Die Popularität des von Sir Arthur Conan Doyle erfundenen Meisterdetektivs ist ungebrochen. Doch trotz Blockbuster-Adaptionen und sporadisch erscheinenden mehr oder weniger erfolgreichen modernen Interpretationen der Figur, ist es vor allem der klassische Sherlock Holmes, der zusammen mit der Zeit fasziniert, in der er seine Abenteuer erlebt - stets mit seinem hilfreichen Vertrauten Dr. Watson an der Seite. Bei Holmes macht es mir subjektiv großes Vergnügen, mich als puritanisch und konservativ zu bezeichnen, denn der klassische Holmes wird noch lange leben, wenn sämtliche zeitgeistige Interpretationen verstaubt sind und vergessen.
"Sherlock Holmes is the answer to most actors dream!", sagte einmal Peter Cushing und tatsächlich ist es eine Auszeichnung und zugleich eine Herausforderung, diese Rolle spielen zu dürfen. Synchronsprecher haben es vielleicht eine Spur einfacher, aber auch für sie gilt, daß sie es glaubwürdig schaffen müssen, diesen facettenreichen, überlegenen und nicht immer einfachen Charakter zu transportieren im Sinne der Originaldarstellung. Irgendwie ist es auch etwas Besonderes, diesen Detektiv sprechen zu dürfen.
Holmes' deutsche Synchrongeschichte begann kurioserweise 1936/37 mit einem deutschen Film. "Der Hund von Baskerville" brachte mit Bruno Güttner den ersten deutschen Tonfilm-Sherlock. Bedauerlicherweise ist er ein sehr mittelmäßiger Holmes, der weder physiognomisch noch vom Charakterbild her wirklich der Vorlage gerecht werden kann. Der Film hat einen interessanten Anfang, tümpelt aber denn sehr orientierungslos dahin und wird von seiner Schwerfälligkeit erdrückt. Bruno Güttner, der in keinster Weise ein Star war, wurde in diesem Film von Siegfried Schürenberg synchronisiert, der somit die erste deutsche Holmes-Stimme überhaupt war. Sicherlich keine schlechte Wahl, aber retten konnte man dadurch wenig. Adolf Hitler war ein großer Verehrer der Holmes-Geschichten und dieser Film hatte eine private Sondervorführung - falls er enttäuscht war, besteht sicherlich kein Grund des Bedauerns..
Zwischen 1938 und 1946 entstand in den USA eine Filmreihe mit dem Detektiv. Als Hauptdarsteller wurde Basil Rathbone ausgewählt, der mit dieser Rolle unsterblich wurde und natürlich auch etwas unter dem Image litt. Rathbone ist ein formidabler Holmes, wenngleich die Filme sehr frei mit den Figuren umgingen, Holmes ab dem dritten Film in die damalige Gegenwart verlegten und aus Dr. Watson ein meist komischer Sidekick wurde. Einige der B-Movies fangen die typische Stimmung der Geschichten allerdings hervorragend ein, wenngleich der Auftakt ("Der Hund von Baskerville") nicht unbedingt der Klassiker ist, als der er immer präsentiert wird. Zuerst kamen Ende der 5oer- Jahre diverse Zusammenschnitte der Filme in die deutschen Kinos. Rathbone wurde darin sicherlich sehr passend von Christian Marschall synchronisert. Abgesehen von Ausschnitten in einer alten Dokumentation, dürften diese deutschen Fassungen allesamt verschollen sein. Marschall war vermutlich eine sehr gute Besetzung, auch paßt seine Stimme zu der Rathbones und ist auch jener verwandt, die man zumeist mit dem guten alten Basil verbindet: Walter Niklaus. Niklaus ist für mich irgendwie jene Stimme, die zuallererst in mein Gedächtnis kommt, wenn ich an Holmes denke. Und das, obwohl ich die Fox- und Universal-Filme deutlich weniger wertschätze als spätere Produktionen. Es war nicht nur Basil Rathbone, der mich dazu brachte, an diesen teil verstaubten Filmen dranzubleiben, es war auch die Stimme von Walter Niklaus. Interessant ist, daß er Rathbone als Holmes über mehrere Phasen hinweg sprach, teilweise in zwei zeitlich recht weit auseinanderklaffenden Fassungen desselben Filmes. Selbst als zu Beginn der 90er die letzten Streifen bearbeitet wurden, griff man wieder auf ihn zurück - erstaunlicherweise schien seine Stimme zeitlos frisch und auf Zack zu sein, es gab nicht die mindeste Kritik daran zu üben (im Unterschied zu den anderen Stimmen). Da die Ost-Synchronisationen auch im Westen zu sehen waren und dort Niklaus wohl schon früh als einer der wenigen Ost-Sprecher eine Popularität erlangte, ist er wohl von allen Holmes-Sprechern der Bekannteste. Mir drängt sich übrigens der Verdacht auf, daß man bei den Jeremy Brett-Serien auf Arno Wyzniewski und Peter Hladik auch deshalb zurückgriff, weil sie der Stimme Walter Niklaus' sehr ähnlich sind.
Ronald Howard war Mitte der 50er-Jahre in 39 'Episoden der Serie "Sherlock Holmes" zu sehen, die nur in wenigen Fällen auf Originalgeschichten zurückgriffen. Mit den naiv gestalteten, aber unterhaltsamen Geschichten konnte Produzent Sheldon Reynolds einen mehr als respektablen Erfolg erzielen, auch wenn dieser Holmes nie einen besonderen Stellenwert erhalten sollte. Einige Folgen dieser Serie wurden vor langer Zeit synchronisiert, allerdings findet sich hierzu nichts mehr an Informationen. Für die Dvd-Veröffentlichung der Serie ließ man eine kostengünstige Synchronfassung anfertigen, die die üblichen Probleme solcher Bearbeitungen mit sich brachte, aber insgesamt vergleichsweise anhörbar ist. Gordon Piedesack schaffte es hierbei durchaus, dem sympathischen Howard und der Entstehungszeit der Serie gerecht zu werden. Die Serie ist heutzutage reichlich kurios,auch etwa dann, wenn "Onkel" Lou Van Bourg auftritt als Gastdarsteller - als Showmaster schrieb er ja deutsche Fernsehgeschichte.
