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Dieses Thema hat 144 Antworten
und wurde 16.138 mal aufgerufen
 Allgemeines
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berti


Beiträge: 17.876

03.08.2007 14:07
Verpasste Pointen Zitat · antworten
Es ist klar, dass man bei der Dialogübersetzuung vieles nicht direkt rüberbringen kann, speziell wenn es dabei um Wortspiele oder Dialekte geht. Es gibt aber auch Fälle, in denen eine wichtige inhaltliche Aussage bei der Synchro unterschlagen wird, obwohl dass nicht hätte sein müssen.
Vermutlich kenne viele schon dieses Dialog-Beispiel aus einer "Simpsons"-Folge, aber ich poste es hier trotzdem:http://www.zeit.de/2001/11/Die_Gagkiller_von_ProSieben
Natürlich muss man hier sagen, dass solche Fehler bei einer Seriensynchro für das Privatfernsehen etwas anderes sind als Schlampigkeiten bei Kinosynchros, speziell aus der "guten alten Zeit". Stefan hatte ja vor einiger Zeit schon erwähnt, dass im ersten "Dollar"-Film eine wichtige Aussage von Joe in beiden (!) Synchros völlig sinnverfälscht wurde. Ein ähnlicher Fall liegt bei "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" vor: Aus dem zentralen Satz am Ende "When the legend becomes fact, print the legend" wurde "Unsere Legenden wollen wir bewahren. Sie sind für uns wahr geworden".
Im "großen Filmfehler-Buch" von Harry Bittkowski gibt es eine eigene Rubrik "Pointe verpasst". Sein Lieblingsbeispiel stammt aus Kubricks "Shining": Als Jack Nicholson an der Bar sitzt, stöhnt er im Original, dass er für ein Bier seine Seele gäbe würde; diese dramaturgisch wichtige Aussage wird in der DF zu einem simplen "Gott, was gäb´ ich für einen Drink!". Wenn man bedenkt, wie streng Kubrick die Synchros seiner späteren Filme kontrolliert hat, ist dieser Fehler umso erstaunlicher.
Als in Hitchcocks "Das Fenster zum Hof" Lisa Fremont Jefferies besucht, sagt sie im Original, dass heute "a very special day" sei. In der DF spricht sie dagegen von einem "großen Abend", so dass Jefferies Antwort "Heute ist doch nur ein ganz normaler Mittwoch. Und er ist auch schon beinahe rum" völlig unsinnig wird; abends ist ein Tag meistens "beinahe rum". In der OF antwortet er übrigens, es sei doch nur ein Mittwoch wie jeder andere, von denen es im Kalender viele gäbe.
smeagol



Beiträge: 3.905

03.08.2007 14:18
#2 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten
In Antwort auf:
Als in Hitchcocks "Das Fenster zum Hof" Lisa Fremont Jefferies besucht, sagt sie im Original, dass heute "a very special day" sei. In der DF spricht sie dagegen von einem "großen Abend", so dass Jefferies Antwort "Heute ist doch nur ein ganz normaler Mittwoch. Und er ist auch schon beinahe rum" völlig unsinnig wird; abends ist ein Tag meistens "beinahe rum". In der OF antwortet er übrigens, es sei doch nur ein Mittwoch wie jeder andere, von denen es im Kalender viele gäbe.

Ist natürlich Geschmackssache, aber ich finde das wurde sehr gut übersetzt und ist in keinster Weise sinnentstellend noch wurde da eine pointe verpasst.

In der Erstfassung finde ich das dann schon weniger galant gelöst:
Jeff - "Wieso - ist irgendwas besonderes los?"
Lisa - "Hmm - ich denke, ja! Heute, bei dir!"
Jeff - "Wieso? Heute ist doch ein ganz gewöhnlicher Mittwoch und davon stehen im Kalender 52".

Mir gefällt da die Version von '84 besser und dem Original auch absolut entsprechend. Aber - ich schweife ab
berti


Beiträge: 17.876

03.08.2007 14:37
#3 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Zitat von smeagol
Ist natürlich Geschmackssache, aber ich finde das wurde sehr gut übersetzt und ist in keinster Weise sinnentstellend noch wurde da eine pointe verpasst.



Mir (und vermutlich auch Bittkowski) ging es eher darum, dass die Aussage, dass der Tag "beinahe rum" bei "Tag" gerechtfertigt wäre, bei "Abend" dagegen unsinnig wird. Allerdings hast du natürlich recht, dass dieses Beispiel weniger mit einer "verpassten Pointe" zu tun hat, obwohl Bittkowski es in seinem Buch in dieser Rubrik auflistet

Jörn


Beiträge: 350

04.08.2007 14:48
#4 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Hallo.

Man muß auch die Sinn-Entfremdung bzw. Pointen-Verfremdungen bei vielen TV-Serien der 60er-Jahre und 70er-Jahre beachten, die aufgrund von Schnitten bzw. Kürzungen
anfielen.

