ich finde es auffällig, dass besonders in den 70ern und 80ern haufenweise billige Splatter/Horror-Filme oder sonstige "Trash"-Filme in München synchronisert wurden. Wenn ich nicht auch einige andere Filme kennen würde, die dort synchronisiert wurden, würde ich fast denken, man hat sich dort damals darauf spezialisiert. Allerdings frage ich mich warum das so ist ? Aus Kosten oder Verleiher-Gründen ? Wobei ich mir ersteres eigentlich garnicht vorstellen kann, da man in solchen Filmen auch immer wieder "Branchen-Prominenz" hören konnte (auch in kleineren Rollen), die ganz bestimmt nicht preiswert waren. Mich würden auch mal Reaktionen von Sprechern auf diese Art von Filmen interesieren mit denen sie sich ja gezwungenermaßen ständig auseinandersetzen mussten z.B. von Hartmut Neugebauer der ja auch sehr oft Synchron-regie führte - insbesondere bei Splatter-Filmen aus Italien. Ist da vielleicht irgendwas drüber bekannt ?
Einige Sprecher können einem ja echt Leid tun, wenn man bedenkt in welchem Schund sie am laufenden Band mitsprechen mussten .
Vor allem bei vielen Genrefilmen, die auf Video herauskamen, ist mir die starke Münchener Präsenz schon aufgefallen. Nahezu alle Videosynchros von VMP wurden in München angefertigt, auch sämtliche von ITTContrast. Häufig waren es dieselben Sprecher, die hier am Werk waren - besonders intensiv beschäftigt war natürlich Christian Marschall, aber auch viele der ersten Garde verirrten sich hier oft hinein.
Auf der anderen Seite scheint mir aber auch der B-Film, vor allem aus dem Horror und Eastern-Bereich, ab den 70ern deutlich stärker in München bearbeitet worden zu sein. Die meisten kamen von kleineren Verleihern in Umlauf, aber nicht alle davon hatten ihren Sitz in München. Vielleicht waren diese Arbeiten dort günstiger zu bekommen oder hielt man die Münchener für Experten, denn gerade in der ersten Hälfte der 70er kamen sämtliche Erfolgshorror-/Trashfilme a la Paul Naschy, die "reitenden Leichen", aber auch Sexfilme verstärkt mit Münchener Synchros in die Kinos.
EDIT:Ich halte es aber eher für unwahrscheinlich, dass man in München so viel günstiger synchroniseren konnte, als in Berlin. Immerhin war es doch auch eine etablierte Synchron-Stadt mit einigen Branche-Größen, die mit Sicherheit keine gerade keline Gage hatten. Christian Marschall würde ich z.B. auch zur ersten Garde zählen.
Persönlich, so sehr ich ihn schätze, würde ich Marschall nicht unbedingt zur objektiven ersten Garde der Münchener Sprecherensembles zählen. Zusammen mit Alexander Allerson, Manuela Renard, Maria Landrock oder Bruno W. Pantel war er schon in überproportional vielen "Schundfilm"-Rollen zu hören und war beim sogenannten "besseren" Film (womit ich nun auch aufwendige Bearbeitungen meine) nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Marschall ist für mich ein Genre-Sprecher, der in der Schublade steckte. In früheren Jahren war er erstaunlich oft auf Helden und attraktive Männer fehlbesetzt, aber auch das waren zumeist B-Movies.
Ich habe mittlerweile wirklich den Eindruck, dass man hauptsächlich B/Trash-Filme in München synchronisiert hat. Blockbuster und andere "große" Filme scheinen fast ausschließlich in Berlin bearbeitet worden zu sein und europäische "Arthouse-Filme " (ich mag diesen Begriff eigentlich garnicht, aber mir fällt jetzt nichts passenderes ein) in Berlin und hin und wieder in Hamburg. Auch, wenn es natürlich Gegenbeispiele gibt - meiner Meinung nach aber nicht gerade viele.
Bei der Münchener B-Garde war Marschall sicher ein A-Sprecher!
Aber es haben sich auch viele echte A-Sprecher öfters in solche 'Niederungen' eingefunden: Herbert Weicker etwa für Zombie-Filme oder Erik Schumann im Tiefpunkt der fortinbrasschen Filmesammlung: KOCHENDES BLUT.