1954 war in Deutschland Erst Fritz Fürbringer in einem frühen Fernsehspiel namens "Sherlock Holmes liegt im sterben" zu sehen. Diese Produktion wurde vermutlich aufgezeichnet, ist derzeit aber wohl nicht greifbar.
1955 spielte in Deutschland der vor allem als Synchronsprecher bekannte Wolf Ackva den Meisterdetektiv in einer Fernsehadaption von "Der Hund von Baskerville" - da live ausgestrahlt und nicht aufgezeichnet, kann man wohl wenig zu seiner Darstellung sagen. Von der Physiognomie her ist Ackva wohl ein Vorläufer von Douglas Wilmer.
Hammer Films lieferte 1958 einen der berühmtesten Holmes-Filme überhaupt und erstmals war der Detektiv in Farbe zu sehen - sogar in "shocking color"! "Der Hund von Baskerville" hat sicher seine Schwachpunkte und nimmt sich viele Freiheiten heraus, allerdings überwiegt eindeutig das Positive. Für mich die einzige Adaption, die der Vorlage absolut gerecht wird, was die Stimmung und den Horrorfaktor der Geschichte anbelangt. Schließlich ist dieser Roman der klassischen Schauergeschichte näher als jedes andere Doyle-Werk. Peter Cushing gab einen großartigen Sherlock Holmes, den englische Kritiker als "waspish" bezeichneten. Auch gab es erstmals einen wirklich originalgetreuen Dr. Watson zu sehen, genial bodenständig verkörpert von Andre Morell. In der deutschen Fassung bekam Cushing die für seine Statur viel zu voluminös klingende Stimme von Erich Fiedler. "Very british" war dessen Darbietung auf jeden Fall und in mancherlei hinsicht fing er den Charakter auch hervorragend ein, nur will die Stimme nicht so ganz zum hageren Cushing passen. Bis heute polarisiert diese Besetzung - persönlich habe ich mich irgendwie mit ihr arrangiert, wenn ich auch nicht ganz glücklich darüber bin. Bis heute bedauere ich, daß nicht Erich Schellow für diese Synchronrolle besetzt wurde.
Nach dem Gentleman of Horror kam der Fürst der Finsternis zum Zug: Christopher Lee spielte in der deutsch-englischen Co-Produktion "Sherlock Holmes und das Halsband des Todes" (1962) einen recht jugendlich wirkenden Holmes und machte seine Sache recht gut. Der Film hat durchaus interessante Ansätze und folgt der Tradition der Rathbone-Filme, steht allerdings irgendwie so zwischen den Stühlen. Immerhin gab hier Harry Wüstenhagen sein Debüt in Sachen Sherlock Holmes. Er erfüllt den Detektiv mit zackiger Frische, Würde, Schlauheit, einer Prise Ironie und sanfter Überlegenheit, die nie unsympathisch wird (eine Grenze, die Jeremy Brett manchesmal überschreiten sollte). Das stets leicht Süffisante sollte Wüstenhagen auch bei allen weiteren Holmes-Auftritten beibehalten.
Die geplante Fortsetzung mit Lee wurde über Umwege zum Film "Sherlock Holmes' größter Fall" (1965). Darin spielte nun der beinahe unbekannte John Neville einen auch recht jugendlichen, körperlich sehr aktiven Holmes. Neville ist von der Physiognomie irgendwo zwischen Lee und Cushing zu finden. Für dieses interessante, liebevoll produzierte Abenteuer rund um die Jagd auf Jack the Ripper kehrte auch Harry Wüstenhagen als Holmes-Stimme zurück. Er erfüllte auch diese Aufgabe vollendet und schneidet im Vergleich zur Originalfassung eine Spur besser ab, weil er der Figur eine gewisse noble Leichtigkeit verpassen kann, die Neville nicht so ganz gelingt. In diesen Film wurden sämtliche bekannte Dialoghighlights der Originalgeschichten eingebaut und es ist immer wieder ein Vergnügen, mit welcher Freude, Stilsicherheit und Pointiertheit diese geschliffenen Dialoge von Wüstenhagen umgesetzt werden.
Nachdem es 1964 ein einzelnes BBC-Fernsehspiel mit Douglas Wilmer als Sherlock Holmes gegeben hatte ("The Spreckled Band"), drehte man ab 1965 in S/W die ersten werkgetreuen Adaptionen diverser Geschichten des Autors im Rahmen einer eigenen Fernsehserie. Viele der Folgen galten lange Zeit als verschollen, auch erreichten sie nie den deutschen Sprachraum und wurden relativ selten wiederholt. Insofern ist es recht verwunderlich, daß sich Wilmers Holmes-Image so lange halten konnte.
1966 trat Harry H. Corbett in der Figur des Detective Spung in "Ist ja irre - Alarm im Gruselschloß" auf und durfte klassisch im Deerstalker und mit Pfeife die seltsamen Vorgänge aufklären, die in dieser vor allem als Parodie auf Hammer-Filme gedachten Klamotte so geschehen. Synchronisiert wurde diese Holmes nachempfundene Figur von Jürgen Kluckert, der leider viel zu bodenständig geblieben ist und sich in keinster Weise "very british" anhört.
Erich Schellow durfte, zusammen mit Paul Edwin Roth als Watson, in einer sechsteiligen Fernsehserie des NDR auftreten. "Sherlock Holmes" (1967) griff dabei auf Drehbücher der BBC-Reihe zurück, adaptierte sie aber ein wenig. Die Episoden zeichnen sich durch einen liebenswerten, fast schrulligen Humor aus und sind recht werkgetreu. Schellow hätte den Holmes gern weniger brav gespielt, aber dennoch gelang ihm eine bravouröse, lebendige und vielseitige Darstellung im Rahmen der eingeschränkten Möglichkeiten.