Bei drei Serien, die für das ZDF bearbeitet wurden und in denen die Schnitte (wohlbemerkt) VOR der Synchro gemacht wurden, fällt es mir immer wieder besonders auf:
RAUMSCHIFF ENTERPRISE, DIE ZWEI und MONDBASIS ALPHA.

Da wurden ja Pointen völlig verfremdet (bzw. eingedeutsch) oder hemmungslos dazugedichtet, wo es im Original total ernst zugeht.

Aufgrund von Kürzungen mußte man teilweise Dialoge erfinden, die Dinge erklären, die in den Szenen, die dem dt. Zuschauer vorenthalten wurden,
passierten.

Allerdings muß ich noch sagen, daß ich es schon ok finde, wenn mann z.B. Wortspele, für die es kein passendes dt. Pendant gibt, ignoriert, als wenn man sich krampfhaft etwas ausdenkt, was auf deutsch dann weder besonderen Sinn macht, noch besonders lustig ist.


Gruß,
Jörn

Tatta


Beiträge: 28

14.08.2007 21:53
#5 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten
Da fällt mir eine besonders "grausame" Schlappe bei der Synchronisation von "Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück" ein:

In einer Szene, in der Single Bridget zu einem Essen mit lauter glücklichen Pärchen eingeladen ist, wird sie gefragt, wie es denn komme, dass so viele Frauen über 30 heutzutage noch allein seien. Im Original sagt sie:
"I suppose, it doesn't help, that underneath our clothes our entire bodies are covered in scales!"
auf Deutsch hört man dann:
"Ich nehme an, dass es nicht besonders hilfreich ist, dass unsere ganzen Körper in bestimmte Maßeinheiten eingeteilt sind!"

Erst die Übersetzer für die DVD-Untertitel kamen auf die Idee, dass mit "scales" in diesem Falle SCHUPPEN sein könnten...
berti


Beiträge: 17.876

08.10.2007 16:31
#6 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten
Bei "Der Spion, der mich liebte" verliert ein James Bond verfolgender Fahrer die Kontrolle über seinen Wagen, weil er durch die aufgewirbelten Federn eines Hühnertransports nichts mehr sehen kann. Seinen Sturz in die Schlucht kommentiert Bond mit: "All those feathers, and he still can´t fly!". Im Deutschen wird daraus leider nur ein "Ich glaube, der ist falsch abgebogen!".

Verzeihung, wenn ich wieder mal mit der völlig verunglückten Synchro eines gewissen Monty-Python-Films komme, aber auf der Homepage der "Fünf Filmfreunde" wird sehr schön demonstriert, wie ein Running Gag" des Originals völlig ruiniert wird. Während Artus im Original stets todernst bleibt und völlig würdevoll redet, klopft er in der DF genau so idiotische Sprüche wie alle anderen Figuren auch:http://www.fuenf-filmfreunde.de/2006/08/...osnuss-geklaut/
Fuchs


Beiträge: 272

08.10.2007 21:19
#7 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Ich kann da ein Beispiel aus John Carpenters "Assault on precinct 13" liefern (alte Synchro):

Die Mörder Wilson und Wells werden gemeinsam zum Gefängnsibus geführt, der sie in die Todeszelle bringen soll. Wilson fragt Wells, ob er was zu rauchen hätte. Wells antwortet ja, aber er werde ihm nichts geben. "Warum?" fragt Wilson.
Dann Wells in der OF: "Smoking can kill you".
Das ist in der DF mit: "Rauchen ist schädlich" noch einigermaßen übersetzt, obwohl die eigentliche Pointe verfehlt wird.

Dann geht´s aber weiter:
Wilson: "You don´t like competition, eh?"
Wilson DF: "Gefällst dir wohl mit deinem Gesundheitstick?"
Hierdurch ist Wilsons zynische, auf den nahenden elektrischen Stuhl anspielende Antwort, verfälscht worden.

Und weiter:
Wells: "You think you´re real fancy, don´t you?"
Wells DF: "Du glaubst wirklich du bist was besonderes, hä?"
Wilson: "I have moments!"
Wilson DF: "Manchmal schon."
Das ist zwar in Ordnung, aber ganz am Schluss sagt Wilson nochmal "I have moments", als alles vorbei ist. Das ist als Running Gag gemeint, aber vom Übersetzer nicht erkannt worden. Der hat daraus: "Jeder wird mal schwach" gemacht. In der Tat: Schwach.

derDivisor47



Beiträge: 2.087

09.10.2007 10:31
#8 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Zitat von Tatta

"I suppose, it doesn't help, that underneath our clothes our entire bodies are covered in scales!"
auf Deutsch hört man dann:
"Ich nehme an, dass es nicht besonders hilfreich ist, dass unsere ganzen Körper in bestimmte Maßeinheiten eingeteilt sind!"
Erst die Übersetzer für die DVD-Untertitel kamen auf die Idee, dass mit "scales" in diesem Falle SCHUPPEN sein könnten...

s
Die Filmsynchro erscheint mir als richtig.