Zitat von S.T.O.F.F.E.L. im Beitrag #7 oder Erik Schumann im Tiefpunkt der fortinbrasschen Filmesammlung: KOCHENDES BLUT.
In der Tat, das ist ein Tiefpunkt meiner Sammlung!
Bei all den Verehrern von Trashfilmen im Forum finde ich es schade, daß dieser interessante Thread recht einseitigen Zulauf findet. Nicht Mainstream genug?
Übrigens ist mir auch etwas anderes in vielen Münchener Videosynchronisationen aufgefallen, nämlich die Präsenz von Norbert Gastell und dessen teils rational nicht nachvollziehbaren Besetzungen. Beispiele wären der sehenswerte Bava-Film "Hatchet for the Honeymoon", in dem Gastell als Kommissar zu hören ist. Fehlbesetzung kann man nicht sagen, aber mit seiner freundlichen Stimme macht er aus dem durchaus dezenten, aber konsequenten Mann einen Columbo und das verändert die Atmosphäre des Filmes und lässt den Kommissar als Gegenspielen von Stephen Forsyths mörderischem Ehemann nicht zur Geltung kommen. In dem Episodengrusler "Galerie des Grauens" darf er sogar Dracula sprechen. Und das geht nur wirklich absolut gar nicht!!!
Passt zwar nur bedingt zum Thema, aber auch bei den heutigen Sachen fällt mir auf, dass die "großen Filme" bzw. Blockbuster gefühlt zu 98% aus Berlin kommen. War ganz überrascht, als ich bei Lone Survivor soviele Münchener Stimmen gehört habe. Bei den "kleineren Filmen" bzw. denen, die direkt auf DVD und Blu-ray kommen, sind viele aus München dabei.
Berlin - "1A-Klasse"; München - "Durchschnittsfilmchen & Serien"; Köln - "B-Movies" und mit Hamburg will ich gar nicht erst anfangen. So ist doch meist die heutige Verteilung bzw. Abstufung.
@WGSDA,also dass in München nur Durchschnittskram bearbeitet wird, lässt sich nicht sagen. Mir fallen viele große Synchros von dort ein. Zugegeben, ein guter Teil ist schon ein paar Jahre alt. Was relativ aktuelle Blockbuster angeht, so kommen World War Z, Der Hobbit, The Drop und Noah aus Mü.
Zitat von WasGehtSieDasAn im Beitrag #11Berlin - "1A-Klasse"; München - "Durchschnittsfilmchen & Serien"; Köln - "B-Movies" und mit Hamburg will ich gar nicht erst anfangen. So ist doch meist die heutige Verteilung bzw. Abstufung.
In Hamburg werden aber mitunter auch qualitativ hochwertige Sachen synchronisiert. Zuordnen nach Kategorie, so wie oben, kann man es aber nicht wirklich. Es ist eher eine Sache der Quantität als der Qualität, da Hamburg mittlerweile bekanntermaßen nur noch gefühlt wenig frequentiert wird, aber dann in manchen Momenten durchaus auch überraschen kann, wie z.B. bei "Viel Lärm um Nichts" (2012) oder bei einem recht erfolgreichen, anspruchsvollen Martial-Arts-Film, dessen Titel mir entfallen ist.
Das München und Hamburg in den letzten Jahren als Synchron-Städte rapide an Bedeutung verloen haben ist ja kein Geheimnis. Mir geht es um die 70er und 80er in denen ich zumindest bisher dachte, dass München und Berlin in etwa gleich auf waren (mit leichtem Übergewicht aus Seiten Berlins), was aber scheinbar ein Irrtum meinerseits war, da "Große" Filme fast nur in Berlin und eher B-Filme in München synchronisiert wurden.
Nur als Information, falls jemand den Thread falsch auffasst: Ich bin ein großer Fan von Synchronisationen aus München und höre sie sogar lieber als die aus Berlin (oder Hamburg), nicht weil ich tatsächlich einen Qualitätsunterschied verstelle, sondern weil es in München mehr Sprecher gab, die ich gerne höre, als in den anderen Städten.
Den Thread über den Niedergang der Hamburger Synchron-Branche habe ich damals erstellt, als ich von der Materie noch keine Ahnung hatte, mittlerweile - da ich jetzt zumindest etwas Wissen angehäuft habe - denke ich da auch anders drüber.