1968 kehrte Peter Cushing als Sherlock Holmes zurück - diesmal in der gleichnamigen BBC-Serie als Nachfolger von Douglas Wilmer. "Sherlock Holmes" war die erste Farbserie der BBC, galt damals als ausgesprochen blutrünstig und war für Cushing vor allem eines: traumatisch. Durch einige Pannen und schlechte Wetterbedingungen war man mit dem Drehen in Verzug, hatte kaum mehr Budget zur Verfügung und für alle Beteiligten wurde es zu einer immensen Belastungsprobe. Teilweise wurden die Episoden erst einen Tag vor der Ausstrahlung zusammengestellt und liefen häufig im Rohschnitt. Dennoch kann sich das Resultat mehr als sehen lassen, auch wenn man Cushing die Erschöpfung manchesmal wirklich ansieht. Die Serie, von der skandalöserweise auch viele Bänder gelöscht wurden, war damals ein großer Erfolg in mehreren Ländern und festigte in vielen Menschen das Bild Cushings als idealer Holmes. Der zweiteilige "Hund von Baskerville" dürfte die vermutlich originalgetreueste Umsetzung des Stoffes sein. Während der Dreharbeiten in Dartmoor stieß man übrigens mit einem italienischen Filmteam zusammen. Dieses drehte auch eine Holmes-Reihe, Hauptdarsteller war Nando Gazzolo. Ironischerweise hatte dieser Cushing bereits als Holmes synchronisiert und wiederholte diese Arbeit auch später für diese Serie. Die deutschen Bänder wurden allesamt vermutlich gelöscht. Über die Synchronfassung ist nichts bekannt und die Chancen stehen schlecht, daß doch noch etwas auftauchen sollte.
Die 1970er-Jahre begannen ganz hervorragend mit Robert Stephens und "Das Privatleben des Sherlock Holmes" - zu sehen bekam das deutsche Publikum den Film aber erst Mitte der Dekade im Fernsehen. Billy Wilders oft fälschlicherweise als Persiflage bezeichneter Film ist eine ironische, aber liebenswerte Hommage an den berühmten Detektiv und schafft es gekonnt, interessante Kontraste und Hintergründigkeiten in eine atmosphärisch perfekte Holmes-Welt zu bringen. Robert Stephens als eher melancholischer, manchmal beinahe feminin angehauchter (aber keinesfalls homosexueller!) Holmes war ein Novum und machte einen großen Teil des Charmes aus, den dieser Film zu bieten hat. "Privatleben" schlägt manchen berühmteren Wilder-Film um Längen, bedauerlicherweise steht er immer noch im Schatten bekannterer Filme des stets umjubelten Regisseurs. Synchronisiert wurde Stephens kongenial von Christian Rode, der sowohl dem klassischen Holmes gerecht wurde, als auch der melancholisch-angehauchten Neu-Interpretation. Schade, daß er diese Rolle in keinem Film mehr zum Besten geben durfte.
Nicht vergessen werden sollte auch, daß in "Aristocats" die Maus namens Roquefort von Harry Wüstenhagen gesprochen wird. Als der finstere Diener die Katzen entführt, beschließt die pfiffige Maus, ihre Freunde wiederzufinden und tritt in typischer Holmes-Kostümierung auf, auch wenn die Farbe rot kariert ist und nicht grün-beige. Die Anspielungen auf Holmes sind jedoch unübersehbar.
Zwischen 1971 und 1973 war Henri Virgouleux vereinzelt in Episoden der Serie "Arsene Lupin, der Meisterdieb" zu sehen - in der Rolle des englischen Detektives Herlock Sholmes. Lupins Erfinder Maurice Leblanc durfte Holmes aus urheberrechtlichen Gründen nicht verwenden, also verdrehte er einzelne Buchstaben und parodierte die Charaktere des Originales. In den liebevollen Adaptionen fürs Fernsehen beließ man den verdrehten Namen, auch wenn es kein Copyright mehr gab für die Figur. Man machte aus Sholmes allerdings keine Witzfigur, auch wenn er Lupin als Held der Geschichten zwangsläufig unterliegen muß. Virjouleux ist vom Typ her Harry Wüstenhagen nicht unähnlich, weshalb dessen Fehlen fast zu bedauern ist. Aber Erik Schumann verleiht der Figur die passende Spitzfindigkeit, britisches Understatement und auch den bestimmten Grad an Aufmerksamkeit.
Der amerikanische Fernsehfilm "Der Hund von Baskerville" ist nicht besser oder schlechter als andere Adaptionen, schielt man nur aufs Drehbuch. Aber nicht nur, daß William Shatner als britischer Schurke grotesk ist, man die St. Pauls Cathedral auf einem Hügel außerhalb Londons sieht, Bernard Fox noch dusseliger als Nigel Bruce ist: Stewart Granger ist eine der krassesten Fehlbesetzungen, die es je als Holmes gab. Und seine deutsche Besetzung mit einem affektiert chargierenden G. G. Hoffmann schlägt dem Fass den Boden aus. Ein Holmes-Film, über den man am Besten das Mäntelchen des Schweigens hüllt.
George C. Scott beehrte das Publikum in "Der verkehrte Sherlock Holmes" zwar nicht in der Rolle des Meisterdetektives, aber als liebenswerter Schnüffler der 70er-Jahre, der sich für Holmes hält. Er war ausgesprochen glaubwürdig, herzlich und dem Vorbild näher, als man annehmen möchte. In dieser oft tiefsinnig-philosophischen Komödie wurde er von Arnold Marquis synchronisiert, der als falscher Holmes natürlich auch hervorragend war und selbstverständlich perfekt zu Scott paßte, es lag ja Kontinuität vor. Ein Film, den man bedauerlicherweise kaum zu sehen bekommt.
