Zitat von Gast im Beitrag #11995 starben gleich drei bedeutende Namen der Holmes-Welt: Jeremy Brett, Erich Schellow und Robert Stephens. Für mich der Anlaß, hier den klassischen Sherlock Holmes enden zu lassen, der bis dahin in einer eigenständigen Welt existiert hatte, die trotz aller unterschiedlichen Schauspieler, zeitgeistiger Geschmäcker und Interpretationen erstaunlich homogen war.
Ob Zufall oder nicht: Im Herbst dieses Jahres erschien ein "Spiegel"-Sonderheft zum Thema Kriminalromane (die Ausgabe habe ich noch). In einem Artikel geht es um eine Begegnung von Holmes und Watson, bei der sie sich über die Auswüchse sowohl der Holmes-Forschung als auch der Pastiches auslassen:https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-9259272.html Interessant ist übrigens die pdf-Version, da man in dieser eine (zum Thema dieses Threads passende) Collage verschiedener Darsteller sehen kann:https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/9259272 Die Auswahl ist natürlich subjektiv; aber etwas skurril wirkt es, wenn Jeremy Brett und Edward Hardwicke hier zu Erich Schellow und Paul-Edwin Roth erklärt werden!
Fast wundert es einen, dass nicht auch noch Hans Albers und Heinz Rühmann in der Collage auftauchen! Immerhin lief "Der Mann, der Sherlock Holmes war" 1995/96 öfter in den Dritten Programmen. Zwar geht es dabei nicht um den "echten" Sherlock Holmes, aber bei Michael Caine war dieses Argument auch kein Hindernis. Dafür, dass trotz Prominenz die "Paarungen" Roger Moore & Patrick Macnee und Stewart Granger & Bernard Fox nicht genannt werden, muss man jedenfalls dankbar sein (nachdem dafür Peter Cook & Dudley Moore auftauchen müssen). Aber Christopher Plummer & James Mason sind auch durchaus bekannte Namen, die hier fehlen.
Zitat von Gast im Beitrag #1George C. Scott beehrte das Publikum in "Der verkehrte Sherlock Holmes" zwar nicht in der Rolle des Meisterdetektives, aber als liebenswerter Schnüffler der 70er-Jahre, der sich für Holmes hält. Er war ausgesprochen glaubwürdig, herzlich und dem Vorbild näher, als man annehmen möchte. In dieser oft tiefsinnig-philosophischen Komödie wurde er von Arnold Marquis synchronisiert, der als falscher Holmes natürlich auch hervorragend war und selbstverständlich perfekt zu Scott paßte, es lag ja Kontinuität vor. Ein Film, den man bedauerlicherweise kaum zu sehen bekommt.
Einmal habe ich ihn immerhin zu Sehen bekommen, allerdings liegt das schon länger zurück (August 1993). Damals hat mich besonders die letzte Szene ziemlich enttäuscht, aber nach dem, was ich inzwischen gelesen habe (und angesichts des inzwischen erheblich erweiterten Holmes-Horizonts) bin ich neugierig geworden. Mal sehen, ob es sich irgendwann ergibt.
Nachdem ich den Film nun nach über einem Vierteljahrhundert wieder sehen konnte, war ich nicht enttäuscht: Sicher wirkt er auf manche langweilig, und wer eine Parodie etc. erwartet ist hier auch an der falschen Adresse. Aber hintersinnige und humorvolle Momente gibt es durchaus, und Scott spielt sehr würdevoll und konsequent einen Mann, der sich in eine Traumwelt geflüchtet hat und Dinge, die ihm zufällig unterkommen, als Indizien deutet, die seine Theorien (über Moriartys Existenz) stützen. Einen ganz guten Eindruck von seinem Spiel bietet dieser Ausschnitt:https://www.youtube.com/watch?v=wTjRJz9tf5I Arnold Marquis trifft die Rolle ideal, sehr zurückhaltend, sensibel und ohne jeden "dröhnenden" Einschlag. Man hat den Eindruck, als habe er (ebenso wie Scott) die Figur des Justin Playfair völlig verstanden.
Hat zwar nichts mit Synchronisation zu tun, aber ist schon mal jemandem aufgefallen, dass die 70er das Jahrzehnt des blonden Holmes waren? Von Robert Stephens (klassisch schwarz) und Stewart Granger (grau-weiß) abgesehen, hatten alle Holmes-Darsteller (inklusive Bruder), die mir einfallen, ungewohnt helle Haare. Sogar Geoffrey Whitehead (!), der irritierend gefärbt aussieht.