr Filme und Serien produziert werden als früher.
Wie zu allen Zeiten werden langfristig nur die besseren Produktionen überleben und den Leuten in Erinnerung bleiben. Schlechte Filme/Serien+Synchros werden in den Keller verbannt oder von Billiglizenznehmen wie ANIXE versendet.
P.S.: Nur weil es mir gerade einfällt, eigentlich aber in einen anderen Thread gehört. Mir geht es auf den Keks, daß Kinder in heutigen deutschen Synchros immer "Mum" und "Dad" zu ihren Eltern sagen, selbst wenn der Film nicht im englischen Sprachraum oder in der Tierwelt, etc., spielt. Weshalb werden beispielsweise die Mammuts in "Ice Age 4" von ihrer Tochter stets mit "Mum" und "Dad" angesprochen? Waren das us-amerikanische Mammuts? Was ist gegen "Mama" und "Papa" einzuwenden, wenn man den Rest des Filmes eindeutscht?
Zitat von Taccomania im Beitrag #23Nur weil es mir gerade einfällt, eigentlich aber in einen anderen Thread gehört. Mir geht es auf den Keks, daß Kinder in heutigen deutschen Synchros immer "Mum" und "Dad" zu ihren Eltern sagen, selbst wenn der Film nicht im englischen Sprachraum oder in der Tierwelt, etc., spielt. Weshalb werden beispielsweise die Mammuts in "Ice Age 4" von ihrer Tochter stets mit "Mum" und "Dad" angesprochen? Waren das us-amerikanische Mammuts?
Diese Sache wurde vor einigen Jahren auch bei der Synchro von "Kung Fu Panda" kritisch diskutiert, da es gerade dort wegen des Handlungsortes China vollkommen unsinnig erscheint.
Jaja, Opa erzählt vom Krieg. Da gab es noch Kameradschaft! Die Welt war noch in Ordnung und Stalingrad, ja - da konnte man zeigen, was in einem steckt. Als alle vor Madagaskar lagen und die Pest an Bord hatten, da sangen sie ein schönes Volkslied und schon war die Pest wieder weg. Alle waren Helden und der Krieg wurde an sich ja auch gewonnen.
Hmmm....mein Opa erzählte mir immer, daß der Krieg furchtbar war und er sich dauernd in die Hosen machte.
Wenn der Opa REALISTISCH vom Krieg erzählt, dann wird es wohl stimmen, was er sagt...
@ John Connor:
Liegt bei deiner Rheumadecke eine Bedienungsanleitung nicht nur in japanischer und indischer Sprache bei? So wie ich dich kenne, hat die Decke nämlich die Q-Abteilung zur Budgetaufbesserung auf den Markt gebracht. Also ist Vorsicht geboten!
@Taccomania : ("Die Wahrscheinlichkeit, heute mit Schrott konfrontiert zu werden, ist nur sehr viel höher, weil einfach sehr viel mehr Filme und Serien produziert werden als früher.")
Seh' ich anders. Vieles, was früher schon zweite Wahl war, wird nur nicht mehr ausgestrahlt. Somit bleiben nur die Perlen übrig, die damals wie heute über den Daumen auch eine entsprechend gute Synchronfassung erfahren haben. In 40 Jahren werden auch nur noch die Highlights dieser Zeit verfügbar sein und der von Dir betitelte "Schrott" vergessen. Ganz allgemein gemeint, ich rede jetzt nicht von Kult-Ausgräber-Nerds wie unsereins ^^
Man kann zu allem wieder eine andere Sichtweise haben...die zweite Wahl der Vergangenheit war für manche subjektiv die erste Wahl. Und vieles dieser zweiten Wahl wird zwar nicht mehr im Fernsehen ausgestrahlt (wie übrigens auch vieles der ersten Wahl - ganze Mengen großartiger filme und Klassiker sind nicht mehr zu sehen), ist aber auf Dvd erhältlich. Das hat teils auch mit persönlichem Geschmack zu tun und läßt sich schwer pauschalisieren. Meinem Empfinden nach sollte man endlich mal die ganzen Karl May-Filme endgültig verschrotten.