In "Sherlock Holmes cleverer Bruder", einer nicht wirklich geglückten Persiflage im Stile von Mel Brooks, spielte Gene Wilder Holmes' Bruder Sigerson, "over the top" gesprochen von Jürgen Thormann, der hier fast so aufdreht, als wäre er Jason King. In diesem halblustigen, von überflüssigen Songs in die Länge gezogenen Film trat Douglas Wilmer in einem Cameo als Sherlock Holmes auf und wurde von Heinz Petruo synchronisiert. Bei der Kürze und Art des Auftrittes sicher absolut in Ordnung. Da Wilmer keinesfalls in der gesamten westlichen Welt in dieser Rolle bekannt war, hätte der viel populärere Peter Cushing vielleicht effektiver gewirkt in dieser Gastrolle.
Nicol Williamson als neurotischer, drogensüchtiger Detektiv, der sich in Wien bei Sigmund Freud unfreiwillig in Behandlung begibt, sorgte für ambivalente Reaktionen in "Kein Koks für Sherlock Holmes". Im Unterschied zum Buch, das sich ausschließlich an Holmes-Kenner richtet, wollte man den Film dem breiten Publikum schmackhaft machen, was wie so oft zu einem unausgegorenen Endresultat führte. Williamsons Besetzung polarisiert bis heute, sein deutscher Sprecher war allerdings Harry Wüstenhagen, mit dem so ziemlich alle zufrieden waren und der der Rolle auch in dieser Interpretation alle erdenklichen Facetten abgewinnen kann.
Im selben Jahr spielte übrigens Peter Cushing im Fernsehfilm "Der große Houdini" den Erfinder des Holmes persönlich, Sir Arthur Conan Doyle. Diese Rolle übernahm deutsch Manfred Reddemann.
Nach Stewart Granger boten die 70er noch einen weiteren grotesken Holmes. In "Sherlock Holmes in New York" durfte Roger Moore den Detektiv darstellen. Wirklich glücklich war er in der Rolle nicht und er hält diesen Film für einen seiner schlechtesten. Ein naiver Streifen, der sich an ein kindliches Publikum richtete, aber im Grunde nicht einmal dessen Erwartungen stillen konnte. Im Original kann Moore mit seiner angenehmen Stimme und der britischen Art etwas besser punkten, die deutsche Fassung macht die Figur mit Joachim Siebenschuh noch farbloser und uninteressanter. Generell ist die Synchronfassung sehr, sehr mittelmäßig und macht den Film noch schwerfälliger.
Peter Cook gab Sherlock Holmes zum Besten in der 1978 entstandenen Verfilmung von "Der Hund von Baskerville". Keiner wußte so recht, ob das nun ein Krimi war, eine Komödie oder eine Persiflage. In diesem optisch netten, aber platt und uninspiriert gemachten Werk (das ich nur in der Originalfassung kenne) wird Holmes von Harald Juhnke gesprochen.
Christopher Plummer hatte Holmes bereits im nie deutsch gezeigten Fernsefilm "Silver Blaze" zum Besten gegeben. Im 1979 produzierten Film "Mord an der Themse" wiederholte er diese Rolle. Einer der besten Holmes-Filme überhaupt, obwohl er eine frei erfundene Geschichte bietet (rund um Jack the Ripper) und Holmes hier so bodenständig und im positiven Sinn moralisch ist wie kaum anderswo. James Mason als ein hervorragender Watson trug auch zum positiven Bild des Filmes bei. Plummers düsterer und fast besessener Holmes wurde passend von Fred Maire synchronisiert, der auf jeden Fall der Rolle absolut gerecht wird und besonders auch im Schlußmonolog brilliert. Dennoch ist auch dieser Holmes etwas "larger than life", wie es auch sein sollte, hier fehlt mir bei Maire etwas die gelegentlich aufflackernde Arroganz und Überlegenheit der Figur, die Plummer gut einarbeitete. Maire ist fast einen Hauch zu menschlich, ich hätte hier Christian Rode durchaus bevorzugt (auch wenn es mir ob seiner Leistung fast weh tut, Maire als persönliche zweite Wahl zu reihen). "From Hell" mit Johnny Depp beruht übrigens auf der gleichen Vorlage und kann sozusagen als eine Art Remake bezeichnet werden.
Sheldon Reynolds kramte die alten Drehbücher der "Sherlock Holmes"-Serie mit Ronald Howard wieder hervor und drehte 1979/80 in britisch-polnischer Co-Produktion eine Art Remake des Originales. Geoffrey Whitehead war ein etwas harmloser, aber nicht zu unterschätzender Holmes, der perfekt in diese kindgerechten Abenteuer paßte und er wurde von Eckart Dux dementsprechend ideal mit viel juegndlichem Charme synchronisiert.
Tom Baker durfte 1982 in einem englischen Zweiteiler als Holmes einmal mehr dem "Hund von Baskerville" nachjagen. Eine sehr werkgetreue, aber lahme Adaption, die auch unter Bakers eigentümlicher Darstellung leidet. Scheinbar wußten weder er noch der Regisseur, wie man die Rolle anlegen sollte. Der spätere Dr. Watson-Sprecher Werner Ehrlicher war hier der Meister selbst.
Mit Ian Richardson als etwas bravem, aber sympathischen und effizienten Holmes entstanden 1983 zwei hochwertig produzierte und großartig ausgestattete Verfilmungen: "Der Hund von Baskerville" und "Das Zeichen der Vier". Beide Filme richteten sich erfolgreich an ein breites Publikum. Trotz fehlender Schärfe bestachen sie durch ihre Atmosphäre und konnten in vielerlei Hinsicht punkten. Harry Wüstenhagen sprach erneut für den großen Detektiv und machte das mit seiner üblichen "Flamboyance". Auch wurden hier wieder viele Dialoghighlights aus diversen Geschichten eingearbeitet, was Wüstenhagen wieder besonders gut meisterte.
1984 produzierte Tyburn Films mit Peter Cushing und John Mills als gealterte Herren Holmes und Watson den bezaubernden Fernsehfilm "The Masks of Death". War der Inhalt auch nicht so besonders aufregend, so war die Darstellung von Holmes und Watson berührend und wunderbar. Leider gelangte diese prominent besetzte Produktion nie in den deutschen Sprachraum.