DubberDuckDuck


Beiträge: 952

10.10.2007 12:36
#9 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Tatta, falls das Problem der Ü-30-Frauen in dem Film nicht ein (wie ich finde wenig Komödien-taugliches) GANZKÖRPER-SCHUPPENPROBLEM ist, tendiere ich kraft des gesunden Menschenverstandes doch eher zu der Annahme, dass das Problem der Ladies das Kartographieren des weiblichen Körpers ist, Beispiel 90-60-90 oder 85-DD (oha!).
Kann das Phänomen immer wieder an meiner Lady bewundern. Italienisches Ex-Model, das sich quasi stündlich vermisst und selbst mikroskopische Veränderungen mit gestenreichem Gekreische aufwertet. Entzückend.

Da hat der Übersetzer des Films saubere Arbeit geleistet, und der Untertitelmensch ist 'n weiberhassender (oder nach Wörterbuch übersetzender) Nullchecker. FALLS dieser Film nicht doch gewisse inhaltliche Variationen auffährt, die garantieren, dass ich ihn nie sehen werde;-)

derDivisor47



Beiträge: 2.087

10.10.2007 15:44
#10 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten
also ich verlies mich auf die Präposition. "covered in" und nicht "covered with scales"
Kenny McCorm.


Beiträge: 826

10.10.2007 18:24
#11 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Meiner Meinung nach ist "Eine schrecklich nette Familie" voller verpasster Pointen. Das liegt zum Teil daran dass ein paar Sätze Wort zu Wort übersetzt wurden (und zwar ohne die Satzstellung zu verdrehen) nur damit es besser zu den Mundbewegungen passt.

berti


Beiträge: 17.876

25.03.2008 15:44
#12 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten
Zwar ist die Synchro von "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" gut gelungen (Arne Elsholtz eben), aber leider enthält sie einen kleinen Schnitzer. Als am Ende des Films Indiana über dem Abgrund hängt, spricht ihn sein Vater plötzlich mit "Indiana" statt wie sonst mit "Junior" an, wodurch er ihn zur Vernunft bringt.
Als ich die OF noch nicht kannte, war ich darüber erstaunt, denn in der Mitte des Films (im Restaurant des Zeppelins) nennt sein Vater ihn bereits "Indy", ohne dass das irgendeine Reaktion auslöst. Auf der DVD habe ich festgestellt, dass Connery im O-Ton an dieser Stelle gar keine Anrede benutzt.
Ich weiß, ich bin mal wieder kleinkarriert.
Ozymandias


Beiträge: 1.239

25.03.2008 16:09
#13 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Nein, gar nicht falsch. Sondern ein sehr löblicher Eingriff ins Original. Vermutlich G. G. Hoffmanns altersweise Idee im Atelier.
Wenn wir Menschen zur Besinnung bringen wollen, reden wir sie mit ihrem Namen an. Mit ihrem tatsächlichen Namen, denn nur der dringt bis ins Unterbewusste vor.

Jayden



Beiträge: 6.557

25.03.2008 16:34
#14 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten

Zitat von Ozymandias
Nein, gar nicht falsch. Sondern ein sehr löblicher Eingriff ins Original. Vermutlich G. G. Hoffmanns altersweise Idee im Atelier.
Wenn wir Menschen zur Besinnung bringen wollen, reden wir sie mit ihrem Namen an. Mit ihrem tatsächlichen Namen, denn nur der dringt bis ins Unterbewusste vor.

Ich vermute, du hast berti falsch verstanden. Das "Indiana" am Ende ist aus dem Original und soll den Effekt bewirken, den du beschrieben hast. Nur ist es halt in der dt. Fassung - anders als im Original - nicht das erste Mal, dass Henry Jones, Sr. seinen Sohn so anredet, weil man vorher im Film - als Dazudichtung an einer im Original stummen Stelle - ein "Indy" als Anrede vom Senior an den Junior benutzt hat. Ergo meint berti, dass man den Effekt am Ende (denn du als Vordringen ins Unterbewusstsein bezeichnet hast) dadurch abgeschwächt hat.

Ozymandias


Beiträge: 1.239

25.03.2008 17:14
#15 RE: Verpasste Pointen Zitat · antworten
Hatte ich schon so verstanden, danke. Und das jovialere "Indy", das ich damals unpassend fand, da ich nicht der Meinung bin, dass ein Vater seinen Sohn mit dem Spitznamen anredet, ist halt nicht das ernste "Indiana". Also Kurve noch gekriegt.
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