Allerdings sehe ich schon einen Unterschied in der Synchronqualität und das hat sicher auch mit dem Übermaß an Produktionen zu tun, was Taccomania vollkommen richtig ins Spiel bringt. Hunderte Fernsehsender, die rund um die Uhr senden wollen, Dvd-Markt mit Neuerscheinungen, Kino - es muß zwangsläufig mehr produziert werden. Schlechte Synchronisationen waren auch früher bei B- oder C- Produktionen durchaus möglich, so ist es nicht. Während der 70er-Jahre bei dem ganzen Erotik-Grusel-Billigmarkt war's teils eklatant. Dennoch waren diese schlechten Arbeiten nicht Standard. Selbst ein dämlicher Film wie "Dracula jagt Frankenstein" hatte eine Synchronisation, die sich sehen lassen konntze mit erstklassigen Sprechern. Fernsehserien-Ripoffs wie "Der Panther von Soho" wurden im Auftrag eines kleinen Verleihes billig synchronisiert, aber mit namhaften Sprechern, weswegen eine gewisse Qualität erhalten blieb. Den ersten wirklichen WQualitäts-Einbruch gab es bei der Überschwemmung des neuen Videomarktes.
Zitat von fortinbras im Beitrag #27Meinem Empfinden nach sollte man endlich mal die ganzen Karl May-Filme endgültig verschrotten.
NO! NO! NO! Zumal wir hier auch ein exzellentes Beispiel für die hervorragende schauspielerische Qualität vieler klassischer Synchronisationen haben - wo sonst (außer vielleicht bei James Bond & Avengers) bekommt man ein solches Arsenal an kultigen berliner Synchronstimmen zu hören.
Ich habe wohl allgemein mehr ein Faible für altes, ob jetzt Film (in diesem Zusammenhang auch das Bild (selbst die Farbe gefiel mir in Technicolor? besser, war schriller, wenn auch greller!), Zeitgeist, Musik, Mode, Ausstattung!
Ich denke, dass auch der alte Kinoton bzw. Klang neben dem Bild viel an der Faszination ausmacht. Das verändert gleich die Atmosphäre, ist packender, macht die Stimmen unheimlicher, vielleicht lauter, reißerischer, sie haben mehr Schall- vor allen Dingen bei Krimis oder Horrorfilmen hat doch so was mehr Wirkung! Über das habe ich bislang beim Schauen noch gar nicht so sehr nachgedacht, aber wenn ich´s jetzt doch mal im Vergleich überlege, klingen diese Streifen wohl wirklich besser so und eben einfach wirkungsvoller als mit dem heutigen sterilen Ton, jede einzelne davon ist mit dem heutigen Klang ungeeigneter, sowas wurde doch auch schon oft kritisiert im Forum im Bezug auf Neusynchros. Es fesselte bei alten Synchros einfach mehr, die Stimmen zum Erlebnis und somit mehr Spass! Wenn man nicht nachdenkt schon unterbewusst, aber das ist ganz sicher die Ursache! Fazit: Die neuere Technik hat wirklich nicht alles verbessert, sondern noch verschlechtert!
Auch auf die Gefahr hin, daß du das Kriegsbeil ausgräbst:
Ich hab vergessen, Martin Böttchers einschläfernde Soundtracks soll man gleich mit verschrotten...!
Also - es ist schön, daß sich Leute dafür begeistern und ich finde es auch bewundernswert, daß man sich hier viel Mühe gibt, die Veröffentlichungen hochwertig zu gestalten mit viel Bonus. Ein Privileg eigentlich, das nicht alle "Kultreihen" der Kinogeschichte haben. Synchronmäßig sind sie definitiv allererste Klasse (mit ein paar Ausrutschern: Brandt/Adorf z. Bsp). Immerhin: einen Karl May-Film, den einzig ansehbaren und wirklich guten, habe ich sogar zuhause: "Old Shatterhand".
Ich würde übrigens auch "Schulmädchen/Hausfrauen/???-reporte", sämtliche Jess Franco und Fassbinder-Filme, Hollywood-Musicals, die "Angelique"-Reihe und die Hammer Urzeit-Filme verschrotten lassen. Aber die Schrottpressen wären bei weitem nicht so vielbeschäftigt wie mit neueren Dingen, die ich verschrotten lassen würde...da ist die Liste endlos.