Mit Jeremy Brett fand Granada einen neuen, idealen Typen für die Rolle des Meisterdetektives. Beginnend mit "Die Abenteuer des Sherlock Holmes" verfilmte man sehr werkgetreu einen Großteil des Conan Doyleschen Hauptkanons. Bretts mustergültige Darstellung brannte sich in vielen Köpfen ein als ideale Verkörperung des Detektives und verbannte sowohl Rathbone, als auch Cushing für eine Zeit lang aus dem breiten Gedächtnis - ehe letztendlich alle zusammen in friedlicher Gemeinsamkeit den Olymp der Holmes-Darsteller anführen sollten. Zunächst wurde Brett von Franz Viehmann gesprochen, eine adäquate Wahl, wenngleich er etwas zu sehr die leichte Affektiertheit betonte, die Jeremy Brett als Teil seiner Interpretation (oder Persönlichkeit) einbrachte. Kongenial dann Arno Wyzniewski als zweite Brett-Stimme: er wurde der Rolle in jeder Facette gerecht und war schlichtweg beeindruckend. "Die Wiederkehr des Sherlock Holmes" bot neben Wyzniewski auch Peter Hladik eine ausgezeichnete und gelungene Synchron-Interpretation der Rolle. Beide waren würdige Holmes-Interpreten und verdienen aus meiner Sicht auch den "Walter Niklaus-Sonderpreis". Zwei spielfilmlange Folgen wurden ausgekoppelt und erst später synchronisiert - für "Das Zeichen der Vier" nahm man den etwas farblos wirkenden Michael Narloch. "Der Hund von Baskerville" bot erneut Peter Hladik den Raum für eine mehr als grundsolide Arbeit. Hier litt Bretts Darstellung nach einem Nervenzusammenbruch bereits etwas unter seiner Exaltiertheit, durch Hladik wird das aber deutlich heruntergefahren. Bei den späteren Folgen, die teils Doyles Geschichten ziemlichen Unsinn beimengten, sie miteinander verquickten oder Psychogramme a la Tennessee Williams einwoben, geriet Jeremy Brett immer mehr aus den Fugen. Durchaus waren hier interessante Episoden dabei, aber der ursprüngliche Zauber war irgendwie dahin. Günther König schaffte es nicht, der Holmes-Rolle wirklich gerecht zu werden und vergröberte Bretts exaltiert-versponnene Darstellung. Noch affektierter wirkte Bretts in letzten Folgen der Reihe. Holger Mahlich sprach die Rolle ohne Maß und Ziel und machte sie teilweise unerträglich. Jeremy Brett konnte man zu diesem Zeitpunkt mit seinem exaltierten Genuschel übrigend kaum noch verstehen.
Zwischenzeitlich lieh Barrie Ingham "Basil, dem Mäusedetektiv" seine Stimme. Auch wenn es einen kurzen Auftritt des echten Sherlock in diesem Disney-Animationsfilm gab, war doch der liebenswerte Mäusedetektiv die zentrale Figur und Holmes wie er leibt und lebt. Erneut war Harry Wüstenhagen zu hören, in dieser Rolle schon zuhause. Es bereitet ihm offensichtlich auch Vergnügen, in dieser Art Film eine neue Holmes-Figur zu sprechen.
Auch war Nicholas Rowe als junger Sherlock Holmes in "Das Geheimnis des verborgenen Tempels" zu sehen - zu hören mit der Stimme von Nicolas Böll.
Michael Caine war ein von Dr. Watson bezahlter Schauspieler, der in "Genie und Schnauze" offiziell als Sherlock Holmes auftrat. Eine witzige Grundidee in einem netten, wenn auch nicht überragenden Film. Hans Werner Bussinger wurde der Rolle des versoffenen Schauspielers, der irgendwann zum wirklichen Holmes werden muß, absolut gerecht und war ganz wunderbar. Harry Wüstenhagen durfte hier, nebenbei bemerkt, einmal den Professor Moriarty sprechen.
Christopher Lee war im zweiteiligen Abenteuer "Sherlock Holmes: The Golden Years" zu sehen und sogar Charlton Heston machte nahezu zeitgleich zu Beginn der 1990er-Jahre einen umstrittenen Holmes-Auftritt. Beide Produktionen erhielten jedoch bisher keine deutsche Fassung.
1995 starben gleich drei bedeutende Namen der Holmes-Welt: Jeremy Brett, Erich Schellow und Robert Stephens. Für mich der Anlaß, hier den klassischen Sherlock Holmes enden zu lassen, der bis dahin in einer eigenständigen Welt existiert hatte, die trotz aller unterschiedlichen Schauspieler, zeitgeistiger Geschmäcker und Interpretationen erstaunlich homogen war.
Was nachher kam, war teil gut, viel öfters schlecht und oft ein Zeichen dafür, daß man nicht so recht wußte, was man mit Holmes anfangen sollte. Die in historischem Gewand daherkommenden Verfilmungen mit Richard Roxburgh oder Matt Frewer waren recht farblose, eher langweilige Adaptionen, die darunter litten, daß man keinen richtigen Stil fand. Durchaus spannende Filme wie "Der Seidenstrumpfmörder" waren dem "Schweigen der Lämmer" näher als Conan Doyle und im Grunde war es überflüssig, der Hauptfigur den Namen Sherlock Holmes zu geben. Totzukriegen ist der Meisterdetektiv nicht und er wird trotz absurder Verblockbusterung und Modernisierung weiterleben und immer wieder einmal auftauchen - und sicher wieder im alten Gewande. Denn eines sollte man nicht ausser Acht lassen: die Geschichten von Conan Doyle werden immer noch viel verkauft und fleissig gelesen. Und sie spielen alle in der Zeit und Atmosphäre, in der sie hingehören und das scheint die Leser in keinster Weise zu stören.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
16.01.2015 18:34
#2 RE: Der klassische Sherlock Holmes und seine deutschen Stimmen
Natürlich sollten noch die deutschen Hörspiele rund um Sherlock Holmes erwähnt werden, die allesamt nach dem 2. Weltkrieg entstanden.
Der prägendste Hörspiel-Holmes dürfte wohl Peter Pasetti gewesen sein, der in dieser Rolle ganze 25 Auftritte hatte, teilweise aber auch in Neufassung derselben Geschichten. Ähnlich Walter Niklaus sprach Pasetti den Detektiv auch in mehreren Jahrzehnten und büßte kaum etwas von seiner Vitalität ein. Pasetti wäre sicher auch ein guter Synchron-Holmes gewesen.
Da er den gesamten Hauptkanon in Hörspielen von 2004 bis 2011 sprach und darüberhinaus in Pastiche-Werken brillierte, dürfte Christian Rode die Ehre zuteil werden, die umfangreichste Arbeit in dieser Richtung geliefert zu haben.
Weitere Hörspiel-Sherlocks waren u.a. Walter Renneisen und Richard Münch.
Ich kenne leider nur einige der Pasetto-Hörspiele, die allesamt atmosphärisch gelungen sind und stilvoll umgesetzt wurden. Christian Rode war perfekt, allerdings waren trotz originalgetreuer Umsetzungen viele Stimmen dem modernen Zeitgeschmack nach besetzt, schließlich mußte mit den "berühmten Stimmen der Hollywoodstars" geworben werden. Grundsätzlich nicht schlecht, nur leider litt darunter auch etwas die Gesamtqualität. Aus meiner Sicht reicht die Atmosphäre hier bei weitem nicht an die älteren Hörspiele oder Doyle heran - wenngleich Rode, wie gesagt, schlichtweg perfekt war.
Zum Thema Hörspiele sei noch angemerkt, dass einige weitere namhafte Schauspieler diese Rolle sprechen durften - mengenmäßig voran Alexander Kerst, der als Konkurrenz-Holmes zu Pasetti (aber in überdeutlicher stimmlicher Anlehnung an ihn) zur gleichen Zeit eingesetzt wurde. Er überzeugte (lässiger als Pasetti, aber auch mit weniger Augenzwinkern) weitaus mehr als Joachim Hansen, dessen Alltäglichkeit ihn zwar in bestimmten Rollen (durchaus nicht unberechtigt) bekannt gemacht hatte - für den Meisterdetektiv die denkbar ungünstigste Besetzung. Dem Urteil über Wyzniewski kann ich nur absolut zustimmen, umso bedauerlicher, dass sein Hörspiel-Einsatz in dieser Rolle heute in den Archiven vergraben ist (zumal er mit Erik S. Klein die beste nur denkbare Besetzung für den schlangenhaften Erpresser Milverton hatte). Michael Gwisdek kam nur auf einen Hörspieleinsatz, aber seine Leistung machte Appetit auf mehr (und das Hörspiel ist eins der besten) - ein etwas, aber nicht übermäßig theatralischer Holmes. Till Hagen ist meiner Meinung nach keine ideale Wahl, seine Krimifiguren gehören einem anderen Universum an - Joachim Tennstedt dagegen könnte noch besser sein (und schlecht ist er keineswegs), wenn die Bücher ihm gestatten würden, ein wenig aufbrausender und sperriger zu sein.
Zitat von fortinbras im Beitrag #2Christian Rode war perfekt, allerdings waren trotz originalgetreuer Umsetzungen viele Stimmen dem modernen Zeitgeschmack nach besetzt, schließlich mußte mit den "berühmten Stimmen der Hollywoodstars" geworben werden.
Das Hauptproblem ist hier meiner Meinung nach die zu laxe Handhabung seiner Figur - die Handlungen mögen originalgetreu sein, die Dialoge jedoch sind oft zu modern, zu leger und zu bemüht witzig, das viktorianische Element, das eben nicht nur für die Ausstattung wichtig ist, geht über weite Strecken verloren.
Gruß Stefan
S.T.O.F.F.E.L.
(
gelöscht
)
Beiträge:
16.01.2015 21:30
#4 RE: Der klassische Sherlock Holmes und seine deutschen Stimmen
Trotz ein paar Schlampigkeitsfehler ein toller Überblick, my dear Fortinbras!
Nur eines verstehe ich nicht: wieso bezeichnest du Geoffrey Whiteheads Holmes als "har[rot]n[/b]los, aber nicht zu unterschätzen" ??? Meinst du, die anderen Holmes-Darsteller sind nur deshalb so effektiv, weil sie nie Pipi machen vor der Arbeit und das dann eine gewisse Ausdrucksform verleiht???
Sehr schön, eine höchst interessante und kenntnisreiche Würdigung. Treffend z.B. die von der Mainstream-Einschätzung abweichende korrekte Beurteilung von PRIVATLEBEN. Macht Lust, sich seine Lieblings-Holmese mal wieder zu Gemüte zu führen bzw. einige Lücken zu schließen. So sollte ich mir endlich mal den Heston-Holmes THE CRUCIFER OF BLOOD geben, den zu gucken ich bislang trotz einiger Anläufe irgendwie nie geschafft habe.
Hmmm, im Gegensatz zu Bond etwa, wo ich mich zweifellos als Traditionalisten bezeichnen würde, habe ich mit den Modernisierungen bei Holmes nie so recht Probleme gehabt (obwohl ich zugeben muss, dass es mir einen Zacken besser gefällt, wenn der filmische Holmes in seinem printliterarischen Entstehungskontext agiert), ebenso wenig wie mit den Kino-Adaptionen von MISSION IMPOSSIBLE.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
17.01.2015 01:08
#6 RE: Der klassische Sherlock Holmes und seine deutschen Stimmen
Ach du liebes bisschen...ich habe Whitehead ja tatsächlich als harnlosen Holmes bezeichnet. Das kommt davon, wenn man vorzeitig auf "Beitrag speichern" drückt, ehe man korrekturlesen wollte. Die Flüchtigkeitsfehler und Wortwiederholungen werde ich ausmerzen, aber harnlos ist fast zu schön, um es zu entfernen...
Danke an Stefan für die detaillierteren Einblicke in die Hörspielwelt des Sherlock Holmes, das fand ich sehr interessant.
Und an John Connor: ich habe "Crucifer of Blood" einmal geschafft und fand Heston und Johnson ein ganz nettes Pärchen, aber ein wirklich sehenswerter Film ist es doch nicht geworden. Man ermüdet rasch dabei und verliert seine Lust. Ähnlich ist es mit Christopher Lees späteren zwei Fernsehfilmen, in denen er nochmal den Detektiv spielte - die kommen auch nie so richtig in Fahrt.
Dennoch schade, daß es von all diesen Filmen keine deutsche Fassung gibt.
Wäre noch anzumerken, daß auch Larry Hagman mal in einem Fernsehfilm als Holmes mitwirkte und Leonard Nimoy ihn auf der Bühne gab.
Als Conan Doyle seine Geschichten schrieb, spielten sie ja zur Gegenwart (ebenso war ja auch Stokers "Dracula" sehr Up-to-date), aber es war doch ein England, das sehr imaginär war. Einerseits ist es legitim, die Figuren und ihre Geschichten auch in eine aktuelle Zeit zu versetzen, andererseits geht für mich dadurch viel verloren. Die Rathbone-Filme waren dann am Besten, wenn man kaum merkte, daß sie in den 40ern spielte. In eine andere Zeit genommen, sind die Filme stets sehr rasch "badly dated" und verstauben, während die anderen Patina ansetzen.
Übrigens möchte ich nachträglich noch etwas zu "Sherlock Holmes in New York" anmerken - seltsam, daß dieser unfreiwillig komische Film eine so großartig britische, klassische Holmes-Musik hat. Die ist geradezu an ihn verschwendet.
In Sachen Pasetti als Holmes möchte ich noch anmerken, dass ich früher (wegen einiger unglücklicher Besetzungen) eine tiefe Abneigung gegen Pasettis Stimme hatte - aufgrund der exzellenten Hörspiele (und einiger großartiger Filmauftritte Pasettis) habe ich meine Meinung merklich geändert (auch wenn ich ihn für Cary Grant immer noch nicht hören möchte).
Gruß Stefan
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
17.01.2015 13:04
#8 RE: Der klassische Sherlock Holmes und seine deutschen Stimmen
Ich finde es übrigens interessant, daß die Holmes-Stimmen Marschall, Niklaus, Wyzniewsi, Hladik und auch Pasetti für mein Empfinden derselben "Klangfamilie" angehören.
Pasetti wäre wohl auch kein übler Sprecher für Peter Cushing im "Hund" gewesen, auch wenn er in Berlin ohnehin kaum besetzt worden wäre.
Wirklich eine schöne und umfassende Zusammenstellung. Aber hier und da hätte ich noch eine kleine Ergänzung zu machen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Interessant ist, daß er Rathbone als Holmes über mehrere Phasen hinweg sprach, teilweise in zwei bis drei Fassungen desselben Filmes.
Das ist nicht ganz richtig. Zwar gibt es von einigen der Filme tatsächlich drei verschiedene deutsche Fassungen, aber die dritte (bzw. erste) ist der von dir bereits genannte Zusammenschnitt mit Christian Marschall. Walter Niklaus hat keinen der Filme mehr als zweimal gesprochen.
Dafür durfte Niklaus 1975 nochmal für das Hörspiel Der Mord in der Pension "Zum edlen Ross" den Holmes sprechen. Leider gibt es davon bis heute keine CD-Veröffentlichung, und ich bin noch immer auf der Suche danach.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Für die Dvd-Veröffentlichung der Serie ließ man eine kostengünstige Synchronfassung anfertigen, die die üblichen Probleme solcher Bearbeitungen mit sich bringt, aber insgesamt vergleichsweise anhörbar ist. Gordon Piedesack schaffte es hierbei durchaus, Howard und der Entstehungszeit der Serie gerecht zu werden.
Jedoch wurden für die DVD auch nur 21 der 39 Folgen synchronisiert. Und wenn ich mich recht erinnere (ist lange her, seit ich mir diese Fassung das letzte mal angetan habe), sprach Piedesack ihn nur in den ersten drei davon. Danach wechselte man die komplette Besetzung komplett aus (oder war Piedesack bereits die zweite Stimme? Wie gesagt, lange her...)
Zitat von fortinbras im Beitrag #11955 spielte der vor allem als Synchronsprecher bekannte Wolf Ackva den Meisterdetektiv in einer Fernsehadaption von "Der Hund von Baskerville" - live ausgestrahlt und nicht aufgezeichnet, kann man wohl wenig dazu sagen.
Angeblich hat man vor einigen Jahren tatsächlich noch eine Aufzeichnung des Films in den Archiven gefunden. Aber eine ungeklärte Rechtslage verhindert weiterhin jede erneute Ausstrahlung oder Veröffentlichung.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Nahezu alle Episoden dieser seinerzeit erfolgreichen Serie wurden gelöscht, auch schaffte sie es nie in den deutschen Sprachraum.
Das verwechselst du die Serie wohl gerade mit der zweiten Staffel mit Peter Cushing. Dort sind von den 16 Folgen tatsächlich nur noch 6 erhalten.
Von den 13 Episoden mit Wilmer existieren zwar zwei nur noch als Fragment, die anderen sind aber noch komplett erhalten und in den USA seit 2010 auf DVD erhältlich. In England soll dieses Jahr zudem eine neue Box erscheinen, welche auch die Fragmente enthalten wird.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1 Zwischen 1971 und 1973 war Henri Virjouleux vereinzelt in Episoden der Serie "Arsene Lupin, der Meisterdieb" zu sehen [...]Aber Erik Schumann verleiht der Figur die passende Spitzfindigkeit, britisches Understatement und auch den bestimmten Grad an Aufmerksamkeit.
Ironie am Rande: Schumann hatte zuvor in einigen der Folgen der Radio-Reihe des BR mit Pasetti bereits Dr. Watson gesprochen.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #3mengenmäßig voran Alexander Kerst, der als Konkurrenz-Holmes zu Pasetti (aber in überdeutlicher stimmlicher Anlehnung an ihn) zur gleichen Zeit eingesetzt wurde.
Die Reihe ist übrigens nicht nur zeitgleich mit der des BR entstanden, sondern beide basierten auch noch auf den selben Skripten der BBC.
Zitat von fortinbras im Beitrag #2Der prägendste Hörspiel-Holmes dürfte wohl Peter Pasetti gewesen sein, der in dieser Rolle ganze 25 Auftritte hatte, teilweise aber auch in Neufassung derselben Geschichten.
Wobei es bei Pasettis Auftritten auch verschiedene zählweisen gibt.
Er spielte Holmes ursprünglich von 1962 bis 1968 in insgesamt 19 Hörspielen des BR. Außerdem produzierte der Sender 1964 zwei Dokumentationen über Conan Doyle, in der Pasetti in einigen eingestreuten Spielszenen ebenfalls als Holmes mitwirkte (leider sind diese beiden bisher nicht auf CD erschienen).
1982 übernahm er die Rolle dann nochmal für EUROPA, die 4 Kasetten mit insgesamt 7 Geschichten aufnahmen. Von diesen 7 Geschichten hatte Passetti tatsächlich 4 bereits für den BR aufgenommen (und 2 weitere waren bereits von SR mit Alexander Kerst produziert wurden).
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #3Das Hauptproblem ist hier [der Hörspielreihe von Maritim mit Christian Rode] meiner Meinung nach die zu laxe Handhabung seiner Figur - die Handlungen mögen originalgetreu sein, die Dialoge jedoch sind oft zu modern
Die Figurenzeichung war sicherlich auch ein großes Problem, aber auch die Umsetzung Handlungen hat man sich leider in vielen Fällen einige Freiheiten gelassen (und in den seltensten Fällen zum besseren). Wobei sich dieser Umstand im Lauf der Serie durchaus besserte.
Und es geht ja wohl gar nicht, dass bei den Hörspielen hier noch nicht Walter Renneisen genannt wurde, der Holmes von 1987-1996 und 2004 in insgesamt 13 Hörspielen für den SWF/SWR gesprochen hat. Sowie "Herlock Sholmes" in zwei Arsène-Lupin-Hörspielen 2010 und 2013 des selben Senders.
Zitat von Tribble im Beitrag #9Und es geht ja wohl gar nicht, dass bei den Hörspielen hier noch nicht Walter Renneisen genannt wurde
Doch, wurde er, wenn auch nur unter ferner liefen:
Zitat von fortinbras im Beitrag #2Weitere Hörspiel-Sherlocks waren u.a. Walter Brenneisen und Richard Münch.
Die Hörspiele sind außerordentlich originalgetreu, allerdings fehlt es Renneisen (meiner Meinung nach) trotz seiner markanten Stimme irgendwie an einer eigenen Gestaltungsweise - sein Holmes hat praktisch keinerlei Charaktereigenschaften.
Gruß Stefan
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
17.01.2015 23:08
#11 RE: Der klassische Sherlock Holmes und seine deutschen Stimmen
Danke, Tribble, für die Aufklärung meiner Irrtümer. Ich habe das richtig gestellt mittlerweile und nochmal mit meinen literarischen Quellen abgestimmt.
Selbstverständlich ist es legitim und wurde von mir ja auch eingebracht, über die Hörspieladaptionen zu sprechen. Nur sind die insgesamt fast genauso unüberschaubar wie die Verfilmungen und in erster Linie geht es hier um SYNCHRON- und nicht Hörspielstimmen des Meisterdetektives.
Über das Fernsehspiel mit Wolf Ackva gibt es meines Wissens keine klare Auskunft, also bleibt es vorerst mal verschollen - zumindest bei mir.
Die Fehler jeglicher Art hab ich mittlerweile ausgemerzt und den Beitrag etwas flüssiger in Form gebracht.
Sehr schöner Bericht, dem ich in weiten Teilen nur zustimmen kann!!! Allerdings, auch wenn er lange für mich DER Holmes Sprecher war, hat er mir auf Lee nie gefallen. Er wirkte im "Halsband" hierdurch viel zu jung und viel zu sympathisch brav!!! Hier hätte ich mir Joloff, Tillmann oder Miedel gewünscht, oder wenn es zwar sympathisch aber "härter" hätte sein sollen Eichberger!
Auch wenn es womöglich etwas off Topic sein sollte, aber kann mir jmd. sagen wie die Hörspiele mit Wyzniewski, Gwisdek und Münch als Holmes heissen und aus welchem Jahr sie stammen?
Wyzniewski - Duell mit Charles Augustus Milverton (Rundfunk der DDR 1986 - kein Rankommen) Gwisdek - Das Zeichen der Vier (LP 1989 - überall auf CD zu kriegen) Münch - Der Silberstrahl (WDR 1956 - mir auch noch nie untergekommen)
Laut Angaben der ARD haben sie von Silverstrahl selber keine Aufzeichnung mehr. Das Teil wird wohl auf ewig verschollen bleiben.
Vom Zeichen der Vier gab es wie bereits gesagt 1995 eine CD-Veröffentlichung, die ist aber heute in der Regel sehr teuer. Die zeitgleich erschienene MC findet man aber noch hin und wieder zu akzeptablen Preisen bei ebay (vorausgesetzt, dass man noch ein passendes Kassettendeck besitzt).
PS. Eigentlich wollte ich den Thread nicht für Eigenwerbung missbrauchen, aber andererseits, scheiß drauf: Für allgemeine Informationen über Holmes und seine diversen Adaptionen empfehle ich die Sherlock Holmes Wiki. In diesem Fall besonders unsere Aufarbeitung der Filme und deutschen Hörspiele mit ihm.
Des weiteren versuchten wir uns auch an einer Liste der verschiedenen Sprecher von Holmes und Watson. Leider fehlte hier aber bisher größtenteils noch die Zeit, um auch richtige Einzelartikel für die jeweiligen Personen zu schreiben.
Vielen lieben Dank euch beiden! Zu Gwisdek: Ich habe eine MC einer Litera Fassung, allerdings ohne Sprecherangaben. Gwisdek war mir nicht so geläufig um ihn zuordnen zu können.